Protocol of the Session on April 2, 2019

wurde nicht beantragt. Wer mit der Überweisung einverstanden ist, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Ich sehe, das sind alle Fraktionen, auch wenn das etwas zögerlich ist. Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Damit sind die beiden Beratungsgegenstände in den Ausschuss für Inneres und Sport überwiesen worden.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 2 a

Regierungserklärung des Staats- und Kulturministers Herrn Robra zum Thema: „Für Sachsen-Anhalt: Europa wählen!“

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich erteile Minister Herrn Robra das Wort zur Abgabe der Regierungserklärung. Sie haben das Wort.

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Selten stand die Europäische Union so stark im Licht der Öffentlichkeit, wie dies derzeit der Fall ist. Nach der Logik der Medien gilt die Aufmerksamkeit leider nur allzu oft den Problemen, mit denen sich Europa herumschlagen muss: Sie reichen von der Bewältigung der Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise über das Unvermögen der Union, zu einer gemeinsamen Migrations- und Flüchtlingspolitik zu finden, bis hin zu zentrifugalen Tendenzen zwischen den Mitgliedstaaten, wobei die krasseste Form der Brexit ist.

Die bevorstehenden Wahlen zum Europäischen Parlament verpflichten uns als Politiker und als Wähler geradezu dazu, Bilanz zu ziehen darüber, was die Europäische Union in dieser letzten Legislaturperiode erreicht hat, was das für uns bedeutet und was wir als Teil dieses europäischen Integrationsverbundes in und mit Europa bewirkt haben.

Nicht zuletzt müssen wir wissen, was wir von Europa erwarten, wenn wir am 26. Mai 2019 an die Wahlurne treten; denn die künftige Zusammensetzung des Europäischen Parlaments wird mit über die Zukunft der Europäischen Union entscheiden. Wie überall in der Demokratie kommt es auch im Europäischen Parlament auf die Mehrheiten an.

Vor wenig mehr als fünf Jahren habe ich meine damalige Regierungserklärung zur Europawahl 2014 mit einer persönlichen Bemerkung begonnen. Gestatten Sie mir, auch dieses Mal mit einer solchen zu beginnen. Als langjähriger Europaminister der deutschen Länder habe ich in mei

nem Amt seit 2002 viele Höhen und Tiefen der europäischen Integration miterlebt. Wenn ich auf das vergangene Jahrzehnt zurückschaue, ist festzustellen, dass dieses wahrlich gespickt war mit Krisen und Herausforderungen.

Mit dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union erleben wir nun zum ersten Mal in der Geschichte der Union, dass ein Mitgliedstaat die Gemeinschaft verlässt. Die vergangenen Wochen und Monate haben gezeigt: Das ist ein politischer Kraftakt auf allen Ebenen, ein Triumph des Wollens über das Wissen und ein - hoffentlich - einmaliges Ereignis in unserer gemeinsamen europäischen Geschichte.

Allerdings: Europäische Krisen hat es nicht nur im letzten Jahrzehnt gegeben und - auch wenn der Überfluss an Berichterstattung einen Anschein von Endzeitstimmung verbreitet - europäische Integration war immer ein Auf und Ab. Man könnte überspitzt sagen, die Geschichte der europäischen Integration sei das Ergebnis von bewältigten Krisen, überwundenen Unstimmigkeiten und oft langwierigen Diskussionen. Auch der Beitrittsprozess Großbritanniens im Jahr 1973 mit dem Referendum im Jahr 1975 hat sich über ein Jahrzehnt hingezogen.

Bei allen Schwierigkeiten, die die Einordnung eines relativ kleinen Landes wie Sachsen-Anhalt in einen so großen Staatenverbund wie die Europäische Union naturgemäß mit sich bringt - meine Quintessenz ist und bleibt das Bekenntnis zur Europäischen Union. Ob wir Europa wollen, ist nicht die Frage, sondern welches Europa wir brauchen.

Die erfolgreiche Entwicklung der EU ist und bleibt in der Globalisierung die wichtigste internationale Rahmenbedingung für die erfolgreiche Entwicklung Sachsen-Anhalts. Das ist nicht nur eine der europapolitischen Grundsatzpositionen, die wir in der Europa- und Internationalisierungsstrategie der Landesregierung zu Beginn dieser Legislaturperiode festgeschrieben haben, sondern das ist auch meine persönlich feste Überzeugung.

