Protocol of the Session on September 7, 2022

Was fehlt, meine Damen und Herren, ist die Gaspreisbremse. Da muss noch etwas her. Meine Damen und Herren! Das ist bisher nicht im Programm enthalten. Ich halte es jedenfalls nach wie vor für sinnvoll, auch dieses Modell weiterzuverfolgen. Ein Preisdeckel für den Grundverbrauch ist etwas, das meines Erachtens dem Gedanken, dass die Menschen jetzt natürlich sparen müssen, gar nicht widerspricht, sondern das eine Verbindung herstellt zwischen einer vernünftigen Grundversorgung zu einem angemessenen Preis und dem Auftrag zum Sparen. Denn, meine Damen und Herren, das muss ich doch einmal etwas kritisch in Richtung der GRÜNEN sagen: Um den Menschen klarzumachen, dass sie sparen müssen, brauchen wir die Gasumlage nun wirklich nicht. Das tauchte eine Weile in der Begründung mit auf. Die jetzigen Preise dürften auch den Letzten aufgeweckt haben. Man muss selbstverständlich sparen - und das nicht, weil noch eine Gasumlage obendrauf kommt, sondern weil einen die bisherigen Preise schon dazu bringen sollten.

(Zustimmung von Dr. Katja Pähle, SPD, von Jörg Bernstein, FDP, und von Andreas Silber- sack, FDP)

Damit sind wir beim letzten Punkt. Ich bin schon etwas über die Redezeit hinaus. Wir sind bei den Unternehmen. Diese kommen zu kurz. Ich habe das vorhin schon einmal gesagt. Diese kommen in diesem Paket im Moment noch zu kurz. Sie sprachen SKW Piesteritz an. Das ist ein Riesenproblem,

das sehe ich auch. Natürlich ist man beim SKW Piesteritz auch durchaus kreativ, was Modelle betrifft. Die Bundesregierung muss jetzt ein bisschen nachlegen, vor allem, sage ich einmal, der Bundeswirtschaftsminister. Denn es wurde eine Börse in Aussicht gestellt.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Richtig!)

Diese Börse muss erst einmal gestartet wer- den. Dann muss man klären, unter welchen Bedingungen man sich an diesem Börsenhandel beteiligen kann. Das ist schon vor Wochen ausgerufen worden, bis jetzt in den Konturen aber noch nicht klar. Eigentlich hätte das längst beginnen müssen. Wir würden damit nämlich zu einem sehr vernünftigen Umverteilen kommen.

Ich komme zu einem letzten Punkt in diesem Zusammenhang.

Jetzt aber wirklich der letzte. Es war beim Tagesordnungspunkt 3 schon so.

Ich glaube, die Landesregierung darf so lange - -

Ja, Sie darf. Aber ich darf trotzdem darauf hinweisen, dass es eine verabredete Redezeitstruktur gibt. Auch das darf ich.

Ich habe es charmant versucht. Ich sehe, ich dringe damit nicht durch. Frau Präsidentin, selbstverständlich komme ich jetzt zum Schluss.

Dennoch will ich das letzte Beispiel loswerden, meine Damen und Herren: unsere Handwerker. Briefe hin oder her - vielleicht ist in der Emotionalität auch manches geschrieben worden, das man so nicht sagen sollte. Ich persönlich halte nichts davon, sich abzukoppeln von der Solidarität mit der Ukraine. Aber all das haben wir schon bei dem vorangegangenen Tagesordnungspunkt besprochen.

Sie haben recht: Es gibt Handwerksbetriebe, Bäckereien, die energieintensiv sind. Es geht natürlich nicht, dass, wie gestern Abend, herumphilosophiert wird über die Frage,

(Zuruf von Tobias Rausch, AfD)

ob man Brötchen besser im Großmarkt kauft, weil sie beim Bäcker nämlich zu teuer werden; dort gibt es dann schließlich auch noch Brötchen. Das war ungeschickt. Aber ich habe vorhin schon zur Ehrenrettung des Kollegen Habeck gesagt: Erschöpfung. Es ist für viele im Moment eine große Herausforderung.

(Ulrich Siegmund, AfD: Ungeschickt? Der wusste nicht, was Insolvenz ist! Das ist doch nicht ungeschickt!)

- Das sagen Sie. Ich bin nicht so streng in der Bewertung, aber möglicherweise - -

(Lachen im ganzen Hause - Tobias Rausch, AfD: Frei von jeder Kenntnis, hätte ich dazu gesagt!)

