Protocol of the Session on February 25, 2022

(Zuruf)

Herr Abgeordneter, noch einmal: In den vergangenen fünf Jahren gab es mehr Ansiedlungen industrieller Art in Sachsen-Anhalt als in den zehn Jahren davor.

(Zustimmung)

Es sind mehr Arbeitsplätze in diesem Bereich geschaffen worden als vorher. Wir haben es geschaŏ, den Bereich der erneuerbaren Energien auch arbeitsplatztechnisch so stark zu untersetzen, dass er heute zu einem großen Bereich unserer Arbeitgeber gehört. Es sind fast so viele Arbeitsplätze, wie wir in der Automobilindustrie haben: etwas über 20 000. Das ist keine Deindustrialisierung. Sie können hier jetzt weiter den Teufel an die Wand malen, aber die Dinge, die sich in den letzten Jahren entwickelt haben, werden wir auch weiter fortsetzen. Das sehen Sie übrigens auch an möglichen Ansiedlungen, von denen wir jetzt gerüchteweise hören.

Mit anderen Worten: Gewiss müssen wir unsere Energiepreise im Blick behalten. Nur, die viertgrößte VolkswirtschaŌ der Welt hat sie bisher

ganz gut verkraŌet, trotz der Kassandrarufe der AfD.

(Zustimmung)

Danke. - Für die CDU-FrakƟon spricht Frau Simon-Kuch, bite. - Herr Willingmann, Sie bekommen keine Frage mehr gestellt. Frau Simon-Kuch ist die Rednerin.

(Minister Prof. Dr. Armin Willingmann: Ach so! - Lachen)

- Ich finde es schön, dass Sie gern Fragen beantworten wollen, aber Frau Simon-Kuch möchte ihren eigenen Beitrag leisten.

(Lachen)

Genau. Wir können uns ja nachher noch einmal austauschen.

(Zurufe)

Vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Thema Energiepreise bewegt die Menschen in unserem Land immer stärker, deshalb möchte ich heute insbesondere auf drei Punkte eingehen.

Erstens. Die Bürgerinnen und Bürger in SachsenAnhalt leiden unter den extrem hohen Sprit- und Energiepreisen. Nach einem Jahrzehnt niedriger InflaƟon sind die Preise enorm gesƟegen. Diese InflaƟon lässt sich unter anderem auf die hohen Energiepreise zurückführen. Wir sprechen immerhin über eine Preissteigerung von bis zu 40 %. Diese Preissteigerung triŏ besonders die Haushalte der Geringverdiener und

zunehmend auch - das ist wichƟg - Haushalte der Mitelschicht, das heißt all jene Menschen, die morgens aufstehen und fleißig ihre Arbeit tun. Und es triŏ - auch das wurde bereits gesagt - unsere Unternehmen.

Laut BDI sehen 23 % der Unternehmen den Energiepreis als existenzbedrohend und 65 % als Herausforderung an. Genau das gefährdet unsere GesellschaŌ und unsere Wetbewerbsfähigkeit. Die Energiepreise als InflaƟonstreiber Nr. 1 werden uns - Herr Minister Willingmann hat es gerade unterstrichen - auch aufgrund der aktuellen weltpoliƟschen Ereignisse weiterhin beschäŌigen. Die Kosten der Entlastung werden wir voraussichtlich nur über neue Schulden finanzieren können. Unsere Kommunen bemängeln zu Recht, dass insbesondere die Mehraufwendungen für die Kosten der UnterkunŌ bei explodierenden Heizpreisen vom Bund nicht annähernd kompensiert werden können.

Zweitens. Beides, CO2-Steuer und EEG-Umlage, sind - auch das wurde schon genannt - Instrumente des Bundes. Unser Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff hat auch hierbei frühzeiƟg reagiert; denn er hat bereits im Januar 2022 gegenüber dem Bundeskanzler und dem BundeswirtschaŌsminister klar PosiƟon bezogen. Er bitet - ich ziƟere - „angesichts des Risikos teilweise gravierender Auswirkungen auf die Unternehmen und die damit verbundenen Arbeitsplätze und Wertschöpfungen sowie auf die Verbraucher um weiterhin intensive Begleitung der ProblemaƟk sowie eine verƟeŌe Prüfung gegebenenfalls entlastender Maßnahmen.“

Aber nicht nur die Energiepreise, sondern auch die Spritpreise machen den Menschen immer mehr zu schaffen. Tanken wird teilweise zum Luxusgut. Gerade im ländlichen Raum ist das ein Problem. Der Staat verdient an der Zapfsäule mit.

(Zurufe)

Drei verschiedene Steuern und Abgaben treiben die Preise in die Höhe: Energiesteuer, Mehrwertsteuer und CO2-Abgabe. Seit vorgestern Abend wissen wir: Der Einsatz unseres Ministerpräsidenten war erfolgreich. Der Bund hat ein Entlastungspaket geschnürt.

(Zustimmung)

Es muss unserer Meinung nach aber noch mehr getan werden. Sehr geehrter Herr Minister Willingmann, ich bin sehr dankbar, dass wir uns darin auch einig sind. Eine Energiepreisbremse, eine Modifizierung der CO2-Steuer sowie eine deutliche Senkung weiterer staatlicher Steuern und Abgaben auf die Energie- und Spritkosten sind unserer Auffassung nach unausweichlich.

