Gleichzeitig wird aber mit der Feststellung dieses Anstiegs auch deutlich, dass sich immer mehr Familien in Sachsen-Anhalt der herausfordernden Aufgabe stellen.
Meine Damen und Herren Abgeordneten! Wenn man sich vor Augen führt, wie wertvoll diese Form der Hilfe für den einzelnen jungen Menschen und damit für unsere Gesellschaft insgesamt ist, dann ist es aus meiner Sicht selbstverständlich, dass sich alle Beteiligten vor Ort, aber auch auf der Ebene des Landes intensiv darum bemühen, die Rahmenbedingungen für das Pflegekinderwesen bestmöglich auszugestalten.
Die Koalitionsfraktionen haben sich daher bereits im Koalitionsvertrag darauf verständigt, die finanziellen Rahmenbedingungen neu zu gestalten. Erstmals seit vielen Jahren, genau seit dem Jahr 2010, wurde im Jahr 2017 das Pflegegeld, bestehend aus dem Grund- und dem Erziehungsbetrag, deutlich angehoben und an die damals aktuellen Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge angepasst. Für die Pflegefamilien bedeutete dies für den Grundbetrag eine monatliche Mehrleistung in Höhe von 75 € bis 93 € je nach Altersgruppe.
In einem zweiten Schritt haben wir im Jahr 2018 eine erneute Anpassung an die dann aktuellen Empfehlungen des Deutschen Vereins vorgenommen und zudem dafür Sorge getragen, dass das Pflegegeld in den kommenden Jahren dynamisch an die jeweils aktuellen Sätze angepasst wird. Das heißt konkret, dass jede Pflegefamilie zeit- und inhaltsgleich den Satz erhält, den der Deutsche Verein empfiehlt.
Durch eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts des Landes vom 19. Februar 2019 sind wir jedoch gezwungen, die Verordnung neu in Kraft zu setzen. Dies gilt insbesondere für das Jahr 2017, aber auch für die Folgejahre. Wir haben die Urteilsbegründung am 18. März 2019 erhalten und werten diese gerade aus. Nur so viel: Wir werden in der Neufassung der Verordnung weiterhin an der dynamischen Anpassung der Pflegesätze auf der Basis der Empfehlung des Deutschen Vereins für das bereits begonnene Jahr festhalten.
Die Pflegeeltern in Sachsen-Anhalt sollen die Anerkennung erfahren können, die ihnen für ihre anspruchsvolle Aufgabe zusteht.
Meine Damen und Herren Abgeordneten! Neben einer angemessenen finanziellen Ausstattung der Pflegefamilien bedarf es aber auch der Sicherung und Qualifizierung der diese begleitenden Unterstützungsstrukturen. Hierzu zählt die finanzielle Unterstützung des Fachzentrums für Pflegekinderwesen, die der Landtag auch in diesem Haushaltsjahr ermöglicht.
Wesentlich ist aber zudem eine qualifizierte Interessenvertretung der Pflegefamilien. Ich bin daher bemüht, mit Blick auf den kommenden Haushaltsplan eine finanzielle Unterstützung einer Interessenvertretung auf Landesebene zu ermöglichen, die mit der vergleichbar ist, die andere Familienverbände schon seit Jahren erhalten.
Wie Sie gegebenenfalls wissen, hat der Landesverband für Pflege- und Adoptiveltern einen Antrag auf institutionelle Förderung gestellt. Dieser Antrag wird gerade geprüft. Ich stehe ihm aber grundsätzlich positiv gegenüber.
An der Stelle möchte ich für diejenigen Abgeordneten, die schon sehr lange dabei sind, sagen, dass wir den Landesverband schon einmal institutionell gefördert haben. Er ist dann aus verschiedenen Gründen, die ich heute nicht darstellen möchte, in Schieflage geraten. Danach gab es niemanden, der einen Landesverband hätte personell unterstützen können. Jetzt sieht es so aus, als ob sich Menschen, insbesondere Pflegefamilien, wieder eine eigene Interessenvertretung wünschen. Wir werden im Rahmen der Haus
Wichtig sind mir ebenso der regelmäßige und anlassbezogene Austausch mit den Verbänden und den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe. Dieser soll fortgesetzt und intensiviert werden. So haben wir uns bereits im vergangenen Jahr mit den im Pflegekinderwesen tätigen Vereinen und Verbänden zu der Frage ausgetauscht, welche Erleichterungen Pflegefamilien benötigen, um sich mit ganzer Kraft auf ihre vornehmliche Aufgabe, nämlich der Pflege und Erziehung des Pflegekindes, konzentrieren zu können. Einiges von dem, was in diesem Rahmen vorgetragen worden ist, spiegelt sich auch in der Antwort auf die Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE wider.
