auch immer wieder daran, dass beklagt wird, dass der Osten nur eine verlängerte Werkbank des Westens ist. Darum gibt es im Osten meistens nur Produktionsstätten, in denen niedrige Löhne gezahlt werden. Die Geschäftsführung, die Forschung befindet sich meistens in den Konzernzentralen im Westen. Trotzdem ist die Wertschöpfung in den neuen Werken im Osten meistens höher, weil es die neuen Betriebsanlagen ermöglichen, effizienter zu produzieren.
Der Osten wird durch den Zerlegungsmaßstab bei der Zuweisung von Gewerbesteuern also mehrfach benachteiligt. Die Gewerbesteuer wird nicht wirtschaftsbezogen verteilt. Wir wollen das mit unserem Antrag ändern und die Landesregierung darum bitten, sich für eine Änderung der gesetzlichen Grundlagen auf der Bundesebene einzusetzen.
Ich weiß natürlich auch, wie schwierig es ist, auf Bundesebene eine Änderung der gesetzlichen Regelungen zu erreichen. Wir mussten es bei der Änderung der Grundsteuer erleben, wie lange zwischen den verschiedenen Bundesländern verhandelt worden ist, bevor eine Einigung erzielt werden konnte. Immer dann, wenn durch eine Verteilungsregelung Bevorteilte und Benachteiligte entstehen, kann es in den Verhandlungen natürlich ganz schwierig werden. Trotzdem ist es im Sinne unserer Wirtschaft und vor allen Dingen unserer Gemeinden angebracht, sich für eine Änderung einzusetzen.
Es kann gelingen, auch im Verbund mit anderen Bundesländern eine Änderung vorzunehmen. Ich erinnere an die bundesweite Angleichung der Netzentgelte für die Übertragungsnetze. Dabei ist es uns nach langen Diskussionen auch gelungen.
Nun noch zu Punkt 2 unseres Antrages. Wenn wir über erneuerbare Energien vor allem hier in Sachsen-Anhalt und über den Ausbau von erneuerbaren Energien reden, dann sprechen wir auch immer wieder über deren Akzeptanz. Zur Erhöhung der Akzeptanz sollten die Gemeinden vor Ort mehr profitieren und auch mehr an den Gewinnen beteiligt werden.
Die letzte Änderung der Gewerbesteuerzerlegung bei Windkraftanlagen - ich erinnere an die 70/30Regelung - hat schon einiges bewirkt. Sie bildet die Wertschöpfung aber nicht genau ab. Die Grundvoraussetzung für eine Zerlegung ist natürlich, dass überhaupt Steuern gezahlt werden. Hierbei ist es genauso wie bei den vorhin angesprochenen Regelungen: Infolge von Verrechnungen erfolgen zurzeit immer wieder gar keine Steuerzahlungen.
Bei der jetzt angesprochenen Regelung geht es um die Restwerte der Anlagen. Bei komplett abgeschriebenen Anlagen - viele erreichen den Abschreibungszeitpunkt sogar schon nach zehn Jahren - würden in der übrigen Laufzeit kaum Gewerbesteuern anfallen.
Diesen Aufteilungsmaßstab halten wir nicht für sachgerecht. Wir wollen nach der Menge des eingespeisten Stroms abrechnen, nach dem, was wirklich vor Ort produziert wird. Meines Erachtens kommt es Sachsen-Anhalt und den Gemeinden zugute, wenn der hier eingespeiste Strom für die Gewerbesteuer sorgt. Deshalb bitte ich im Namen der antragstellenden Fraktionen um Zustimmung zu unserem Antrag. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Schindler. Ich sehe keine Fragen. - Für die Landesregierung wird jetzt der Minister Herr Richter sprechen. Herr Minister Richter, Sie haben das Wort.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren! Der Antrag der Regierungsfraktionen geht davon aus, dass die geltenden Regelungen zur Gewerbesteuerzerlegung nicht immer zu einer gerechten Aufteilung des Steueraufkommens führen. Die Zerlegung müsste mehr Bezug zur Wirtschaftskraft der Betriebsteile haben.
Die Regelungen der Gewerbesteuerzerlegung, also die Orientierung am Maßstab der Arbeitslöhne, gelten schon viele Jahrzehnte lang. Man könnte sagen, diese Regelungen haben sich bewährt. Tatsächlich hat der geltende Maßstab den Charme, dass er recht unbürokratisch ermittelt werden kann. Die Arbeitslöhne sind der Buchführung relativ leicht zu entnehmen. Erforderliche Kürzungen oder Hinzurechnungen sind automatisch möglich.
