Protocol of the Session on May 19, 2022

Vielen Dank, Herr Präsident. - Frau Ministerin, ich habe eine Frage. Sie haben gerade auf den gewaltigen Anstieg der Zahl der von Linksextre- misten begangenen Körperverletzungen und Gewalttaten hingewiesen. Das wirft in mir die Frage auf: Wissen Sie, wie viel Personal Sie in Sachsen-Anhalt beim Verfassungsschutz und im Landeskriminalamt zur Verfügung haben, das sich um Linksextremismus und um Rechtsextre- mismus kümmert? Mich würde das Verhältnis interessieren. Können Sie die Frage beantworten?

Die Frage kann ich nicht aus dem Stegreif beant- worten. Die Antwort reiche ich gern nach. Denn Sie benötigen offensichtlich personenscharfe Zahlen.

(Zuruf von der AfD: Prozentual!)

Es reicht auch prozentual.

(Rüdiger Erben, SPD: Gibt’s nicht! - Zuruf von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Ich habe eine Nachfrage. Ich habe das in der letzten Legislaturperiode auch angesprochen. Es gibt den Phänomenbereich „Lina E.“, in dem auch vonseiten des Generalbundesanwaltes zum ersten Mal seit Jahrzehnten wieder zum Thema Terrorismus von links ermittelt wird. Ha- ben Sie sich als Innenministerin mit der Frage beschäftigt, wie es sein konnte, dass diese Dame, Lina E., hier an der Martin-Luther-Uni- versität studierte und sich dort offenbar radikalisierte? Gibt es diesbezüglich irgendwelche Konsequenzen? Hat man einmal nachgeschaut,

wie so etwas an einer Universität in unserem Bundesland passieren kann? Das ist der erste Fragenkomplex.

Zu dem zweiten Fragenkomplex. Haben Sie Maßnahmen zu dem Fall Ines F. eingeleitet? Als amtsbekannte Linksextremistin hatte sie Zugang zu personenbezogenen Meldedaten. Sie hat unter anderem von Abgeordneten der AfDFraktion und anderen Personen, darunter eine Immobilienmaklerin in Leipzig, die in ihrer Privatwohnung brutal überfallen wurde, Daten in unserem Bundesland ausgespäht. Gibt es Ihrerseits diesbezüglich Konsequenzen? Ist Ihr Haus vor allem auch dahingehend tätig, diejeni- gen, die von der im Bereich Linksextremismus amtsbekannten Dame ausgespäht wurden, zu schützen? Das würde mich interessieren. - Danke.

Zu der Frage des Schutzes. Sie wissen sehr ge- nau, wenn jemand beraten werden will und sich auch sozusagen entsprechend seinem eigenem Sicherheits- und Schutzbedürfnis informieren will, dann steht das Landeskriminalamt genauso wie die Polizeireviere vor Ort Abgeordneten, aber natürlich auch Bürgerinnen und Bürger regelmäßig zur Verfügung.

(Zuruf von Oliver Kirchner, AfD)

Das ist das eine.

Zu den Geschehnissen in Leipzig. Weder das Verfahren noch die gesamte Ermittlungsarbeit sind in Sachsen-Anhalt geführt worden, sondern in Sachsen. Insofern muss man dorthin ver- weisen.

Das Thema Meldedaten haben wir intensiv auch im Innenausschuss erörtert. Wir haben ziemlich klar dargelegt, dass für die ordnungsgemäße

Verwendung der Meldedaten die abrufende Stelle verantwortlich ist. Natürlich kann jede ab- rufende Stelle bei Anhaltspunkten, aber auch ohne Anhaltspunkte den Verfassungsschutz sozusagen im Rahmen einer Regelanfrage bitten, zu prüfen, ob diejenigen, die zu einem Abruf von Meldedaten berechtigt sind, womög- lich links, rechts oder in sonstiger Weise extremistisch sind.

(Zustimmung bei der CDU, bei der SPD und bei der FDP)

Danke. - Wir steigen in die Debatte ein. Für die SPD-Fraktion spricht Herr Erben. - Bitte, Herr Erben.

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich ist zu dem Antrag der AfD den Worten der Ministerin nicht wirklich sehr viel hinzuzufügen. Ich will aber auf einen Punkt eingehen. Herr Büttner, Sie sprachen vorhin über das Klamottenlabel „Thor Steinar“. Also, die Auffassung, dass nur Linksextremisten der Auffassung seien, dass „Thor Steinar“ ein Erken- nungslabel von Rechtsextremisten sei, haben Sie aber ziemlich exklusiv.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von Sebas- tian Striegel, GRÜNE)

Diese haben Sie nun wirklich exklusiv. Zum Bei- spiel ist auch die Verfassungsschutzbehörde der Auffassung, dass Selbiges der Fall ist.

