Protocol of the Session on September 7, 2022

Mir liegt die Information vor, dass der Gesetzentwurf zur federführenden Beratung in den Innenausschuss und zur Mitberatung in den Ausschuss für Infrastruktur und Digitales überwiesen werden soll. Wer dem zustimmen kann, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und die AfD. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Das ist Fraktion DIE LINKE. Damit ist der Gesetzentwurf entsprechend überwiesen worden. Der Tagesordnungspunkt 12 ist damit erledigt.

Wir kommen zu dem

Tagesordnungspunkt 13

Erste Beratung

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung verwaltungsvollstreckungsrechtlicher Vorschriften

aufgrund der Änderung der Zivilprozessordnung und weiterer Vorschriften

Gesetzentwurf Landesregierung - Drs. 8/1567

Hierzu ist ebenfalls keine Debatte vorgesehen worden. - Frau Zieschang, Sie haben das Wort.

Herzlichen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Der vorliegende Entwurf ist ein Artikelgesetz und dient in erster Linie der Fortentwicklung der verwaltungsvollstreckungsrechtlichen Vorschriften

des Landes. Bei dieser Gelegenheit sollen auch notwendige Änderungen im Verwaltungsverfahrensgesetz Sachsen-Anhalt vorgenommen werden.

Ich beginne mit Letzterem. Mit der Änderung des Verwaltungsverfahrensgesetzes SachsenAnhalt sollen zum einen zwei verfahrensrechtliche Vorschriften im Online-Zugangsgesetz des Bundes, die nur bei der Ausführung von Bundesrecht gelten, in Landesrecht umgesetzt werden. Zum anderen sollen die sogenannten Strafzinsen, die nach § 49a des Verwaltungsverfahrensgesetzes erhoben werden können, wenn eine Leistung nicht alsbald nach ihrer Auszahlung zweckentsprechend verwendet

wird, von 5 Prozentpunkten auf 3 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz jährlich abgesenkt werden.

Sie erinnern sich sicherlich, dass es zu der sogenannten Strafzinsproblematik bei der Förderung von Kommunen, insbesondere bei der Städtebauförderung, im Dezember 2021 einen Prüfauftrag des Landtages an die Landesregierung gab. Die Landesregierung hatte dazu im Juni 2022 an den Landtag berichtet und die Zinssenkung als eine Handlungsoption zur Lösung der Strafzinsproblematik bereits angekündigt.

Nun komme ich zu den Änderungen der verwaltungsvollstreckungsrechtlichen Vorschrif

ten. Im Interesse der Rechtseinheitlichkeit werden im Verwaltungsvollstreckungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt zurückliegende Änderungen der Zivilprozessordnung und der Abgabenordnung nachvollzogen. Dies gilt unter anderem für die Ermittlungsbefugnisse und Auskunftsrechte der Vollstreckungsbehörden, für die Regelungen zum Kontopfändungsschutz, für die Regelungen zur Verbesserung des Schutzes der Vollstreckungsbeamten vor Gewalt und anderes mehr.

Mit weiteren Änderungen werden Anregungen der Verwaltungsvollstreckungsbehörden umgesetzt und die jüngsten Novellierungen der Verwaltungsvollstreckungsgesetze des Bundes und auch anderer Länder aufgegriffen. Dies betrifft etwa die Schaffung der Rechtsgrundlage für den Erlass eines Haftungsbescheides.

Zu guter Letzt: Mit Artikel 3 erfolgt die Umsetzung des Gerichtsvollzieherschutzgesetzes im Landesgesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Mit Artikel 4 werden schließlich in der Kostenordnung zum Verwaltungsvollstreckungsgesetz die Pfändungsgebühren an

die gestiegenen Personalkosten in den Vollstreckungsbehörden angepasst. - Vielen Dank.

Ich danke.

Abstimmung

Mir liegt die Information vor, dass der Gesetzentwurf in den Innenausschuss sowie in den Ausschuss für Recht, Verfassung und Verbraucherschutz überwiesen werden soll. Wer dem zustimmen kann, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das ist das gesamte Haus. Danke, dann ist das so beschlossen.

Wir kommen zum nächsten Tagesordnungspunkt, und zwar zu dem

Tagesordnungspunkt 14

Erste Beratung

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Besoldungs- und Versorgungsrechtsergänzungsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt

Gesetzentwurf Fraktion AfD - Drs. 8/1575

Einbringer ist Herr Lizureck. Danach folgt eine Dreiminutendebatte. - Bitte, Sie haben das Wort, Herr Lizureck.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wollen wir allen etwa 1 000 Justizvollzugsbeamten innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab Inkraft-

treten unseres Entwurfs zur Änderung des Besoldungs- und Versorgungsrechtsergänzungsgesetzes die Option einräumen, für den Krankheits-, Pflege- oder Geburtenfall entweder im Beihilfesystem zu verbleiben oder künftig von der Heilfürsorge zu profitieren. Das soll zunächst mit einer generellen Überführung aller Justizvollzugsbeamten in die Heilfürsorge geschehen, denen dann innerhalb von sechs Monaten ab Inkrafttreten unseres Gesetzentwurfes die Möglichkeit gegeben wird, im Beihilfesystem zu verbleiben.