Bei einer an der Wirtschaftskraft eines Unternehmens orientierten Zerlegung kann man viele Faktoren berücksichtigen. Für jeden Wirtschaftszweig könnten dabei andere Parameter eine Bedeutung haben. Die Zuordnung der Wirtschaftskraft eines Unternehmens zu verschiedenen Betriebsteilen kann eine analytische Herausforderung darstellen. Es sind nicht immer eindeutige Ergebnisse vorprogrammiert.
Doch soll das heißen, dass wir lieber alles so lassen sollten, wie es ist? Sollten wir unberücksichtigt lassen, dass es moderne und hoch technologisierte Betriebsteile gibt, bei denen so gut wie keine Arbeitskräfte und damit Arbeitslöhne vorhanden sind? - Ich meine nein.
Es geht hierbei auch um eine Verteilungsdebatte bezüglich des Gewerbesteueraufkommens zwischen den Bundesländern. Darum unterstütze ich das Anliegen, dass die Regelungen der Gewerbesteuerzerlegung daraufhin überprüft werden, ob sie noch zeitgemäß sind.
Ich will dabei nicht verhehlen, dass es hierbei sehr unterschiedliche Interessenlagen gibt. Sowohl die Länderstruktur als auch die unterschiedliche Struktur der Kommunen dürfte es nicht leicht machen, zu einem Konsens zu kommen.
Als Finanzminister ist mir auch bewusst, dass es nicht feststeht, dass von neuen Zerlegungsregelungen insbesondere die Kommunen in SachsenAnhalt profitieren würden. Deswegen ist es sinnvoll, dass verschiedene Modellrechnungen durchgeführt werden. Hierzu kann der Antrag auf jeden Fall eine Initialzündung sein.
Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich noch kurz auf Punkt 2 des Antrages eingehen. Es geht um die Gewerbesteuerzerlegung bei Anlagen, die zur Erzeugung von Strom und anderen Energieträgern sowie Wärme aus Windenergie und solarer Strahlungsenergie dienen.
Einen entsprechenden Antrag hat die Landesregierung bereits im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften - das ist das sogenannte Jahressteuergesetz 2019 - eingebracht. Der Antrag hat im Bundesrat eine Mehrheit gefunden und ist in die Stellungnahme des Bundesrates eingeflossen. Die Bundesregierung hat eine Prüfung zugesagt, das Anliegen aber leider nicht aufgegriffen und diesem somit auch nicht stattgegeben.
Die Landesregierung wird dieses Ziel weiter verfolgen und bei passender Gelegenheit erneut vortragen. Insoweit brauchen wir hierzu keinen Beschluss des Landtages. Es wäre aber eine erfreuliche Bestätigung unserer Arbeit. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Minister. Ich sehe keine Fragen. - Somit können wir in die vereinbarte Debatte mit einer Redezeit von fünf Minuten je Fraktion einsteigen. Der erste Debattenredner ist für die AfD-Fraktion der Abg. Herr Olenicak. Sie haben das Wort. Bitte.
Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Von den ca. 3 000 Windenergieanlagen in Sachsen-Anhalt und deren mög
lichen Gewerbesteuereinnahmen profitieren die Standortgemeinden derzeit kaum oder gar nicht. Die Ursache hierfür ist die in der Steuergesetzgebung verankerte Zerlegungsregelung der Gewerbesteuer. Bisher erfolgte Reformen, wie eine Sonderregelung für Windenergieanlagen aus dem Jahr 2009, brachten für die Standortgemeinden nicht den gewünschten Effekt.
Die Ursachen liegen in den hohen Investitions- und Rücklagekosten für Windenergieanlagen und vor allem in den hohen Abschreibungen in der Anlaufphase. Die Abschreibungen dauern nach bisherigen Erkenntnissen 16 Jahre. Werden bis dato keine Gewinne erzielt, erhalten die Standortgemeinden folglich auch keine Gewerbesteuereinnahmen.
Hat der Buchwert einer Windenergieanlage nach 16-jähriger Abschreibungsdauer den Wert null erreicht, dann erhält die Standortgemeinde gar keine Gewerbesteuereinnahmen mehr. Das ist genau der Moment, in dem Windenergieanlagen zum ersten Mal Gewinne erzielen. Weil die Abschreibungen abgeschlossen wurden, endet die Beteiligung der Standortgemeinde am Gewerbesteuermessbetrag des Betreibers. Das Gewerbesteueraufkommen fällt dann in der Regel vollständig einer anderen Gemeinde zu, in der sich die Geschäftsleitung des Betreibers oder eine andere Betriebsstätte mit noch nicht abgeschriebenen Anlagen befindet.
