Protocol of the Session on May 18, 2022

Lassen Sie uns also - um zum Ende zu kommen - die schon vorhandenen Möglichkeiten nutzen und bei Bedarf ausbauen, statt neue Projekte aufzulegen, die wiederum mit zusätzlichem Verwaltungsaufwand - ich denke nur einmal an die Fragen der Kostenermittlung, der Finanzierung usw. - verbunden wären. Wir als FDP-Fraktion werden den Antrag jedenfalls ablehnen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Hendrik Lange, DIE LINKE: Da hat er erklärt, wie toll das ist, und dann wird es abgelehnt!)

Danke. Es gibt keine Fragen dazu,

(Zuruf von Jörg Bernstein, FDP)

sonst hätte sich der Kollege Lange ja gemeldet.

(Hendrik Lange, DIE LINKE: Das stimmt!)

Deshalb können wir jetzt in der Debatte der Fraktionen fortfahren, und zwar spricht jetzt für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Abg. Frau Sziborra-Seidlitz. - Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Unterrichtsausfall, nicht vollständig erfüllte Stundentafeln und Sorge um Schulabschlüsse - all das ist für viele Schülerinnen in Sachsen-Anhalt, insbesondere im ländlichen Raum, bittere Realität. Wir alle sind uns des deutlichen Problems - mit „wir alle“ meine ich wir alle - der Unterrichtsversorgung und der Schwierigkeiten, es zu lösen, bewusst. Umso differenzierter müssen wir uns nun mit allen denkbaren Lösungsvorschlägen auseinandersetzen. Insofern ist der Antrag der LINKEN erst einmal interessant, verspricht er doch eine schnell umsetzbare Lösung für die Sicherstellung von Unterricht.

Dennoch wirkt Ihr Antrag eher wie eine Kapitulation vor dem Monster der mangelhaften Unterrichtsversorgung; denn er greift nicht an der Wurzel, sondern erst am Symptom des Problems an. Und ob Ihr Vorschlag überhaupt ausreichend Personal generieren könnte, ohne gleichzeitig den notwendigen Markt für Nachhilfeunterricht oder für die Volkshochschulen leer zu fegen, steht dabei auch zur Debatte.

Mich irritiert zudem in Ihrer Begründung die Betonung, dass hierbei die Schülerkostensätze

im Gegensatz zu den Schulen in freier Trägerschaft voll durch das Land finanziert werden sollen. Es ist nämlich völlig kontraproduktiv, dass Sie mit den freien Schulen scheinbar ein neues Feld für den Klassenkampf haben, sehr geehrter Herr Kollege Lippmann.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE - Andreas Henke, DIE LINKE: Also, bitte!)

Freie Schulen - das erleben wir nicht nur in dieser Antragsbegründung im Nebensatz, sondern das erleben wir auch in Nebenbemerkungen im Bildungsausschuss, und auch in dem sehr undifferenzierten Selbstbefassungsantrag für den Bildungsausschuss haben wir genau diesen Eindruck gewonnen - sind Teil der Lösung und nicht des Problems.

(Zustimmung bei den GRÜNEN, bei der CDU und bei der FDP)

Sie sichern Unterrichtsversorgung, sie sichern Bildungsvielfalt. Sie sind unverzichtbar und sie verdienen Unterstützung. Darüber können wir dann gern einmal im Bildungsausschuss sprechen.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Aus unserer Sicht müssen wir am Ursprung des Lehrkräftemangels ansetzen. Dazu gilt es, zwei zentrale Fragen zu beantworten: Warum bewerben sich zu wenige Lehrkräfte auf die ausgeschriebenen Stellen für unsere Schulen in Sachsen-Anhalt? Warum bleiben in unserem Bundesland viele der Studienplätze für das Lehramt unbesetzt? Dabei müssen wir feststellen, dass der Lehrerberuf in unserem Bundesland momentan einfach für viele nicht attraktiv ist. Es ist z. B. ein massiver Standortnachteil - auch das ist eine Binse, das wissen wir alle - für Sachsen-Anhalt, dass wir Grundschullehrkräften ein