Ein Verbleiben im Beihilfesystem kann im Einzelfall für den Justizvollzugsbeamten vorteilhafter sein. Aber grundsätzlich wollen wir den Justizvollzugsbeamten mit den Polizeivollzugsbeamten und den Beamten des feuerwehrtechnischen Dienstes gleichstellen. Zugleich wollen wir die Ungleichbehandlung von Justizvollzugsbeamten und in den Justizvollzug versetzten Polizeivollzugsbeamten abschaffen. Nach derzeitiger Rechtslage behalten nämlich die in den Justizvollzug versetzten Polizeivollzugsbeamten ihren einmal erworbenen Anspruch auf Heilfürsorge, während ihre Kollegen, die von Anfang an im Justizvollzug ausgebildet und eingesetzt werden, lediglich die Beihilfe beanspruchen können.

Zu Erinnerung: Die Beihilfe in Sachsen-Anhalt bedeutet verkürzt eine 50-prozentige Erstattung von beihilfefähigen Aufwendungen in Krankheits- und Pflegefällen sowie für vorbeugende Behandlungen.

Versorgungsempfänger, Ehegatten und Lebenspartner erhalten eine Erstattung der Aufwendungen zu 70 %; bei Kindern und Waisen sind es 80 %. Das ist bei Beamten und Richtern des Landes der Regelfall. Zumeist sind diese Beamten und Richter für die Versorgungslücke von 50 % bzw. 30 % eigenverantwortlich krankenversichert.

Die Heilfürsorge aber ist der Sonderfall. Hierbei werden Beamten mit besonders gefahrengeneigter Tätigkeit die notwendigen und wirtschaftlich angemessenen Aufwendungen im Krankheitsfall bis zu 100 % erstattet. Zu dem gesetzlich festgelegten Kreis der Heilfürsorgeberechtigten zählen in Sachsen-Anhalt Polizeivollzugsbeamte, Beamte des feuerwehrtechnischen Dienstes im Einsatzdienst sowie, man staune, auch die Beamten des Verfassungsschutzes.

Ich meine, trotz ihrer eindeutig gefahrengeneigten Tätigkeit, die das gesundheitliche Risiko von Beamten des Verfassungsschutzes bei Weitem übersteigt, sind Justizvollzugsbeamte nur beihilfeberechtigt und erhalten keine Heilfürsorge. Justizvollzugsbeamte werden hoheitlich tätig und tragen eine hohe Verantwortung. Sie müssen häufig unmittelbaren Zwang anwenden, häufig Schutzkleidung tragen und leisten Schichtdienst.

Hierbei müssen wir feststellen, dass sie sich angesichts des zu beobachtenden Anstiegs des Konsums psychoaktiver Drogen in den Justizvollzugsanstalten gegen renitente Häftlinge durchsetzen müssen und sind Gewalt sowie hohem psychischen Druck ausgesetzt. Der Dienstalltag birgt hohe Risiken, die im schlimmsten Fall zur Dienstunfähigkeit führen.

Man kann wohl erwarten, dass der Dienstherr bei diesen mit dem Polizeivollzugsdienst absolut vergleichbaren Bedingungen fürsorgend tätig wird und sie künftig in die Heilfürsorge einbezieht. Wir halten das jedenfalls für sach- gerecht.

Zudem besteht bei gleicher Tätigkeit ein Einkommensgefälle von mehreren 100 €. Wenn ein in den Justizvollzug versetzter ehemaliger

Polizeivollzugsbeamter und ein Justizvollzugsbeamter den gleichen Dienst verrichten, bleibt der ehemalige Polizist in der Heilfürsorge, auf die der Kollege ohne beruflichen polizeilichen Vorlauf keinen Anspruch hat. Genau das führt zu einer sozialen Unwucht im Justizvollzug. Denn die privat zu erbringende Zusatzversicherung der Justizvollzugsbeamten belastet deren Nettoeinkommen um mehrere 100 € im Monat. Dem steht bei den Heilfürsorgeberechtigten je nach Eingruppierung nur ein kleiner monatlicher Einbehalt in Höhe von zwischen 6,67 € und 26,67 € gegenüber.

Meine Damen und Herren! Die Personalsituation im Justizvollzug - das wissen wir alle - ist angespannt. Die Altersabgänge können nicht mehr kompensiert werden. So kommt es dazu, dass bereits jetzt Zwölfstundenschichten gefahren werden, um den Dienstbetrieb aufrechtzuerhalten.