Weil folgerichtig niemand mit der Regelung zufrieden war, wurde das Thema immer wieder auf der Bundesebene diskutiert. Der zielführendste Vorschlag war, für die Zerlegung künftig statt des Buchwertes des Sachanlagevermögens die installierte Leistung im Sinne des EEG als Zerlegungsmaßstab heranzuziehen. Dazu machte der Bundesrat im Jahr 2014 einen Vorschlag. Vereinfacht betrachtet beinhaltete er, dass das Gewerbesteueraufkommen aus Wind- und Solaranlagen unter den Gemeinden zu 30 % nach den Arbeitslöhnen und zu 70 % nach der installierten Leistung aufgeteilt werden sollte. Der modifizierte Vorschlag wurde im Jahr 2015 von der Bundesregierung nicht angenommen.
Ministerpräsident Reiner Haseloff sprach sich am 13. März 2019 anlässlich des Deutschen Landkreistages für die vom Bundesrat vorgeschlagene Zerlegungsregelung aus.
Eine Zerlegung nach der installierten Leistung würde eine angemessene und dauerhafte Beteiligung der jeweiligen Standortgemeinden gewährleisten.
Damit können wir nun auch elegant zur Wertung des vorliegenden Antrags der Regierungskoalition in der Drs. 7/5320 überleiten, der diese Forderung beinhaltet. Wenn wir nicht in der Adventszeit
30 Jahre nach dem Beginn eines intensiven Ausbaus der Windenergie und den parallel dazu erfolgten windigen Versprechen der Windindustrie an die Gemeinden, wie viel an Steueraufkommen, an Wertschöpfung und an Arbeitsplätzen die betroffenen Gemeinden doch für die Beeinträchtigung ihrer Lebensqualität aufgrund der optisch und akustisch nervenden Energieungetüme vor ihrer Haustür als Ersatz bekommen würden, bläst der wachsende Proteststurm der Bevölkerung die Regierung aus dem Dornröschenschlaf.
Vier Jahre nachdem ein Vorschlag bei der Bundesregierung durchfiel, holen Sie diesen wieder aus der Mottenkiste und wollen außerdem noch eine Bundesarbeitsgruppe gründen. Das, was Sie jetzt hier hastig einreichen, kommt genau 30 Jahre zu spät.
Mit diesem Gewerbesteuerspeck fangen Sie längst keine naiven Bürgermäuse mehr. Denn sie sind mittlerweile stinksauer über die Art und Weise, wie der Windenergieausbau verlaufen ist und aktuell verläuft sowie darüber, was letztlich für die Mehrzahl der Gemeinden als Ergebnis dabei herausgekommen ist.
Dieser Antrag ist ein einziger Hilfeschrei und Ausdruck Ihrer konfusen Arbeit in der Regierung, die keine Einhaltung von parlamentarischen Fristen kennt, unökonomisch mit Landesgeldern umgeht und sich auf Ihrer quantitativen Mehrheit ausruht, um alles abzubügeln, was nicht ihrer Feder entflossen ist.
Sie laufen den Ergebnissen hinterher und schließen faule Kompromisse, um im Sinne dieser Koalition Einzelinteressen durchzusetzen und letztlich Ihre Harmonie zu erhalten.
Tatsächlich ist Ihnen der Ausbau der Windenergie vollständig aus der Hand geglitten. Jetzt, da sich fast 90 % der Windenergieanlagen in der Hand von Eigentümern außerhalb des Landes befinden,
weiterhin keine ausreichenden Speicherkapazitäten zur Verfügung stehen und in Sachsen-Anhalt die höchsten Strompreise zu zahlen sind, erbitten Sie längst überfällige Änderungen am Steuerrecht.
Wir sind gespannt darauf, wie Sie als Bittsteller gegenüber dem Bund mit bereits verworfenen Ideen agieren, um endlich Ihre jahrzehntealten Landeshausaufgaben zu erledigen. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen trotz alledem ein schönes Weihnachtsfest.
Ich sehe keine Wortmeldungen. Somit kommen wir zum nächsten Debattenredner. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abg. Herr Meister.