Protocol of the Session on November 23, 2018

(Zurufe von der AfD)

Wir fahren in der Debatte fort. Für die CDU spricht der Abg. Herr Zimmer. Herr Zimmer, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nachdem wir jetzt hier im Plenum quasi schon ein Fachgespräch zu diesem Thema geführt haben, lassen Sie mich aber trotzdem noch einige grundsätzliche Dinge zu diesem gesamten Thema sagen.

Es stinkt, ja, es stinkt gewaltig in Teutschenthal. Und, sehr geehrter Herr Bürgermeister Wunschinski, lieber Ralf,

(Beifall bei der CDU)

aktuell ist von einem normalen Leben in der Gemeinde nicht mehr zu reden. Der Brief der zehnjährigen Lina ist in den Einbringungsreden erwähnt worden. Wer den Brief gehört oder im Nachgang der Sitzung gelesen hat, der kann sich zurückerinnern, dass nach dem Verlesen des Briefes solch eine Stille im Raum war, dass man eine Stecknadel hat fallen hören können, weil wir alle so betroffen waren von dem, was sie dort über ihr Leben und über ihre Eltern geschrieben hat, die sich vor fünf Jahren in Angersdorf ein Haus gekauft haben, dorthin gezogen sind und ein schönes Familienleben haben wollten.

Ich habe mich dann im Nachgang selbst sehr oft gefragt - mein jüngster Sohn ist 16 Jahre alt, es ist also noch gar nicht so lange her, als er zehn Jahre alt war -: Was hättest du denn gemacht, wenn dich diese Situation ereilt hätte, wenn dich diese Situation betroffen hätte? - Natürlich genau dasselbe wie das, was die Anwohnerinnen und Anwohner in Teutschenthal machen: alles in Bewegung setzen, um eine Lösung herbeizuführen.

Wenn die Kinder in den Kindertagesstätten nicht mehr spielen können, weil sie unter Übelkeit und Kopfschmerzen leiden, wenn die Einwohner einer ganzen Region Türen und Fenster geschlossen halten müssen, um dem Gestank wenigstens etwas aus dem Weg zu gehen, dann muss etwas getan werden, und dann muss schnell etwas getan werden. Da stimmen mich Ihre Ausführungen, Herr Minister, zuversichtlich - zuversichtlich dahin gehend, dass wir auf dem richtigen Weg sind; denn das Ganze hat eine rational-rechtliche und eine emotionale Komponente. Beides wurde in der Ausschusssitzung mehr als deutlich.

Ich bin froh darüber - das sage ich an der Stelle auch als Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses -, dass wir, denke ich, einmütig und fraktionsübergreifend eine schnelle Lösung gegen den Gestank und seine Ursachen in Teutschenthal einfordern. Solange die Ursache für den Gestank nicht zweifelsfrei geklärt ist, darf nicht eingelagert werden. Das muss eigentlich verständlich sein. Das ist eine einfache und logische Konsequenz, erst recht, wenn man den Aussagen des Unternehmens GTS Glauben schenken darf, dass die eingelagerten Stoffe noch bis zu einem Jahr - salopp formuliert - nachstinken oder, technisch ausgedrückt, ausgasen.

Dass man jetzt versuchen will, mit Neutralisatoren den Gestank in den Griff zu bekommen, ist nicht die Lösung des Grundproblems. Dass man dort jetzt an die Lösung des Grundproblems herangeht, haben Sie gesagt. Es kann aber eben auch nicht sein, dass sich in der Bevölkerung der Eindruck manifestiert und festsetzt, dass das angewendete Recht hier eben nur einem zugutekommt und nicht der Bevölkerung.

Meine Damen und Herren! Dass die Grube mit Versatz gefüllt wird, ist zur Vermeidung weiterer negativer Auswirkungen auf die Oberfläche dringend geboten. Das haben wir mehrfach gehört. Dass man dies mit mineralischen Abfallstoffen und nicht mit Altversatz tut, hat wirtschaftliche Gründe. Aber die Verantwortung des Landes und auch des Unternehmens GTS besteht nicht nur in der Sicherung der bergbaulichen Anlagen, sondern die Verantwortung besteht auch für die Region, für die Menschen in der Region und für die Gesundheit der Menschen in der Region.

Mittlerweile hat diese ganze Thematik ein Ausmaß erreicht, dass wir davon ausgehen müssen,

dass nicht nur der Bergbau, sondern auch die Themen Abfallwirtschaft und Gesundheitsschutz bei diesem Thema mit hineinspielen

(Zustimmung von Uwe Harms, CDU)

und bei diesem Thema mit behandelt werden müssen.

