Protocol of the Session on June 3, 2016

(Zustimmung bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Davor sollten wir uns hüten. Davon kann in unserem Lande auch keine Rede sein. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN - Daniel Roi, AfD: Stendal liegt in Sachsen!)

Es gibt erwartungsgemäß Wortmeldungen, und zwar zunächst von Herrn Poggenburg, und er hat nun das Wort. Bitte sehr.

Jawohl, ganz kurz, Herr Kollege. - Ja, wir wollen schon, dass Sachsen-Anhalt als ein Land gilt, in dem Tatsachen offen benannt werden und nicht, weil sie politisch nicht in den Kram passen, unter den Tisch gekehrt werden. Sehen Sie das nicht auch so?

Ob Sie das so wollen - da ist nicht die Frage, ob ich das so sehe oder nicht.

(Gabriele Brakebusch, CDU: Ja, richtig! - Zuruf von Daniel Roi, AfD)

Ich kann das, was Sie jedenfalls als Befürchtung beschreiben, nicht sehen, weil in diesem Lande Wahlverstöße gerade nicht unter den Tisch gekehrt werden, sondern sogar öffentlich sehr gut begleitet aufgeklärt werden.

(Zurufe von der AfD - Unruhe)

Und selbst - -

(Unruhe bei der AfD)

- Sie haben mich gefragt. Ich kann Ihnen gern antworten, wenn Sie Interesse an meiner Antwort haben.

Selbst das Beispiel Stendal zeigt, dass genau das funktioniert, dass die Dinge öffentlich werden, dass die Dinge durch die zuständigen Stellen, durch die Wahlprüfungsgremien aufgearbeitet werden und dass, wenn es den Verdacht gibt, dass jemand gegen ein Gesetz verstoßen hat, die zuständige Stelle, nämlich die Staatsanwalt

schaft, entsprechende Ermittlungsverfahren einleitet.

(Zuruf von der AfD: Aber mit welchem Tem- po!)

- Das ist eine andere Frage. Was das Tempo betrifft, kann man immer unterschiedlicher Auffassung sein, ob das alles schnell genug geht. Das ist aber nicht die Frage, ob es funktioniert oder nicht. Es ist maximal die Frage berechtigt, wie schnell es funktioniert oder nicht. Ich hoffe, Sie stellen nicht in Zweifel, dass auch in Stendal die Vorgänge um die dortige Kommunalwahl wahlrechtlich und juristisch in der Aufarbeitung sind.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei den GRÜNEN)

Herr Roi, haben Sie sich gemeldet? - Nicht. - Abg. Farle hat sich gemeldet.

(Robert Farle, AfD: Wir können aber am Ende dazu noch einen Beitrag abgeben?)

- Sie können am Ende der Berichterstattung noch einen kleinen Beitrag abgeben, weil der Innenminister seine Redezeit überzogen hat. Das ist richtig.

Dann fahren wir in der Debatte in der angemeldeten Reihenfolge der Redner fort. Jetzt spricht Abg. Eva von Angern für die Fraktion DIE LINKE. Bitte, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, Danke, dass Sie mir für die Fraktion DIE LINKE das Wort erteilt haben. Ich betone das ausdrücklich, dass ich hier für jene Partei spreche, die André Poggenburg in seiner Eigenschaft als Spitzenkandidat der AfD vor der Wahl als die Hauptverdächtige für befürchtete Wahlfälschung bei der Landtagswahl ausgemacht hatte.

Ich möchte kurz aus der Begründung zu der heutigen Aktuellen Debatte vorlesen:

„Die Landtagswahl am 13. März 2016 in Sachsen-Anhalt ist der traurige Höhepunkt einer Reihe von Wahlen …“

(Beifall bei der LINKEN)

Wahlen sind für uns LINKE, gerade vor unserer besonderen historischen Verantwortung, das Herz der Demokratie. Wir sind zwar der Überzeugung, dass es gleicher Bildungschancen und eines mindestens gleichen Anteils am Vermögen einer Gesellschaft bedarf, um tatsächlich gleichberechtigte Bürger und Bürgerinnen zu sein und als solche auch tatsächlich wirksam an politischer Willens

bildung teilzunehmen, aber ohne Wahlen ist diese Demokratie tot.

Warum ist das so? - Schauen wir in die Landesverfassung. Artikel 2 Abs. 2 besagt, dass das Volk der Souverän ist und dass vom Volk alle Staatsgewalt ausgeht, die in Wahlen und Abstimmungen sowie durch die Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt wird.

In Wahlen wird also Macht übertragen. Nur dadurch wird Machtausübung, auch die, die wir hier im Landtag vollziehen, tatsächlich legitimiert. Soll diese demokratische Legitimation von Machtausübung auf Dauer tragfähig sein, muss also das Wahlverfahren - das haben wir heute schon mehrfach gehört - so gestaltet sein, dass Bürger und Bürgerinnen tatsächlich Einfluss auf die Zusammensetzung des Parlaments haben.

Es muss nachvollziehbar sein, auf das Wahlergebnis zurückführbar sein, wem welche Verantwortung zugewiesen worden ist. Das Wahlrecht und Wahlsystem müssen fair und gerecht gegenüber jedem Wettbewerber sein. Schließlich - das ist ganz wichtig - muss es ein belastbares, ein begründetes Grundvertrauen geben, dass ein Wahlrecht eingehalten und Regelverstöße korrigiert und geahndet werden.

