Ich knüpfe an Herrn Thomas an. Ihr Optimismus in allen Ehren. Ich frage mich, wie Sie darauf kommen können, dass die Gaspreise sinken und weiter sinken werden. Das ist ein momentaner Effekt am Spotmarkt; das ist auch erklärbar. Aber Sie können davon ausgehen, ab dem nächsten Jahr, wenn Deutschland und andere auf dem LNG-Markt Gas wieder ganz extrem nachfragen müssen, schießen die Preise auch am Spotmarkt wieder hoch. Das ist aber für die Unternehmen weniger entscheidend. Sondern die meisten Unternehmen verhandeln ihre Verträge langfristig. Sie brauchen auch langfristige Verträge, damit sie investieren können. Denn vor allem in der Energiebranche und auch in der Chemiebranche sind die Investitionsvorhaben für einen sehr langen Zeitraum planbar. Das sollten Sie bedenken.
Zu Ihrem Optimismus auch an anderer Stelle. Schauen Sie in die Presse der letzten Woche. Bei der TransnetBW GmbH - vielleicht sind auch Sie informiert; das ist der Netzübertragungsbetreiber im Süden Deutschlands, vor allem in Baden-Württemberg - wäre in der letzten Woche fast der Fall eingetreten. Ein Brownout war da. Die Warn-App wurde nicht nur zur Probe genutzt, sondern um Mitternacht wurde gewarnt, dass ab dem nächsten Tag um 14 Uhr massiv Strom eingespart werden muss;
andernfalls wäre der Fall eingetreten. Das wird kommen; das ist nur eine Frage der Zeit. Das sagen die Fachleute auch Ihnen, denke ich.
Sie gefährden eventuell Menschenleben und nehmen das wissentlich mit Ihrer Ideologie in Kauf. Denn Sie haben auch eben wieder keine Antwort gegeben auf die Frage, woher die Grundlast kommen soll. Sie kommt jetzt richtigerweise aus der Braunkohle. Jetzt sind wir die CO2-Schleuder Nr. 2 in Europa und haben bald auch einen Blackout. - Vielen Dank dafür.
Jetzt noch etwas zur Gaspreisentwicklung, damit hier nicht der völlig falsche Eindruck entsteht: Ich habe vorhin deutlich gemacht,
dass die Gaspreise ganz ohne Frage nicht mehr das Niveau erreichen werden, das wir durch die Belieferung mit russischem Pipelinegas hatten. Das ist in der Tat unweigerlich so. Zugleich habe ich deutlich gemacht, dass eine Preissteigerung zu erwarten ist, aber dass sich unsere Industrie darauf einstellen kann.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete! Heute diskutieren wir in der Aktuellen Debatte über das Thema „Sachsen-Anhalt entwickelt die Chemieindustrie der Zukunft“. Sie als FDP-Fraktion stellen zu Recht fest, wenn Sie sagen - Zitat -:
„Die Chemieindustrie ist eine der wichtigsten Technologien Sachsen-Anhalts und befindet sich zurzeit aufgrund der Energiekosten vor großen Herausforderungen. Allein auf dem Industriegebiet in Leuna sind auf diesem Industriegelände rund 100 Firmen mit mehr als 12 000 Beschäftigten ansässig.“
Das ist erst einmal eine völlig korrekte Feststellung. Aber: Wer hat denn diesen Industriezweig in diese großen Herausforderungen gebracht? - Es waren Sie von der FDP, von der SPD und von den GRÜNEN, die aufgrund Ihrer fehlgeleiteten Politik, diese Sanktionspolitik, dafür gesorgt haben, liebe Kollegen, dass uns die Gasliefermenge nicht mehr zu gewissen Konditionen zur Verfügung steht. Sie waren es, die sich hier hinstellten und meinten: Das ist unser Wertekanon.
Das ist der Preis der Freiheit, der es wert sei, bezahlt zu werden. Und ja, Sie waren es, die zu diesen Herausforderungen einer Schlüsselindustrie in Sachsen-Anhalt, wie Sie selber richtig festgestellt haben, beigetragen haben, meine Damen und Herren.
