Protocol of the Session on February 25, 2022

(Zustimmung)

Ich danke Ihnen. - Damit haben wir die Einbringung der Anträge unter a) und b) abgeschlossen. Herr Willingmann möchte gleich für die Landesregierung sprechen. Ich weise schon einmal darauf hin, dass wir eine Fünfminutendebate vereinbart haben.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wurde auf die Fünfminutendebate hingewiesen. Ich nehme es auch gar nicht nicht persönlich, Herr Präsident, sondern ich sehe es als einen allgemeinen Appell an alle an.

Ja, selbstverständlich.

Meine Damen und Herren! Wie schnell sich Dinge in der WeltpoliƟk und in Europa verändern können, das konnten wir in den letzten 48 Stunden, in den letzten 24 Stunden, im Grunde muss man sagen, in den letzten sechs Stunden erleben. Ein nicht unwesentlicher Teil unserer Friedensordnung in Europa scheint mit dem Überfall Russlands auf die Ukraine im Moment außer KraŌ gesetzt worden zu sein. Dazu haben wir uns heute Vormitag ausgetauscht und wir

haben - jedenfalls in diesem Teil des Saales - einen sehr breiten Konsens erzielt; denn wir dürfen nicht tatenlos zusehen, wenn das Völkerrecht verletzt wird, wenn wieder Krieg in Europa droht, wenn Erpressung oder Gewalt zur Durchsetzung poliƟscher Ziele genutzt werden.

Gleichwohl - das wird man an dieser Stelle feststellen müssen - wird sich die Krise auch auf die wirtschaŌliche Entwicklung und auch auf unsere SituaƟon auswirken. Das müssen wir betonen, auch wenn wir uns darüber einig sind, dass in einer solchen SituaƟon scharfe SankƟonen unvermeidlich sind. Unsere Werteordnung ist nicht aufrechenbar. Die Einzelheiten sind noch nicht absehbar. Aber dass dieser Konflikt sich auf den Energiemarkt auswirkt, liegt nahe.

In den vergangenen Monaten war im Wesent- lichen die weltweit anziehende Konjunktur Treiber der Energiepreise. Unsere aktuellen Gasreserven reichen aus, um über diesen Winter zu kommen, selbst bei einer weiteren Zuspitzung. Aber wir werden mit krisenbedingten Preissteigerungen rechnen müssen. Über diese Preisentwicklung haben wir hier im Hause wiederholt diskuƟert. Ich glaube, es ist jetzt die vierte Landtagssitzung in Folge, in der wir das tun.

Nun hat die Bundesregierung aber reagiert. Sie haben es in Ihrem Antrag und bei Ihrer Einführung freundlicherweise genannt. Ja, die EEGUmlage wird zum 1. Juli 2022 abgeschaŏ und es wird Heizkostenzuschüsse geben. Es wird 135 € pro Person geben, 175 € bei Zwei-PersonenHaushalten. Selbst die Bafög-Empfänger - das darf ich als WissenschaŌsminister sagen - werden durch einen einmaligen Zuschuss von 115 € begünsƟgt.

Das sind erste wichƟge Schrite; das muss man deutlich sagen. Ob sie in der Höhe angemessen sind, darüber kann man streiten; aber sie sind erst einmal unglaublich kurzfrisƟg erreicht worden, und das darf man, bite schön, auch einmal posiƟv erwähnen.

(Beifall)

Es wird wichƟg sein, auch über regulatorische Eingriffe nachzudenken, insbesondere im Hinblick auf die kurzfrisƟgen Kündigungsmöglichkeiten von Lieferanten. Selbstverständlich muss uns dieses Modell, das offenbar davon ausgeht, dass die Kunden durch Rückfall in die Grund- und Ersatzversorgung irgendwie gesichert sind, stören. Auch da muss die Bundesregierung noch einmal herangehen.

(Zustimmung)

Ich habe Ihnen in meinen Debatenbeiträgen im letzten Jahr gesagt, was man noch steuern könnte: die Stromsteuer auf das europäische Minimum absenken, auch die Mehrwertsteuer vorübergehend anpassen. Das alles sind OpƟonen, und interessanterweise sind es OpƟonen, die derzeit im Bundesrat durch Anträge aus ganz unterschiedlicher Richtung und unterschiedlichen Ländern bereits eingebracht worden sind. Wir werden darüber also auch im Bundesrat zu reden haben.

