Protocol of the Session on September 7, 2022

(Zurufe von der AfD: Halt! - Unruhe)

Oh, Herr Scharfenort hat eine Intervention. - Bitte, Herr Scharfenort.

Vielen Dank für die Rede. Inhaltlich können wir die, denke ich, unterstreichen.

(Hendrik Lange, DIE LINKE, lacht)

Nur möchte ich erstens kurz daran erinnern: Wer war denn verantwortlich für das jetzige Desaster? Wer hat denn die Energiepolitik in den letzten 16 Jahren gemacht? Wer hat also den Grundstein für dieses Desaster gelegt? Wie wurde diese Energiewendesimulation, wie wir sie bis jetzt hatten, überhaupt möglich? Es war nur möglich mit diesem billigen Gas aus Russland. Der Anteil - man kann das genau nachschauen - stieg von Jahr zu Jahr, damit überhaupt die Grundlast abgedeckt werden konnte, weil eben - Sie haben es ja auch inhaltlich richtig wiedergegeben - der Ausstieg aus Kohle und Kernkraft erfolgte. Dies nur kurz zur Erinnerung.

Zweitens. Sie haben viele Dinge richtig angesprochen. Ich höre bei Ihnen die Kritik an der Sanktionspolitik - das unterstreichen wir natürlich ausdrücklich. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie in Ihrer Resolution, die Sie vor kurzer Zeit auf Ihrer Klausurtagung verabschiedet haben, in der viele richtige, wichtige Punkte stehen, auch zwei der wichtigsten Punkte mit

aufgenommen hätten, die ich leider nicht finden kann: Nord Stream 2 öffnen und Sanktionspolitik beenden. - Danke.

Herr Thomas, möchten Sie antworten?

Sehr gerne. - Ich möchte Ihnen das zum wiederholten Male sagen. Sie können von der CDULandtagsfraktion Sachsen-Anhalt alle Reden der letzten 15 Jahre zum Thema Energiepolitik nehmen. Darin haben wir immer von Versorgungssicherheit, Preisstabilität und mehr Unabhängigkeit von Energieimporten gesprochen. Und wir haben das immer kritisch bewertet. Insofern sprechen Sie jetzt hier die Falschen an. Das ist vielleicht ähnlich wie bei der GEZ, so wie Sie das wahrnehmen. Auch dort sind wir unterschiedlicher Meinung. Aber wir als CDU haben das von Anfang an gefordert und es letztendlich auch durchgesetzt.

(Tobias Rausch, AfD: Was haben Sie durchge- setzt? - Zuruf von Markus Kurze, CDU - Tobias Rausch, AfD, lacht)

Zu den Sanktionen. Ich will das noch einmal verdeutlichen. Ich habe drei Punkte beschrieben und habe gesagt, wenn es für diese drei Punkte keine nachvollziehbaren Lösungen gibt, dann müssen wir über die Sanktionen reden.

(Zurufe von der AfD)

Denn dann wirken die Sanktionen bei uns schlimmer als bei dem, den wir eigentlich sanktionieren wollen.

(Unruhe)

Aber noch besteht ja die Chance, diese drei Punkte erst einmal zu erfüllen. Wenn Sie die Stolberger Erklärung lesen - - Ich glaube, wenn man diese Punkte alle umsetzt, wäre das schon eine spürbare Entlastung für die Bürger, von Steuersenkungen über Entlastungen bis zu einem Preisdeckel in dieser Krisensituation. Ich denke, das sind alles umsetzbare Maßnahmen, die sofort wirken würden.

Wir haben doch vor zwei Jahren zum Coronabeginn bewiesen, wie schnell wir die Mehrwertsteuer von 19 % auf 7 % gesenkt haben, auch auf Energie, Strom, Dieselkraftstoffe, Gas und Öl, und wie das dazu geführt hat, dass wir durch die Coronageschichte relativ problemlos durchgekommen sind.

(Zuruf)

- An internationalen Lieferketten sind wir nur begrenzt beteiligt.

Wir verstehen nicht, warum man das jetzt nicht auch gleich wieder macht vor dem Hintergrund dieser Preisexplosion: einfach die Steuern runternimmt und sagt, das ist das erste Entlastungspaket, das ist wichtiger als 60 Milliarden €. Wobei man sagen muss, davon soll ja die Hälfte von den Ländern kommen und da weiß ich schon, da müssen im Haushaltsausschuss des Landes wir einmal gucken, wo wir unser Geld für das hernehmen sollen, was der Bund verordnet. Nach wie vor besteht ja die Regel: Wer bestellt, bezahlt. Ich glaube nicht, dass der Landtag von Sachsen-Anhalt, der Finanzausschuss, Sachen aus Berlin sang- und klanglos mit durchwinkt, ohne vorher gefragt zu werden. Wir werden es überprüfen, wir werden es sehen, aber, na ja, ich habe da so meine Erfahrungen.

Dann jetzt, Herr Gallert, bitte.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe vor allen Dingen heute bei dieser Debatte, aber auch bei dem Tagesordnungspunkt davor insofern kein gutes Gefühl, als wir alle wissen, dass wir uns in einer extrem dramatischen Situation befinden. Uns kann das hier in diesem Land Sachsen-Anhalt, in dieser Bundesrepublik und in Europa in den nächsten Monaten wirklich im wahrsten Sinne des Wortes um die Ohren fliegen. Ich habe bisher nicht den Eindruck gehabt, dass wir uns dieser Verantwortung in diesem Haus bei der Tonalität der Debatte wirklich immer voll bewusst waren und dieser gerecht geworden sind.

