Noch einmal: Es wurde die Überweisung in den Finanzausschuss beantragt. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um sein Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion DIE
LINKE. Wer ist dagegen? - Das sind die AfD-Fraktion und zwei fraktionslose Abgeordnete. Damit ist dieser Antrag in der vorliegenden Form in den Finanzausschuss überwiesen worden und wir können den Tagesordnungspunkt 22 beenden.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit einem Überraschungscoup wollten Innenminister Stahlknecht und Ministerpräsident Haseloff nach dem Weggang von Tamara Zieschang offenbar ohne Absprachen in der Koalition und in den eigenen Reihen den Bundesvorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft Rainer Wendt als neuen Innenstaatssekretär präsentieren.
Die Pressemeldung aus der Staatskanzlei, dass ein bekannter Rechtspopulist und Hardliner in Sicherheitsfragen künftig hier in Sachsen-Anhalt die Geschicke der Polizei lenken sollte, hat zu ungläubigen Reaktionen geführt; denn eine solche Entwicklung war bisher von vielen nicht für möglich gehalten worden.
Nun wissen wir, dass die Entscheidung nicht lange gehalten hat und durch welchen Druck auch immer, sei es durch den Aufstand der Koalitionspartner oder durch die Intervention aus dem Kanzleramt, nach zwei Tagen wieder zurückgenommen werden musste. Herr Wendt ist also nicht Staatssekretär in Sachsen-Anhalt geworden, und das ist gut so.
Dennoch ist durch die „Causa Wendt“ erheblicher politischer Schaden entstanden. Wir wollten mit unserem Antrag ursprünglich die Möglichkeit schaffen, dass wir uns hier im Parlament mit den Umständen ihres Zustandekommens und den Wellen, die die nachfolgenden Ereignisse geschlagen haben, auseinandersetzen und über Konsequenzen diskutieren. Doch das ist nun seit der letzten Woche nicht mehr möglich; denn in der CDU und in der Koalition überschlagen sich inzwischen die Ereignisse.
Nach der „Causa Wendt“ folgte bereits die „Causa Möritz“, die sich nun zu einer „Causa Schöpfel“ auszuweiten droht. Theo Schöpfel ist nach Angaben des Redaktionsnetzwerkes Deutschland als ehemaliger Bundeswehrsoldat einer der Mitbegründer des Vereins „Uniter“ im Jahr 2012 und war bisher CDU-Stadtratsmitglied in SandersdorfBrehna. Er steht dort auch nach der letzten Kommunalwahl auf der Nachrückerliste der CDU.
Damit erklärt sich plötzlich auf geradezu unheimliche Weise, weshalb der CDU-Kreisverband Bitterfeld so schnell bereit war, Robert Möritz einen Persilschein für seine Nazivergangenheit auszustellen
und ihn nach seinem schnellen Austritt bei „Uniter“ durch einstimmigen Kreisvorstandsbeschluss als geläutert und in die Mitte der Gesellschaft reintegriert darzustellen.
Das ist nun bei einem Verein wie „Uniter“ auch nicht überraschend; denn in einer solchen Vereinigung von Elitesoldaten, Polizisten und Personenschützern mit Verbindungen in rechtsextreme Milieus zählt natürlich Korpsgeist. Niemand anderes als André S., alias „Hannibal“, der die Nordkreuz-Chatgruppen ins Leben rief, in denen Todeslisten kursierten und Vorbereitungen für einen Umsturz besprochen wurden, ist einer der Gründer von „Uniter“.
Doch so erschreckend die Erkenntnis ist, dass es in der Regierungspartei CDU möglicherweise bereits Netzwerke von Leuten aus der extremen rechten Szene gibt, noch gravierender für unser Land und für die Demokratie ist der Umgang der Partei mit diesen Umtrieben.
Die demokratischen Kräfte in der CDU in Sachsen-Anhalt scheinen nicht mehr durchsetzen zu können, dass solche Strukturen aufgedeckt werden und eine Trennung von solchen rechtsradikalen Leuten erfolgt.
Statt also hier klare Kante zu zeigen, setzen sich in der CDU die nationalkonservativen Kräfte mehr und mehr durch. Sie schaffen es, dass es im Kreisverband Bitterfeld
Herr Lippmann, warten Sie ganz kurz. - Herr Kurze ist fälschlicherweise der Meinung, dass er während eines Redebeitrages einen Antrag zur Geschäftsordnung stellen kann. Er müsste wissen, dass er das eigentlich nicht kann, und ich werde das jetzt auch nicht zulassen. Deshalb bewahren Sie jetzt einmal Ruhe, bevor Sie platzen, und Herr Lippmann, reden Sie weiter. Bitte.