geringeres Einstiegsgehalt bieten als ihren Kolleginnen in den anderen Schulformen. Dabei sind die meisten unserer Nachbarbundesländer durchaus weiter, und dort müssen wir jetzt nachziehen. Es ist an der Zeit, dass wir auch in Sachsen-Anhalt Grundschullehrkräfte endlich nach E 13 bzw. A 13 bezahlen. So gehen wir an die Wurzel des Problems.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Zusätzlich brauchen wir endlich Arbeitszeitkonten für Lehrkräfte. Liebe FDP, im Februar haben Sie in einer Pressemitteilung einen Antrag im Plenum zum Thema Arbeitszeitkonten angekündigt. Wann kommt der denn endlich? Wir warten sehnsüchtig und mit großer Freude darauf, auch auf diesem Weg die Arbeit für Lehrerinnen zu verbessern und damit den Lehrerberuf in Sachsen-Anhalt attraktiver zu machen. Damit gehen wir an die Wurzel des Problems.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Für uns GRÜNE ist völlig klar, dass wir alles Erdenkliche tun müssen, um eine flächendeckende Unterrichtsversorgung zu gewährleisten. Auch wenn der Antrag der LINKEN uns an dieser Stelle skeptisch zurücklässt, lohnt es sich aber in unseren Augen, darüber gemeinsam im Bildungsausschuss zu diskutieren, weil das zugrunde liegende Problem eine ernsthafte Beratung jeder einzelnen Idee verdient und uns allen - das ging, ich bin beruhigt, nicht nur mir so - offenbar der Schwerpunkt des Antrages bei der berufspraktischen Ausbildung erst hier, bei der mündlichen Begründung, klar werden konnte.

Deshalb bitten wir Sie alle um die Überweisung des Antrags in den Bildungsausschuss, um dort tiefer zu beraten. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich sehe auch hierzu keine Fragen. - Deshalb können wir jetzt zum nächsten Redebeitrag kommen, und zwar von der CDU-Fraktion der Abg. Herr Redlich. - Sie haben das Wort; und die Zeit, die Sie haben, sehen Sie vorn an der Uhr. - Bitte sehr.

Werter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei Titel und Text des vorliegenden Antrags habe ich doch etwas gestaunt, welche Fraktion sich hier stärker für die private Beteiligung einsetzt. Sie fordern die Landesregierung auf, die rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen, um privaten Trägern im Unterrichtsangebot mehr Möglichkeiten einzuräumen. Der Staat soll also den Rahmen vorgeben, in dem wirtschaftlich agiert werden kann. Meine Damen und Herren der LINKEN: Herzlich willkommen bei der Leitidee der sozialen Marktwirtschaft!

(Zustimmung bei der FDP)

Kurswechsel zu den politischen Positionen der CDU sind ja zurzeit sehr in, und ich kann es Ihnen nicht verdenken und finde es auch gut. Das ist auch an die Kollegen der AfD gerichtet; Sie haben uns ja kritisiert. Die Bevölkerung scheint ein großes Vertrauen zu haben, dass wir in einer solch schwierigen Lage, einer schwierigen Situation die Krisen am besten meistern können, und drückt das auch immer wieder auch im Vertrauen für uns aus.

(Zustimmung bei der FDP - Zuruf von Chris- tian Hecht, AfD)

Sie fordern nun in Ihrem Antrag, die rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen, damit Unterrichtsangebote für private Träger realisiert

werden können. Wie unsere Ministerin anhand einiger Beispiele bereits erläutert hat, erlaubt dies der vorhandene Rechtsrahmen aber bereits heute. Private, freie Schulträger ergänzen die staatlichen Bildungsangebote. Als Regierungskoalition haben wir außerdem die Einbeziehung von Lehramtsstudentinnen und -studenten, pensionierten Lehrkräften, aber eben auch von privaten Bildungsträgern als ergänzende Unterstützung bereits sehr unbürokratisch ermöglicht. Das sehen Sie auch daran - die Beispiele, die Sie, Herr Lippmann, gebracht haben, verdeutlichen genau das; Sie haben es auch unterstrichen -, dass es eben heute schon geht.

