Nota bene: Ich freue mich immer, wenn ich ehemalige Landtagskollegen auf der Besucher- tribüne sehe, die den Gang der Beratungen verfolgen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Fachkräftemangel in Sachsen-Anhalt ist akut und betrifft viele Bereiche. Doch während es in vielen Feldern duale Ausbildungen gibt und die Lehrlinge ein - wenn auch meist zu geringes - Gehalt erhalten, ist dies insbesondere in der Pflege, im sozialen und im pädagogischen Bereich oftmals nicht der Fall. Stattdessen wird hier in vielen Berufen vollzeitschulisch ausgebildet, und sehr häufig übernehmen diese Aufgabe der schulischen Ausbildung - dies hat Herr Bernstein gerade schon ausgeführt - Schulen in freier Trägerschaft. Das ist dann auch der Bogen zum zweiten Teil der von der Koalition beantragten Neuregelungen.
Ohne die freien Träger wäre der Bedarf an Nachwuchskräften in diesen Ausbildungsberufen in Sachsen-Anhalt überhaupt nicht zu decken, und leider sind die Schulen in freier Trägerschaft aufgrund ihrer strukturellen Finanzierungssituation oftmals darauf angewiesen, ein
Schulgeld von den Auszubildenden zu erheben; dies wird sich auch durch die Neuregelungen nicht in jedem Fall ändern lassen können. Das macht die Ausbildung in diesen für die Gesellschaft so wichtigen Bereichen wie Gesundheit, Soziales und Pädagogik um ein Vielfaches un- attraktiver als duale Ausbildungen. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels muss es deshalb für uns alle ein dringendes Anliegen sein, eine Schulgeldfreiheit für vollzeitschulische Aus- bildungen durchzusetzen.
Es war deshalb ein richtiger und wichtiger Schritt, dass wir innerhalb der letzten Koalition gemeinsam beschlossen haben, die Ungerechtigkeit zwischen den schulischen Ausbildungsberufen und den dualen, vergüteten Ausbildungsberufen zu beenden. Wenigstens für die Erzieherinnenausbildung konnte seit 2019 eine - zunächst zeitlich befristete - Schulgeldfreiheit unter Zuhilfenahme von finanziellen Mitteln des Bundes aufgrund des Gute-Kita-Gesetzes umgesetzt werden.
Doch jetzt, zum Ende des Ausbildungsjahres 2021/2022, laufen die Mittel des Bundes aus, und bereits im März hatten wir GRÜNEN mit einer Dringlichen Anfrage an die Landesregierung auf dieses Problem aufmerksam gemacht. Wir sind froh darüber, dass sich die Koalitionsfraktionen jetzt, zwei Monate später, ebenfalls des Problems annehmen, auch wenn ein frühzeitigeres Signal an die Auszubildenden und die Ausbildungsträger wünschenswert und wichtig gewesen wäre; denn ein Ende der Schulgeldfreiheit für die Erzieherinnenausbildung, das ja in Rede stand, hätte fatale Folgen gehabt. Es würde nicht nur die Ausbildung für junge Menschen, die den Erzieherinnenberuf anstreben, wieder unattraktiver machen, sondern insbesondere Erzieherinnen und Erzieher, die bereits in der Ausbildung sind, hätten große Probleme gehabt. Sie hätten ihre Ausbildung unter der
Prämisse begonnen, dass sie kein Schulgeld zahlen müssen, und müssten jetzt ihre Planungen ändern, eventuell sogar die Ausbildung ab- brechen, wenn sie sich ihr Schulgeld nicht leisten könnten.
Wir GRÜNEN setzen uns für eine generelle Schulgeldfreiheit in der Ausbildung ein: für Erzieherinnenberufe, aber auch - das ist das, was Herr Bernstein gerade in der Breite erwähnt hat -für alle anderen vollzeitschulpflichtigen Ausbildungsberufe; denn die Schulgeldfreiheit erleichtert den Zugang zur Ausbildung und bekämpft damit wirksam den Fachkräftemangel.