Ich sage auch Ihnen, sehr geehrter Herr Kollege Lange, politische Schuldzuweisungen haben an der Stelle überhaupt nichts zu suchen. Hierbei geht es darum, eine Lösung für die Menschen zu finden.

(Zustimmung von Ulrich Thomas, CDU, und von Guido Heuer, CDU)

Das erwarten die Menschen von uns und kein politisches Gezänk und Schwarzer-Peter-Spiel.

(Beifall bei der CDU)

Herr Zimmer.

Ich fordere im Namen meiner Fraktion - ich habe noch 15 Sekunden Redezeit, Herr Vizepräsident - das Unternehmen GTS auf, die Einlagerung bis zur Klärung der genauen Ursachen der Ausgasungen auszusetzen. Ich habe den Inhaber der Firma, Herrn Geiger, im Ausschuss als verantwortungsbewussten Unternehmer wahrgenommen und appelliere an seine unternehmerische Verantwortung. Hierbei geht es nicht um Recht oder Unrecht. Hierbei geht es nicht um Genehmigung oder Verstöße. Hierbei geht es um eine zeitnahe Ursachenbekämpfung im Sinne der Bürgerinnen und Bürger von Teutschenthal. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Sehen Sie, Herr Zimmer - einen Moment - jetzt haben Sie Ihre Redezeit um 23 Sekunden überzogen. Aber Frau Buchheim hat sich zu Wort gemeldet. Sie haben noch die Möglichkeit zu antworten. - Auch Herr Loth, ja.

Vielen Dank. - Herr Zimmer, Sie haben hier sehr deutliche Worte gefunden. Mittlerweile ist dieses Problem auch im Petitionsausschuss angekommen. Auch wir haben uns mit dem Thema beschäftigen dürfen. Wir haben uns darauf verständigt, kurzfristig dort einen Ortstermin durchzuführen.

Soweit ich es weiß, kam auch aus Ihrem Ausschuss das Signal, dass man sich die Lage vor Ort ansehen würde, und Sie haben ja auch gerade auf eine schnelle Lösung gedrungen. Ich

würde Sie dann doch bitten, dass wir gemeinsam, Ihr Ausschuss, mein Ausschuss und der Umweltausschuss, uns kurzfristig auf einen Termin verständigen, und nicht, wie es mir übermittelt wurde, erst Anfang des nächsten Jahres - Januar oder Februar war im Gespräch. Ist das machbar?

Frau Kollegin, wir werden uns kurzfristig auf einen Termin verständigen. Sie haben diese Petition - ich habe davon Kenntnis bekommen - entgegengenommen und bearbeiten diese. Es ist die Einladung der Bürgerinnen und Bürger und des Bürgermeisters gegenüber dem Wirtschaftsaus

schuss ausgesprochen worden. Dieser Einladung werden die Abgeordneten des Wirtschaftsausschusses folgen. Wir können uns gern über einen gemeinsamen Termin verständigen.

Danke, Herr Zimmer. Herr Loth hat sich noch gemeldet. - Herr Loth, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Zimmer, Sie haben es gerade wunderbar gesagt. Ich stimme mit fast allem überein, was Sie gesagt haben. Ich möchte nur von Ihnen wissen, welche rechtlichen Handhabungen es denn gibt, die Einlagerung dort sofort zu stoppen.

(Zuruf von der CDU: Gar keine! - Robert Farle, AfD: Gefahr im Verzug und dann ist zu!)

Herr Loth, Herr Minister hat eben ausgeführt und das können Sie auch unserem Antrag entnehmen, dass schnellstmöglich die rechtliche Prüfung erfolgt, welche Möglichkeiten bestehen. Ich habe an das Unternehmen appelliert, seine unternehmerische Verantwortung wahrzunehmen. Ich denke, dann sind wir auf dem richtigen Weg.

Weitere Fragen sehe ich nicht. Dann danke ich Herrn Zimmer für die Ausführungen. - Für die AfDFraktion spricht der Abg. Herr Farle. Herr Farle, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Willingmann hat wieder eine sehr gute und sehr interessante Rede gehalten. Er hat auf die Notwendigkeit der rechtlichen Überprüfung hingewiesen, von der Verhältnismäßigkeit gesprochen und gesagt, zurzeit könne man nicht von Gefahr im Verzug sprechen.

Ich frage mich nur, wann ist eigentlich Gefahr im Verzug.