Sie fordern in Ihrem Antrag aber darüber hinausgehend, dass ergänzende Bildungsangebote privater Anbieter einzubeziehen sind, sofern sie geeignet sind, fehlende Unterrichtsangebote in der erforderlichen Qualität und Kontinuität zu ersetzen. Doch wer entscheidet über die erforderliche Qualität? Beurteilen das die privaten Anbieter selbst? Wann ist denn die erforderliche Kontinuität nicht mehr gegeben? Sobald eine Lehrkraft fehlt?

Meine sehr geehrten Damen und Herren der LINKEN, damit alle Schülerinnen und Schüler, unabhängig von Geschlecht, familiärem Hintergrund oder sozioökonomischem Status, die gleichen Bildungschancen und -möglichkeiten haben, gibt es einen staatlichen Bildungsauftrag. Die Aufsicht über Bildungsinhalte und Verfahren liegt beim Staat. Die Formulierung des Antrags, den Sie vorgelegt haben, schafft viele Detailfragen, die einer genauen und auch gerichtsfesten Regelung bedürfen. Das heißt, Sie schaffen damit sehr viel Bürokratie.

Die bisher etablierten Verfahren der Einbeziehung privater Träger sind, wie die Ministerin es ausdrückte, bereits gelebte Praxis. Sie wollen

die Qualität der staatlichen Schulbildung sichern. Das wollen wir als Regierungskoalition auch.

(Thomas Lippmann, DIE LINKE: Aber Sie schaffen es nicht!)

Diesen undurchdachten Antrag, den Sie jetzt aber eingebracht haben, müssen wir ablehnen, denn eine solche Initiative für mehr Bürokratie brauchen wir im Augenblick nicht.

(Zustimmung bei der CDU)

Ihre Bemühungen und Ideen, Ansätze aus unserem Koalitionsvertrag aufzugreifen, begrüße ich aber ausdrücklich. Ich freue mich auch über die neue Offenheit der LINKEN, die Ansätze der Koalition zu unterstützen und auch für die Privatwirtschaft stärker Partei zu ergreifen. Unsere Initiativen bringen wir aber in qualitativ gewohnter Form weiterhin selbst ein. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU - Stefan Gebhardt, DIE LINKE: Welchen Antrag bringen Sie selbst ein?)

Herr Redlich, es gibt eine Intervention des Herrn Lange. Sie können dann immer noch auf Ihren Platz gehen, wenn Sie darauf nicht reagieren wollen. Aber vielleicht wollen Sie das ja. Deshalb hat jetzt Herr Lange das Wort. - Bitte sehr.

Wissen Sie, Herr Redlich, wenn die CDU seit den 2000er-Jahren mehr auf DIE LINKE - damals

noch PDS - gehört und dafür gesorgt hätte, dass wir genügend Lehrerinnen und Lehrer in diesem Land ausbilden, um dieses Loch gefüllt bekommen hätten, dann hätten wir gar nicht auf die Idee kommen müssen, private Bildungsinstitute einzubeziehen.

Wissen Sie, wir in Halle haben aus Notwehr den Schwerpunktschulen Geld in die Hand gedrückt, damit sie die Euroschulen beauftragen können, den Sprachunterricht weiter zu vermitteln, weil uns der CDU-Minister Tullner die Sprachlehrer einfach weggenommen hat. Das ist die bittere Realität, das ist die bittere CDURealität in diesem Land.

(Beifall bei der LINKEN - Eva von Angern, DIE LINKE: Na klar, das haben wir genau vorher- gesagt! - Guido Kosmehl, FDP: Oh! Ihr habt genauso auf die Schülerzahlen reagiert wie andere auch! - Weitere Zurufe)

Herr Redlich, Sie können, wenn Sie wollen, darauf reagieren. Bitte sehr.

Das mögen Sie so sehen. Fakt ist, dass es auch in Thüringen Lehrermangel gibt und dass es auch dort Probleme gibt. Da frage ich mich: Wer regiert dieses Land? Wieso sind dort die Lösungen

(Zustimmung bei der CDU)

nicht die Lösungen, die hier jetzt angebracht werden, und warum haben wir dann

(Zurufe von der CDU)

nicht dort eine bessere Situation? - Vielen Dank.