Ein Blick in die Bestimmungen des Dritten Gesetzes zur Änderung des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes und der Rahmenvereinbarung der Kultusministerkonferenz über Fachschulen in der Fassung vom 22. März 2019, Seite 3, macht das Problem deutlich:
Bei vollzeitschulischen Maßnahmen, zu denen die Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin bzw. Erzieher gehört, ist eine Förderung - jetzt hören Sie ganz gut zu - nur dann gegeben, wenn in 70 % der Unterrichtswochen, in der Regel wöchentlich an vier Werktagen, mindestens 25 Unterrichtsstunden absolviert werden. Man nennt das auch die Vollzeitfortbildungsdichte.
Und nun kommt es: Nach der Rahmenvereinbarung der Kultusministerkonferenz über Fachschulen umfasst die Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin, zum staatlich anerkannten Erzieher aber zu zwei Drittel, nämlich 2 400 Stunden, theoretische Ausbildung, und ein Drittel, nämlich 33,33 %, also 1 200 Stunden, praktische Ausbildung. Die Mathematiker unter Ihnen sehen die Differenz, die hier vorliegt.
Sie sehen, meine Damen und Herren, hier passt irgendetwas nicht zusammen. Wie könnte diese Situation geändert werden? - Dazu haben wir Ihnen ein Antrag vorgelegt.
Sie wissen bestimmt, dass momentan Beratungen zur Vierten Novelle des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes im Bundestag stattfinden. Der hierzu von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf zur vierten Novelle soll durch Leistungsverbesserungen, etwa die Erhöhung des Unterhaltsbeitrags und der Einkommensfreibeträge, und durch Erweiterung von Fördermöglichkeiten unter anderem dazu beitragen, die Attraktivität und die individuelle Förderung der beruflichen Aufstiegsfortbildungen deutlich zu verbessern.
Wir begrüßen diese Entwicklung. Deshalb halten wir die aktuellen Diskussionen zu den Förderbedingungen für angehende Erzieherinnen für sehr wichtig.
Sehr geehrte Damen und Herren! Neben den Modellen der praxisintegrierten Ausbildung, wie ich es eingangs in meiner Rede verdeutlichte, gibt es auch die sogenannte zweiphasige Ausbildung, bekannt auch unter zwei plus eins. Doch auch hierbei gibt es das Problem der Finanzierung für viele Schülerinnen und Schüler, insbesondere für Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger, die zur Finanzierung ihres Lebensunterhalts während der Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin oder zum staatlich anerkannten Erzieher auf eine Förderung durch das AFBG angewiesen sind.
Ihnen fehlt schlichtweg die einschlägige Erstausbildung, nämlich die zum Sozialassistenten oder zur Sozialassistentin, zum Kinderpfleger oder zur Kinderpflegerin oder eine einschlägige Berufserfahrung, um beispielsweise im dritten Jahr als Hilfskraft in der Kita eingesetzt bzw. vor Beendigung der regulären Ausbildung als Fachpersonal beschäftigt werden zu können.
Hierzu bedarf es aus unserer Sicht einer rechtlichen Klarstellung im Gesetz, wonach in der Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin bzw. Erzieher die pflichtig vorgeschriebenen Praxisanteile der Ausbildung nicht als Praktika, sondern als immanenter Bestandteil der gesamten Ausbildung verstanden und als solche in die Förderfähigkeit aufgenommen werden.
Sehr geehrte Damen und Herren! Die derzeitige Förderlücke ist gerade vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels und der damit verbundenen steigenden Zahl von Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern in diesem Bereich, die oftmals eine integrierte Ausbildung absolvieren, nicht zielführend.