So äußerten die Vereine, dass sie sich eine größere Einheitlichkeit und Vereinfachung bei der Gewährung von Leistungen wünschten, die von den örtlichen Trägern neben dem Erziehungs- und Grundbetrag zu leisten seien. Zu nennen sind beispielsweise finanzielle Aufwendungen für die Teilnahme an Freizeiten oder die Erstattung von Kosten beispielsweise für Hilfsmittel, die von den Krankenkassen nicht übernommen werden.
Soweit die Landkreise und kreisfreien Städte zu ihren Aufwendungen in diesem Bereich freiwillig Daten übermittelt haben, deuten diese auf eine sehr unterschiedliche Praxis der örtlichen Jugendämter hin. - Frau Hohmann, Sie haben es vorhin sehr akribisch vorgetragen. - Allerdings bedarf es einer sorgfältigen Herstellung der Vergleichbarkeit der Daten, die nur im Dialog mit den örtlichen Trägern möglich ist.
Diesen Dialog wollen wir aufnehmen. Ich gehe davon aus, dass die örtlichen Träger hieran ein Interesse haben werden; denn ein transparenter und vergleichbarer Umgang mit den zusätzlichen finanziellen Bedarfen der Pflegefamilien kann deren Bindung an ein Jugendamt festigen, das Abwerben von Pflegeeltern durch andere Jugendämter vermeiden und die Attraktivität der Übernahme einer Pflegschaft erhöhen.
Entsprechendes gilt auch für den Wunsch der Vereine, Möglichkeiten einer Vereinfachung bei der Beantragung einmaliger Beihilfen auszuloten. Ich gehe davon aus, dass der Wunsch der Pflegeeltern und Vereine den Interessen der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe an einem angemessenen, aber ressourcenschonenden Antragsverfahren entgegenkommt.
Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ganz besonders wichtig ist mir aber, mit den örtlichen Trägern und den kommunalen Spitzenverbänden darüber ins Gespräch zu kommen, was unter einer der Komplexität der Aufgabe angemessenen Personalausstattung der Jugendämter zu verste
hen ist. An dieser Stelle müssen wir uns auf ein Niveau verständigen, welches für die Pflegeeltern eine bedarfsgerechte Betreuung und Begleitung gewährleistet und gleichzeitig den notwendigen Schutz der ihnen anvertrauten Pflegekinder sicherstellt.
Dabei geht es mir nicht darum, in die Hoheit der Landkreise und kreisfreien Städte einzugreifen, ihre Aufgabenerledigung selbst zu organisieren und zu verantworten. Aber ich gehe davon aus, dass es im Interesse der örtlichen Jugendhilfeträger liegt, einen gesellschaftlichen Konsens über das Mindestmaß an Begleitung der Pflegeeltern und an Aufsicht zu erzielen. Denn auf einen solchen sollten sie sich berufen können, sollte einmal die Frage einer ausreichenden Aufsicht im Einzelfall infrage stehen, weil Pflegeeltern ihrer Verantwortung gegenüber dem Pflegekind nicht gerecht geworden sind.
Meine Damen und Herren Abgeordneten! Neben den vielen schon genannten Punkten ist den Pflegefamilien noch eines ganz wichtig, nämlich die gesellschaftliche Anerkennung für ihre gar nicht hoch genug zu schätzende Aufgabe. Dazu können wir sicherlich bei entsprechenden Gelegenheiten alle etwas beitragen. Die Landesregierung wird dieses Anliegen aufgreifen und noch in diesem Jahr einen Empfang für Pflegefamilien ausrichten, um deren Engagement zu würdigen. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Ministerin. Ich sehe keine Wortmeldung. - Somit können wir in die Debatte einsteigen. Für die CDU-Fraktion spricht der Abg. Herr Krull. Sie haben das Wort. Bitte.
Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte meine Rede mit einem Dank beginnen, einem Dank an all die Frauen und Männer in unserem Land, die ihren Pflegekindern mehr als nur einen Schlafplatz oder Betreuung geben. Sie schenken ihnen Aufmerksamkeit, Zeit, Liebe und das Gefühl, angekommen zu sein - ein richtiges Zuhause.
