Protocol of the Session on February 25, 2022

PuƟn entwickelt in seinem Aufsatz die Erzählung einer organischen russischen NaƟon, die Anspruch auf einen historisch definierten Raum habe. Dies ist letztlich eine völkische Blut- und Bodenideologie, die auch die Begeisterung deutscher PuƟn-Lakaien und Rechtsextremer für den Mann im Kreml erklären könnte; man steht auf einem gemeinsamen von Alexander Dugin geschaffenen ideologischen Grund.

Der Westen, Europa, die NATO und besonders wir Deutschen haben diese Bedrohung des freien SelbstbesƟmmungsrechts der Völker und die Machƞrage, die PuƟn damit in den Raum gestellt hat, bislang zu wenig ernst genommen. Spätestens mit dem militärischen Eingreifen im Jahr 2008 in Georgien war das Muster etabliert, das dieser auf Atomwaffen sitzende Diktator wieder und wieder anwenden würde. Wir als SüchƟge nach Gas und Erdöl haben ihn mit Handel und mit Reisefreiheit für seine Oligarchen in Europa belohnt. Wir haben seine GiŌ- und Mordanschläge, ob in London, Salisbury oder im Berliner Tiergarten, weitgehend hingenommen. Wir haben seinem Cyberkrieg und seiner DesinformaƟonskampagne zu wenig entgegengesetzt.

(Zustimmung)

Wir haben damit auch die Ukraine verraten, indem wir ihr nicht einmal Defensivwaffen liefern wollten, nur um Russland nicht zu verärgern.

(Zustimmung)

Wir laufen Gefahr, auch die balƟschen Staaten alleinzulassen, wenn wir jetzt nicht fundamental anders handeln.

PuƟn will mehr als die Ukraine. Er will sein Land zu alter imperialer Größe führen. Er definiert postsowjeƟsche Interessensphären und unterjocht dafür innere und äußere Gegner. Wir müssen fragen, was es braucht, um die Souveränität der europäischen Staaten dauerhaŌ gegen ein imperial agierendes Russland zu verteidigen. Und alles - alles! -, was es dafür braucht, muss jetzt getan werden, in der NATO, der EU, in Deutschland und auch in Sachsen-Anhalt.

Die bislang beschlossenen SankƟonen sind dafür so wenig ausreichend wie unsere militärischen Kapazitäten in der Bundesrepublik und in Europa. Für diese Fragen aber ist - das ist heute hier zutreffend festgestellt worden - der Bund in der Verantwortung. Unsere Aufgabe kann es nur sein, die Willensbildung zu wirksamen Antworten auf PuƟns Angriff voranzutreiben und zu ergreifenden Maßnahmen nicht mit Verweis auf die vermeintlichen Interessen und Abhängigkeiten unseres Bundeslandes im Weg zu stehen. Notwendig ist jetzt, „whatever it takes“, was immer es braucht, um diesen Angriff auf ein freies Europa abzuwehren.

(Zustimmung)

Dazu gehört aus meiner Sicht eben auch, SWIFT für Russland zu suspendieren. Als Bundesland selbst müssen wir tun, was in unserer Macht steht. Fangen wir doch mit den kleinen Dingen an.

Herr Striegel, es gibt eine Zwischenfrage von Herrn Gallert. Möchten Sie diese beantworten?

SebasƟan Striegel (GRÜNE):

Das würde ich am Ende meiner Rede machen.

Gut.

SebasƟan Striegel (GRÜNE):

Herr Ministerpräsident, befreien Sie die Bundeswehr aus der Notwendigkeit der Amtshilfe in der Pandemie. Unsere SoldaƟnnen und Soldaten werden zur Landes- und Bündnisverteidigung und zur Vorbereitung humanitärer Unterstützung für die Ukraine gebraucht.

(Zuruf)

Frau Innenministerin, bereiten Sie schon heute die Aufnahme ukrainischer Geflüchteter vor. Mehr als vier Millionen Menschen haben das Land seit 2014 bereits verlassen, viele weitere werden folgen. Wir müssen jetzt die Voraussetzungen zur Durchreise und Aufnahme schaffen. Dazu gehört auch, dem Bund ein festes KonƟngent anzubieten, um sofort Menschen unterbringen zu können.

AkƟvieren Sie die Ressourcen und OrganisaƟonen der humanitären Hilfen in Sachsen-Anhalt. Koordinieren Sie sie und stellen Sie diese über den Bund der Ukraine und den Nachbarländern zur Verfügung.

Frau Grimm-Benne, klären Sie mit unseren Krankenhäusern, wie wir trotz der Pandemie den Transport und die Aufnahme von Verwundeten aus der Ukraine organisieren können.

Frau Hüskens, stärken Sie jetzt die Resilienz unserer digitalen Infrastruktur, damit wir russischen Angriffen auf unsere IT wirksam begegnen können.

(Zuruf)

Herr WirtschaŌsminister, unterstützen Sie die sachsen-anhalƟschen Unternehmen dabei, un-

sere wirtschaŌlichen Beziehungen zu Russland zu enƞlechten, und sorgen Sie vor allem mit dafür, dass unsere bestehende fossile Abhängigkeit von Russland schnellstmöglich beendet wird.