Dritens. Wie in den vergangenen Sitzungen liegt uns wieder ein Antrag vor, der vorrangig auf die Menschen an der Armutsgrenze eingeht. Es triŏ aber alle. Es triŏ Jung und Alt, Singles und Familien. Wir als CDU-FrakƟon sehen die Nöte der Bürgerinnen und Bürger, der Verbraucherinnen und Verbraucher, der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber.

(Zustimmung)

Sie mögen über diese Aufzählung etwas schmunzeln, aber ich denke, sie zeigt ganz deutlich, wie vielfälƟg und eng verflochten alles in der GesellschaŌ ist. Deshalb brauchen wir funkƟonierende Lösungen, die alle entlasten.

Wir beantragen daher eine Überweisung der Anträge in den Ausschuss für WissenschaŌ, Energie, Klimaschutz und Umwelt sowie in den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung. - Herzlichen Dank.

(Beifall)

Ich danke Ihnen ebenfalls. - Der nächste Debattenredner ist Herr Silbersack von der FDP-FrakƟon.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieses Thema ist in diesen Tagen tatsächlich wenig vergnüglich. Wer sich zur Zapfsäule bewegt, der bekommt Bauch- und Herzschmerzen, keine Frage, dasselbe natürlich bei den Heizkosten.

(Zuruf)

Das ist etwas, bei dem wir gemeinsam mit der PoliƟk des Landes und des Bundes gefragt sind. Deshalb müssen wir gemeinsam Ideen ent- wickeln, wie wir diese Probleme lösen.

(Zustimmung)

Wir leben in einer Sozialen MarktwirtschaŌ. Der Begriff „sozial“ bedeutet, dass die Menschen mitgenommen werden. Dies vergisst die AfD offensichtlich, indem sie versucht, mit der Not der Menschen zu spielen und dann für ihre Interessen zu werben. Das ist unredlich, meine Damen und Herren.

Genauso unredlich ist es, wenn DIE LINKE ihrerseits mit ideologischen Stereotypen der 70er- und 80er-Jahre versucht, irgendwie Kapital aus der jetzigen EnergiesituaƟon zu schlagen. Das geht genauso wenig, meine Damen und Herren.

Zur Sache: Der AfD-Antrag bringt es ferƟg, mehr InformaƟonsgehalt in der ÜberschriŌ zu haben als in dem eigentlichen Antragstext.

(Lachen und Zustimmung)

Die HälŌe davon ist auch noch obsolet.

Die AmpelkoaliƟon hat sich bekanntlich bereits auf ein Vorziehen der Streichung der EEG-Umlage verständigt - womöglich bereits im Sommer, ab 1. Juli dieses Jahres -, bevor dieser Antrag geschrieben wurde. Einer Aufforderung an die Landesregierung, sich dafür einzusetzen, bedarf es also nicht.

Die Bepreisung von CO2 ist nach der Auffassung der Freien Demokraten ein entscheidendes Instrument, um KräŌe der MarktwirtschaŌ für den kosteneffizienten und damit sozialsten Weg zur Klimaneutralität zu nutzen.

Wir häten freilich der Ausweitung des funkƟonierenden Emissionshandels mit Preisen, die sich am Markt bilden, klar den Vorzug vor staatlich besƟmmten Preisen gegeben.

(Zustimmung)

Dass sowohl die AfD als auch DIE LINKE von der CO2-Steuer sprechen, ist insofern zutreffend. Eine schlichte Abschaffung würde den klimapoliƟschen Verpflichtungen der Bundesrepublik zuwiderlaufen. Besser wäre es, diese Lenkungswirkung mit einem sozialen Ausgleich - soziale MarktwirtschaŌ! - zu kombinieren.

Dass wir als Freie Demokraten für eine Rückzahlung an alle Bürger in Form einer Klimadividende geworben haben, ist kein Geheimnis. Ich würde mich freuen, wenn wir gemeinsam mit den KoaliƟonspartnern möglichst bald etwas in diese Richtung hinbekommen, meine Damen und Herren.

Die LINKEN schlagen in ihrem Antrag ein wildes Sammelsurium an Maßnahmen mit vermeint- lichem Potenzial für günsƟgere Energiepreise vor. Ein großer Teil davon ist wortwörtlich Ihren Bundeswahlprogrammen 2017 und 2021 entnommen. Der erste Teil befasst sich im Wesentlichen mit sozialpoliƟschen Maßnahmen. Dies

wurde schon gesagt. Das ist die ThemaƟk der Umlage der CO2-Steuer auf den Vermieter.

Diese Idee erinnert mich sehr an meine Zeit in der DDR, als ich durch die Straßenzüge gelaufen bin und vor verfallenen Häusern stand, und zwar deshalb, weil niemand ein Interesse hate, diese Häuser zu kaufen, weil sie sich nämlich nicht gerechnet haben. Deshalb, meine Damen und Herren, können wir uns nicht etwas leisten, bei dem die Vermieter am Ende des Tages allein die Zeche zahlen und es sich betriebswirtschaŌlich für sie nicht mehr lohnt, meine Damen und Herren.

(Zustimmung)

Selbstverständlich werden die Vermieter schauen, dass sie die Kosten entsprechend umlegen. Alles andere ist eine DDR-Formel, die zum Glück überholt ist. Heute ist dies vielleicht noch in Venezuela zu finden. Aber das sollten wir uns nicht als Vorbild nehmen.

(Zustimmung)

Wir brauchen statdessen eine echte Entlastung der arbeitenden Bevölkerung. Deshalb freue ich mich, dass der Bundesfinanzminister im Koali- Ɵonsausschuss auch eine höhere Pendlerpauschale erreicht hat, meine Damen und Herren.