Ich glaube, wenn man selbst erlebt hat, wie diese Menschen mit ihren Pflegekindern umgehen, kann man nachvollziehen, welche Leistung dahintersteht. Denn, meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Kinder kommen oft mit einem Rucksack voller Probleme und Enttäuschungen in den Pflegefamilien an. Vielleicht waren sie vorher
in einem Heim oder bei einer anderen Pflegefamilie, bei der es aus unterschiedlichen Gründen nicht geklappt hat. In jedem Fall sah das Jugendamt die Notwendigkeit, das Kind in Obhut zu nehmen und es damit von den leiblichen Eltern zu trennen. Dies ist eine Maßnahme, die wohl niemand leichtfertig anordnet.
Von den vielen Medienberichten und Meldungen zum Thema Pflegekinder und zu der Situation von Pflegeeltern ist mir eine Meldung besonders in Erinnerung geblieben. Sie stammt aus der „Mitteldeutschen Zeitung“ vom 26. März dieses Jahres und trägt den Titel „Weil es so wenig Pflegeeltern gibt - wenn Babys direkt aus der Klinik ins Heim müssen“.
Ich denke, eine solche Schlagzeile kann niemanden hier im Saal völlig kalt lassen. Dabei geht es nicht darum, dass in stationären Einrichtungen schlechte Arbeit geleistet wird. Ganz im Gegenteil: Die dort Beschäftigten leisten wirklich gute Arbeit, aber es ist etwas anderes, in der Obhut einer Familie aufzuwachsen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Natürlich ist es wichtig, sich mit Zahlen bzw. statistischen Auswertungen zu beschäftigen. Das wurde bei anderer Gelegenheit und heute in verschiedenen Reden bereits getan. Deswegen will ich darauf in meiner Rede weitestgehend verzichten; denn was mindestens ebenso wichtig ist, ist der persönliche Austausch, in diesem Fall mit den Pflegeeltern.
Erst vor Kurzem habe ich mich auf Anregung meines geschätzten Landtagskollegen Daniel Szarata mit Vertreterinnen und Vertretern des Landesverbandes für Pflege- und Adoptiveltern e. V. zu einem persönlichen Meinungsaustausch getroffen. Auch im Rahmen der regelmäßigen Treffen mit der Landesarbeitsgemeinschaft der Familienverbände gibt es einen entsprechenden Austausch mit diesem Verband.
Darüber hinaus nahm ich wie einige andere Kolleginnen und Kollegen auch die Chance wahr, an unterschiedlichen Veranstaltungen des Landesverbandes für Pflege- und Adoptiveltern teilzunehmen - nicht nur, weil ich dort die Gelegenheit zum persönlichen Austausch mit Pflegeeltern aus vielen Teilen Sachsen-Anhalts gehabt habe, sondern auch, weil ich dort erlebt habe, wie eine Vernetzung der Pflegeeltern untereinander erfolgen kann.
Nun kommen wir zu einem der aus meiner Sicht Hauptprobleme. Es fehlt eine schlagkräftige Vertretung der Pflegeeltern für das gesamte Bundesland. Zum einen ist der Landesverband für Pflege und Adoptiveltern e. V. rein ehrenamtlich aufgestellt und verfügt nicht über die notwendigen organisatorischen Ressourcen. Zum anderen sind
die lokalen Vereine der Pflegeeltern nicht flächendeckend präsent. Ob die in der Großen Anfrage genannten Vereine tatsächlich aktiv sind, kann man auch unterschiedlich beurteilen.
Ich selbst kenne die Situation in Magdeburg. Dort existierten einst gleich zwei Vereine. Aktuell gibt es gar keinen. Es hing auch dort vom persönlichen Engagement und von den Rahmenbedingungen ab, ob die Vereinsarbeit funktionierte oder auch nicht. Diesbezüglich werden wir sicherlich im Rahmen der Haushaltsberatungen zum Doppelhaushalt gemeinsam nach Verbesserungsmöglichkeiten für den Landesverband suchen müssen.
An dieser Stelle ein Appell an die Kommunen im Land: Sie sollten wohlwollend prüfen, ob es möglich ist, solche Vereine besser zu unterstützen, zum Beispiel durch die Bereitstellung von kommunalen Räumlichkeiten für deren Treffen. Die Schilderungen von Pflegeeltern, dass Gaststätten kein geeigneter Raum für die Thematisierung der vielen Herausforderungen, die sich mit der Aufnahme eines Pflegekindes ergäben, sei, ist nachvollziehbar.
