Protocol of the Session on December 14, 2022

Sie müssen doch einmal ein bisschen auf die Vertreter aus der Wirtschaft hören. Mir kommt das so vor, als ob die gar kein Gehör finden.

(Zustimmung bei der AfD)

Ihre Politik führt zur Gefahr der Deindustrialisierung in Deutschland. Mehr als 40 % der kleinen und mittleren Unternehmen fürchten aufgrund der explodierenden Energiepreise um

ihre Existenz. Das meldet der Bundesverband der mittelständischen Wirtschaft. Das ist nicht irgendwer, das ist der größte Bundesverband, in dem kleine und mittlere Unternehmen vertreten sind.

(Jan Scharfenort, AfD: Ja! - Zuruf von Matthias Büttner, Staßfurt, AfD)

Das muss man doch einmal registrieren. Ich kann es nicht verstehen. Den Äußerungen des Ministerpräsidenten Haseloff ist Folgendes zu entnehmen - ich zitiere -:

„Ich habe vor dem Hintergrund der heutigen Demonstration in Leuna unter Federführung der IG Bergbau und Chemie klar gesagt, dass wir klare und schnelle Signale brauchen […].“

Nun gucken wir uns einmal an, ob es diese Signale gibt. Gibt es Energiesicherheit für die Chemieindustrie in Sachsen-Anhalt? - Nein, die gibt es nicht.

(Dorothea Frederking, GRÜNE: Ja!)

Gibt es Preisstabilität? - Nein, die gibt es auch nicht. Gibt es kurz- oder mittelfristige Perspektiven? - Nein, die gibt es auch nicht. Kurz gesagt: Alle Vertreter der Wirtschaft sagen Ihnen, dass es keine Sicherheit gibt und Sie sagen hier, dass es Sicherheit gibt. Ich frage mich, wie Sie dazu kommen.

(Beifall bei der AfD - Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Ja!)

Wenn Sie so weitermachen, dann gefährden Sie an diesem Standort ungefähr 100 Betriebe und mehr als 12 000 Beschäftigte. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Als es um die Grundlastfähigkeit ging, winden

Sie sich so darum herum, um ja keine Aussage dazu treffen zu müssen, wie man die Grundlast gewährleisten kann.

(Jan Scharfenort, AfD: Ja!)

Sie haben doch gar keine Ahnung, wie Sie die Grundlast gewährleisten. Sie reden über Speicherwerke. Wir haben an anderer Stelle schon einmal eine Diskussion darüber gehabt, wie viele Speicherwerke man bauen müsste, um das überhaupt hinzubekommen. Ich frage mich, wie viele Pumpspeicherwerke, Wasserstoffspeicherwerke oder wie auch immer wir bauen wollen, damit die Grundlast sicher- gestellt werden kann. Sie vertrauen wie immer auf europäische Lösungen.

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Ja!)

Gibt es europäische Lösungen? - Nein, die gibt es auch nicht. Am 5. Dezember 2022 war der Europaausschuss in Brüssel und hat sich berichten lassen, wie die EU die Energiesicherheit sicherstellen will. Dort wurde von Energiediversität gesprochen. Es soll ein Mix aus LNGGas und aus normalem Gas sein. Andere Länder sollen uns beliefern. In dieser Hinsicht wollen wir diverser werden. Ich muss Ihnen einmal sagen: Für uns ist doch die Frage zu stellen, mit welcher Doppelmoral Sie dort herangehen. Sie unterscheiden zwischen gutem Gas und bösem Gas.

(Lachen bei der AfD)

Die Russen beliefern uns mit bösem Gas. Das wollen wir nicht mehr haben, obwohl das für unsere Wirtschaft von Vorteil war, weil Sie sagen, dass die einen völkerechtwidrigen Krieg begonnen haben. Den führen sie auch immer noch. Es ist okay, das soll sanktioniert werden.

Aserbaidschan greift auch völkerrechtswidrig Armenien an. Von denen wollen wir aber Gas beziehen. Saudi-Arabien greift völkerrechtswidrig den Jemen an. Von denen wollen wir auch Gas beziehen. Die Menschenrechte in Katar, von denen wir 15 Jahre lang Gas beziehen wollen, interessieren uns nicht mehr. Da interessiert uns unser linkes Gewissen nicht mehr.

Hauptsache wir schießen uns selber ins Knie und zerstören unsere Wirtschaft; denn nur das können Sie damit wollen. Mir fehlt wirklich jedes Verständnis dafür, was Sie hier machen.

(Beifall bei der AfD)

Zum Thema Wasserstoff hat Herr Silbersack ausgeführt. Dazu muss ich gar nicht viel sagen. Das hat er im Prinzip auf den Punkt gebracht. Wasserstoff kann man aber nur mit grüner Energie produzieren, wenn man mehr grüne Energie hat. Die haben wir gegenwärtig nicht. Also müsste man überlegen, wie man damit zum Zuge kommen will. Es bleibt spannend.

Was soll das CTC machen? - Das Ziel des CTC ist es, eine neue Kreislaufwirtschaft zu entwickeln, die stärker auf Recycling und auf nachwachsenden Rohstoffen basiert und weniger Abfall produziert. Dieses Wissen soll in die Industrie transferiert werden und dabei helfen, die Abhängigkeit von Energieträgern wie Kohle, Gas und Öl zu reduzieren. Das konnte man Ihren Ausführungen auch entnehmen. - Das ist ja soweit erstmal okay.

