- Ich bitte Sie, meine Damen und Herren, den Geräuschpegel etwas zu senken. - Herr Poggenburg, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete! Mitte 2014 wurde gegen die Russische Föderation Wirtschaftssanktionen verhängt, welche im allgemeinen Sprachgebrauch richtigerweise als RusslandSanktionen verstanden und formuliert werden. Begründet wurden diese Sanktionen mit einer an
geblich aggressiven Einmischungs- und Interventionspolitik Russlands in die inneren Angelegenheiten und Konflikte der Ukraine - ein Tatbestand übrigens, der bei anderen, fernwestlichen Akteuren noch nie - noch nie! - Sanktionsbestrebungen Deutschlands oder Europas hervorrief. Darüber sollten wir alle einmal nachdenken. Aber dies wird schon seine irgendwie unmoralischen Gründe haben.
Vor allem die im Westen so genannte Annektierung der Krim, welche genaugenommen eher eine Sezession statt eine Annexion darstellt und daher völkerrechtlich auch völlig anders zu bewerten ist, lieferte die genannten Sanktionsbegründungen.
Im Sommer letzten Jahres gab es dann eine Grundsatzeinigung der 28 europäischen Staats- und Regierungschefs dahingehend, die Sanktionen erst dann aufzuheben, wenn die Vereinbarungen des Minsker Friedensplanes, der Vereinbarung zum Ukraine-Konflikt, komplett erfüllt sind.
Hierbei ist es besonders bemerkenswert, ja geradezu grotesk festzustellen, dass die Erfüllung des Minsker Abkommens von beiden Seiten, also von der ukrainischen wie auch der russischen Seite abhängt, dass aber die Nichterfüllung dann nur eine Seite betrifft und diese auch weiter sanktioniert wird, nämlich die russische.
Es mutet geradezu paradox an, vor diesem Hintergrund von einem echten Streben nach Beruhigung der Lage und Abbau der Spannungen auszugehen. Im Gegenteil, hierdurch wird die eine Kontrahentenseite in die Lage versetzt, indirekt, aber sehr wirkungsvoll die andere, also die russische Seite, weiter in Bedrängnis zu halten. Von Friedenspolitik kann hierbei also überhaupt keine Rede sein, eher vom westlichen Willen, die Spannungen auch weiterhin möglichst hoch zu halten.
Bemerkenswert, aber im Grunde auch nicht anders zu erwarten war nun die wiederholte Verlängerung der Russland-Sanktionen bis zum 31. Januar 2017. Der EU-Rat schrieb dazu in einer Twitter-Mitteilung auf Russisch: Die Sanktionen blieben in Kraft, weil die Minsker Abkommen nicht vollständig umgesetzt seien.
Genau diese Argumentation bekräftigt die vorhin gemachte Einlassung und den Standpunkt der AfD-Fraktion, dass hiermit der Ukraine lediglich ein Werkzeug zur Gängelung ihres Gegners Russland bereitgestellt wird.
Dies geschieht - und das sollten wir alle wissen - auf Kosten deutscher und europäischer Steuerzahler, Unternehmer und Sicherheitsinteressen, ohne dass unsere Bürger auch nur einmal nach ihrer Zustimmung zu solch einem Hasardspiel
gefragt wurden. Dies allerdings ist mittlerweile gängige Praxis in nahezu allen Bereichen der deutschen Politik. Auch aus diesem Grund bedarf es endlich einer wahrhaften politischen Alternative.
Welche Wirkungen bzw. Auswirkungen können wir bis dato zum Thema Russland-Sanktionen verzeichnen? - Nach nun über zweijähriger Dauer der Sanktionen können wir Folgendes für Deutschland und auch Sachsen-Anhalt feststellen.
Exporte in der Maschinen- und Anlagenbranche von Sachsen-Anhalt haben sich in den letzten drei Jahren nahezu halbiert. Aufgrund des von Russland im Gegenzug verhängten Einfuhrstopps für Lebensmittel sind einige deutsche Lebensmittelerzeuger sogar direkt in ihrer Existenz bedroht.
