Protocol of the Session on September 7, 2022

Nichts von all dem, was jetzt geschieht an Huckeln und Problemchen, ist schlimm:

 dass Leute losmarschieren und sagen: ich

muss es aber in den ersten zwei Tagen erledigt haben; denn wenn das Finanzamt etwas von mir will und ich es nicht gleich löse, dann weiß ich gar nicht, was passiert; solche Bürgergespräche hatten wir vermutlich alle, dass Leute gesagt haben: nein, bis Oktober will ich auf gar keinen Fall warten, man weiß ja nicht, ob man es dann noch hinbekommt;

 die Softwareprobleme,

 dass wir nun wahrscheinlich alle heraus-

gefunden haben, dass doch eine Menge älterer Leute bisher einfach keine ELSTERKonten hatte und jetzt damit zurechtkommen muss, sich welche anzulegen,

 der Umstand, dass es natürlich immer blöd

ist, wenn man eine Sache einmal im Leben macht; einen Vorgang im Internet - ich nenne einmal den berühmten Amazon- Kauf - erledigen wir alle routinierter, wenn wir das schon hundertmal gemacht haben;

bei allem, was man nur einmal im Leben und nicht zehnmal macht, hat man natürlich immer das Problem des Anfängers.

All diese Probleme sind nicht schlimm. Wir brauchen keine Fristverlängerung.

Wenn die Zahl der erledigten Abgaben - der Minister hat darauf hingewiesen; davon gehe auch ich aus - im Oktober 2022 sehr viel höher sein wird, dann werden es trotzdem nicht 100 % sein. Das ist kein Problem, weil keiner bestraft wird.

Die Deutsche Bahn - das habe ich jetzt auf dem Landesverbandstag der Steuergewerkschaft gelernt - hat schon einmal eine individuelle Fristverlängerung bis zum Jahr 2024 beantragt. Ich vermute, sie geben ein richtiges Paket ab. Das wird richtig prall sein.

Es wird nachlaufen, und am Ende wird es immer noch ein paar komplizierte Fälle geben, in denen jemand sagt, das muss aber noch einmal vermessen werden und das ist alles gar nicht so einfach, wie es am Anfang aussah, weil sich eben jahrhundertelang nichts geändert hat. Das alles werden wir in den Griff kriegen, auch ohne dass wir jetzt schon rufen: Fristverlängerung! Ich finde, es ist gar nicht wenig Zeit bis Ende 2023, um das alles zu tun.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Finanzverwaltung machen einen tollen Job. Sie nehmen inzwischen auch das Fax entgegen und sagen: Schreiben Sie bitte leserlich, dann geben wir das händisch ein und dann ist es, in Gottes Namen, erledigt. Das machen sie inzwischen alles, mit großem Fleiß und mit großer Geduld. Sie werden alle irgendwann einmal anstoßen und sagen: Wir haben diese Jahrhundertaufgabe bewältigt. Wir werden nicht dabei sein. Wir haben es dann hinter uns und haben unsere Abgabe

gemacht. Dann werden wir uns in diesem Haus darüber streiten, wie es mit Hebesätzen und einnahmeneutraler Erhebung geht. Noch einen Tag später werden auch wir anstoßen und sagen: Wir haben diese große Operation bewältigt. - Vielen Dank.

Vielen Dank, Herr Dr. Schmidt. - Herr Rausch, Sie sind der nächste Redner.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete! Herr Minister Richter und Herr Meister haben dazu ausgeführt. Herr Dr. Schmidt hat jetzt zu der Erkenntnis beigetragen, dass das auch händisch vom Finanzamt eingegeben wird. Es war mir noch nicht bekannt, dass sie das, wenn ich das dorthin schicke, selbst eintragen. Aber es ist gut, das zu wissen. Dazu werde ich noch einmal nach- fragen.

Sie haben gesagt, dass Sie die Fristverlängerung nicht für notwendig erachten. Ich sehe das nicht so. Sie haben ausgeführt, bisher haben das noch nicht einmal 20 % gemacht. Wenn wir das einmal realistisch einschätzen und berücksichtigen, dass noch ein bisschen Zeit vergeht, erreichen wir vielleicht einen Stand von 40 % oder 50 %. Ich habe den Antrag so verstanden, dass man vermeiden möchte, dass es zu irgendwelchen Ordnungsverfahren oder Strafzahlungen kommt. Aber Ihrem Kopfschütteln entnehme ich, dass Sie dafür Sorge tragen werden, dass das nicht passiert. Das finde ich sehr gut.

