Protocol of the Session on May 19, 2022

Wir haben gerade gehört, dass er rechtlich überhaupt nicht zulässig ist; die Ministerin hat es eben gesagt. Nun kann man durchaus sagen, dass es drei Blickwinkel auf diesen Antrag gibt. Der Arbeitnehmer wird sich sagen, das ist eine schöne Sache, wenn ich mehr Feiertage habe. Allerdings betrifft es nicht alle Arbeitnehmer, weil diejenigen, die in systemrelevanten Berufen arbeiten, in der Regel sowieso an Sonn- und Feiertagen arbeiten müssen und Ausgleichstage bekommen, wie auch die Arbeitnehmer, die im Vierschichtsystem arbeiten. Bei ihnen werden die Wochenenden sozusagen in die Woche verlegt. Das heißt, die Regeln zur Erholung be- stehen schon, weshalb es absurd ist, was Sie in Ihrem Antrag schreiben.

Der zweite Blickwinkel betrifft den Arbeitgeber. Es ist wieder das Märchen von den Arbeitgebern, die zu viel verdienen und sich bereichern und von den bösen Kapitalisten. Ich frage mich, in welchem Land Sie leben.

(Zuruf von Cornelia Lüddemann, GRÜNE - Unruhe)

In Sachsen-Anhalt sind ca. 95 % der Betriebe KMU, in denen keine Milliardengewinne erwirtschaftet werden. Ich frage mich, wo Sie sich wiederfinden.

Der dritte Blickwinkel betrifft die Ethik und die Werte. Nun stelle ich mir vor, der erste Weihnachtsfeiertag ist ein Sonntag, der zweite Weihnachtsfeiertag ist ein Montag. Nach Ihrer Logik wollen wir den ersten Weihnachtsfeiertag am Dienstag nach dem zweiten Weihnachtsfeiertag wiederholen.

(Lachen bei der AfD)

So ungefähr stellen Sie sich das vor. Dazu muss ich Ihnen sagen, dass Feiertage - so verstehe ich es - jährlich wiederkehrende Gedenktage sind, an denen man innehält, Zeit mit der Familie ver-

bringt. Einmal fallen sie auf das Wochenende und einmal fallen sie in die Woche; über- wiegend aber in die Woche.

Sie verstehen Feiertage so, dass man sich einen Lenz machen kann. Herr Lippmann will sich vor der Arbeit drücken und sich vergnügen.

(Lachen und Zustimmung bei der AfD)

So verstehen Sie Feiertage. Wir lehnen Ihren Antrag ab, weil er inhaltlich und moralisch eine völlige Katastrohe ist. - Danke.

(Beifall bei der AfD - Zuruf von der AfD: Ge- nau!)

Ich habe gehört, dass die Koalitionsfraktionen mit Blick auf die Rede der Ministerin keinen Redebedarf mehr haben. Dann spricht für die FDP niemand, aber für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Herr Meister.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der vorliegende Antrag sieht vor, Feiertage, die auf ein Wochenende fallen, quasi nachzuholen. Das ist menschlich verständlich, verkennt aber, so meine ich, den Sinn von Feiertagen. Feiertage dienen in ihrem Kern der gemeinsamen Begehung des jeweiligen Anlasses. Natürlich kann man sich darüber unterhalten, ob das immer noch zeitgemäß ist, ob das so gelebt wird - der 6. Januar war bereits ein Thema - und ob es die richtigen Feiertage sind. Der Sinn ist aber der gemeinsame konkrete Anlass.

Keineswegs sind die Feiertage - davon geht der Antrag scheinbar aus - auch etwas rein Positi-

ves. Sie greifen vielmehr tief in die Alltagsgestaltung der Menschen ein und damit auch in ihre Rechte. Wenn man nicht zur Arbeit muss, dann werden dies viele als positiv empfinden. Wenn die Geschäfte, die Ärzte, die Apotheke geschlossen sein müssen, ist das die andere, eher unangenehme Seite der Medaille. Fahrverbote an Feiertagen und viele andere Einschränkungen, die man aufzählen könnte, gehen damit einher. Ich erspare Ihnen die Darstellung der Situation, wenn eine Rentnerin am 8. Januar zur Apotheke kommt und Sie sagen, wir feiern Heilige Drei Könige. Verstehen Sie? - Sie stellen nur die eine Seite der Medaille dar, freuen sich über diesen positiven Effekt und sehen die andere Seite nicht. Über die wirtschaftlichen Aspekte, die damit natürlich einhergehen, habe ich gar nicht geredet; das muss finanziert werden.