Zweitens. Die politischen Spannungen zwischen Deutschland und Russland haben sich kontinuierlich erhöht, was für großen und auch sehr berechtigten Unmut im deutschen Volke auch hinsichtlich unserer Geschichte und Verantwortung führt. Gute, teils über Jahrzehnte gewachsene Wirtschaftsbeziehungen verschiedener Unternehmen mit Russland wurden unverantwortlich äußerst schwer beschädigt.
Drittens. Eine tatsächliche Eindämmung oder Beruhigung des Ukraine-Konfliktes wurde nicht erreicht. Die Fronten sind verhärteter denn je und die Maßnahme Russland-Sanktionen scheint eher geeignet, den Konflikt weiter aufrechtzuerhalten.
Vor diesem Hintergrund sollte auch die deutliche Mahnung der Industrie- und Handelskammer entsprechend Beachtung finden. Der Osteuropaexperte der IHK Magdeburg, Andreas Kerzig, erklärte im Mai gegenüber dpa zum Thema Russland-Sanktionen wörtlich - ich zitiere -:
Prof. Dr. Thomas Brockmeier, Hauptgeschäftsführer der IHK Halle-Dessau, erklärte in einer offiziellen Stellungnahme der IHK vom 22. Juni - ich zitiere -:
„Die mitteldeutsche Wirtschaft wird durch die gegenseitigen Export- und Importverbote über Gebühr belastet.“
„Wenn sich aber trotzdem außenpolitisch wenig bis nichts bewegt, dann erfüllen die Sanktionen den erklärten Zweck offenkundig nicht.“
Selbst Wirtschaftsminister Felgner wurde am 14. Mai im „Volksstimme“-Interview mit der Schlagzeile wiedergegeben - ich zitiere -:
Dies darf sehr richtig ausnahmsweise einmal lobend erwähnt werden, besonders da Minister Felgner momentan nicht ganz unbegründet recht wenig Lob und dafür mehr Kritik erntet.
Zusammenfassend wird aber deutlich: Die Wirtschaftssanktionen gegen Russland gingen für Deutschland und Sachsen-Anhalt bisher ganz erheblich nach hinten los und können keinesfalls im Interesse des deutschen Volkes und Bürgers sein.
Welche Gefahr zeichnet sich aber darüber hinaus noch ab? - Das waren jetzt erst einmal die wirtschaftlichen Punkte. Unabhängig von den bisher genannten Punkten bergen die als feindseliger Akt zu bezeichnenden Wirtschaftssanktionen gegen Russland eine weitere, noch größere Gefahr. In einem Klima von Misstrauen und Säbelrasseln in Europa sind solche Aktionen nämlich bestens geeignet, schwelende Konflikte noch weiter anzuheizen, statt diese zu beruhigen.
Die Russland-Sanktionen stellen auch eine direkte Gefahr und Bedrohung des Friedens in Europa dar. Wir alle wissen, dass solch aggressives Sanktionsgebaren immer ein typisches Werkzeug US-amerikanischer Außenpolitik war und ist. Es dürfte jedem bekannt sein, welche Folgen dies immer und immer wieder heraufbeschwor und weiter heraufbeschwören wird.
Die AfD-Fraktion fordert daher, auch hinsichtlich dieses Aspektes, heute, am Weltfriedenstag eine sofortige Beendigung der Sanktionen gegen Russland.
Wenn die anderen Fraktionen die in der Aktuellen Debatte heute eingebrachten Beiträge zum Thema 1. September, Weltfriedenstag auch nur halbwegs ernst meinen und glaubwürdig erscheinen wollen, dann werden diese den hier gestellten Antrag der AfD-Fraktion mit gutem Gewissen und fernab jeglicher ideologischer Barrieren unterstützen können. - Ich danke sehr für Ihre Aufmerksamkeit.
- Die Landesregierung wollte zuerst? - Dann spricht zuerst die Landesregierung. Herr Minister, Sie haben das Wort.