Aber eines muss natürlich klar sein, meine Damen und Herren - damit schließe ich -: Natürlich muss auch der Bäcker aus Sachsen-Anhalt im Februar noch Brötchen backen können. Das halte ich für zwingend. Das muss am Ende bei diesem Paket herauskommen, wenn es um die Wirtschaft geht. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Herr Prof. Willingmann, es gibt zwei Fragen, zum einen von Frau von Angern und zum anderen von Herrn Gallert. - Frau von Angern, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Willingmann, ich würde gern ein Zitat vom Beginn Ihrer Rede aufgreifen: Wir müssen abgewogen entscheiden, nicht aus dem Bauch heraus. Nun schaue ich auf die Reihe Entlastungspakete; diese sind jedes Mal Ergebnis eines wirklich zähen Ringens innerhalb der Ampel gewesen.

Wir reden von einem Volumen von 90 Milliarden € oder 95 Milliarden € - ganz klar ist das noch nicht. Genauso ist die Beteiligung der Länder hieran noch nicht ganz klar.

Ich kann mich aber an eine Entscheidung erinnern, die über Nacht gefällt wurde: 100 Milliarden € mehr für die Bundeswehr. Da frage ich Sie: Ist das so eine Bauchentscheidung gewesen, die Sie im Nachhinein als falsch einschätzen würden? Wo fand da die gute Abwägung statt? Oder ist das eine Prioritätensetzung:

Hier die Bundeswehr und die Rüstungskonzerne und da die Menschen - hat leider nicht gereicht?

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Prof. Dr. Willingmann, bitte.

Frau Abg. von Angern, dass die Bundeswehr einen dringenden Nachholbedarf hat und dass dringend Gelder dorthinein fließen mussten, das war jedermann klar. Diese Entscheidung muss man nicht über Nacht fällen; die hat sich im Grund ewig abgezeichnet.

Wir haben es im Moment aber mit einem etwas komplexeren System zu tun, nämlich mit der Frage, wie man mit der größten Wirtschaftskrise und der größten Herausforderung, die wir seit 1949 und in diesem Teil des Landes seit 1990 kennen, umgeht. Diese Frage kann durchaus einmal zu kleineren Ungeschicklichkeiten führen. Wir haben das bei der Gasumlage gemerkt, auch bei den Äußerungen zu den Unternehmen. In der Sache ist es gut, dass die Ampel in der Lage ist nachzusteuern. Ich finde, das zeigt auch die Leistungsfähigkeit einer Koalition. Denn man muss wiederum sagen: Es sind drei Koalitionspartner mit sehr, sehr unterschiedlichen politischen Vorstellungen. Dass diese so etwas auf die Reihe bringen und es im Zweifel auch korrigieren, wenn es nicht läuft, ist aller Ehren wert.

Herr Gallert.

Herr Willingmann, ich will Ihnen, weil die Präsidentin Sie so gehetzt hat, Gelegenheit geben, ein bisschen ausführlicher zu werden, und zwar an einer oder, sagen wir, an zwei Stellen. Zum einen geht es mir um eine Aufklärung dessen, was die Koalition - vielleicht sind Sie da schlauer als ich - zu dieser Strompreisbremse wirklich beschlossen hat.

Wenn ich es richtig verstanden habe, ist die erste Aussage: Wir machen erst dann etwas, wenn in der EU nichts Richtiges passiert. - Ich übersetze das einmal ein bisschen ins Kurze.

Zweitens. Wir dämpfen die Preise für den Endverbraucher dadurch, dass wir Übergewinne, die aufgrund des Merit-Order-Prinzips entstehen, abschöpfen und dann praktisch als Subvention geben. Das ist zumindest das, was ich verstanden habe. Auf der anderen Seite wird darüber diskutiert, das Merit-Order-Prinzip abzuschaffen. Mich würde Ihr Kenntnisstand diesbezüglich interessieren.

Dann noch einmal ganz deutlich: Wir teilen ausdrücklich Ihre Position, dass das wahrscheinlich Wichtigste, das hätte passieren müssen, nämlich ein Gaspreisdeckel, nicht enthalten ist. Wenn Sie jetzt wie wir der Meinung sind, dass ein Gaspreisdeckel eigentlich unbedingt aufgenommen werden muss - das sah übrigens der DGB bis vor drei Tagen auch noch so, dann hat er es vergessen oder ich weiß es nicht -, wie würden Sie einen solchen Gaspreisdeckel initiieren und wie würden Sie ihn finanzieren?

Herr Prof. Willingmann, bitte.

Schnell zu dem aktuellen Stand. Sie haben das völlig richtig dargestellt: Das Entlastungspaket der Ampel besagt, dass die Möglichkeit einer Deckelung des Strompreises dann gegeben ist, wenn wir die dafür erforderlichen Mittel aus einer Abschöpfung generieren können. Diese Abschöpfung soll tatsächlich unter Aufgabe des Merit-Order-Prinzips dazu führen, dass die erforderlichen Mittel dafür zur Verfügung gestellt werden.

