Aber ich will auch sagen: Bei einer Abwägung von zwei Möglichkeiten - der Ukraine die Möglichkeit zur Selbstverteidigung zu nehmen oder sie in dem Kampf mit einem Ausgleich zu unterstützen - müssen wir die beiden Interessen bzw. Güter schon zueinander ins Verhältnis setzen.
Vielen Dank, Herr Silbersack. - Es folgt Herr Meister von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. - Herr Meister, bitte schön.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der AfD-Antrag meint letztlich, es läge im nationalen Interesse der Bundesrepublik Deutschland, die Solidarität der europäischen Staatengemeinschaft zu verlassen und stattdessen mit dem Diktator und Kriegsherrn Putin gemeinsame Sache zu machen. Es tut mir leid, aber das ist absurd.
Die jahrzehntelange West- bzw. Europabindung Deutschlands aufzugeben, das ist im Kern Ihre Forderung. Sie reden über Gas, aber das ist letztlich der Punkt. Mit all unseren demokratischen Nachbarn zu brechen, Krieg gewähren zu lassen, um sich in die eindrucksvolle Diktatorenphalanx, bestehend aus Russland, Belarus und Nordkorea, einzureihen, ist selbst für AfD-Verhältnisse eine ziemlich spezielle Nummer.
Ihre Freunde sagen eine Menge über ihre politischen Werte aus. Nein, die Bundesrepublik Deutschland wird nicht Putins williger Helfer. Unser Interesse ist ein starkes und geeintes Europa. Wir brauchen ein Europa, in dem nicht das Recht des vermeintlich Stärkeren regiert, sondern ein Europa, in dem sich souveräne Staaten auf die Solidarität ihrer Nachbarn verlassen können. Auch wir, auch unsere Sicherheit ist von dieser Solidarität abhängig.
Sie haben mehrfach das Wort „Interessenpolitik“ verwendet. Sowohl Herr Dr. Moldenhauer als auch Herr Scharfenort haben es reingerufen. Es ist in unserem richtig verstandenen, zentralen nationalen Interesse, hierbei auf der Seite der Ukraine zu stehen und nicht mit Russland gemeinsame Sache zu machen.
Was Ihr Interesse ist, Herr Moldenhauer, das haben Sie mit dem Begriff „Saubande“, mit der Art und Weise, wie Sie über die demokratisch gewählte Regierung reden, zum Ausdruck gebracht. Es ist Ihnen wichtig, das hier zu sagen, und dann haben Sie das sogar mit dem Korruptionsindex begründet. Herr Gallert hat die Reihenfolge mit den Werten richtig aufgeführt. Für Putin finden Sie kein kritisches Wort, doch für eine gewählte Regierung verwenden Sie ein solches Schimpfwort. Das ist wirklich krass.
Wir werden die Sanktionen nicht aufheben, solange Russland nicht bereit ist, den Angriffskrieg zu beenden. Die Verhängung von Sanktionen ist ein wirksames Mittel, um zivil, nicht militärisch auf eine solche Aggression, auf den massenhaften Mord zu reagieren. Würde man das aufgeben, verschlechterte man die Verhandlungsposition, machte man Frieden unwahrscheinlicher.
Natürlich ist die Gassituation für uns schwierig, weil wir uns von russischen Gaslieferungen in zu hohem Umfang abhängig gemacht haben, weil wir nicht konsequent in erneuerbare Energien eingestiegen sind. Bei dem Redebeitrag von Uli Thomas fiel mir auf: Es war ein sehr, sehr dunkles Bild, das der Kollege Thomas gezeichnet hat. Mit diesem schwarzen Bild könnte ich noch irgendwie leben. Problematisch sind jedoch diese Schuldzuweisungen, wenn dann ausgeklammert wird, wie es zu
Wir sind in eine Abhängigkeit geraten. Du weißt, wer in den letzten 16 Jahren regiert hat. Wir sind in diese Abhängigkeit gegangen, auch bewusst. Wir haben hier in diesem Landtag viel über diese Themen diskutiert. Beim Abschalten wart ihr ziemlich vorneweg, beim Anschalten, was unsere Forderung war, hat es eben nicht funktioniert. Das ist ein Teil des Problems.
Aber wir sind jetzt auf dem Weg. Es wurden kurzfristig andere Liefermöglichkeiten erschlossen. Unsere Abhängigkeit von russischem Gas ist in den letzten Monaten, auch dank der Solidarität unserer europäischen Partner, bereits deutlich gesunken. Die Rate lag zuletzt bei 9 % und wird jetzt noch niedriger sein.
Neue kurzfristig erreichbare Energiequellen, Energieeinsparungen und ein deutlich beschleunigter Umstieg auf die Energien von morgen sind der Weg. Das müssen wir ohnehin machen. Es ist das Erfreuliche - wenn es überhaupt etwas Erfreuliches gibt -, dass unsere Bemühungen, unabhängig zu werden, und die Bemühungen, die Klimaziele zu erreichen, Hand in Hand gehen können. Wir können beides mit einem Mal erreichen.
Wichtig ist, dass wir dabei auch als Gesellschaft solidarisch zusammenstehen, dass wir gerade Menschen mit geringen Einkommen entlasten und die Teile der Wirtschaft schützen, die in besonderem Maße betroffen sind.
den Weg gebracht. Es muss klar sein, dass alle denkbaren Entlastungspakete nicht in der Lage sein werden, die ernsten Probleme und Entwicklungen wegzuwischen. Das ist nicht möglich. Natürlich bezahlen wir alle und auch die kommenden Generationen diese Pakete. Aber ihre Aufgabe ist es eben, den Ausgleich in der Gesellschaft herzustellen, dafür zu sorgen, dass die Lasten fair verteilt werden, dass nicht ein Teil der Gesellschaft einfach weitermacht wie bisher, während andere in existenzielle Not geraten. Dieses solidarische Zusammenstehen müssen wir gewährleisten, müssen wir organisieren.
