Protocol of the Session on May 23, 2019

Die Fraktion DIE LINKE lehnte den Vorschlag der Koalitionsfraktionen für eine vorläufige Beschlussempfehlung ab, da aus ihrer Sicht die darin genannten Schwerpunkte bereits bekannt seien und keines unterstützenden Beschlusses bedürften. Deshalb teilte die Fraktion DIE LINKE mit, ihren Antrag dennoch aufrechtzuerhalten. Die Fraktion der AfD dagegen begrüßte den von den Koalitionsfraktionen vorgelegten Kompromissentwurf.

(Zuruf von der AfD: Ja!)

Der Entwurf der Koalitionsfraktionen für eine vorläufige Beschlussempfehlung mit dem neuen Titel „Nutzung von Cannabis als Medizin unterstützen“ wurde vom Ausschuss mit 10 : 2 : 0 Stimmen angenommen und an den mitberatenden Ausschuss für Inneres und Sport weitergeleitet.

Dieser hat sich in der 35. Sitzung am 11. April 2019 mit dem Antrag und der vorläufigen Beschlussempfehlung befasst. Im Ergebnis seiner Beratung schloss er sich der vorläufigen Beschlussempfehlung mit 7 : 2 : 3 Stimmen an.

Die abschließende Beratung im federführenden Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration fand in der 37. Sitzung am 8. Mai 2019 statt. Nach kurzer Beratung wurde der Antrag in der Drs. 7/2517 in der Fassung der vorläufigen Beschlussempfehlung mit 5 : 2 : 2 Stimmen verabschiedet.

Die Beschlussempfehlung liegt dem Plenum heute in der Drs. 7/4338 vor. Im Namen des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Integration bitte ich das Hohe Haus, dieser Empfehlung zu folgen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung von Rüdiger Erben, SPD, und von Silke Schindler, SPD)

Danke. Ich sehe keine Fragen an den Berichterstatter. - Deswegen steigen wir in die Dreiminutendebatte ein. Für die Landesregierung spricht Ministerin Frau Grimm-Benne. Bitte sehr.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Eine vollständige Legalisierung von Suchtstoffen im Allgemeinen und von Cannabis im Speziellen ist hier im Hohen Haus schon mehrfach debattiert worden. Die medizinische Anwendung von Cannabis ist mittlerweile gesetzlich ermöglicht worden. Der Ansatz in der deutschen Drogenpolitik, Missbrauch entschieden entgegenzutreten, bedingt jedoch, dass auch die medizinische Anwendung von Cannabis nicht unreguliert bleiben kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Die Anwendung von Cannabis als Medizin ist mit Erwartungen verbunden. Insbesondere soll Ärztinnen und Ärzten in den Fällen, in denen andere Therapien versagt haben, eine weitere Möglichkeit zur Behandlung eröffnet werden. Austherapierte Patientinnen und Patienten können auf eine zusätzliche Behandlungsmöglichkeit bauen, die im Übrigen auch von der Solidargemeinschaft finanziert wird.

Um das Ziel der verbesserten Versorgung zu erreichen, halte ich es für notwendig, dass die Nutzung von Cannabis als Medizin zügig ermöglicht wird. Derzeit wird der Bedarf deutscher Patientinnen und Patienten nur durch Importe gedeckt. Der Import soll künftig weiterhin möglich sein, aber nicht die einzige Möglichkeit der Versorgung darstellen.

Über die künftigen Bedingungen, nach denen Cannabis über die gesetzlichen Krankenversicherungen verordnet werden kann, wird die Landesregierung im Ausschuss berichten.

Zum Ausschreibungsverfahren des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte zur Vergabe der nationalen Anbaulizenzen soll - so ist es laut Beschlussempfehlung vorgesehen - durch die Landesregierung im Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration ebenso berichtet werden. Erst in dieser Woche wurden die letzten vier der insgesamt 13 Lose durch das Bundesinstitut vergeben. Damit kann der Anbau von insgesamt 10 400 kg Cannabis in pharmazeutischer Qualität verteilt auf vier Jahre mit jeweils 2 600 kg erfolgen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Unabhängig vom Stand der Forschung in Sachsen-Anhalt ist davon auszugehen, dass eine internationale Cannabisforschung bereits etabliert ist. Es steht der Wissenschaft hier im Land frei, sich diesem Thema zuzuwenden. Das wird von staatlicher Seite weder vorgegeben noch gelenkt. Im Übrigen ist es den Hochschulen in unserem Land unbenommen, sich um Drittmittel für ihre Forschung zu bemühen. - Einen herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Danke. Ich sehe keine Fragen an die Ministerin. - Dann können wir in die Dreiminutendebatte der Fraktionen einsteigen. Für die AfD-Fraktion spricht der Abg. Herr Siegmund.

Vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Natürlich kann Cannabis bei bestimmten schweren Krankheiten eine medizinische Darreichung sein, die allerdings - das sei hier betont - unter ärztlicher Kontrolle stehen muss. Deshalb wollen wir den Weg für eine medizinische Versorgung weiter öffnen. Dieser Weg muss den Patienten natürlich freistehen.

Allerdings will DIE LINKE mit ihrem Ursprungsantrag Cannabis in Gänze entkriminalisieren und quasi zum Wegknallen freigeben. Dazu muss ich ganz ehrlich sagen: Das können wir als konservative Kraft nicht mitmachen.

(Beifall bei der AfD)

Die Fakten - das ist das Entscheidende, das mich zu dieser Schlussfolgerung geführt hat - sprechen bei ganz nüchterner Betrachtung genau diese Sprache.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Aber müssten wir dann nicht auch Alkohol verbieten?)

Wer verantwortungsvolle Politik für unser Volk machen möchte, der kann bei nüchterner Faktenbetrachtung zu keinem anderen Schluss gelangen als genau zu unserem.

Wie sieht das genau aus? - Das Hauptargument, dass der Schwarzmarkt ausgetrocknet werde, ist obsolet. Wir haben es bei unserer Ausschussreise nach Portugal gesehen. Das war einer der Hauptgründe: Die Entkriminalisierung von Cannabis ist dort Realität. Was war die Realität? - Meine Kollegen Herr Wald und Herr Schmidt werden es bestätigen können: Auf offener Straße - wir sind auch einmal zwei, drei Tage herumgekommen - wurde ich mehr als 30 Mal angesprochen und gefragt, ob ich Crystal Meth kaufen möchte, ob ich Cannabis kaufen möchte,

(Wolfgang Aldag, GRÜNE: Und?)

ob ich Kokain kaufen möchte - alles, was die Bandbreite an Drogen darbietet.

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Mich hat niemand angesprochen!)

Ich bezweifle, dass das an meiner Optik lag. Ich sehe es eher so: Es beweist, dass der Schwarzmarkt nicht ausgetrocknet wird, sondern dass diese Strukturen weiterhin nicht kontrollierbar sind. Genau das ist die Realität, die man auch in anderen Ländern sieht: Der Schwarzhandel blüht weiter. Was macht die Dealerstruktur? - Sie wird nicht einfach vom Handel absehen - nein, sie wird neue Vertriebskanäle suchen, sie wird zu härteren Drogen greifen.

Das sieht man beispielsweise in Holland. Was ist nach der Legalisierung passiert? - Der Drogenhandel blüht jetzt erst richtig auf, aber mit richtigem Stoff. Die Kokaindelikte haben beispielsweise deutlich zugenommen. Das liegt einfach daran: Wenn es legal ist, braucht man neue Wege, um härtere Dinge auszuprobieren. Genau das die Realität, die in diesen Ländern vorherrscht. Die Leute schwenken also auf härtere Drogen um. Das kann nicht im Sinne des Erfinders sein.

Es sei noch kurz bemerkt: In den 60er-Jahren hatte Cannabis noch ungefähr 1 % THC als Inhaltsstoff, heute sind es aufgrund von Züchtungen bis zu 30 %. Das heißt, es gibt einen unkontrollierbaren Drogeneinfluss, vor dem wir unser Volk auf jeden Fall schützen müssen. Wir sehen, die Suchtgefahr ist exorbitant hoch. Cannabis ist die Einstiegsdroge Nummer 1. Wir werden weiterhin gegen sie eintreten.

Cannabis in der Medizin: auf jeden Fall, natürlich. Das ist, denke ich, ein sinnvoller Standpunkt. Deswegen schließen wir uns der Beschlussempfehlung, in der genau diese medizinische Nutzung vorgesehen ist, an. Der Ursprungsantrag der LINKEN ist abzulehnen. - Danke schön.

(Beifall bei der AfD)

Ich sehe keine Fragen an den Redner. - Bevor wir in der Debatte fortfahren, begrüßen wir auf unserer Besuchertribüne ganz herzlich Damen und Herren des Lions Clubs aus Hettstedt. Herzlich willkommen bei uns!

(Beifall im ganzen Hause)

Für die Fraktion der CDU spricht nunmehr der Abg. Herr Krull.