Aber die Selbstbehauptung Europas gegenüber den Vereinigten Staaten, Russland, China und dem Rest der Welt ist kein Automatismus. Dafür braucht es europäisches und nationales Engagement auf allen Ebenen. Wir müssen uns immer wieder neu fragen, ob wir die Chancen, die Deutschland und Europa für uns in SachsenAnhalt bieten, auch wirklich nach besten Kräften nutzen.

Dies vorausgeschickt, möchte ich im Folgenden jeweils kurz darauf eingehen, was wir in dieser Legislaturperiode des Europäischen Parlaments, also seit 2014, erreicht haben, welche Aufgaben sich für uns bis zum Ende unserer Legislatur

periode, also bis 2021, noch in der Europapolitik stellen und schließlich, was wir von der künftigen europäischen Entwicklung erwarten.

Im Koalitionsvertrag wurde dieser Regierung aufgegeben, Sachsen-Anhalts Profil in Europa weiter zu schärfen, Mitgestaltungsmöglichkeiten entschlossen wahrzunehmen und zu europapolitischen Themen Stellung zu beziehen. Darüber hinaus ist der internationale Austausch weiter zu fördern, die Partnerschaften mit anderen europäischen Regionen sind zu stärken, und es ist zu prüfen, ob sich zu weiteren Regionen zukunftsfähige Beziehungen aufbauen lassen.

Zur Umsetzung dieser Aufgaben hat die Landesregierung die bereits erwähnte europapolitische Strategie beschlossen. Diese bildet die planmäßige Grundlage für das europapolitische Handeln der gesamten Landesregierung und für die Abstimmung konkreter Vorhaben mit und in den Ressorts.

(Zustimmung von Dorothea Frederking, GRÜNE)

Diese Maßnahmen und Vorhaben sind Gegenstand des jährlich vorausschauend erarbeiteten Berichts über die europäischen und internationalen Aktivitäten des Landes, der vom Kabinett beschlossen und dem Landtag übermittelt wird. All diese Dokumente liegen Ihnen, meine Damen und Herren, vor und sind in den zuständigen Ausschüssen auch behandelt worden. Deshalb möchte ich hier nicht im Einzelnen wiederholen, was jeder nachlesen kann.

Lassen Sie mich stattdessen eine kurze Zusammenstellung konkreter Ergebnisse vortragen. Zu nennen ist der Einsatz der europäischen Struktur- und Investitionsfonds EFRE, ESF und ELER, aus denen uns für die Förderperiode 2014 bis 2020 insgesamt knapp 2,9 Milliarden € zur Verfügung stehen. Diese EU-Mittel decken einen Anteil von rund 20 % der öffentlichen Investitionen des Landes ab.

In diesem Anteil von 20 % sind die EU-Mittel, die für Investitionen auf kommunaler Ebene zum Einsatz kommen, noch gar nicht enthalten. An dieser Größenordnung sieht man aber, welche wichtige Rolle die europäischen Struktur- und Investitionsfonds für unser Land spielen. Gegenwärtig tun wir alles dafür, dass uns auch in der Förderperiode ab dem Jahr 2021 noch in ausreichendem Umfang EU-Mittel zur Verfügung stehen. Ich komme darauf noch zurück.

Zum Datenstichtag 31. Dezember 2018 wurden aus dem EFRE seit dem Jahr 2014 1 098 Unternehmen gefördert und aus dem ESF wurden Maßnahmen für insgesamt 150 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer unterstützt. Von diesen

erwarben fast 36 000 Personen eine höhere Qualifizierung und 2 630 wurden nach der Maßnahme erwerbstätig oder haben sich selbstständig gemacht. Das ist auch ein wichtiger Beitrag zur Fachkräftesicherung.

Aber auch andere Bereiche werden mithilfe des Fonds übergreifenden Ansatzes der Struktur- und Investitionsfonds adressiert. Der Verbesserung des Hochwasser-schutzes und der Hochwasservorsorge dienen Mittel aus dem EFRE und dem ELER in Höhe von rund 221 Millionen €. Die Land- und Forstwirtschaft richtet sich ebenfalls immer mehr an den Aufgaben des Klima- und des Umweltschutzes aus. So wurden im ökologischen Landbau bisher Mittel in Höhe von rund 98 Millionen € bewilligt und der Flächenanteil des ökologischen Anbaues konnte auf 6,2 % im Jahr 2017 gesteigert werden. Welche Bedeutung darüber hinaus die vergemeinschaftete Agrarpolitik gerade für Sachsen-Anhalt hat, dürfte allgemein bekannt sein.