Ich möchte mir ein paar Bemerkungen dazu erlauben, wie der aktuelle Zustand der Chemieindustrie in Sachsen-Anhalt ist. Im Oktober 2022 konnten wir lesen - ich zitiere den MDR -: „Chemieindustrie benötigt viel Gas und Öl“. Weiter hieß es im „Manager Magazin“-:
„Ruf nach Unterstützung - Chemieproduktion in Leuna stark eingeschränkt. […] Die chemische Industrie in Leuna sieht sich angesichts der hohen Gaspreise zunehmend in Bedrängnis und fordert rasche Unterstützung von der Politik. Wir haben über den
„Wir haben eine Situation, wo die chemische Industrie nicht mehr wirtschaftlich arbeiten kann und wo wir dringend Unterstützung brauchen.“
Das wurde ganz klar vom Geschäftsführer der Infraleuna GmbH gesagt. Aber wie wir aus der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten wissen, ist seine Devise: Eine Einschränkung der Wirtschaft bedeutet auch eine Einsparung an Energie.
Das muss man wissen, um zu verstehen, wie der Chemiepark Leuna funktioniert. Das heißt, wenn eine Firma die Produktion einstellt oder herunterfährt, dann können die anderen Unternehmen zwangsläufig auch nicht mehr produzieren. Das heißt, das sind miteinander verbundene Ketten, die damit einhergehen. Dazu muss ich sagen: Wenn ich dem Beitrag von Herrn Willingmann gefolgt bin, dann muss man wissen, dass Leuna unwahrscheinlich viel Öl und viel Gas verbraucht.
Sie haben selber gesagt, dass wir die vorherigen Gaspreise nicht mehr bekommen werden. Die Gaspreise lagen unter 5 ct pro kWh. Aktuell haben Sie aber gesagt, dass die Preise nicht mehr so hoch wie jetzt sein sollen, wo sie bei über 20 ct pro kWh liegen. Sie haben aber die Frage nicht beantwortet, wo denn der zukünftige Preis liegen wird, mit dem die
Die Antwort auf diese Frage bleiben Sie einfach schuldig. Dazu sagen Sie: Wir werden Lösungen finden; wir machen einen Energiemix. - Sie können dafür keine Lösung finden. LNG-Gas oder Gas aus Katar werden niemals die Preise erreichen wie das Gas aus Russland. Das ist einfach so.
Unzweifelhaft sind die Auswirkungen, wenn es den Chemiestandort Leuna nicht mehr gibt, dass die Folgewirtschaften, die davon abhängig sind, betroffen sind. Der Minister Schulze hat dazu ausgeführt. Das sind die Industriezweige der Elektrotechnik, des Maschinenbaus, des Anlagenbaus, der Bauwirtschaft und der Landwirtschaft. Überall sind das nachfolgende Wirkungen der Wertschöpfungsstufen, die auf Chemieprodukte angewiesen sind. Lieferketten können nicht mehr bedient werden. Was das für Auswirkungen auf unsere Wirtschaft in Sachsen-Anhalt, in Mitteldeutschland, in Deutschland und in Europa hat, kann man sich gar nicht ausmalen.
Man muss einmal daran denken, wie die Diskussion war, wo es um das SKW Piesteritz ging, der ja der größte AdBlue-Hersteller in Mitteleuropa ist. Jetzt stellen wir uns einmal vor: Wenn das hier auch passiert, dann stehen die ca. 12 000 Arbeitsplätze einmal ganz schnell auf dem Spiel. Dann will ich einmal sehen, wie Sie, Herr Willingmann, den Leuten vor Ort erklären, dass sie dafür ein Zukunftszentrum bekommen, das CTC, wo 70 % der Investitionskapazitäten nach Sachsen, nämlich nach Delitzsch - das haben Sie ausgeführt - und 30 % zu uns kommen.
Sie haben in diesem Zusammenhang gegen- über der Presse selber erklärt, dass in Leuna ungefähr 300 Arbeitsplätze entstehen sollen. Das konnte man der Presseberichtserstattung entnehmen. Ich frage mich wirklich, ob 300 Leute, die durch das CTC beschäftigt werden sollen, 12 000 Arbeitsplätze aufwiegen sollen. Für mich ist das eine Milchmädchenrechnung.
Der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau, Thomas Brockmeier, sagt dazu, das Knappheitsproblem bei der Energie müsse bekämpft werden. Weiter heißt es:
„Wir brauchen aus allen Quellen, derer wir Herr werden können, mehr Energie im Markt. Gas und Strom. Das ist die wichtigste politische Botschaft zunächst einmal.“
Das sagen die Vertreter aus der Wirtschaft und der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer.
Sie müssen doch einmal ein bisschen auf die Vertreter aus der Wirtschaft hören. Mir kommt das so vor, als ob die gar kein Gehör finden.