Es bleibt Ihre Forderung nach der Inbetriebnahme von Nord Stream 2. Ich habe es hier wiederholt dargelegt: Es gab und gibt kein Kapazitätsproblem bei Gaslieferungen. Nord Stream 1 war zu 20 % ausgelastet. Schon vor Kriegsbeginn lag die Auslastung der Linien über die Ukraine bei weniger als 30 %. Die Forderung, eine weitere Leitung für nicht zu lieferndes Gas aufzumachen, ist Unsinn. Über wie viele Wege Gas nicht geliefert wird, ist egal.
Das Ganze dient nur als symbolische Unterwerfungsgeste. Das ist weder nötig noch in unserem Interesse. Wenn wir den Krieg schnell beenden wollen, dann müssen wir Russland unmissverständlich klarmachen, dass es seine militärischen Ziele nicht erreichen kann. Dafür muss deutlich werden, dass wir zur Ukraine stehen, sie wirtschaftlich, sozial, aber eben auch mit Waffen unterstützen,
dass dies auch im Winter bzw. so lange der Fall sein wird, wie es dauert, bis Russland seine Angriffe einstellt. Genau dadurch eröffnet
sich die Chance für einen schnellen Frieden. Außenministerin Baerbock findet genau diese klare Sprache, um genau das mit Russland zu kommunizieren.
Solche Anträge, aber auch Äußerungen à la Kubicki oder Wagenknecht, alles, was die un- sinnige russische Hoffnung nährt, wir würden die Ukraine im Stich lassen, sodass das russische Militär doch noch mordend durchs Land ziehen kann, all das verlängert den Krieg. Lasst uns eine deutliche Botschaft an Putin senden! Lasst uns diesen Antrag ablehnen! - Danke schön.
Vielen Dank, Herr Meister. - Es gibt zwei Kurzinterventionen, zum einen von Herrn Lieschke und zum anderen von Herrn Scharfenort. - Herr Lieschke, bitte.
Herr Meister, grundlegend stimme ich Ihnen darin zu: Jeder Krieg und jeder Tote ist furchtbar. Niemand kann so etwas wollen. Allerdings kann ich auch sagen: Seit 2014 sind in der Ukraine innerhalb von acht Jahren etwa 13 000 Menschen umgekommen. Wo war denn da Ihre Stimme? Wo war da die Aufregung in der europäischen Welt? Dort sind so viele Menschen gestorben und niemanden hat es interessiert. Jetzt plötzlich ist alles anders. Hätten wir damals eingegriffen, wären wir damals laut gewesen und hätten Präsenz gezeigt, wäre es vielleicht gar nicht zu dieser Situation gekommen. Von daher messen Sie
mit zweierlei Maß. Sie beklagen den Angriffskrieg auf die Ukraine und blenden das, was vorher war, komplett aus. Ich finde das sehr, sehr scheinheilig.
Das verblüfft mich jetzt wirklich. Die Toten, die Sie jetzt aufzählen, das sind die Menschen, die insbesondere im Donbass in diesem Konflikt ums Leben gekommen sind. Meine Fraktion hat hier seit 2014 ununterbrochen gefordert: Lasst uns da etwas machen!
Das ist kein kriegerisches Eingreifen, sondern wir müssen Sanktionen verhängen. Dieser Konflikt wurde klar von einer Seite getrieben.
Wir haben ganz klar gefordert, wie Deutschland sich dazu positionieren soll. Ihre Fraktion war es insbesondere, die gesagt hat: Um
Gottes willen, lasst uns das nicht machen; Sanktionen - das können wir nicht tun. Das sind aber die zivilen Mittel, die wir hatten und die wir intensiv hätten ergreifen müssen. Da haben wir auf europäischer Ebene eher so ganz, ganz kleines Schräubchen gedreht. Das hat Putin ganz offensichtlich nicht ernst genommen; deswegen ist es zu diesen Toten gekommen und deswegen haben wir heute diesen Konflikt.
Ich finde es immer gut, dass Sie schon wissen, wo das Gas fließt oder nicht fließt. Das sind Spekulationen. Ich weiß es nicht, Sie wissen es nicht. Das ist einfach logisch. Wir sagen: Wir müssen alles versuchen, um Schaden von unserem Land und unserem Volk abzuwehren. Das verlange ich auch von den entsprechenden Ministern. Sie haben einen Eid geschworen. Wenn ich mir natürlich Herrn Habeck angucke und das, was er einmal gesagt hat - das Zitat können Sie selbst bei Correctiv nachlesen; ich gebe es nur sinngemäß wieder -:
Ich wusste mit Deutschland noch nie etwas anzufangen und Patriotismus und Vaterlandsliebe fand ich schon immer zum Kotzen. - Das können Sie gern nachschauen. Was erwarte ich denn von einem solchen Minister? - Ich erwarte von ihm nichts, schon gar nicht, dass er die Interessen unseres Landes vertritt. Wie gesagt, auf Correctiv, Ihrer
Zur Wahrheit gehört auch: Die bisherige Energiewendesimulation - so nenne ich das einmal - war doch nur mit dem billigen Gas aus Russland möglich. Ohne dieses wäre die Energiewende doch schon längst gescheitert. Sie ist ja gescheitert. Das sieht man daran, dass es nur mit dem billigen Gas aus Russland ging. Ihr Problem war immer, dass Sie einen Fahrplan für den Ausstieg, aber nie einen Fahrplan für den Einstieg gehabt haben. Den haben Sie bis heute nicht.