(Beifall bei der LINKEN)

Jetzt komme ich zu diesem Antrag der AfD- Fraktion. Der hat im Grunde genommen zwei Signalebenen. Die eine ist, wo es um die Debatte um die konkreten Sanktionen geht. Die andere ist - das ist aber nun schon zwei Tagesordnungspunkte lang deutlich geworden -, dass es der AfD um eine andere Debatte geht. Diese andere Debatte wird hier transparent organisiert, und die transparente Organisation heißt: „Deutschland first“. Lasst die sich doch da die Ukraine schnappen. Lasst die sich doch da die Köpfe einschlagen, das ist interessiert uns alles nicht,

(Oliver Kirchner, AfD: Nee, nee, nee. Das ha- ben wir so nicht gesagt, Herr Gallert!)

Hauptsache, wir kommen mit dem Rücken an die Wand. Klar, das ist für Sie normal. Für

DIE LINKE als einer Partei der Internationalen Solidarität ist das ein No Go. - Punkt 1.

(Beifall bei der LINKEN - Guido Kosmehl, FDP: Für alle LINKEN!)

Punkt 2. Es ist übrigens auch aus der Perspektive nationaler Interessen völlig falsch, weil wir natürlich - Herr Willingmann hat schon darauf hingewiesen - in einer Art und Weise von Exporten abhängig sind, die aus unserer Perspektive übrigens nicht gut ist. Das heißt nämlich, wir haben einen zu schwachen Binnenmarkt. Das bedeutet auf der anderen Seite aber auch, dass wir natürlich von einer funktionierenden völkerrechtsbasierten Weltordnung abhängig sind, weil unser Wohlstand ganz wesentlich darauf beruht, dass völkerrechtliche Standards eingehalten werden. Wenn diese nicht eingehalten werden, wer- den wir diesen wirtschaftlichen Vorsprung nicht nur verlieren, sondern wir sind dezidiert nicht in der Lage dazu, ihn weiter zu entwickeln.

Es ist unser absolutes Interesse, auch des eigenen Landes, völkerrechtliche Standards zu halten und den Bruch des Völkerrechts zu verbieten, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung von Dr. Katja Pähle, SPD)

Und da - das will ich auch ganz klar sagen - gibt es tatsächlich einen Unterschied zwischen dem, was Herr Willingmann hier gesagt hat - und sicherlich auch gemeint hat - und uns: Bei Völkerrechtsbruch unterscheiden wir nicht zwischen Verbündeten und Nichtverbündeten. Völkerrechtsbruch ist Völkerrechtsbruch und gehört in jedem Fall verurteilt.

(Beifall bei der LINKEN)

Dann gibt es noch eine Metaebene, die heute nicht angesprochen worden ist, aber glücklicherweise von AfD-Funktionären bei TikTok - das geht ja heute durch das Netz. Und zwar der Satz mit dem offenen Mikrofon: Es muss dramatisch werden, und zwar diese Energiekrise der privaten Haushalte, sonst haben wir als AfD keine Basis. Das ist der Satz von AfD-Funktionären, der heute durch das Netz geht.

(Tobias Rausch, AfD: Wer sagt das?)

Sie haben vergessen, die Mikrofone abzuschalten. Das offenbart das eigentliche Problem. Sie haben ein Interesse daran, dass die Leute frieren, Sie haben ein Interesse daran, dass die Situation eskaliert, weil Sie es parteipolitisch ausschlachten wollen.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN - Frank Otto Lizureck, AfD: Wir sind aber nicht schuld daran!)

Ich bin sehr froh, dass es ausdrücklich AfD- Funktionäre so offen ins Mikro gesagt haben.

(Tobias Rausch, AfD: Wer hat es gesagt?)

Das ist die Situation, mit der wir uns hier auseinandersetzen müssen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Jetzt gibt es noch die Ebene dessen, was in dem Antrag steht, um die es aber eigentlich nicht geht, wie wir jetzt wissen.

(Unruhe bei der AfD)

Es geht nämlich um die Frage: Was passiert in dieser Auseinandersetzung mit Russland? - Ich

sage es noch einmal ganz klar - die Beschlusslage meiner Partei ist eindeutig -: Erstens. Wir lehnen Waffenlieferungen ab. Zweitens. Wir sind sehr wohl dafür, in dieser Auseinandersetzung Sanktionen einzusetzen, wenn sie a) die verantwortlichen Personen und Oligarchen und Kriegsgewinnler treffen, wenn sie b) die Kriegsfähigkeit Russlands einschränken und wenn sie c) nicht primär die Bevölkerung treffen, und zwar völlig egal, ob in Russland, Deutschland oder in der Ukraine. Und dann muss man ab- wägen.

Nur, liebe Kolleginnen und Kollegen, das, was wir gerade haben, ist Ausdruck der Gasknappheit. Und Gas steht nicht auf der Sanktionsebene. Gas ist etwas, das Russland nicht liefert, weil sie sich mit uns auseinandersetzen.

(Thomas Korell, AfD: Wer ist schuld dar- an?)

Niemand hat gefordert, Gas zu stoppen, außer Herr Thomas - so ehrlich muss man sein - und eine ganze Reihe von CDU-Funktionären, und zwar im März dieses Jahres.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Herr Merz als CDU-Fraktionsvorsitzender

- gucken Sie nach; das Netz ist zum Glück nicht vergesslich -, von dem Sie offensichtlich ein Fan sind - das habe ich zumindest immer so verstanden - hat im März ausdrücklich Energielieferstopps gefordert, also kein Gas mehr aus Russland.

(Zustimmung bei der AfD - Daniel Roi, AfD: So ist es! Richtig!)