(Zustimmung)

Der Profit aus jedem Kubikmeter russischem Gas, das in Sachsen-Anhalt nicht verbraucht wird, fehlt dem Kreml zum Führen seiner Kriege.

(Zustimmung)

Wir als SüchƟge müssen weg von der Nadel. Kohle, Öl und Gas haben ausgedient. Atomenergie ist - auch das zeigt der Krieg in der Ukraine - keine sichere AlternaƟve. Wir müssen unseren Gashunger kurzfrisƟg drasƟsch reduzieren, unsere Quellen diversifizieren und grünen Wasserstoff zur AlternaƟve entwickeln.

(Zurufe - Unruhe)

MitelfrisƟg kann uns nur das konsequente Umsteuern auf 100 % erneuerbare Energien aus der Abhängigkeit von Despoten befreien.

(Unruhe)

Dafür kann und muss unser Bundesland mehr tun. Lassen Sie uns zudem prüfen, wie russische wirtschaŌliche BetäƟgung in unserem Bundesland wirksam beschränkt werden kann.

(Zurufe)

Unser Bundesland sollte zum Beispiel Möglichkeiten prüfen, wie wir den Einfluss des russischen Miteigentümers Gazprom auf den Gasspeicher bei Peißen im Salzlandkreis beschränken können. Mir ist nicht bekannt, Herr Ministerpräsident, ob die Pläne, den russischen Impfstoff Sputnik V bei IDT Biologika in Dessau herstellen zu lassen, weiter exisƟeren.

(Zuruf)

Sollte es sie geben, müssen diese sofort beendet werden. Sputnik V ist eben kein unpoliƟscher Impfstoff.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch der Landtag kann etwas tun. Heben Sie den von Ihnen in der Sitzung des Landtages im Januar gefassten Beschluss auf, Nord Stream 2 unverzüglich ans Netz zu nehmen. Die Pipeline ist tot. Durch sie kann, darf und wird kein Gas fließen.

(Unruhe)

Meine Damen und Herren! Die Ukraine braucht Frieden. Europa braucht Frieden. Russland braucht Frieden. Dieser Frieden war für die Ukrainer schon seit 2014 nicht mehr selbstverständlich. Für uns ist er es spätestens seit PuƟns Angriff gestern Morgen nicht mehr.

Es wird mit PuƟn und seinen korrupten Eliten keinen Frieden, sondern allenfalls die Abwesenheit von Krieg geben können. Dem Diktator im Kreml muss klargemacht werden, dass wir Europas Freiheit und Sicherheit nicht aufgeben werden.

(Unruhe)

Wir streben - auch das hat der Ministerpräsident noch einmal sehr deutlich gemacht - nach Frieden mit Russland. Denn mit dem russischen Volk verbindet uns viel, gerade in Sachsen-Anhalt.

Dass es gestern in ganz Russland DemonstraƟonen und Proteste gegen den Krieg und für Frieden mit der Ukraine gegeben hat, ist mein Hoffnungszeichen in dunkler Zeit.

(Zustimmung)

Der Kreml hat die unter hohem persönlichen Risiko demonstrierenden Menschen massenhaŌ verhaŌen lassen. Die Verbindungen mit der russischen ZivilgesellschaŌ wollen und müssen wir deshalb verstärken. Russland ist mehr als PuƟn

und seine Oligarchenfreunde. Selbiges gilt für unsere PartnerschaŌ mit der Ukraine. Unsere Solidarität dort muss prakƟsch werden.

Der Landtag von Sachsen-Anhalt wird den Krieg in der Ukraine nicht beenden. Aber unser Land kann seinen Beitrag dafür leisten, Schrite zum Frieden zu gehen. Machen wir uns auf den Weg - jetzt!

(Zustimmung)

Danke, Herr Striegel. Herr Gallert möchte Ihnen gern eine Frage stellen. Vielleicht möchte er Ihnen das mit Nord Stream 2 noch einmal erklären. - Herr Gallert, bite.

Nein, mit Sicherheit nicht, weil das eine IntervenƟon und keine Frage wäre.

Herr Striegel, wir sind uns in der Analyse dessen - das ist anhand des gemeinsamen Antrags deutlich geworden -, was jetzt ist, relaƟv einig. Dass wir sehr wohl unterschiedliche OpƟonen, wie man darauf reagieren sollte, haben, dürŌe unter Demokraten auch selbstverständlich sein. Ich frage jetzt aber einmal ganz deutlich, weil mich das wirklich interessiert, nach Ihrer persönlichen PosiƟon oder nach der PosiƟon Ihrer Partei - das können Sie entscheiden -: Die wirkliche SankƟon, die jetzt sofort radikal treffen würde, wäre ein Stopp der Energielieferung von Erdgas und Öl aus Russland nach Deutschland. Stehen Sie dafür? Wollen Sie das oder wollen Sie das nicht?