Eine weitere wichtige Rolle spielen in der laufenden Förderperiode erneut die lokalen Entwicklungsstrategien der Leader-Aktionsgruppen, die vielen kleinen Vorhaben vor Ort zum Leben verhelfen und dabei Europa direkt vor Ort erlebbar werden lassen - Europa zum Anfassen sozusagen.

Auch die EU-Förderprogramme außerhalb der Strukturfonds nutzen wir für die Vertiefung der europäischen Vernetzung und Kooperation von Landesakteuren mit internationalen Partnern. Das ist nicht nur eine finanzielle Frage.

Auch wenn für die Jahre 2017 und 2018 für die Mehrzahl der Programme noch keine abschließenden Zahlen vorliegen, sehen wir, dass Akteure aus Sachsen-Anhalt erfolgreich Mittel aus den EU-Aktionsprogrammen akquiriert haben. So konnten beispielsweise in den Jahren 2017 und 2018 mehr als 4,5 Millionen € für Mobilitätsmaßnahmen von Wissenschaftlern und Studenten aus dem Programm Erasmus+ eingeworben werden.

Im selben Zeitraum sind unsere Hochschulen in fünf aus dem Erasmusprogramm bewilligten Kooperationsprojekten als Koordinatoren tätig; hierfür wurden 3,3 Millionen € gebunden.

Mehr als 30 Partnerschaftsprojekte von Schulen haben Unterstützung erfahren, darüber hinaus 19 Vorhaben im Bereich der beruflichen Aus- und Weiterbildung sowie sechs in der Erwachsenenbildung. 27 Jugendmobilitätsprojekte sind mit mehr als 1 Million € gefördert worden.

Für das Projekt „Cargo“ des Landeskriminalamtes Sachsen-Anhalt, das unter Beteiligung nationaler und internationaler Partner Planenschlitzern den Kampf ansagt, werden aus dem EU-Fonds für in

nere Sicherheit in den Jahren 2018 bis 2020 mehr als 700 000 € bereitgestellt.

Eines der wichtigsten Instrumente für die interregionale Vernetzung ist auch das Programm Interreg mit einer ganzen Reihe von Vorhaben, beispielsweise der Strategie für intelligente Spezialisierung im Bereich Chemie: multimodaler Verkehr chemischer Güter, neue Ansätze zur Anbindung ländlicher Regionen an den ÖPNV und vieles andere mehr.

Auch die bilaterale internationale Zusammenarbeit mit unseren europäischen Partnerregionen konnte kontinuierlich weiterentwickelt und mit Leben erfüllt werden.

Bei der Regionalpartnerschaft mit Centre-Valde-Loire gehen wir auf den 15. Jahrestag zu. 13 Schulpartnerschaften und vier Städtepartnerschaften sowie Kooperationen auf den Gebieten des Hochwasserschutzes, der Gartenarchitektur und der Tourismusförderung sind entwickelt worden. Ministerpräsident Dr. Haseloff wird noch im Mai 2019 nach Centre-Val-de-Loire fahren, um dem Jubiläum „500 Jahre Renaissance“ und der Eröffnung des „Internationalen Gartenfestivals von Chaumont-sur-Loire“ beizuwohnen und weitere Akzente zu setzen.

Seit 2003 haben wir eine lebendige Regionalpartnerschaft mit Masowien, in der viele bilateralen Aktivitäten stattfinden, insbesondere fachbezogene Kontakte und Kooperationen auch über diese Region hinaus, beispielsweise zwischen dem Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie und der Region Ermland-Masuren. Für Mai 2019 ist noch ein gemeinsamer Energiegipfel geplant. An der Entwicklung einer Kooperation mit Kujawien-Pommern arbeiten wir zurzeit. Im Ergebnis des Besuches des Ministerpräsidenten mit Marschall Całbecki wird eine engere Kooperation angestrebt.

Schließlich ist die Staatskanzlei mit dem ESFfinanzierten Programms „Sachsen-Anhalt transnational“ unterwegs und hat bisher elf Projekte unterstützt, die der europäischen Vernetzung und dem gegenseitigen Erfahrungsaustausch dienen, auch im Zusammenhang mit dem Reformationsjubiläum und dem Bauhaus-Jubiläum in diesem Jahr.

150 internationale Städtepartnerschaften sind ein Teil des Geflechts der internationalen Beziehungen unseres Landes. Besonders herzlich möchte ich an dieser Stelle dem Institut Français Sachsen-Anhalt der französischen Botschaft danken, das seit dem Jahr 2003 wichtige Arbeit für den kulturellen Austausch zwischen Sachsen-Anhalt und Frankreich leistet.