(Lars-Jörn Zimmer, CDU: Jetzt sollte sich der Präsident mal selber ermahnen! - Wei- tere Zurufe von der CDU)
Sie schaffen es, dass es im Kreisverband Bitterfeld bisher keine Konsequenzen gibt und dass sich die Parteiführung demonstrativ vor Robert Möritz und vermutlich jetzt auch vor Theo Schöpfel stellt.
Statt klare Kante zu zeigen, wird in der CDU immer offensiver der Konflikt mit den Koalitionspartnern gesucht und inflationär mit dem Ende der Koalition gedroht, wenn SPD und GRÜNE nicht mehr bereit sind, auch noch solche Brocken herunterzuschlucken.
Die Drift der CDU Sachsen-Anhalt aus dem demokratischen Spektrum hatte ihren vorläufigen Höhepunkt aber mit dem Beschluss zu einem neuen Grundsatzprogramm. Hierin geht es nicht mehr nur um die fehlende Haltung zu einzelnen Personalien.
Es wurde auf offener Bühne das Ruder von denen in der Partei übernommen, die den Kurs nach rechts außen steuern wollen. Eine innerparteiliche Gegenwehr oder wenigstens ein paar Stimmen der Vernunft waren nicht zu hören. Der Kurswechsel wurde ohne Debatte und mit großer Mehrheit abgesegnet.
Die Entwicklungen der letzten Wochen zeigen überdeutlich: Die CDU ist bereit, nicht nur auf die Rechte zuzugehen, sondern sich ihren Wünschen
Mit dem Grundsatzbeschluss wurde die Tür für eine Zusammenarbeit mit der AfD geöffnet und damit für die erstmalige Beteiligung einer rechtsextremen Partei an einer Regierung in Deutschland seit 75 Jahren.
Dass es der Parteirechten in der CDU mit ihrem Kurs raus aus der Mitte und vor allem weg von den GRÜNEN ernst ist, das zeigt die Vehemenz, mit der auf den Bruch der Koalition hingearbeitet wird. Für den Rest der Legislaturperiode soll eine CDU-Alleinregierung unter Tolerierung der AfD getestet werden.
Was dabei für die CDU, für das Land und für unsere Demokratie auf dem Spiel steht, zählt bei solchen Machtfantasien nicht.
Wohin geht die Reise, wenn es keine ordnende Hand mehr gibt, die sich durchsetzen und die CDU im demokratischen Spektrum halten kann? Was ist von dem Krisentreffen morgen Nachmittag und von einem möglichen erneuten Sonderparteitag zu erwarten? Gibt es noch einen CDUVorsitzenden und einen CDU-Ministerpräsidenten, die politisch handeln und ihre Verantwortung für Partei und Land wahrnehmen?
Der Ministerpräsident erklärt in Interviews, was aus seiner Sicht geht und was nicht: keine Hakenkreuze und keine Alleinregierung. Aber was sind diese Aussagen wert? Wer in der CDU steht noch hinter diesen Aussagen? Worauf kann man sich verlassen?
Diese CDU sorgt fast täglich für Negativschlagzeilen - regional und überregional -, die das Image von Sachsen-Anhalt nachhaltig beschädigen. Das alles macht Angst vor einer schwarz-braunen Zusammenarbeit, mit der die Zukunft dieses Landes verspielt wird.
Wir hoffen, dass sich die demokratischen Kräfte in der CDU durchsetzen, aber die Hoffnung schwindet mit jedem neuen Skandal. Wir werden uns einer solchen antidemokratischen Entwicklung mit allen Kräften entgegenstellen. Wir richten die Frage an die anderen demokratischen Parteien ebenso wie an die Zivilgesellschaft, wo sie in dieser grundlegenden Auseinandersetzung stehen werden.
Ich ende mit einem bemerkenswert klaren Artikel von gestern bei „Zeit online“, in dem es heißt - ich zitiere; zunächst ein Zitat im Zitat -:
„‘Deutschland hat ein Problem mit Antisemitismus und Rechtsextremismus‘, sagte CDU-Ministerpräsident Reiner Haseloff