Für meine Fraktion kann ich mitteilen, dass wir dieses Vertrauen in die staatliche Wahlorganisation und vor allem in das tausendfache ehrenamtliche Engagement von Bürgern und Bürgerinnen in den Wahlvorständen ausdrücklich haben. Wir danken ihnen von Herzen für die geopferte Freizeit und das hohe Engagement in diesem Ehrenamt.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung von Dr. Katja Pähle, SPD)

Wir stehen zur parlamentarischen Demokratie und verteidigen die parlamentarische Demokratie, die auch direktdemokratisch zu fällende Sachentscheidungen ermöglicht, so wie es unsere Landesverfassung vorsieht. Da ich bei einem Volksbegehren und dem einzigen Volksentscheid im Land Sachsen-Anhalt live dabei war, weiß ich, wovon ich rede.

Auch das ist heute schon mehrfach gesagt worden: So wie Wahlrecht Menschenwerk ist und deshalb fehlerbehaftet sein kann, so ist auch die Anwendung von Wahlrecht Menschenwerk.

(Zuruf von Mario Lehmann, AfD)

- Sie haben nachher die Chance, eine Frage zu stellen. - Aber wir leben in einer Gesellschaft, in der die Bediensteten des Staates auf Recht und Gesetz verpflichtet sind, in der es Opposition innerhalb und außerhalb des Parlamentes gibt, die ein waches Auge auf diese Prozesse hat.

Weiterhin leben wir in einem Land, in dem es freie und staatsferne, traditionelle und elektronische Medien gibt, die ebenfalls ihren Beitrag zur Aufklärung von Fehlern oder auch bewussten Regelverstößen leisten können und eben auch leisten, wie das Beispiel in Stendal, was heute mehrfach Thema war, zeigt.

Zudem - das ist ganz wesentlich - leben wir in einem Rechtsstaat,

(Zurufe von der AfD - Unruhe)

der nicht die Augen davor verschließt, dass nicht nur aufgeklärte Menschen unterwegs sind, sondern leider auch Menschen mit krimineller Energie, weshalb es in Deutschland unter Strafe steht, Wahlen zu behindern, zu fälschen, Wahlunterlagen zu fälschen, das Wahlgeheimnis zu verletzen, Wähler zu nötigen, zu täuschen oder auch zu bestechen.

Daneben ist das parlamentarische Wahlprüfungsverfahren eingerichtet und findet letztlich auch die gerichtliche Nachprüfung von Wahlen statt. Der Innenminister - er ist gegangen; ach nein, dort ist er - wies darauf hin. Die konstituierende Sitzung des Wahlprüfungsausschusses wird in der nächsten Woche stattfinden. Ich sage ganz deutlich: Im Grundsatz funktionieren alle diese vielfältigen Sicherungen sehr wohl.

Ich selbst bin im Rahmen meiner anwaltlichen Tätigkeit mit der Wahrnehmung des Mandats eines Kommunalpolitikers aktiv geworden und habe sowohl vor dem Verwaltungsgericht als auch vor dem Oberverwaltungsgericht die Feststellung erstreiten können, dass die festgestellte Sitzverteilung in einem Ortschaftsrat regelwidrig war.

Ich sage es ganz deutlich: Ja, es ist zweimal gerichtlich festgestellt worden, dass eine Regelwidrigkeit vorlag. Aber weder mein Mandant noch ich haben hierbei von einer Wahlfälschung gesprochen bzw. es ist uns gar nicht eingefallen, von einer Wahlfälschung zu sprechen.

Genauso wenig ist es bis zum Beweis des Gegenteils Wahlfälschung, sei es versucht oder vollendet, wenn im Auszählverfahren für die AfD abgegebene Stimmen der Partei Alfa einfach zugerechnet worden sind. So etwas passiert. Ja, wenn es passiert, dann hat es politisch und menschlich erhebliche Auswirkungen.

Aus beiden Gründen erwarte ich und gehe fest davon aus, dass die Landeswahlleiterin Schlussfolgerungen zieht, um derartige, im Fall der Fehlerbeseitigung unumgängliche Eingriffe, die schon am Wahlabend politische und personelle Prozesse beinhalten, für die Zukunft möglichst sicher auszuschließen.

Mir wäre selbst daran gelegen, könnte sich der Wahlprüfungsausschuss oder der für das Wahl

recht zuständige Innenausschuss mit der Auswertung der Vorgänge und denkbaren gesetzgeberischen und organisatorischen Konsequenzen befassen. Ich denke, das wird er auch tun.

Sie haben für dieses Thema das parlamentarische Instrument der Aktuellen Debatte gewählt. Selbstverständlich kann man in einer Aktuellen Debatte über Dinge, über Unregelmäßigkeiten bei Wahlen reden. Man ändert damit jedoch nichts. Aber ich hatte schon gestern das Gefühl, dass das nicht zwingend Ihr Anspruch in der Opposition ist.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung bei den GRÜNEN)

Zum Glück zeigt uns das interessierte Gähnen der Medienvertreter, dass wir kein systematisches Problem mit der Korrektheit unserer Wahlen haben. Ich denke, wir sind uns in den demokratischen Fraktionen einig, dass wir in einer gefestigten Wahldemokratie leben.

Es mag sein, dass es Ihnen mit Ihrer Wahlbeobachteraktion gelungen ist, den Eindruck zu erwecken, es bedarf der Robin Hoods der AfD. Dabei haben Sie aber nur ein selbstverständliches Recht aller Bürgerinnen und Bürger wahrgenommen.