Protocol of the Session on February 28, 2019

(Zustimmung bei den GRÜNEN und von Eva von Angern, DIE LINKE)

Der Anteil der weiblichen Abgeordneten in unserem Landtag beträgt beklagenswerte 21 %. Damit sind wir wieder einmal Schlusslicht in der Bundesrepublik Deutschland. Nicht nur, dass es sich sowohl bei den Landesparlamenten als auch beim Bundestag um eine Ü40-Veranstaltung handelt - es ist eine Ü40-Veranstaltung für Männer.

(Kristin Heiß, DIE LINKE: Ja!)

Das ist inakzeptabel. Das wollen wir GRÜNEN schon lange nicht mehr hinnehmen, deswegen haben wir dazu auch kluge Vorschläge gemacht.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN)

Wir GRÜNEN sind dafür, eine Regelung zu schaffen, mit der eine wirklich paritätische Zusammensetzung des Landtages, aber - um die Frage des Kollegen Roi gleich zu beantworten - in der Folge natürlich auch der Kreistage, der Stadträte und der Landesregierung sichergestellt wird.

Mir ist dabei sehr wohl bewusst, dass eine ParitéRegelung, ein Parité-Gesetz, was auch immer am Ende herauskommt, zum Teil schwierige und sehr umstrittene Fragen verfassungsrechtlicher Art aufwirft. Denn drei Bereiche der Verfassung wären von einem Parité-Gesetz betroffen: die Wahlfreiheit, die Parteienfreiheit und die Gleichstellung bzw. die Gleichberechtigung. Am besten wäre es daher, wenn die Regelung von einer entsprechenden Verfassungsänderung flankiert würde,

(Zuruf von der AfD: Na klar!)

aber - das halte ich für lohnenswert zu bedenken - es erscheint mir auch möglich, die Parité einzuführen, ohne die Verfassung zu ändern.

Das Grundgesetz und die Verfassung von Sachsen-Anhalt legen fest, dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind. Dies schützt sowohl Männer als auch Frauen vor diskriminierenden Gesetzen. Denn Männer und Frauen dürfen nicht ungleich behandelt werden; es sei denn, es gibt einen zwingenden Grund.

Dafür kommt sowohl im Grundgesetz als auch in der Landesverfassung das Gleichstellungsgebot zum Tragen. Damit sind der Staat, die Länder und die Kommunen verpflichtet, die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern in allen

Bereichen der Gesellschaft zu fördern. Dieses Gleichstellungsgebot, Kolleginnen und Kollegen, müssen wir endlich mit Leben erfüllen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es herrscht Einigkeit darüber, dass Männer durch ein Parité-Gesetz ungleich behandelt werden. Eine solche gewollte Ungleichbehandlung aufgrund des Geschlechts kann aber nur in sehr engen Grenzen gerechtfertigt werden. Das ist immer dann möglich, wenn ein Anliegen zwei verschiedene Grundsätze der Verfassung betrifft, die sich im Grunde widersprechen. Man nennt das kollidierendes Verfassungsrecht.

Ich werbe dafür, das Gleichstellungsgebot weit auszulegen. Ich denke, es ist an der Zeit, nicht nur Chancengleichheit herzustellen. Was zählt, sind konkrete und sichtbare Ergebnisse.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜ- NE)

Nach Jahrzehnten frauenpolitischer Arbeit habe ich genug von Absichtserklärungen, freiwilligen Selbstverpflichtungen oder anderer Gleichstellungslyrik. All das haben wir zuhauf. Dennoch stoßen Frauen immer wieder an die berühmtberüchtigte gläserne Decke. Ich sage: Es reicht!

Das Bundesverfassungsgericht hat sich noch nicht konkret zu diesen Fragen geäußert und konnte dies auch noch nicht tun. Es hat aber in anderen Zusammenhängen geurteilt, dass das Gleichstellungsgebot grundsätzlich eine Ungleichbehandlung rechtfertigen kann, damit die Gleichberechtigung von Frauen in diesem Fall gefördert wird.

Das Grundgesetz schreibt seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland die Gleichberechtigung von Mann und Frau vor, und doch gab es so viele Regelungen, die wir aus heutiger Sicht als zutiefst diskriminierend ansehen. Denken wir zum Beispiel an die Zeiten, als Frauen für den Abschluss ihres Arbeitsvertrages die Unterschrift ihres Mannes brauchten oder dessen Einwilligung, um ein Konto zu führen. Das ist zutiefst diskriminierend, sagen wir heute. Aber das sind Beispiele dafür, dass sich die Lebenswirklichkeit verändert und dass sich auch das sie begleitende Recht verändert hat.