Ein Beispiel zu diesen technischen Problemen. Ich bin persönlich betroffen, deswegen konnte

ich das Argument anführen. Ich werde bei meinem Finanzamt noch einmal nachfragen und das klären. Dann wird das unsere kommunale Wohnungsbaugesellschaft auch einmal wahrnehmen; denn auch dort bestand das Problem, dass das nicht funktionierte.

Unter dem Strich finde ich den Antrag, den die GRÜNEN eingereicht haben, gut. Wir werden ihm auch zustimmen, weil wir generell nichts gegen eine Fristverlängerung in dem Zusammenhang haben. Wenn es Ausnahmegenehmigungen gibt, kann man es generell für alle verlängern. Denn bisher geltende Frist ist utopisch. Damit werden wir vielleicht einen Stand von 50 % der eingereichten Erklärungen erreichen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Rausch. Es gibt keine Fragen. - Deswegen kann jetzt bitte Herr Bernstein ans Mikrofon schreiten.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zu den ganzen Voraussetzungen, zu den rechtlichen Rahmenbedingungen und zur Bedeutung dieses Steuerreformprojektes ist, denke ich, ausreichend viel gesagt worden. Ich möchte mich dazu nicht weiter äußern. Vielleicht ein kurzer Einblick ins Persönliche. Ich habe auch das Programm des Bundesportals genutzt. Das funktionierte tatsächlich recht problemlos. Man ist sicherlich im Vorteil, wenn man nicht so viel Immobilienvermögen hat und lediglich ein Grundstück eintragen muss. Dann klappt das alles schon ganz gut.

Darum soll es aber nicht gehen. Auch wir als Freie Demokraten haben eigentlich darauf orientiert zu beobachten, wie der Rücklauf bei den Erklärungen ist, und dass man eine Fristverlängerung von dem Eingangsstand abhängig macht und davon, ob es tatsächlich zu großen Problemen kommt. Aber das scheint durchaus Konsens zu sein. Daher kann ich feststellen: Einer generellen Fristverlängerung bis zum 31. Januar 2023 stehen auch wir äußerst kritisch gegenüber.

Der Punkt, auf den ich aber noch einmal hin- weisen wollte, ist eigentlich ein ganz anderer. Aus meiner Sicht ist diese Reform nämlich ein wunderbarer Spiegel für uns als Deutschland insgesamt, der zeigt, wo wir mit unserer Digitalisierung stehen. Denn jeder, der sich mit dieser Thematik schon befasst hat, wird fest- gestellt haben: Ich muss Daten eintragen, die im Regelfall - ich rede von Neubauprojekten, die nach 1990 realisiert wurden - zu nahezu 100 % bereits vorliegen, natürlich in unterschiedlichen Behörden. Ich kann mich daran erinnern, dass ich meine Steuer-ID brauchte; diese ist offensichtlich bekannt. Ich brauchte meine persönlichen Daten, meine Grundstücksnummer usw. Sie kennen das sicherlich alle.

Es stellt sich dann die Frage: Warum hat man es nicht geschafft, diese Daten zusammenzufügen? Das wäre mein Kritikpunkt an der Stelle. Gleichzeitig könnte man sagen: Ihr seid ja für dieses Ministerium zuständig. So darf ich es quasi auch als Arbeitsauftrag gerade für uns als Freie Demokraten nehmen, diese Thematik besser zu machen, um unseren Bürgerinnen und Bürgern in Zukunft bei ähnlichen Vorhaben wertvolle Lebenszeit zu sparen und auch manches graue Haar zu ersparen. Das ist bei mir nicht unbedingt ein Thema, aber vielleicht sind auch andere davon betroffen.

(Zuruf von Frank Bommersbach, CDU)

- Ja, deshalb, Kollege Bommersbach. - Wir sind dafür, diesen Antrag an den Finanzausschuss zu überweisen und uns in der nächsten Sitzung des Finanzausschusses, ggf. im Oktober, zum Stand des Verfahrens informieren zu lassen. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Bernstein. - Als nächster Redner kommt Herr Andreas Henke nach vorn.

Frau Präsidentin, vielen Dank. - Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf es gleich vorweg- schicken: Auch meine Fraktion hält den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für richtig und für notwendig. Deswegen wird er unsere Zustimmung finden.

Ich darf daran erinnern, dass wir mit diesem Anliegen nicht ganz alleinstehen. Selbst der Steuerzahlerbund hatte sich für eine Fristverlängerung bis mindestens Ende Januar 2023 ausgesprochen, und zwar nicht nur, weil die bisherige Frist zu knapp ist, sondern weil es viele weitere Beweggründe dafür gibt.