Die Landesregierung wird daher gebeten, sich im Bundesrat für eine Klarstellung der Förderfähigkeit aller durch die Landesbehörden geregelten Ausbildungsformen zur staatlich anerkannten Erzieherin bzw. zum staatlich anerkannten Erzieher einzusetzen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Hohmann. Es gibt keine Wortmeldungen. - Für die Landesregierung spricht jetzt der Minister Herr Prof. Dr. Willingmann. Sie haben das Wort. Bitte.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Uns eint, dass wir den Erzieherberuf attraktiv machen wollen. Uns eint, dass in diesem Bereich angemessen vergütet werden soll. Aber mitunter ist die Rechtslage eben etwas komplizierter. - Frau Abg. Hohmann, Sie haben es vorhin beschrieben und erwarten jetzt vermutlich nicht, dass wir den Verwaltungsprozess nachzeichnen, der dem Ganzen zugrunde lag und den Petitionsausschuss betroffen hat. Ich glaube, das würde die Arbeit hier im Parlament überfordern.
Meine Damen und Herren! Die Förderung der beruflichen Fortbildung ist ein wichtiger Baustein für die gesellschaftliche Entwicklung. Dieser Aufgabe kommt man auch in Sachsen-Anhalt mit dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz, kurz AFBG, nach. Dessen Leistungen werden, nur zur Information, zu 22 % vom Land finanziert. Das sind in den nächsten Jahren zwischen 2019 und 2021 zwischen 1,2 Millionen € und 2,4 Millionen €. Die Landesregierung befürwortet trotz dieser Steigerung selbstverständlich die mit dem vierten AFBGÄnderungsgesetz geplanten Änderungen. Die Attraktivität der beruflichen Qualifizierung wird dadurch gesteigert, die Vereinbarkeit von Familie und beruflicher Fortbildung wird verbessert. Dies gilt gerade auch im Bereich der Vollzeitmaßnahmen mit künftigem Vollzuschuss, der insbesondere der Fachrichtung Sozialpädagogik, Frau Hohmann, zugutekommt, weil die überwiegende Mehrheit den Erzieherberuf in schulischen Vollzeitmaßnahmen erlernt.
Dass die Auszubildenden zu staatlich anerkannten Erzieherinnen und Erziehern auch heute schon vom sogenannten Aufstiegs-BAföG profitieren, zeigt sich an der Statistik für das Jahr 2018: Jede dritte durch das Aufstiegs-BAföG geförderte Person in Sachsen-Anhalt erlernte den Erzieherberuf. Da nach wie vor ein erhöhter Bedarf an qualifizierten Fachkräften für die frühkindliche Bildung besteht, sollen weiterhin Menschen in unserem Land dazu ermutigt werden, diesen Beruf zu ergreifen.
Unbestritten ist, dass es bei der Förderung im Moment auch Probleme gibt. Dazu gehört beispielsweise, dass die Ämter für Ausbildungsförderung eine durchgängige Förderung über drei Ausbil
dungsjahre nur für wenige Fachschulen gewähren. Die Ursache dafür liegt in der Entscheidung des Bundesgesetzgebers, Ausbildungsabschnitte mit langen Praktikumszeiten nicht zu fördern.
Der Gesetzgeber hat erst mit der dritten AFBGNovelle - Sie haben es erwähnt - den Begriff der fachpraktischen Unterweisung aus dem Gesetz gestrichen, um dem Versuch, reine Praktikumszeiten in förderfähige Unterrichtsziele umzudeuten, entgegenzuwirken. Einer Förderung von Praktika wird der Bund daher nicht zustimmen; so jedenfalls der aktuelle Diskussionsstand.
Das AFBG - das muss man zur Erläuterung verstehen - dient nicht der Erstausbildung, sondern der beruflichen Fortbildung, für die es üblicherweise keine Praktika braucht, so die Argumentation, und die das Gesetz daher auch nicht kennt. So wie wir im Moment über das Thema diskutieren, hat eine gesetzliche Klarstellung zur Förderfähigkeit von Praktika einzig für den Erzieherberuf damit wenig Aussicht auf Erfolg. Eine durchgängige Förderung und existenzielle Absicherung über das AFBG gelingt bisher nicht.
Das liegt aber nicht nur am Gesetz. Eine Förderung künftiger Erzieherinnen und Erzieher in den praxisintegrierten Ausbildungsvarianten war auch bisher schon möglich - Sie haben es erwähnt -, soweit der Lehrplan die im Gesetz geforderte Fortbildungsdichte von 70 % erfüllt hat. Im Ausbildungszeitraum von 2016 bis 2019 haben fünf Fachschulen für Sozialpädagogik in unserem Land dieses Kriterium erfüllt und eine nach dem AFBG förderfähige praxisintegrierte Ausbildung angeboten.