Für mich ist klar: Die Hälfte der Menschheit sollte die Hälfte der Macht haben. Deswegen ganz klar: Die Hälfte der Macht den Frauen!

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

In Deutschland ist kürzlich das Land Brandenburg, wie ich finde, mutig vorangegangen; Glückwunsch an die Kolleginnen dort. Jetzt liegt in Sachsen-Anhalt mit dem Gesetzentwurf der LIN

KEN zum ersten Mal - das muss ich anerkennen, liebe Kollegen - ein wirklich fundierter juristischer Beitrag vor, der die Diskussion voranbringt.

(Zuruf von Oliver Kirchner, AfD)

Ich sage nicht, dass ich die Standpunkte alle teile. Auch ich habe noch Fragen, auch ich weiß nicht in allen Fällen, wie es geht. Deswegen finde ich es in diesem Fall absolut richtig, dass wir den Gesetzentwurf in den Ausschuss überweisen. Ich bin auch sehr dafür, dass wir dort eine Anhörung durchführen und uns den Fragen fachlich nähern.

Sehr bedauerlich finde ich - wir diskutieren darüber seit drei Jahren -, dass der entsprechende Beitrag aus dem Koalitionsvertrag von Justizministerin Keding nicht umgesetzt wurde. Dort steht sehr klar,

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

dass wir Einschätzungen brauchen, wie paritätische Regelungen in Sachsen-Anhalt umgesetzt werden können. Dort steht nicht, dass wir in dieser Legislaturperiode ein Parité-Gesetz verabschieden; das haben wir uns nicht getraut. Aber wir haben gesagt, wir müssen die fünf Jahre nutzen, um am Ende der Legislaturperiode eine Basis für die Wahlprogramme für die nächste Legislaturperiode zu haben, damit Frauen, Frauenpolitik und Gleichstellung in Sachsen-Anhalt tatsächlich vorangebracht werden.

Man muss manchmal die gesellschaftliche Realität anerkennen und dann bewusst nach juristischen Lösungen suchen. Nicht mehr und nicht weniger will ein Parité-Gesetz, nicht mehr und nicht weniger wollen auch wir GRÜNEN in diesem Land. Deswegen: Mutig voran!

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN)

Ich sehe keine Fragen.

(Daniel Roi, AfD: Doch!)

- Ach, entschuldigen Sie bitte, Herr Roi.

(Zuruf von Daniel Roi, AfD)

Es tut mir leid, das muss mein Unterbewusstsein sein; Entschuldigung. Herr Roi, Sie sind an der Reihe, bitte.

Vielen Dank. - Frau Lüddemann, ich frage mich wirklich ernsthaft, was mit Ihnen los ist und was Sie für Vorstellungen haben.

Gott sei Dank! Wenn Sie mich verstehen würden, dann wäre das furchtbar.

Sie kommen hierher, stellen sich an das Rednerpult und reden davon, dass man weder Männer noch Frauen diskriminieren sollte. Sie reden von dem überproportionalen Anteil von Männern im Plenarsaal und sagen, das sei ein ästhetisches Problem.

(Dr. Katja Pähle, SPD: Das hat sie nicht gemacht! - Zuruf von Sebastian Striegel, GRÜNE - Unruhe)

Das können Sie Ihrem Kollegen Striegel und Ihrem Kollegen Meister noch einmal sagen und erklären.

(Zustimmung bei der AfD)

Gut, vielleicht kommt das daher, ich weiß es nicht.

(Heiterkeit bei der AfD)

Zu meiner Frage. Herr Meister ist Ihr Kollege. Herr Meister ist nach meinem Kenntnisstand Fraktionsvorsitzender im Stadtrat von Magdeburg.

Laut der Internetseite der Stadt Magdeburg gehören der Fraktion von Herrn Meister

(Olaf Meister, GRÜNE: Sechs! - Sebastian Striegel, GRÜNE: Sechs Männer!)

sechs Männer an; das sind 100 %. Sagen Sie doch einmal Ihrem Kollegen, dass er ein erhebliches ästhetisches Problem in seiner Fraktion hat.

(Heiterkeit und Zustimmung bei der AfD)

Ich habe eine ähnliche Frage schon an Frau KolbJanssen gerichtet und darauf hingewiesen, dass zum Beispiel die GRÜNEN in Anhalt-Bitterfeld mit zwei Leuten, zwei Männern, im Kreistag vertreten sind. Darauf hat sie gesagt: Das liegt am Kommunalwahlrecht, weil man panaschieren und kumulieren und seine Stimmen verteilen kann. - Eben genau das ist aber der Wählerwille! Sie haben vor, den Wählerwillen auszuschalten.

(Beifall bei der AfD - Oliver Kirchner, AfD: Richtig!)