Was DIE LINKE aber eigentlich meint - das ist durchaus aller Ehren wert -, ist die Frage, ob es nicht mehr Freizeit geben sollte, ob also eine andere Work-Life-Balance mit mehr Zeit für Familie und Privates nicht besser wäre. Es mag etwas dran sein; da ist etwas dran. Das erreicht man aber nicht durch nach dem Zufallsprinzip im Kalender zugeteilte freie Montage, die ein-, zwei- oder dreimal im Jahr stattfinden. Vielmehr ist dies eine Aufgabe der Tarifpartner und, wenn ein gesetzliches Eingreifen tatsächlich erforderlich wäre, des Bundesurlaubsgesetzes, in dem die Mindeststandards festgeschrieben sind.

Mit der angestrebten Regelung laufen Sie sogar Gefahr, dass die Tarifpartner das bewusst oder unbewusst einpreisen und es am Ende gar nicht mehr Freizeit gibt, sondern die Freizeit nur an blöden Tagen, also z. B. am 8. Januar, für alle zwangsmäßig ist, obwohl sich die Leute vielleicht über mehr Urlaub im Sommer freuen würden. Deswegen macht das deutlich mehr Sinn. Der Antrag sollte abgelehnt werden.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Die CDU verzichtet ebenfalls auf einen Redebeitrag. Zum Abschluss der Debatte ist Herr Lippmann für DIE LINKE noch einmal an der Reihe. - Bitte. Herr Lippmann, Sie haben das Wort.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es war schon ein kleines bisschen abzusehen und zu erwarten, wie die Debatte läuft. Ich will nur eines sagen: Alles das, was Sie uns und mir an den Kopf werfen, werfen Sie mit genau der gleichen Argumentation den 85 Ländern - ich habe mir das zuarbeiten lassen -, von denen ich nur einige in der Rede erwähnt habe, an den Kopf.

(Zuruf von der FDP: Die haben auch weniger Feiertage und keine 30 Urlaubstage!)

Also ganz so absurd ist das nicht; das gibt es auch in unseren Nachbarländern.

Es ist natürlich Quatsch, dass die Herkunft der Feiertage ignoriert würde. Feiertage wie der 25. Dezember und der 26. Dezember bleiben erhalten. Dass dadurch, dass es am Montag danach noch einen freien Tag gibt, um dem anderen Aspekt Rechnung zu tragen, dem Feiertag nicht Rechnung getragen wird, ist natürlich Unsinn. Darüber wird draußen niemand so diskutieren.

Zu der Aussage, dass das rechtlich alles völlig unmöglich ist, auch wenn die Verordnung gemäß dem Arbeitszeitgesetz möglicherweise nicht passend ist, kann man nur sagen: Wenn ein Wille da wäre, wäre auch ein Weg da. Insofern bleibt Deutschland an dem Punkt, dass die datumsfesten Feiertage an den Wochenenden ein Stück weit verloren gehen, im Kontext europäischer Nachbarländer zurück. Wir werden das vermitteln.

Ich sehe hierzu keine Fragen. Ich habe keinen Überweisungsantrag gehört.

(Tobias Rausch, AfD: Ablehnen!)

Deswegen werden wir direkt über den Antrag abstimmen.

Abstimmung

Wer dem Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 8/1107 zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das ist die Fraktion DIE LINKE. Wer ist dagegen? - Das sind alle anderen Fraktionen. Gibt es Stimmenenthaltungen? - Die gibt es nicht. Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt worden. Wir haben den Tagesordnungspunkt 20 beendet.

Ich komme zu einem Komplex, den ich vorhin bereits angekündigt habe. Inzwischen habe ich eine vorläufige Fassung des Protokolls zu der Rede von Herrn Kirchner und einige andere Auszüge zu Tagesordnungspunkt 8 erhalten. Ich konzentriere mich erst einmal auf die Aussage von Herrn Kirchner in dem Kontext mit Frau Sziborra-Seidlitz. Darin geht es um das Anti- faschistische Infoblatt 31 von September/Oktober 1995. Daraus kommt ein Zitat. Anschließend folgt:

„Der Kollege S. ist der Mann von Frau Seidlitz“

- dann gibt es einige Erläuterungen -

„[…] und diese Frau mit einem waschechten Neonazi verheiratet ist und das Bett teilt.“

Herr Kirchner, ich erteile Ihnen dafür einen Ordnungsruf, weil es hierbei nicht nur um eine extrem fragwürdige Zuschreibung für eine Person auf der Basis einer 27 Jahre alten Quelle geht - ich weiß noch nicht einmal, ob die Person

volljährig war; keine Ahnung - und Sie jemanden als Neonazi bezeichnen, der sich selber nicht wehren kann. Vor allen Dingen erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf, weil zum wiederholten Male familiäre Bindungen und Beziehungen von Abgeordneten in diesem Landtag instrumentalisiert worden sind. Das überschreitet eine Grenze. - Punkt 1.

