Protocol of the Session on September 28, 2018

Hätten Sie dies getan, dann hätten Sie in der Randnummer 3 des von Ihnen erwähnten Kommentars gelesen, dass § 50 Abs. 1 SOG LSA gerade nicht im Rahmen der von den Polizeibehörden zu leistenden Justizhilfe anzuwenden ist. Die Justizhilfe ist ein besonderer Fall der Amtshilfe und ist nicht uneingeschränkt zu leisten. Genau dies bringt die Erlassregelung - „sofern nicht andere dringende Dienstgeschäfte entgegenstehen“ - zum Ausdruck.

Die rechtliche Grundlage für die Zusammenarbeit zwischen Gerichtsvollziehern und der Polizei findet sich in § 758 Abs. 3 ZPO und ergänzend in dem in Rede stehenden gemeinsamen Runderlass. In diesem Rechtsrahmen können die Gerichtsvollzieher die Polizei um Unterstützung ersuchen, wenn im Einzelfall die Annahme begründet ist, die Zwangsvollstreckung werde sich nicht ohne Gewaltanwendung durchführen lassen. Die Polizei nimmt eine Einzelfallprüfung und eine Gefährdungsbewertung vor, um die Unterstützungsleistung hinreichend vorbereitet und mit den erforderlichen Kräften erbringen zu können. Es besteht kein Anlass, den gemeinsamen Runderlass zu ändern. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Bevor wir in die Debatte der Fraktionen eintreten, dürfen wir ganz herzlich Damen und Herren des Ortsvereins Halberstadt/Quedlinburg der Gewerkschaft ver.di auf der Tribüne begrüßen. Herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Für die Fraktion der CDU spricht in dieser Debatte der Kollege Schulenburg zu uns.

Sehr geehrter Herr Kohl, ich habe schon lange nicht mehr so viel praktischen Unsinn gehört wie heute.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜ- NE)

Zeigt es doch, dass Sie sich mit der Angelegenheit gar nicht auseinandergesetzt haben. Ich weiß, dass Sie im Personalbereich des LKA tätig waren. Dort ist man manchmal etwas weit weg von der eigentlichen täglichen Arbeit und deshalb mache ich ein wenig Einsatzlehre aus dem ersten Semester des Grundstudiums mit Ihnen.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜ- NE)

Wie läuft es in der Praxis? - Die größte Anzahl von Einsätzen bewältigen die Gerichtsvollzieher ganz allein, ohne Unterstützung der Polizei.

(André Poggenburg, AfD: Das wissen wir doch selbst!)

Sollte eine mögliche Gefahrenlage bestehen, dann meldet sich der Gerichtsvollzieher bei der Polizei schriftlich oder mündlich an, und die Polizei prüft, ob diese Gefahreneinschätzung tatsächlich besteht, und vereinbart gegebenenfalls einen gemeinsamen Einsatztermin.

Das sind also in der Mehrzahl geplante Einsätze. Das ist gängige Praxis und läuft völlig unproblematisch. Dabei arbeiten die Gerichtsvollzieher Hand in Hand mit der Polizei.

Natürlich kann es vorkommen, dass der Gerichtsvollzieher plötzlich Unterstützung braucht und diese Unterstützung über Notruf anfordert. Der Polizei obliegt es unter Berücksichtigung der Gesamteinsatzlage zu entscheiden, ob sie sofort hinfährt oder ob diese Unterstützung zurückgestellt werden muss, da natürlich Einsätze, wo Gefahren für Leib, Leben oder Gesundheit bestehen, vorgehen müssen. Das ist nämlich der Hintergrund der in dem Erlass enthaltenen Formulierung „sofern nicht andere dringende Dienstgeschäfte entgegenstehen“.

Sie können doch nicht wirklich verlangen, dass die Polizei nicht zu einem schweren Verkehrsunfall mit Verletzten oder zu einem schweren Brand fahren soll, sondern stattdessen dem Gerichtsvollzieher bei der Pfändung eines Fernsehers Vollzugshilfe leisten soll. Ihr Antrag geht also völlig an der Praxis vorbei.

(Zustimmung bei der CDU)

Deshalb lehnen wir diesen ab. Sollten tatsächlich im Einzelfall Probleme bestehen,

(Mario Lehmann, AfD: Im Einzelfall!)

dann sollte sich der Gerichtsvollzieher einmal mit dem Revierleiter in Verbindung setzen. Dann kann man einen solchen Einzelfall auch gemeinsam erörtern. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU - Oliver Kirchner, AfD: Sie müssen aufpassen, dass Sie nicht die Partei der Einzelfälle werden!)

Dazu gibt es eine Wortmeldung von Herrn Farle. Diese kann er jetzt wahrnehmen.

(Zurufe: Och, nee!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das ist eine Kurzintervention.

(Heiterkeit - Zuruf: Das war ja klar!)