(Zuruf von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Dazu könnten Sie vielleicht noch einmal nach- lesen.

(Zuruf von der AfD)

Durch Ihren Antrag und noch mehr durch Ihre Einbringungsrede zieht sich wie ein roter Faden der Vorwurf, dass die Polizei, die Justiz und an- dere Behörden nicht ausreichend gegen den Linksextremismus in unserem Land vorgehen würden.

(Daniel Roi, AfD: Ja, das ist auch so!)

- Dieser beständige Vorwurf, Herr Roi, auch von Ihnen, wird durch ständige Wiederholung nicht wahrer. Er stimmt nämlich einfach nicht.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Genauso wiederholen Sie ständig den Vorwurf, dass mit Geldern des Staates linksextremisti- sche Strukturen finanziell „gepampert“ würden. So haben Sie es, glaube ich, vorhin bezeichnet.

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Nein, so habe ich das nicht gesagt!)

Ich will Ihnen auch sagen, weswegen Sie das vermutlich alles so sehen. Die Ursache liegt wahrscheinlich in Ihrem politischen Koordina- tensystem.

(Sebastian Striegel, GRÜNE, lacht - Zuruf von der AfD: Oder in Ihrem!)

Weil Sie nämlich der Auffassung sind, dass alle die, die irgendwo politisch links neben Ihnen einsortiert werden, Linksradikale oder Links- extremisten sind.

(Zuruf von Matthias Büttner, Staßfurt, AfD)

Das heißt, irgendwie sei die Mehrheit in diesem Lande Linksextremisten.

(Zurufe von der AfD)

Das ist eine Frage Ihrer Einordnung, die damit verbunden ist.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Weil dieser Antrag so daneben ist und weil er zahlreiche Behauptungen aufstellt in Bezug auf die Polizei, die Justiz und den Verfassungsschutz in Sachsen-Anhalt, die erwiesenermaßen falsch sind, lehnen wir diesen Antrag ab. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Erben, einen Augenblick. Es gibt eine Frage von Herrn Büttner.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich möchte kurz auf Ihre Ausführungen zu „Thor Steinar“ ein- gehen. Es gab in der Vergangenheit verschiedenste Marken, die politisch aufgeladen waren. Es gibt z. B. Lonsdale. Diese Marke war einmal der rechten Seite zuzuordnen, jetzt ist sie der linken Seite zuzuordnen. Ich persönlich z. B. ordne Kleidung gar keiner Seite zu, weil ich Kleidung neutral bewerte, solange diese Kleidung nicht verboten ist oder auf dieser irgendwelche Symbole oder Zeichen aufgedruckt sind, die nicht mit unserer Verfassung im Einklang stehen.

Aber meine Frage ist jetzt zu Ihren Ausführun- gen zu „Thor Steinar“: Was leiten Sie denn davon ab, wenn Sie sagen, dass das allgemein der rechten Szene zuzuordnen ist?

(Zuruf von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Leiten Sie davon ab, dass es dann legitim ist, dass man gegen solche Kleidungsgeschäfte oder Menschen, die diese Kleidung tragen, vorgeht?

(Zurufe von Sebastian Striegel, GRÜNE und von der AfD)

Oder was war der Sinn Ihrer Ausführungen? Das würde mich interessieren.

Der Sinn meiner Ausführungen war die Korrektur dessen, was Sie vorhin hier erzählt haben.

(Beifall bei der SPD - Sebastian Striegel, GRÜNE, lacht)

Sie haben vorhin gesagt, dass nur die Linksex- tremen der Auffassung seien, dass „Thor Steinar“ ein Erkennungslabel von Rechts- extremisten sei. Nicht mit einem Wort habe ich das damit in Verbindung gebracht, dass es deswegen legitim wäre, gegen „Thor Steinar“-Läden oder deren Mitarbeiter vorzugehen. Das haben Sie jetzt erzählt.

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Das war aber meine Frage!)

Fakt ist doch aber, dass dieses Klamottenlabel „Thor Steinar“ ein bei Rechtsextremisten be- liebtes Modelabel ist. Das können Sie in Verfassungsschutzberichten nachlesen. Das können Sie in anderen Berichten der Sicherheitsbehörden nachlesen. Das ist doch so. Sie haben vorhin gesagt, dass das nicht stimmen würde.

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Wann habe ich das denn gesagt?)