Der KoaliƟonsausschuss der AmpelkoaliƟon hat ebenfalls einige Dinge auf den Weg gebracht. Gewiss, manches wirkt nicht von heute auf morgen. Das ist allerdings bei poliƟschen AkƟonen und bei Rechtsetzungen gotlob selten so, aber es wirkt doch im Laufe des Jahres, natürlich: die Werbungskostenpauschale, die erhöht wurde, der Arbeitnehmerpauschbetrag - für die Experten unter uns -, der höhere Freibetrag, der Grundfreibetrag, der sich erhöht. Übrigens - das ist jetzt für Sie, die im vergangenen Jahr häufiger Diskussionen zur wirtschaŌlichen Lage mitgemacht haben - wird auch der Verlustvortrag noch einmal einer genaueren Betrachtung unterzogen und erleichtert.

Meine Damen und Herren! All das sind erste Maßnahmen, die vernünŌig sind. Deshalb ist es auch richƟg, dass die KoaliƟon im Bund - sie ist für diese Änderungen zuständig - versucht, dies kurzfrisƟg auf den Weg zu bringen.

Was bisher nicht dazugehört, ist eine Abschaffung des CO2-Preises. Für GeneralkriƟk an der Energiewende - sie kommt nicht unerwartet aus der AfD - ist im Moment kein Raum. RichƟg ist, dass die Bundesregierung daran arbeiten sollte, den CO2-Preis sozial gerecht umzulegen. Dies tut sie bspw., wenn sie auf ein Teilungsmodell zwischen Mietern und Vermietern hinauswill. Dass dies jetzt in einem Stufenmodell vorgeschlagen wird, ist ein angemessener Weg. Dazu gehört auch eine Klimaprämie; auch dies wird man jetzt im Weiteren diskuƟeren müssen. Aber der Klimaschutz an sich, die Existenzfrage unserer Zeit, wird nicht infrage gestellt. Er muss auch weiterhin verfolgt werden.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss kommen. Wir müssen - das ist die Erkenntnis aus dem Überfall, aber auch aus der wirtschaŌlichen Entwicklung bzw. der Entwicklung des Gaspreises der letzten Monate - autarker werden - nicht autark, wie Sie von der AfD es meinen, in einer globalisierten Welt, in der wir davon leben, dass der Export aus unserem Land gut funkƟoniert und dass wir Waren imporƟeren können. Autark wird man in dieser Welt nicht mehr und das muss man auch nicht. Das ist ein geradezu provinzielles Weltbild.

(Zustimmung)

Aber autarker, unabhängiger davon, dass man nur noch einen Lieferanten hat, der schon 55 % des Gases liefert, das ist zu wenig; das muss korrigiert werden. Aber auch dies hat die Bundesregierung erkannt. Wir werden sie dabei unterstützen. - Vielen Dank.

(Beifall)

Sehr geehrter Herr Minister, Herr Kollege Moldenhauer eine Frage.

(Zuruf)

Vielen Dank. - Herr Minister, Sie haben sich gerade gegen die Abschaffung der CO2-Abgabe ausgesprochen und dafür plädiert, dass sie beibehalten werden soll. Was sagen Sie denn zu dem Umstand, dass laut einer doch relaƟv ak- tuellen Umfrage aus dem September 2021 80 % der Sachsen-Anhalter die Abschaffung dieser CO2-Abgabe fordern?

Wissen Sie, zu einer seriösen PoliƟk gehört auch, sich nicht dem Populismus zu ergeben und zu sagen: Wenn eine Mehrheit irgendetwas will, dann muss ich daraus sofort einen Schluss ziehen.

(Lachen - Zurufe)

Vielmehr gehört zu einer seriösen PoliƟk auch, Vor- und Nachteile aufzuzeigen.