Es ist einfach unerträglich, mit welcher Überheblichkeit und Arroganz Sie hier einfaches Schulbuchwissen präsentieren, das jedem bekannt ist, der sich damit beschäftigt. Herr Kohl hat nichts anderes gemacht als Praxisprobleme anzusprechen, die ihm Gerichtsvollzieher mitgeteilt haben, nämlich Leute, die diese Arbeit tagtäglich machen müssen. Aber das interessiert Sie ja nicht, weil Sie in Ihrem allgemeinen Schulbuchwissen und

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Der Mann ist Polizist!)

und in Ihren Allgemeinplätzen stecken bleiben

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Der Mann ist Polizist!)

und die Realität gar nicht zur Kenntnis nehmen. Wir brauchen nämlich mehr Polizeibeamte,

(Zuruf: Was? - Unruhe)

die mithelfen, diese Probleme zu lösen. Das ist es, worum es geht. Sie stecken einfach den Kopf in den Sand und sagen: In dem Erlass haben wir das schon gelöst. In der Praxis haben Sie gar nichts gelöst, sonst hätten die Gerichtsvollzieher diese Probleme uns gegenüber nämlich gar nicht angesprochen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD - Oliver Kirchner, AfD: Richtig! - Mario Lehmann, AfD: Richtig!)

Herr Schulenburg, Sie haben das Wort, so Sie darauf reagieren wollen.

Herr Farle, Sie müssten mir wirklich zuhören, wenn ich hier eine Rede halte.

(Zustimmung bei der CDU - Robert Farle, AfD: Ich habe genau zugehört!)

Sie haben in Ihrem Antrag geschrieben, Sie wollen, dass dieser Erlass geändert wird, dass diese Formulierung gestrichen wird. Ich habe Ihnen dargelegt, warum diese Formulierung in diesem Erlass steht, weil natürlich bestimmte Einsätze, nämlich wenn Gefahren für Leib, Leben oder Gesundheit vorliegen, immer vorgehen müssen.

(Oliver Kirchner, AfD: Das kann beim Ge- richtsvollzieher auch sein!)

- Das streiten wir doch nicht ab. - Wenn es dort im Einzelfall tatsächlich Probleme geben sollte, dann meldet sich der Gerichtsvollzieher beim Revierleiter der Polizei und spricht diesen Einzelfall an. Dann kann man dieses Problems auch lösen.

Aber ich sage ganz deutlich: Es gibt Gerichtsvollzieher, die werden Sie in ihren 40 Dienstjahren nie hören, weil sie einfach ihre Arbeit machen. Und es gibt Gerichtsvollzieher, die sich fast täglich melden, weil sie immer um Unterstützung der Polizei bitten. Das ist ein Unterschied. Und dieser Abwägungsprozess läuft im Polizeirevier. Das funktioniert auch nur, wenn man immer eine konkrete Gefahrenprognose durchführt.

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin spricht für die Fraktion DIE LINKE die Abg. Frau von Angern. Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Der Landesverband der Gerichtsvollzieher war auch bei uns zu Gast und hat das Gespräch mit uns gesucht. Im Ergebnis dieses Gespräches haben wir eine entsprechende Kleine Anfrage gestellt. Die KA 7/1810 befasste sich mit dem Thema Arbeitsbelastung, Personalentwicklung und Ausbildung, aber auch mit der Frage der tätlichen Angriffe, die aus meiner Sicht sehr positiv beantwortet werden konnte. Es gab teilweise Jahresscheiben, in denen es gar keinen Vorfall gab, und auch in den anderen Jahren bewegte sich das im einstelligen Bereich. Es ging in dieser Kleinen Anfrage auch um die Zusammenarbeit mit der Polizei. Die Antwort finden Sie in der Drs. 7/3177.

Ich kann sagen, sowohl die Antwort als auch das Gespräch mit dem Gerichtsvollzieherverband ist für uns kein Anlass gewesen, um einen solchen Antrag zu stellen.

(Mario Lehmann, AfD: Das ist nun einmal so!)

Ich denke, dass Ihr Antrag auch zu kurz greift. Und all das, was Ihr Redner gesagt hat, all diese Wünsche und Vorstellungen, die bei Ihnen bestehen und die man mit diesem Antrag umsetzen möchte, würde man damit nicht umsetzen können. Das ist ganz klar.

Aus meiner Sicht ist es gut und tatsächlich bewährte Praxis, dass die Polizei, die für die Gefahrenabwehr zuständig ist, hier eine Einzelfallprüfung und eine Gefährdungsbewertung vornimmt.

Nichtsdestotrotz kann es möglich sein, dass es schwarze Schafe gibt, auf beiden Seiten. Das wurde eben gerade vorgetragen. Das sind Gerichtsvollzieher, die vielleicht einmal zu oft nachfragen und um Amtshilfe ersuchen, oder aber umgekehrt die Polizei, die diese Ersuchen möglicherweise aus nicht nachvollziehbaren Gründen abgelehnt hat.

Wir finden, wir müssen darüber reden. Wir finden aber auch, dass eine Dreiminutendebatte nicht unbedingt dazu geeignet ist, sich mit dem Thema tatsächlich seriös auseinanderzusetzen. Deswegen haben wir - die Mitglieder des Ausschusses für Recht, Verfassung und Gleichstellung wissen es schon - einen entsprechenden Auftrag auf Selbstbefassung gestellt und haben angeregt, ein Fachgespräch zu führen. Ich denke, das wird dem Anliegen des Landesverbandes der Gerichtsvollzieher und vor allem der Gläubiger tatsächlich entsprechen.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abg. Herr Striegel.