Sofern die Schulen über eine entsprechende personelle Ausstattung verfügen und zudem die Anpassung des Lehrplans an die Bedingungen des AFBG gewollt ist, kann die praxisintegrierte Erzieherausbildung über drei Ausbildungsjahre durchaus gefördert werden. Damit sollen die Schulen aber keineswegs allein gelassen werden. Deshalb hat das Land Sachsen-Anhalt in der Sitzung des Bundesrates am 8. November 2019 - wir sind sehr aktuell - einen Antrag unterstützt, die im Gesetz geforderte Fortbildungsdichte für den Präsenzunterricht auf 60 % abzusenken. Sinkt der geforderte Unterrichtsumfang, wächst der Spielraum für Praktika. Damit könnte der Kreis der Geförderten aus der praxisintegrierten Ausbildung weiter vergrößert werden. Diesbezüglich eint uns das Ziel. Die Entscheidung dazu steht im Moment allerdings noch aus.
Unser Ziel ist es, eine möglichst auf breiten Füßen stehende Förderung zu erreichen und auf die Bedarfe unserer Gesellschaft flexibel zu reagieren. Ich denke, wir können dies mit den bisherigen Stellschrauben erreichen und sollten uns im Übrigen in die Diskussion einbringen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister Willingmann. Es gibt zwei Wortmeldungen. Zuerst spricht Herr Lange und dann Frau Hohmann. - Bitte.
Herr Minister Willingmann, das ist nicht der einzige Punkt, an dem sich junge Menschen auf den Weg gemacht haben, eine Fördermöglichkeit verloren haben und dann auf einmal irgendwo stranden, wo sie eigentlich noch einmal in den Beruf starten wollen, ihnen aber sozusagen der Lebensunterhalt schwer gemacht wird. Wir erleben das beispielsweise bei Leuten, die den zweiten Bildungsweg wählen, die eine Familie gegründet haben, eine eigene Wohnung haben, eventuell Leistungen aus dem Sozialgesetzbuch II bezogen haben und dann auf das BAföG zurückfallen, was wesentlich niedriger ist. Wir erleben das bei Leuten, die beispielsweise später in das Studium starten und bei denen dann auf einmal die BAföGGrenzen gelten.
Meine Frage ist: Müsste man in Zeiten des lebensbegleitenden Lernens nicht eigentlich einmal die gesamte Ausbildungsförderung vom Kopf auf die Füße stellen, damit es einfach nicht mehr zu solchen Situationen kommt?
Verehrter Herr Lange, Sie haben völlig recht, dass wir grundsätzlich darüber reden müssen. Das sehen Sie auch an der Dynamik der Ausbildungsförderung für Erzieherinnen, die erst im Jahr 2009 aufgenommen wurde und dann im Jahr 2013 eine Veränderung erfahren hat.
Ich will damit sagen: Natürlich müssen wir grundsätzlich darüber reden. Aber wenn Sie sich vor Augen führen, dass die Ausbildung vor dem Jahr 2009 überhaupt nur dem BAföG unterlag und damit auch den Altersgrenzen für einen BAföG-Anspruch, dann werden Sie feststellen, dass alle Menschen draußen gewesen wären, die Sie gerade angesprochen haben. Das hat man mit dem AFBG verändert. Das ist gut. Jetzt versucht man, es noch einmal zu verändern.
Vorstellung nach eine solche, die im Grunde berufsbegleitend erfolgt, also von Menschen wahrgenommen wird, die in einem Beruf arbeiten oder über eine andere Erwerbsmöglichkeit verfügen. Das ist eigentlich etwas, das nicht zum BAföG passt, jedenfalls dann nicht, wenn es wie bei den Erziehern reglementiert wird.
Vielen Dank. - Frau Hohmann, es tut mir leid, aber wir haben eine Dreiminutendebatte vereinbart; ich habe mich vertan. Aber Sie haben in der Debatte noch einmal die Möglichkeit zu sprechen.