Wenn sich die Menschen über Schleimhautreizungen beschweren; wenn Strontiumwerte im Blut erhöht sind, was ich selber feststellen konnte, auch auf einer Bürgerversammlung - darauf komme ich gleich -; wenn sich 80 Anwohner zusammenfinden und mitteilen, was dort alles los ist, dann ist keine Gefahr im Verzug? Es geht nur um Menschenleben. Es geht nur um den Alltag dieser Menschen. Dann stellen Sie fest, es ist keine Gefahr im Verzug? Dann brauchen Sie Sachverständige, die so etwas feststellen? Wie erbärmlich ist das denn, Herr Willingmann, sage ich Ihnen ganz offen, so wie ich das sehe.

Meine Damen und Herren! Es liegen heute zwei Anträge vor, der Antrag der Fraktion DIE LINKE und der Antrag der Keniakoalition. Ich selber habe mich - Frau Funke war auch da -, wir beide haben uns auf einer Bürgerversammlung informiert, zu der 80 Bürgerinnen und Bürger gekommen waren. Wir haben umfangreiches Material bekommen.

Was uns mitgeteilt wurde, das ist, dass Teutschenthal, Angersdorf, Zscherben, Holleben, Delitz am Berge, Bad Lauchstädt, Merseburg und Teile der Stadt Halle betroffen sind.

Es werden täglich bis zu 1 000 t giftige Abfälle verklappt. Durch die Bewetterung werden folgende Stoffe an die Umwelt abgegeben: Dioxine, Furane, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe und giftige Schwermetalle.

Nach anfänglichem Leugnen der Grubenbetreiber konnte man nicht mehr daran vorbeikommen, dass das aus dieser Grube Teutschenthal herauskommt.

Viele Bürger klagen über gesundheitliche Auswirkungen: Kopfschmerzen, Nasenbluten und Übelkeit. Man kann stellenweise keine Fenster mehr öffnen und sich nicht draußen aufhalten. Kinder können nicht mehr spielen. Pseudokrupp soll in mehreren Fällen aufgetreten sein. Ich habe selbst die Liste gesehen: veränderte Blutwerte schon mit einem radioaktiven Stoff.

Wenn das kein Anlass ist zu sagen, wir machen jetzt Schluss mit der Einlagerung, dann verstehe ich die Welt nicht mehr.

(Zustimmung bei der AfD)

Man muss schon richtig bürokratisch denken. Natürlich gibt es für solche Fälle auch eine unmittelbare Handhabung. Dann muss man sein Ermessen nur rechtsfehlerfrei ausüben. Was Sie machen, ist, Sie sagen immer, wenn man Ermessen ausübt, die Verhältnismäßigkeit wahrt, dann haben wir keine Handhabe. - Das ist völlig falsch.

Ich habe Verwaltungsrecht auch studiert, lieber Herr Willingmann. Ich weiß, dass es eine Frage

ist, die der Entscheider zu entscheiden hat. Ich erwäge das und das ab. Es sind Gesundheitsschäden nachgewiesen und auch schriftlich dokumentiert worden. Man kann auch sagen, es ist Gefahr im Verzug.

Es ist auch nicht nur Bergrecht einschlägig, sondern diese Stoffe werden an die Umwelt abgegeben. Das heißt, ich muss auch das Bundes-Immissionsschutzgesetz heranziehen. Ich muss die Störfallverordnung heranziehen.

Sie hätten diese Grube schon längst dichtmachen können,

(Beifall bei der AfD)

bis geklärt ist, was dort an Giften an die Umwelt abgegeben wird. Darin sind auch Lösungsmittel, die sich im Luftstrom gar nicht auflösen. Das heißt, wenn sie davon eine Menge mitkriegen, dann kann das unmittelbare Auswirkungen auf die Lunge der Betreffenden usw. haben. Dazu sagen Sie: Keine Gefahr im Verzug. - Wunderbar, wie Sie argumentieren können. 1 a - wirklich! - im Schönreden.

So, meine Damen und Herren! Sie wissen, dass ich nicht in der Gefahr bin, Anträge der Fraktion DIE LINKE unbedingt gut zu finden. Aber diesem Antrag - ich habe es vorhin schon angekündigt - wird die AfD-Fraktion zustimmen; denn sämtliche Forderungen in diesem Antrag sind, wenn man keine ideologische Brille aufhat, richtig: sofortiger Einlagerungsstopp; umfassende Ursachenanalyse; dauerhaftes Messnetz; Analyse der gesundheitlichen Auswirkungen; erst weiter einlagern, wenn die Gesundheitsgefahren der einzulagernden Stoffe geklärt sind; vergleichbare Analyse mit dem Dickstoffversatz.