Derzeit findet der Austausch zwischen den Pflegeeltern übrigens im Wesentlichen in FacebookGruppen statt. Das ist zwar möglich und immerhin besser als gar kein Kontakt, kann aber den direkten persönlichen Austausch aus meiner Perspektive nicht vollständig ersetzen.
Ein weiteres Anliegen der Pflegeeltern ist, dass sie sich mehr Beratung vonseiten der Jugendämter wünschen. Auf die unterschiedlichen Fallzahlen pro zuständigem Mitarbeiter bzw. zuständiger Mitarbeiterin in den Jugendämtern wurde bereits von meinen Vorrednern hingewiesen.
Auch wenn mir bewusst ist, dass die Personalbudgets in den Landkreisen und kreisfreien Städten knapp bemessen und die Fachkräfte nur schwer zu bekommen sind, wäre es wichtig, diesbezüglich nachzusteuern. Die Unterschiede im Land sind dabei schon sehr auffällig.
Wenn die Menschen vor Ort mehr Beratung und Unterstützung bekommen und erfahren, dann wäre dies vielleicht ein Baustein, der dazu führt, dass wieder mehr Menschen als Pflegeeltern aktiv werden.
Natürlich steht auch das Fachzentrum für das Pflegekinderwesen Sachsen-Anhalt in der Verantwortung, noch mehr nach außen zu wirken, um als Ansprechpartner deutlich erkennbar zu sein.
Die Jugendämter vor Ort sind auf unterschiedliche Weise aktiv, um zusätzliche Pflegeeltern zu gewinnen, beispielsweise über Zeitungsanzeigen, entsprechende Broschüren und Internetseiten bis hin zu Informationsabenden. Ein solcher Abend
Nach meiner Meinung ist Mund-zu-Mund-Propaganda auch in diesem Fall ein sehr wirksames Werbeinstrument. Aber vielleicht können wir als Land auch etwas dafür tun und im Rahmen einer aktiven Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für eine positive Besetzung des Themas Pflegeeltern sorgen. In diesem Sinne bin ich sehr dankbar für die Ankündigung der Ministerin, einen entsprechenden Empfang durchzuführen.
Das Kindeswohl hat natürlich immer oberste Priorität. Aber an dieser Stelle möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass die Kommunen durch die Gewinnung von Pflegeeltern Kosten sparen können. Ein Heimplatz kostet im Vergleich zu einer Unterbringung bei Pflegeeltern ein Mehrfaches.
Während das Land mit der Kinder- und Jugendhilfe-Pflegegeld-Verordnung regelt, welche Grund- und Erziehungsbeträge durch die Kommunen grundsätzlich an die Pflegeeltern zu zahlen sind, und sich dabei an den Vorgaben des Deutschen Vereins orientiert, sind die einmaligen Leistungen und Sonderleistungen in den Landkreisen und kreisfreien Städten unterschiedlich geregelt. Zahlen wurden bereits genannt.
Aus meiner Sicht wäre an dieser Stelle eine Vereinheitlichung wünschenswert. Natürlich fällt dieser Bereich in die kommunale Selbstverwaltung, aber so richtig nachvollziehbar ist es nicht, dass sich in unserem Land die Anerkennung und die Gewährung von Leistungen in diesem Bereich auch der Höhe nach danach richten, welches Jugendamt örtlich zuständig ist. Diesbezüglich kann ich nur appellieren, eine möglichst landesweit einheitliche Lösung zu finden.
Weitere Themen müssen auf Bundesebene geklärt werden. So müssen die Ausführungen im Sozialgesetzbuch VIII - Kinder und Jugendhilfe - konkretisiert werden, damit auch die Bereitstellungskosten für die Bereitschaftspflegefamilien gezahlt werden können. Das Gleiche gilt für die gesetzlichen Regelungen bezüglich der Elternzeit, da diese von Pflegefamilien in Anspruch genommen werden können.
Bezüglich der Kinder- und Jugendhilfe-PflegegeldVerordnung verweise ich im Übrigen auf die Kleine Anfrage, die meine geschätzte Kollegin Cornelia Lüddemann erst aktuell gestellt hat und deren Beantwortung seit dem 25. Februar 2019 vorliegt.
Vonseiten der Pflegeeltern wird immer wieder angefragt, ob es neben den bereits vorhandenen Mitteln, wie der Dienstaufsichtsbeschwerde, noch andere Möglichkeiten der Beschwerde geben kann. Wir haben im Koalitionsvertrag ein Modell
projekt für ombudschaftliche Beschwerde- und Beratungsstellen vereinbart. Dies wird sicherlich hilfreich sein.