Jetzt haben wir folgende Besonderheit: Der Bundeskanzler hat ausdrücklich gesagt: Das versuchen wir jetzt auf europäischer Ebene, weil wir es mit einem europäischen Strommarkt zu tun haben und es vernünftigerweise so ist, dass Abschöpfungen grenzüberschreitend stattfinden. Nur für den Fall, dass man sich auf europäischer Ebene nicht einigt, wollen wir auch einen nationalen Alleingang. Das zeigt die Entschlossenheit der Ampel und das zeigt an dieser Stelle auch die Entschlossenheit des Bundeskanzlers. - So hat er es ausdrücklich formuliert.

Damit haben wir aber eine Besonderheit. Wir müssen jetzt im Moment nämlich abwarten, wie diese Verhandlungen auf europäischer Ebene ausgehen. Das ist - so habe ich den Kanzler verstanden - eine Sache, die von Deutschland aus initiiert wird, aber sie findet natürlich ihre Rückdeckung in den Äußerungen von Frau von der Leyen, die grundsätzlich gesagt hat, dass so eine Gewinnabschöpfung möglich ist. Vor diesem Hintergrund ist das also denkbar.

Für den Gaspreis kann man im Grunde genommen etwas sehr Ähnliches machen. Ich würde an dieser Stelle aber gar nicht so sehr versuchen, hierfür irgendetwas modellhaft zu

entwickeln, sondern ich möchte ganz grundsätzlich sagen: Wir werden nicht umhinkommen, dass wir so einen Deckel, wenn er denn kommt, finanzieren müssen.

Ich sage ich Ihnen noch einmal: Ich glaube, dass wir an dieser Stelle wegen der Verteilungsgerechtigkeit auf ein Steuermodell umsteigen sollten, und nicht auf ein Umlagenmodell, wie es bisher verfolgt wird. Aber ich sage auch ganz deutlich: Das ist jetzt eine Entscheidung, die auf der Bundesebene getroffen wurde, die in der Koalition im Bund geeint war. Das nehme ich dann so zur Kenntnis. Dann sollte man es jetzt aber auf den Weg bringen, damit nun tatsächlich Mittel zur Verfügung gestellt werden können.

Das war der Beitrag der Landesregierung. Vielen Dank dafür. - Wir treten in die verabredete Fünfminutendebatte ein. Den Beginn macht der Abg. Herr Thomas von der CDU-Fraktion. - Herr Thomas, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren! Die aktuelle Krise, über die wir hier heute schon debattiert haben, treibt doch hin und wieder merkwürdige Stilblüten. Begrifflichkeiten wie Übergewinnsteuer oder Gasumlage waren mir bisher nicht vertraut. Insofern beschäftigen wir uns wieder mit nachfolgenden Problemen, statt die Axt dort anzulegen, wo wir sie anlegen müssten, nämlich bei der Beschaffung von Energie, und zwar preiswerter.

Meine Damen und Herren! Bisher dachte ich, es gibt nur Gewinne oder Verluste. Jetzt reden

wir neuerdings auch von Übergewinnen oder von Zufallsgewinnen. Das deutsche Steuerrecht kennt diese Begriffe in der Regel noch gar nicht. Es wird spannend sein, zu beobachten, wie man solche Begrifflichkeiten in eine rechtlich sichere Form gießen möchte. Ich sage das auch vor dem Hintergrund, dass die aktuell zur Debatte stehenden Übergewinne gerade bei den Mineralölkonzernen darauf beruhen, dass sie im Prinzip über Tankgutscheine stark gepampert wurden, dass wir viel politisch motiviertes Geld in das System gegeben haben. Bei mir kommt der Eindruck auf, dieses Geld hätte man jetzt gern wieder zurück, weil es nicht so gewirkt hat, wie es hätte wirken sollen.

Das Gleiche könnte man im übertragenen Sinne auch bei den erneuerbaren Energien machen. Auch dort gibt es Profiteure, die von der jetzigen Krise stark profitieren, weil sie ihre Energie eben sehr gut verkaufen können.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Das beste Mittel, um die Preise einzugrenzen, wäre natürlich, neue Kapazitäten auf den Markt zu bringen. Es macht wenig Sinn, das kostbare Gas zu verstromen, statt das kost- bare Gas für Wärme zu nutzen, damit die Leute ihre Wohnungen warm bekommen. Stattdessen sollte man lieber Kraftwerksreserven an den Markt bringen, die hier zur Verfügung stehen und die nur aktiviert werden müssten. All das würde dazu führen, dass sich Energie vergünstigt.

(Beifall bei der CDU)

Dann würde auch der Börsenhandel darauf reagieren. Wir merken mit jeder Äußerung, die politisch getätigt wird, dass sich der Börsenpreis danach regelt. Das ist ein System, das sich über viele Jahre bewährt hat, das hier

auch gefordert worden war und auf das man jetzt, da es Ausschläge in die andere Richtung gibt, wieder zugreifen möchte.