(Zustimmung von Angela Gorr, CDU)

- Danke sehr. - Der EU-Binnenmarkt ist die wichtigste Rahmenbedingung für den Außenhandel Sachsen-Anhalts. Die internationalen Verflechtungen unseres Landes sind natürlich kein Selbstzweck, sondern sie haben einen positiven Einfluss auf die Konjunktur unserer Wirtschaft. Viele Unternehmen des Landes agieren erfolgreich auf den Weltmärkten. Aber der wichtigste Außenhandelsmarkt ist und bleibt der Europäische Binnenmarkt.

Im Jahr 2018 erreichten die Exporte ein Volumen von knapp 16,4 Milliarden €, der bisher höchste Wert in der Geschichte unseres Landes. Die wichtigsten Partner sind Polen, das Vereinigte Königreich, die Tschechische Republik sowie Frankreich, also Partner in Europa, in der Europäischen Union.

Mit Blick auf 15 Jahre EU-Osterweiterung soll darauf verwiesen werden, dass sich der wirtschaftliche Austausch mit den im Jahr 2004 beigetretenen zehn Ländern von 1,4 Milliarden € im Jahr 2003, also dem Jahr vor dem Beitritt, auf 6,2 Milliarden € im Jahr 2018 erhöht hat und dass damit 22 % der Exporte Sachsen-Anhalts und 13,7 % der Importe auf eben diese zehn Länder entfallen. Das zeigt, wie wichtig der Binnenmarkt gerade auch für unsere Wirtschaft ist. Deshalb wird das Wirtschaftsministerium mit dem Außenwirtschaftstag 2019 in Halle am 16. Mai 2019 unter dem Motto „Europa im Blick“ all dem Rechnung tragen.

Unsere Interessen vertreten wir auf der europäischen Ebene engagiert. Die Vertretung bei der Europäischen Union ist eine effiziente und wichtige Verbindung zwischen dem Land und den europäischen Institutionen. Wir bringen frühzeitig unsere Belange in die europäische Gesetzgebung und andere Entscheidungsfindungen ein. Wir führen Seminare, Workshops und thematische Konferenzen durch, auch gemeinsam mit den Kommunen.

Von besonderer Bedeutung ist und bleibt für uns die Mitarbeit im Ausschuss der Regionen der EU, in dem insbesondere Staatssekretär Herr Dr. Schneider als Vorsitzender der großen EVPFraktion viele wichtige Akzente gesetzt hat, gerade auch in der für uns so bedeutsamen EUKohäsionspolitik.

All das wäre nichts, wenn wir nicht zugleich die Europakompetenz der Landesverwaltung förderten. Dazu haben wir unter dem Label „Strategisches qualitatives Personalmanagement“ eine ganze Reihe von Vorhaben entwickelt, das Hospitanzprogramm Europa beispielsweise, das ausgewählten Bewerberinnen und Bewerbern aus der Landesverwaltung - bisher waren es immerhin 25 - die Möglichkeit gibt, sich während eines drei-

bis sechsmonatigen Einsatzes intensiv mit den Aufgaben und Arbeitsweisen der EU in Brüssel vertraut zu machen. Ich danke den Ressorts dafür, dass sie sich so engagiert daran beteiligen.

Für die Entwicklung der Sprachkompetenz werden schon seit dem Jahr 2014 Sprachintensiv- und -aufbaukurse in Businessenglisch und inzwischen auch in Französisch angeboten. 127 Beschäftigte haben davon Gebrauch gemacht.

Die Führungskräftequalifizierung „Sachsen-Anhalt stark in Europa“ hat es 234 Bediensteten ermöglicht, sich vertieft mit diesem Thema zu befassen.

Last, but not least gibt es Seminarreisen und modulare Qualifizierungsmaßnahmen mit dem Titel „Europa und Internationales“, also ein breites Spektrum. Ich betone auch hier, dass das nicht nur an die Landesverwaltung adressiert ist, sondern darüber hinaus auch für die Kommunen offen ist.

Bei den Aufgaben bis 2021 - wer kann es mir verdenken? - steht die Bewältigung des Brexit, wie immer er auch ausfallen wird, im Vordergrund. Wir sind europapolitisch gut aufgestellt, aber natürlich auch immer wieder herausgefordert, gerade auch mit dem Brexit umzugehen.