(Zuruf)

Herr Moldenhauer, wenn Sie die Menschen fragen, ob sie mehr Geld für etwas bezahlen wollen, dann ist die BereitschaŌ, dem zuzusƟmmen, wahrscheinlich nicht nur bei den Mitgliedern Ihrer Partei verhältnismäßig gering. Wenn Sie sie abwägen lassen zwischen den Dingen, die zur Auswahl stehen - nämlich jetzt über den CO2-Preis die Klimawende einzuleiten oder in ZukunŌ die Folgen des Klimawandels unmitelbar ausgleichen zu müssen, nach Starkregenereignissen, nach Naturereignissen, für die wir erheblich mehr Mitel aufwenden müssen -, dann wird man möglicherweise zu einem anderen Ergebnis kommen. Nein, Herr Moldenhauer, ich bin nicht der RichƟge für Ihren Populismus.

(Zustimmung)

Danke. - Es gibt eine weitere - -

(Dr. Jan Moldenhauer, AfD: Entschuldigung, ich hätte noch eine kurze Nachfrage, ich habe mich auch gerade kurzgehalten!)

- Ja, bite.

Sie werben jetzt nicht zum ersten Mal für die CO2-Steuer; Sie haben es heute erneut getan. Nun frage ich Sie als Energieminister: Wenn - ich sage es einmal im Umkehrschluss - nur 20 % der Sachsen-Anhalter sagen: „Na ja, mit der CO2-Abgabe können wir schon irgendwie leben, die muss nicht abgeschaŏ werden“ - was sagen Sie denn dann zu Ihrer ÜberzeugungskraŌ gerade in den letzten Monaten? Damit scheint es ja nicht sehr weit her gewesen zu sein.

Herr Moldenhauer, ich habe befürchtet, dass Sie solche kurzen Schlüsse ziehen.

(Lachen und Zustimmung)

Als ob die Umfrage - - Von wann war sie noch einmal?

September 2021. Das ist ein sehr logischer Schluss.

Ja, herzlichen Glückwunsch! Schauen Sie noch einmal auf den Kalender, wann diese Landes-

regierung ihre Arbeit begonnen hat, und dann schauen Sie sich übrigens auch einmal die Entwicklung an, die wir im Moment in der Wählergunst erfahren. Vielleicht kann man dann doch eine etwas nüchternere Einschätzung nehmen. Es mag sein, dass die ÜberzeugungskraŌ meiner Argumente im September 2021 noch nicht so groß war. Es kommt aber auch gar nicht auf meine Überzeugung an.

(Zuruf)

Ich habe Ihnen gerade gesagt, entscheidend ist für uns als Landesregierung: Wir brauchen einen vernünŌigen Umgang mit der CO2-Abgabe. Sie muss sozial ausgestaltet werden; das ist es.

(Zustimmung)

Aber der Klimaschutz ist ein zentrales Ziel dieser Landesregierung.

(Dr. Jan Moldenhauer, AfD: Na ja, also, die SPD war ja auch vorher schon in der Regie- rung!)

Stopp! Stopp! Herr Moldenhauer, wir sind ja noch im GeschäŌ. Danke, okay. Wir verstehen uns schon. Das klappt gut. - Herr Scharfenort möchte gern eine Frage stellen.

(Zurufe)

Herr Minister, Sie haben einige Sofortmaßnahmen genannt. Es sind auch einige richƟge Punkte und Aspekte dabei. Sie sind aber trotzdem der Meinung, dass wir bei der dümmsten EnergiepoliƟk der Welt bleiben sollten, also zu maximal hohen volkswirtschaŌlichen Kosten? Sind Sie der Meinung, dass wir damit weiterhin

wetbewerbsfähig sein bzw. bleiben werden, besonders hier in Sachsen-Anhalt, und die Deindustrialisierung vermeiden können?

Wir haben es mitlerweile auch in den Ausschüssen mit den Problemen zu tun, was die Automobilzulieferindustrie betriŏ. Da bekommen Sie eine ganz klare Meinung. Sie können sich die Stadtwerke anhören. Wenn das so weitergeht, wird es hier zu einer Deindustrialisierung kommen. Wir müssen also mit den volkswirtschaŌ- lichen Kosten für die Energiewende herunter, und dazu möchte ich von Ihnen ein Konzept hören.