Der Ministerpräsident Haseloff sagt dazu: Weg von fossilen Rohstoffen, hin zu einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft. Das kann man ja erst mal so anerkennen.

(Holger Hövelmann, SPD: Genau!)

Man kann aber immer mehr den Eindruck gewinnen, dass Sie die von Ihnen geschaffene Krise nutzen wollen, um die Ziele, welche Sie in der EU mit Ihrem Green Deal festgeschrieben haben, umzusetzen, und das zulasten der Bürger. Aber eines kann ich Ihnen sagen: Mit uns von der AfD ist dieser Kurs der Deindustrialisierung Deutschlands nicht zu machen. Wir wollen weg von der ideologiebetriebenen Politik

(Zustimmung bei der AfD - Zuruf von der AfD: Jawohl!)

und hin zur Politik des

(Zurufe von der AfD)

gesunden Menschenverstandes. Und das, liebe Kollegen, geht nur mit der AfD. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der AfD - Zuruf von der AfD: Jawohl!)

Danke. Es gibt keine Fragen. - Es ist gut, es klappt nicht immer. Manchmal weiß man aber auch, dass Nichtfragen mehr bringt.

Jetzt spricht Herr Hövelmann für die SPD. - Bevor Herr Hövelmann für die SPD das Wort erhält, würde ich - wir haben intensiv gegrübelt, nachdem wir das Bild gesehen haben - gern Mitglieder des Männerchores 1846 Leißling e. V. begrüßen, der natürlich eine große Zahl an weiblichen Unterstützern hat.

(Beifall im ganzen Hause)

Holger, du hast das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor 115 Jahren ging beim kaiserlichen Patentamt in Berlin ein Patentantrag eines gewissen Fritz Haber ein. Er hatte ein „Verfahren zur synthetischen Herstellung von Ammoniak aus den Elementen“ entwickelt. Hinter dieser technischen Bezeichnung verbarg sich nicht weniger als eine Revolution, die die Welt verändern sollte. Denn aus Ammoniak lässt sich industrieller Stickstoffdünger herstellen, der in der Landwirtschaft für eine gute Ernte zwingend gebraucht wird. „Brot aus Luft“ war das Schlagwort für diese Erfindung.

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU)

Dass unsere heutige Erde zumindest theoretisch acht Milliarden Menschen ernähren kann, liegt nicht zuletzt an der Erfindung von Haber.

Sachsen-Anhalts Chemieindustrie blickt damit auf eine lange und ehrenwerte Tradition zurück. Hier in Leuna, in Bitterfeld und in Piesteritz entstanden die ersten Anlagen zur Herstellung von Ammoniak nach dem Haber-Bosch-Verfahren. Von hier konnte die Ernährung der Welt gesichert werden. Auf diese Tradition, meine sehr verehrten Damen und Herren, können die Bürgerinnen und Bürger des Landes SachsenAnhalt mit Stolz blicken.

(Zustimmung bei der SPD und bei der AfD)

Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Trotz aller wirtschaftlichen Umbrüche nach der Wende konnte unsere Chemieindustrie erhalten werden. Sie ist einer der wichtigsten Arbeitgeber unseres Landes und produziert wahrlich für die ganze Welt. Und doch steht sie 115 Jahre nach Habers Patentantrag vor

großen Herausforderungen. Akut sind derzeit wohl die Auswirkungen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine.

(Ah! bei der AfD)

Die Entscheidung der russischen Regierung, die Gaslieferung nach Europa zu drosseln, hat unsere Chemieunternehmen in Zugzwang gebracht. Erdgas, das sowohl als dringend notwendiger Rohstoff für die Ammoniaksynthese als auch als Energieträger fungiert, drohte zeitweise völlig zu fehlen. Wir alle haben die dramatischen Nachrichten aus Piesteritz und die Notfallpläne für Zwangsabschaltungen von Betrieben noch in Erinnerung.

Ich bin der Bundesregierung daher sehr dank- bar dafür, dass sie - Herr Minister Schulze hat darauf hingewiesen - einerseits die Warnungen aus Sachsen-Anhalt hörte und andererseits durch entschlossenes Handeln die Gasversorgung sicherstellen konnte. Ein Zusammenbruch der chemischen Industrie in unserem Land konnte dadurch abgewendet werden.

(Zuruf von der AfD: Das werden wir noch sehen!)

Es hat uns aber auch schmerzlich bewusst gemacht, dass unsere Chemieindustrie, wenn sie eine Zukunft haben will, weiterentwickelt werden muss. Wir brauchen Lösungen, damit die energieintensiven Produktionsprozesse unabhängig von fossilen Rohstoffen und Energieträgern sichergestellt werden können.

Die gute Nachricht ist: Die Unternehmen sind schon längst dabei. Sie entwickeln diese Lösungen. In Leuna entsteht mit der UPM Bioraffinerie die weltweit erste Anlage zur Herstellung von Chemikalien aus nachwachsenden Rohstoffen wie Holz.

(Zustimmung bei der SPD und von Olaf Meis- ter, GRÜNE)

Und das Hydrogen Lab - Minister Willingmann hat es angesprochen; es befindet sich ebenfalls in Leuna - schafft wertvolle Erkenntnisse zur Nutzung von Wasserstoff in Kombination mit erneuerbaren Energien bei der Produktion von Chemikalien.