(Beifall bei der CDU, bei der LINKEN, bei der SPD, bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Punkt 2. Es geht um die Bezeichnung von Frau Quade als „Terror-Queen“. Dazu war es wichtig, noch einmal nachzuschauen, wie die Dinge bisher bei uns im Landtag bewertet worden sind. Es ist ausdrücklich so gewesen, dass wir eine Vielzahl von Zuschreibungen für die politische Verantwortung von terroristischen Tendenzen, Bewegungen und Ereignissen im Landtag gehabt haben. Eine Fraktion - das will ich an dieser Stelle ganz klar sagen -, die in diesem Bereich sehr aktiv gewesen ist, ist unter anderem die AfD-Fraktion, die mehreren anderen Fraktionen unterstellt hat, verantwortlich zu sein, terroristischer Arm von Linksextremen zu sein.

(Tobias Rausch, AfD: „Terroristischer Arm“ ist nie gefallen!)

Das gab es auch umgekehrt. Die AfD-Fraktion ist als Arm von terroristischen Bewegungen, vom Rechtsextremismus bezeichnet worden. Das hatten wir alles. Das haben wir nicht mit Ordnungsrufen bewertet.

Wir haben es in dem Augenblick mit einer neuen Qualität zu tun, wenn ein Mitglied des Landtages explizit als Terrorakteur bezeichnet wird. Dies ist eine neue Qualität. Nachdem es dazu im Ältestenrat die Verständigung gegeben hat, diese Dinge wieder stringenter anzufassen, erteile ich Ihnen auch dafür einen Ordnungsruf, Herr Kirchner.

(Beifall bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Punkt 3. Wir haben bei dieser Ältestenratssitzung festgestellt, dass bei persönlichen Bezeichnungen - also nicht politischen Zuschreibungen, sondern persönlichen Beleidigungen - in diesem Kontext von uns als Präsidium inzwischen eine stringentere Bewertung zu erwarten ist, als dies vorher der Fall gewesen ist.

Auch Herr Striegel, der mehrfach „Sie sind ein Hetzer!“ geäußert hat, wird von mir mit einem Ordnungsruf belegt,

(Zustimmung)

weil auch dies aus meiner Perspektive, wenn wir so herangehen wollen, das Kriterium der persönlichen Beleidigung erfüllt und nicht mehr Gegenstand von politischen Auseinandersetzungen ist. - So weit dazu.

(Zuruf von Tobias Rausch, AfD)

Dazu, wie mit Ordnungsrufen und möglicherweise auch mit Kritik gegenüber Ordnungsrufen umzugehen ist, haben wir eine Regelung in der Geschäftsordnung, die im Ältestenrat auszudiskutieren sein wird. - Ich bedanke mich bei Ihnen. Wir führen im Präsidium einen Wechsel durch.

(Zuruf: Was ist mit der „Vogel“-Beleidigung? - Tobias Rausch, AfD: Was ist mit der Beleidi- gung von Frau Seidlitz? Was ist mit „Nazis“ und „Verfassungsfeind“? Nur allein Herr Striegel! Das ist schon wieder typisch! - Rüdi- ger Erben, SPD: Früher hieß das Kritik an der Sitzungsleitung! - Zuruf: Dass man „Sie Vogel“ sagt? - Tobias Rausch, AfD: Die Sit- zungsleitung lässt den Fraktionsvorsitzenden nicht sprechen! Was ist das hier eigentlich? - Weitere Zurufe: Was ist das? - Scheinbar nicht! - Tobias Rausch, AfD: Drei, vier von Herrn Striegel wurden nicht geahndet! Erst danach ist das hier eskaliert! - Weitere Zu- rufe - Unruhe)

Wer sich als Fraktionsvorsitzender meldet, der kann jederzeit das Wort erteilt bekommen, es sei denn, wir befinden uns in einer Aussprache, einer Abstimmung oder einer Rede. - Herr Kirchner, Sie haben sich als Fraktionsvorsitzender gemeldet. Bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ich nehme die Ordnungsrufe gern zur Kenntnis und nehme diese auch an. Das ist kein Problem. Ich möchte aber eines feststellen: Der Kollege Herr Büttner, der diesen Antrag eingebracht hat, hat sich vollkommen konform verhalten und hat niemanden beleidigt oder Ähnliches.