Wir freuen uns darauf, die Änderungen des Schulgesetzes zur weiteren Ermöglichung der Schulgeldfreiheit für die Ausbildung der Er- zieherinnen und Erzieher im Ausschuss gemeinsam mit anderen Fraktionen zu diskutieren, und streben, wie wahrscheinlich alle hier, eine schnelle Umsetzung an. Für uns GRÜNE ist aber völlig klar, dass eine Lösung für eine langfristige Schulgeldbefreiung für angehende Erzieherinnen und Erzieher in Sachsen-Anhalt gefunden und umgesetzt werden muss, ohne dass wir dabei von den Entscheidungen des Bundes abhängig sind, und dass die Diskussion um Schulgeld für Auszubildende an dieser Stelle inhaltlich nicht vorbei sein darf. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Sziborra-Seidlitz. - Jetzt könnte noch einmal Frau Dr. Pähle ans Pult kommen, wenn sie möchte. - Sie möchte.
machen. Ich freue mich über die sehr große Bereitschaft hier im Hohen Haus, die Schulgesetzänderung sowohl für die Schulgeldfreiheit in den Erzieherberufen als auch für die Finanzierungsaufstockung im Bereich der freien Schulen gemeinschaftlich durchzutragen. Mein Kollege Carsten Borchert hat darauf hingewiesen - ich glaube, das ist noch einmal herauszustellen -, dass die Koalition sehr schnell zu einer Einigung gekommen ist, wie wir dies auch verabredet haben, und, wie ich gehört habe, ist auch von den anderen Fraktionen die Zustimmung gekommen, das schnell im Bildungsausschuss zu beraten und damit in der Junisitzung zu verabschieden. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Dafür möchte ich ausdrücklich Danke sagen, weil es zeigt, dass bei uns insgesamt die Notwendigkeit in beiden Punkten verstanden und anerkannt wurde und wir als Politik - obwohl uns oft vorgeworfen wird, zu langsam zu reagieren - in der Lage sind, schnell zu handeln.
Ich weise auch darauf hin, dass ich es sehr positiv finde, dass in diesem Zusammenhang viele Kolleginnen und Kollegen auch auf die Notwendigkeit der Schulgeldfreiheit für Gesundheits- und Heilberufe hingewiesen haben. Dies wird ein wichtiger Punkt sein, wenn wir, wie es Bildungsministerin Eva Feußner angekündigt hat, im nächsten Jahr über das Schulgesetz insgesamt sprechen.
Ich freue mich auf die Debatten dazu, rate den Bildungspolitikern und den Sozialpolitikern aber auch, dabei die Finanzpolitiker am besten gleich mitzunehmen, weil wir alle wissen,
dass das durch Landesmittel ersetzt werden muss. Wir müssen schauen, was da geht. Aber ich freue mich auf die anstehenden Beratungen und sage an dieser Stelle noch einmal herzlichen Dank für die bisherige Debatte.
Jetzt nur noch eine Klarstellung. Es ist für den Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen eine Überweisung an den Bildungsausschuss beantragt worden. Dem würde sich die Fraktion DIE LINKE für ihren Gesetzentwurf anschließen? - Gut, okay. Dann sind wir am Ende der Debatte angelangt und wir treten in das Abstimmungsverfahren ein.
Es wird zunächst abgestimmt über den Gesetzentwurf und den Änderungsantrag der Koali- tionsfraktionen. Beantragt ist eine Überweisung in den Bildungsausschuss. Wer dem zustimmt, den bitte ich um sein Kartenzeichen. - Das ist das gesamte Haus. - Gibt es Gegenstimmen oder Stimmenthaltungen? - Nein. Also ist dieser Gesetzentwurf in den Bildungsausschuss überwiesen worden.
Jetzt kommen wir zum Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE. Auch hierbei geht es um eine Überweisung in den Bildungsausschuss. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Karten- zeichen. - Das ist auch eine Zustimmung im gesamten Haus. Es gibt keine Gegenstimmen und keine Stimmenthaltungen. Damit sind die beiden Gesetzentwürfe in den Bildungsausschuss überwiesen worden und einer zügigen Beratung steht nichts im Wege, wie wir gehört haben. - Vielen Dank.
Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung von Tariftreue, Sozialstandards und Wettbewerb bei der Vergabe öffentlicher Aufträge des Landes Sachsen-Anhalt (Tariftreue- und Vergabe- gesetz Sachsen-Anhalt - TVergG LSA)
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das ist ein guter Tag für SachsenAnhalt, für die Kommunen, für die Menschen sowie für die Unternehmerinnen und Unter- nehmer.
Nach jahrelangen Diskussionen haben wir es geschafft, ein Tariftreue- und Vergabegesetz in den Koalitionsverhandlungen auf den Weg zu bringen, was tatsächlich einen richtigen Ruck durch dieses Land bringt und was diesem Land hilft, einfach Bürokratie abzubauen, Aufträge auf den Weg zu bringen und Kommunen zu entlasten. Es bringt all das, was wir benötigen. Es hilft aber auch dabei, einen fairen Lohn für die Menschen im Land zu bringen.
schaut, der kann sehen, dass das, was in den Verhandlungen besprochen wurde, auch Eingang in das Gesetzesvorhaben gefunden hat. Dass das Ganze so gut gelungen ist, hat auch damit zu tun, dass hier vertrauensvoll zusammengearbeitet wurde.
Dafür möchte ich meinen ausdrücklichen Dank an den Vertreter der CDU Ulrich Thomas und an Holger Hövelmann, der jetzt gerade hereinkommt, aber auch an den Minister Herrn Schulze richten. Wir haben, glaube ich, gemeinsam etwas auf den Weg gebracht, das wichtig ist für dieses Land und das enorme Fortschritte bringt.
Jahrelang wurde darüber diskutiert, wie wir es schaffen können, diese quälenden Vergabeverfahren tatsächlich zu entschlacken.
Wer ein Kenner der Szene ist, der weiß, was sich vor Vergabekammern und in den Kommunen abspielt. Die Kommunen haben gar nicht das personelle Know-how, um das alles vorzuhalten, und in den Vergabekammern ächzt man wegen all der Verfahrensrügen. All das sind Themen, die dieses Land nicht braucht. Gerade in Zeiten, in denen wir investieren wollen und investieren müssen, ist es auf der einen Seite wichtig, dass wir dort wichtige Schritte vorankommen.
Auf der anderen Seite ist es natürlich wichtig - das war auch den Sozialdemokraten immer wichtig -, dass das Thema der Tariftreue und des Vergabemindestlohnes dabei Berücksichtigung findet. All das hat in diesen Gesetzentwurf Eingang gefunden.
Deshalb haben wir als Fraktionen auch gesagt, wir wollen ihn gemeinsam als Entwurf der Fraktionen in den Landtag einbringen, und zwar aus
einem ganz bestimmten Grund. Wir wollen die Dinge, die PS, auf die Straße bringen. Wir wollen, dass das, was uns hier im Koalitionsvertrag gelungen ist, in diesem Haus und gemeinsam mit dem Ministerium tatsächlich schnell auf den Weg bringen. Wir wollen es auf einen Weg bringen, der tatsächlich eine Entlastung für das gesamte Land bringt.
Wir wissen, dass die letzten zwei Coronajahre mit Sonderregelungen behaftet waren. Auch das hat in dieses neue Gesetz Eingang gefunden. Aber wir wissen auch, dass die Unternehmerinnen und Unternehmer, die Kommunen und die Menschen, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, etwas erwarten, das ihnen auch über die Zeit hinaus Sicherheit und Klarheit gibt in Bezug auf die Frage, wie es weitergeht.
Insofern freuen wir uns - das sage ich natürlich insbesondere für die Liberalen -, dass es uns gelungen ist, bei den Einstiegswerten, also bei den Schwellenwerten, einfach nach oben zu gehen. Das heißt, dass wir von Einstiegswerten von ehemals 50 000 € für Bauaufträge nunmehr auf 120 000 € und bei Lieferungs- und Dienstleistungen von 25 000 € auf 40 000 € gekommen sind.
Das heißt, alles, was an Auftragsvergabe darunter stattfindet, findet entweder ohne Ausschreibung oder mit beschränkter Ausschreibung statt. Das ist etwas, worauf die Kommunen und die Unternehmerinnen und Unternehmer gewartet haben, und zwar dringlichst, meine Damen und Herren.