Vielen Dank. Frau Präsidentin. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! In den Schulen im Land brennt die Luft.
Inzwischen kritisieren also nicht nur wir als Opposition die Schulpolitik der Landesregierung; jetzt wachen auch die eigenen Leute und Protagonisten auf. Landräte und Oberbürgermeister, Stadträte und Kreistage, Vertreter aus Wirtschaft und Wissenschaft melden sich zu Wort und verlangen Korrekturen und wirksame Maßnahmen. Plötzlich reagiert der Ministerpräsident, zwar nicht dadurch, dass er der Debatte beiwohnt, aber - man hört und staunt - er will das Desaster in den Schulen zur Chefsache machen und zu einem Schulgipfel einladen.
Nur wird auch dieser Gipfel wahrscheinlich wieder nur eines bringen, nämlich enttäuschte Hoffnungen. Denn wie es läuft, wenn man zwar den Mund sehr voll nimmt, aber mit leeren Händen kommt, hat der sogenannte Schulfrieden gezeigt. Das war eine Wahlveranstaltung für die CDU und eine nutzlose Zeitverschwendung für alle Beteiligten.
Der Schulgipfel soll offenbar nicht anders laufen. Denn Herr Haseloff ließ schon letzte Woche in der „Volksstimme“ Folgendes verlauten - ich zitiere -: Wir können das Grundproblem zwar nicht lösen; wir werden aber in einer Gesamtschau nach Lösungen suchen, die den Mangel zumindest lindern.
Was für eine fatalistische Ankündigung für einen Ministerpräsidenten und was für eine Zumutung für alle, die unter den Folgen der jahrelangen Kürzungspolitik leiden.
Die Landesregierung trägt die Verantwortung für das, was in der Schulpolitik im Lande schiefläuft und, verdammt noch mal, Sie können das Grundproblem nicht nur lösen; Sie müssen es lösen.
Er wurde sehenden Auges herbeigeführt gegen unsere ständigen Warnungen. Das Regierungshandeln wird seit Jahren an absurden Planungen zum Lehrkräftebedarf ausgerichtet, die vor mehr als 20 Jahren entwickelt wurden und die den tatsächlichen Lehrkräftebedarf jahrelang um mehr als 5 000 Stellen unterschätzt haben.
(Zustimmung bei der LINKEN - Guido Kos- mehl, FDP: Vor mehr als 20 Jahre haben Sie noch eine Rolle gespielt! Da gab es das Mag- deburger Modell! - Zuruf von Marco Tullner, CDU)
- Ja, ja. „Dopatka“-Kommission. Schauen Sie nach. Unter Ministerpräsident Höppner hat das angefangen, ja, und dann wurde es durchgezogen, die ganze Zeit. Dann schauen wir in das Personalentwicklungskonzept von 2009. Darin wird für das Jahr 2020 von einem Lehrkräftebedarf von weniger als 10 000 Stellen geträumt. Das ist alles nachlesbar.
Das sind nur 65 % unseres tatsächlichen Bedarfs. Diese massive Unterversorgung kriegen wir jetzt auch, zumindest was den Bestand an ausgebildeten Lehrkräften betrifft. In den Schulen der Sekundarstufe I werden selbst mit den Lehrkräften im Seiteneinstieg letztlich nicht mehr als diese 65 % zu schaffen sein. Wir ernten jetzt das, was CDU und SPD jahrelang gesät haben.
Den meisten dürfte inzwischen klar geworden sein, dass alles Quatsch war, was damals in die Personalentwicklungskonzepte des Finanzministeriums hineingeschrieben wurde. Trotzdem lässt man seit mehr als 15 Jahren den Finanzminister bestimmen, was den Schulen personell und finanziell erlaubt wird und was nicht. Personalpolitik für die Schulen ist insofern schon lange Chefsache, nur eben nicht für den Chef der Landesregierung.
Wenn also die Schulbildung jetzt nach jahrelangem Wegducken doch noch in der Staatskanzlei ankommen soll, dann geht das nur über andere Entscheidungen zum Geld. Im Moment darf der Finanzminister jährlich mit einem dreistelligen Millionenbetrag für nicht verausgabte Lehrergehälter Haushaltslöcher stopfen, anstatt diese Mittel für Investitionen in Bildung einzusetzen.
(Tobias Rausch, AfD: Es ist doch keiner da, der eingestellt werden kann - Guido Kosmehl, FDP: Uh, uh, uh!)
Wenn der Ministerpräsident dem Finanzminister nicht die Kasse öffnet und wenn er zum Schulgipfel außer netten Worten nichts im Beutel hat, dann wird der Gipfel genauso ergebnis- und folgenlos scheitern wie schon der glorreiche Schulfrieden.
Der Ministerpräsident hat zu der „Mitteldeutschen Zeitung“ gesagt, er wolle alle beteiligen, die Ideen zur Problemlösung haben. Ich gehe allerdings davon aus, dass der Bildungsausschuss des Landtages damit wieder einmal nicht gemeint ist, wie schon beim Schulfrieden, und dass er auch zum Schulgipfel nicht eingeladen wird.
Ich finde es mehr als befremdlich, dass immer wieder Formate erfunden werden, um die Fachleute im Parlament außen vor zu lassen. Deshalb erlaube ich mir, darauf hinzuweisen, dass es seit Jahren auch hier im Parlament jede Menge Ideen gibt.
Der von uns im Oktober 2022 eingebrachte Masterplan zur Sicherung der Schulbildung liegt derzeit zur Beratung im Bildungsausschuss. Darin sind die wichtigsten Baustellen benannt, an denen sich die Zukunft der Bildung und so- mit des Landes entscheidet. Es wäre höchst peinlich, wenn parallel zu den Beratungen im Bildungsausschuss auf dem Schulgipfel die Vorschläge aus dem Parlament keine Beachtung finden würden. Deshalb will ich die fünf größten Baustellen kurz in Erinnerung rufen.
Für die Martin-Luther-Universität wäre es schon einmal ein guter Anfang, wenn sie von der unnötigen Ausbildung für katholische Religion wieder entlastet werden würde.
- Ja, den Staatskirchenvertrag haben aber Menschen gemacht, verdammt noch mal! Menschen können den ändern! Man kann es doch nicht laufen lassen. Das ist doch irre, was dort läuft! Es gibt Staatskirchenverträge, ja!
Zweitens die Lehrkräfte im Seiteneinstieg. Sie müssen vollwertige Lehrkräfte werden, pädagogisch qualifiziert und vollwertig bezahlt, und zwar auch ohne ein zweites Fach nachstudieren zu müssen.
Die Lücken in den Stundentafeln müssen durch Bildungsangebote von Nichtlehrkräften und von Bildungsträgern gefüllt werden. Wir brauchen dafür unter anderem deutlich mehr pädagogische Mitarbeiterinnen, ein eigenes Landesprogramm für Schulsozialarbeit und ein flächendeckendes Angebot für berufspraktischen Unterricht an den Schulen der Sekundarstufe I.