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass wir als Koalitionsfraktionen bei dem Thema „Legalisierung bzw. Entkriminalisierung von Cannabis“ grundsätzlich unterschiedlicher Auffassung sind, macht die relativ lange Zeit zwischen der Einreichung des Antrages und der heutigen erneuten Beratung und Beschlussfassung dazu deutlich - mehr als ein Jahr immerhin.

Die Antragsteller haben bereits im Rahmen der Beschlussfassung zu dem von der Koalition schlussendlich vorgelegten Beschlusstext angemerkt, dass dieser nur noch teilweise etwas mit dem Ursprungsantrag zu tun hat. Ja, da gebe ich Ihnen recht. Denn, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir als CDU-Landtagsfraktion sind weiterhin gegen die Legalisierung von Cannabiskonsum. Diese Auffassung wird aber nicht von allen unseren Koalitionspartnern geteilt.

Als CDU-Landtagsfraktion unterstützen wir die Anwendung von Cannabis zu medizinischen Zwecken. In dem Zusammenhang ist die Entscheidung, medizinischen Cannabis auch in Deutschland anzubauen, um damit unabhängig von den zurzeit notwendigen Importen zu werden, richtig. Dass nun eine Produktionsanlage hierfür in Sachsen-Anhalt, in Leuna, genauer gesagt, entstehen soll, begrüßen wir.

Wie bereits gesagt, hat sich die Grundposition meiner Fraktion zu diesem Thema nicht geändert. Diese durfte ich auch bei der Veranstaltungsreihe „Landtag im Dialog“ Ende November letzten Jahres in Köthen vertreten. Diese ist ganz klar: Es gibt kein Recht auf Rausch, und die Argumente gegen die Freigabe oder die Legalisierung von Cannabis überwiegen die Argumente dafür deutlich.

Ich zitiere an dieser Stelle noch einmal die Studie mit dem Titel „Cannabis: Potenzial und Risiken - eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme“: Dort heißt es unter anderem:

„Zusammenfassend belegen die evidenzbasierten Fakten ein erhöhtes Risiko für negative psychische, organische und so

ziale Konsequenzen im Zusammenhang mit dem Freizeitgebrauch von Cannabis.“

Durch die Befürworter der Freigabe wird immer wieder gesagt, dass die Drogenpolitik in unserem Land gescheitert ist. Dieser These muss ich ausdrücklich widersprechen. In denjenigen Ländern, die denen Cannabiskonsum vom Staat freizügiger gesehen wird, ist zum Beispiel auch der Konsum bei Minderjährigen größer.

Das Viersäulenmodell bei der Bekämpfung von Drogenkonsum, bestehend aus Prävention, Beratung und Behandlung, Schadensminimierung und Repression, bleibt weiterhin das Fundament der deutschen Drogenpolitik.

Wünschenswert wäre eine bundeseinheitliche Regelung zur Anwendung der sogenannten Strafverfolgungsfreimenge. Die beliebte Forderung zur Freigabe von Cannabis führt zu dem berühmt gewordenen Satz „Gib den Hanf frei“, welcher auch ein Titel eines durchaus erfolgreichen Liedes wurde. Das wird zwar immer laut vorgetragen, aber bleibt aus Sicht meiner Fraktion falsch.

Ich bitte um die Bestätigung des vorliegenden Beschlussvorschlages und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Ich sehe auch hierzu keine Fragen. Deswegen spricht nun für die Fraktion DIE LINKE die Abg. Frau von Angern.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren Abgeordnete! Nach solchen Reden frage ich mich immer, wann der Antrag auf Verbot des Alkohols kommt. Wahrscheinlich erst nach der nächsten Sitzung, weil wir dann ja Sommerfest haben.

(Beifall bei der LINKEN - Siegfried Borg- wardt, CDU: Das ist so alt, das Argument! - Zuruf von der AfD: Ach, so ein Quatsch!)

Ich habe das hier an dieser Stelle aber noch nicht gebracht und ich fand, es war der Zeitpunkt gekommen.

(Zuruf von der CDU)

Den Einstieg in meinen heutigen Debattenbeitrag möchte ich allerdings anders, ähnlich wie meine Kollegin Frau Quade in ihrer Einbringungsrede, mit dem Satz des Vorsitzenden des Bundes Deutscher Kriminalbeamten André Schulz beginnen, der in einem Interview mit der „Bild“-Zeitung Folgendes sagte: Die Prohibition von Cannabis ist