Es mangelt unter anderem auch an entsprechender Niederschwelligkeit für Seniorinnen und Senioren und für Menschen mit anderen Einschränkungen. Das IT-Problem wurde vom Minister schon angesprochen. Hinzu kommt nicht nur die Frage, dass das System abgestürzt war, sondern dass manche Daten gar nicht angenommen werden oder bereits einpflegte Daten nicht mehr korrigiert werden können, wenn man im Nachhinein einen Fehler fest- gestellt hat oder ähnliche Dinge auftreten.

Nicht zuletzt sind viele Formulare und viele Fragen für nicht wenige Menschen sehr unverständlich und sehr schwer nachzuvollziehen.

Auch deshalb sollte an dieser Stelle eine Fristverlängerung ausgesprochen werden. Ich denke, dass die bisherige geringe Rücklaufquote auch Ausdruck dieser Tatsache ist.

Herr Minister, die nächste Finanzministerkonferenz findet meines Wissens am 22. September 2022 statt. Dann soll das Thema Fristverlängerung noch einmal Gegenstand der Beratungen sein. Ich würde es gut finden, wenn wir hier im Hohen Haus dem Minister ein deutliches Votum für diese Beratung mitgeben. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Henke. - Als nächster Redner macht sich Herr Ruland auf den Weg.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich in weiten Teilen den Ausführungen des Finanzministers anschließen. Auch ich bin der Meinung, dass eine heute adressierte Fristverlängerung ein Fehlanreiz ist. Das nimmt den Anreiz, sich durch das ELSTER-Portal zu kämpfen. Ich kann an der Stelle auch aus eigener Erfahrung berichten: Das hat schon ein bisschen Endgegner-Style,

(Lachen bei der AfD und bei der LINKEN - Zu- ruf von Hendrik Lange, DIE LINKE)

auch wenn man eine gewisse Affinität hat, Steuererklärungen selbst zu machen. Wir haben in Bezug auf die Benutzerfreundlichkeit, also in Bezug auf die Usability, um es neudeutsch zu sagen, noch einiges zu tun, damit das besser wird.

(Zuruf von der AfD: Das stimmt!)

Vieles ist bereits gesagt worden. Das Bundesverfassungsgericht hat den groben Rahmen vorgegeben. Ich möchte mir nicht ausmalen, wie ich, weil ich im parlamentarischen Verfahren beteiligt war, als Stadtrat dann erklären darf, dass wir keine Grundsteuer er- heben können, weil die Grundsteuerdaten nicht da sind. Der Minister hat es gesagt: Die Einkommensquelle auf der kommunalen Ebene wäre dann weg. Das möchte ich nicht erklären müssen.

An dieser Stelle möchte ich mich noch einmal bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Finanzverwaltung bedanken, die über das normale Arbeitspensum hinaus den Bürgerinnen und Bürgern genau die Angebote machen, die im Antrag gefordert sind. Ich könnte den GRÜNEN ein Déjà-vu bescheren und sagen, der Antrag ist entbehrlich, weil sich eigentlich alles, was darin gefordert ist, in der Umsetzung befindet.

Trotz allem plädiere auch ich dafür, dass wir den Antrag in den Finanzausschuss über- weisen. Bis zur nächsten Sitzung hat sich der Nebel vielleicht ein bisschen gelichtet. Wir wissen dann genau, worüber wir reden und wie die Abgabequoten sind. Ich glaube, dass das Finanzministerium dann gemeinsam mit der Finanzverwaltung bürgerfreundliche Lösungen findet, auf Säumniszuschläge verzichtet und auch rechtzeitig falsch abgegebene Erklärun-

gen mit Hinweisen an die Bürger zurückschickt. - Vielen Dank.

Vielen Dank, Herr Ruland. - Frau SziborraSeidlitz. - Sie verzichtet. - Herr Meister redet. Gut.

(Zuruf von Daniel Roi, AfD)

Herr Meister, bitte schön.

Frau Präsidentin! Herr Dr. Schmidt hat von einer Jahrhundertaufgabe gesprochen. Damit hat er natürlich recht. So etwas wollen wir bitte nicht regelmäßig machen. Insofern ist diese Umstellung tatsächlich eine Jahrhundertaufgabe. Dementsprechend ist das eine Herausforderung für alle Beteiligten, sowohl für die Bürger als auch für die Verwaltung. Ich glaube, ich war in meinem Redebeitrag überwiegend lieb zu der Verwaltung. Denn es ist tatsächlich zu konstatieren, dass das ein Problem ist und dass die Kollegen das entsprechend leisten.