Der Justizvollzugsdienst steht bei der Nachwuchssuche in scharfer Konkurrenz zu anderen Sparten des öffentlichen Dienstes, insbesondere der Landespolizei. Heilfürsorge auch für Anwärter, wie bei der Polizei, wäre natürlich bei der Nachwuchsgewinnung ein gutes Argument. Bei der Nachwuchsgewinnung wird der Justizvollzug immer der Verlierer sein, wenn die Bedingungen nicht an die des Polizeivollzugs angeglichen werden. Hierbei denke ich auch an die Vollzugszulage, allgemein auch Gitterzulage genannt, die in Sachsen-Anhalt niedriger als die Polizeizulage ist. Zudem ist die Schichtzulage noch immer auf dem Stand des Jahres 2011.

Ich gebe zu bedenken, wenn bei 120 ausgeschriebenen Stellen seit dem Jahr 2019 nur die Hälfte besetzt werden konnte, dann ist das viel gepriesene Feinkonzept Personal, jedenfalls im

Bereich Justizvollzug, vollkommen gescheitert. Es muss eine Attraktivitätsoffensive für den Justizvollzug her, bei der die Heilfürsorge ab dem Anwärterstatus nur ein Baustein sein kann.

Wenn Sie, Frau Ministerin, das Nachwuchsproblem im Justizvollzug nicht in den Griff bekommen, dann haben Sie in den Justizvollzugsanstalten bald tickende Zeitbomben. Wenn aus dem Personalmangel Einschränkungen für die Häftlinge entstehen, z. B. für den Transport oder die Besuchskontrolle oder, schlimmer noch, wenn es zu Lücken bei der Überwachung von Häftlingen kommt, dann sind Szenarien wie Revolten oder Geiselnahmen denkbar.

Sie selbst, Frau Ministerin Weidinger, haben unter der Schlagzeile „Dramatischer Engpass bei der Justiz“ - das war ein Artikel in der „Volksstimme“ vom 13. Oktober 2021 - ein Interview gegeben. Darin sagten sie unter anderem: Sie wollen erst mit den Berufsverbänden sprechen. Es ist ja inzwischen ein Jahr her. Ich nehme einmal an, Sie haben das getan und die Berufsverbände werden Ihnen als Forderung die Übernahme in die Heilfürsorge vorgetragen haben.

Wir haben den Haushalt für das Jahr 2022 beschlossen. Hätten Sie die von der AfD alternativ vorgeschlagenen Streichungen durchgeführt, könnten Sie die jährlichen Kosten für die Heilfürsorge für die Justizvollzugsbeamten, die wir im Übrigen auf 4 Millionen € jährlich schätzen, locker stemmen. Aber Gender-Gaga ist ja wichtiger und ohne CO2-Messgerät in Dienstgebäuden kommt man sicherlich auch nicht aus.

Ich appelliere daher an Sie: Setzen Sie einfach einmal die Prioritäten anders! Die Heilfürsorge ist nur für einen Bruchteil der Beamten im

Land relevant, gedacht für jene, die für unser Gemeinwesen unter Einsatz von Gesundheit und Leben in besonderer Weise einstehen. Das tun Justizvollzugsbeamte an sieben Tagen in der Woche und 24 Stunden lang. Die Wertschätzung und die Würdigung ihres aufreibenden Dienstes gebieten die Überführung der Justizvollzugsbeamten in die Heilfürsorge als Fürsorgemaßnahme des Dienstherrn.

So wie wir es in unserem Gesetzentwurf gestaltet haben, soll es ein einmaliges Optionsrecht der Beamten geben, um den wenigen, die es betrifft, die Möglichkeit zu geben im Beihilfesystem zu verbleiben - ich habe es bereits angedeutet -, wenn das für sie im Einzelfall günstiger sein sollte.

Ich will an dieser Stelle gar nicht weiter ins Detail gehen. Wichtig ist aber: Machen Sie den Weg frei und den ersten Schritt zur sozialen Gleichstellung des Justizvollzugsdienstes mit dem Polizeivollzugsdienst. Gehen Sie endlich einmal ihr famoses Feinkonzept Justiz von der sozialen Seite an, und sie werden sehen, es wirkt.

Meine Damen und Herren! Uns ist bekannt, dass die Interessenvertreter der Strafvollzugsbediensteten mit Ihnen allen Gespräche geführt haben. Die Interessenvertreter der Justizvollzugsbeamten haben Ihnen wie natürlich auch uns ihre sozialen und dienstlichen Nöte vor- getragen. Sie haben jetzt die Gelegenheit, Ihren wohlwollenden Worten und Briefen Taten folgen zu lassen und unserem Gesetzentwurf zuzustimmen. Aus diesem Grund bitte ich Sie, unseren Gesetzentwurf zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Recht, Verfassung und Verbraucherschutz zu überweisen. - Ich bedanke mich für ihr Zuhören.

(Zustimmung bei der AfD)