Ich war jetzt noch in dem Glauben, weil ich gerade gesagt hatte, fünf Minuten wären besser. - Vielen Dank, Herr Willingmann. Es gibt keine weiteren Fragen.
Wir kommen jetzt zur Dreiminutendebatte der Fraktionen. Der erste Fraktionssprecher steht schon vorn. Für die CDU-Fraktion spricht der Abg. Herr Krause. Bitte, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema, welches DIE LINKE heute mit Ihrem Antrag abhandelt, hat uns hier im Landtag bisher noch nicht beschäftigt. Zumindest habe ich den zurückliegenden Tagen in viele fragende Gesichter geschaut.
setz, AFBG. Dieses Gesetz erlaubt es jedem Bürger, sich im Rahmen seiner Tätigkeiten für eine Förderung der beruflichen Aufstiegsfortbildung zu bewerben. Vielen von uns ist das AFBG als Meister-BAföG bekannt. Das AFBG dient der Unterstützung sowie der Erweiterung der beruflichen Qualifikation und soll bei den Fachkräften die Motivation zur Fortbildung stärken. Im Rahmen der Aufstiegsfortbildung besteht für deren Teilnehmer die Möglichkeit, eine staatliche Förderung zu erhalten. Die Grundvoraussetzung, um diese Förderung in Anspruch nehmen zu können, ist eine abgeschlossene Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf.
Inzwischen wird das Gesetz zum vierten Mal novelliert. Dies dürfte auch der Grund für den Antrag der Fraktion der LINKEN heute hier im Plenum sein. Der Bund plant, dieses veränderte Gesetz im Sommer 2020 in Kraft zu setzen. Man will zusätzliche Mittel und dann insgesamt 350 Millionen € zur Verfügung stellen. Wir begrüßen dies ausdrücklich. Auch begrüßen wir, dass die Stoßrichtung des Gesetzes auch die Aufstiegschancen
Zentrale Elemente des neuen Gesetzes sind ferner die Anhebung der Zuschussanteile sowie die Verringerung der Darlehensanteile für Interessenten. So sollen der bisherige Unterhaltsbeitrag zu einem Vorschuss ausgebaut und der Maßnahmenbeitrag inklusive des Meisterprüfungsstückes auf 50 % angehoben werden.
Meine Fraktion steht seit jeher für die Förderung des Handwerks. Die in Sachsen-Anhalt erfolgreich eingeführte Meistergründungsprämie war eine Initiative der CDU. Aus diesem Grund freuen wir uns natürlich immer darüber, wenn das Handwerk und der Meisterberuf attraktiver werden. Weitere Förderziele sind fachschulische Maßnahmen sowie die Aufstiegsfortbildung bei Frauen und bei Angehörigen der sozialen Berufe. Inzwischen macht dieser Bereich unter den geförderten Bereichen bereits ein Drittel aus.
Zur Stärkung der Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung soll darüber hinaus das Förderangebot erweitert werden. Ich möchte nicht unerwähnt lassen, dass die vom Bund und von den Ländern zur Verfügung gestellten Mittel für das Aufstiegs-BAföG bisher jährlich gesteigert worden sind. Dies ist ein deutliches Zeichen der Anerkennung und der Wertschätzung der beruflichen Qualifikation, der Weiterbildung, des Meisterberufs und nicht zuletzt auch der persönlichen Entwicklung der Arbeitnehmer in unseren Unternehmen.
DIE LINKE möchte eine rechtliche Klarstellung im novellierten Gesetz im Hinblick auf die Ausbildung zu staatlich anerkannten Erzieherinnen und Erziehern, und sie möchte,
dass alle Formen der Erzieherausbildung förderfähig werden. - An dieser Stelle - Frau Hohmann, das gebe ich gern zu - bin ich etwas überfragt. Es gibt bereits das Bundesprogramm „Fachkräfteoffensive für Erzieherinnen und Erzieher“, das genau Ihren formulierten Anspruch zum Ziel hat, nämlich den Beruf attraktiver zu machen.