Protocol of the Session on September 27, 2018

(Oh! bei der CDU)

Ein Staatshaushalt funktioniert aber nicht wie ein Privathaushalt; und auch bei Letzterem werden ja Kredite aufgenommen.

(Zuruf von der CDU: Und Schulden ge- macht!)

Er muss alle Bereiche der Daseinsvorsorge stabil und auskömmlich finanzieren. Er muss mehr denn je in Bildung und in die Modernisierung der Infra

struktur investieren. Er muss Kinder- und Altersarmut bekämpfen. Und er muss immer wieder neue Akzente für die Förderung zukunftsfähiger Wirtschaftsstrukturen setzen, um die wirtschaftliche Basis zu sichern. Dafür braucht der Staat ausreichend Geld. Das kann und muss er über entsprechende Steuergesetze einnehmen.

Und wenn Schulden getilgt werden sollen, muss die Einnahmeseite so geregelt werden, dass die öffentlichen Haushalte Überschüsse erzielen - das ist doch klar.

(Beifall bei der LINKEN)

All das wäre mit einem gerechten und ökonomisch sinnvollen Steuersystem möglich. Dann würden wir unsere Schulden auch nicht erst in 200 Jahren, sondern in drei oder vier Legislaturperioden tilgen.

Wenn wir heute allein die Steuergesetzgebung von Mitte der 90er-Jahre hätten, wäre SachsenAnhalt einigermaßen auskömmlich finanziert. Das Haushaltsvolumen läge heute schätzungsweise bei etwa 13 Milliarden €. Dann könnte man vielleicht über einen Rekordhaushalt reden. Davon wären mindestens 12 Milliarden € tatsächlich

auszugeben, eben nicht nur knapp 11 Milliarden €, wie wir es zu erwarten haben. Und 1 Milliarde € wäre ein angemessener Überschuss, der in die Schuldentilgung gehen könnte.

Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, wäre ein Haushalt mit Perspektive. Das ist eben keine linke Spinnerei, sondern es könnte Realität sein, wenn wir in den letzten 20 Jahren allein auf die Steuergeschenke an die Superreichen verzichtet hätten.

(Beifall bei der LINKEN - Zurufe von der CDU)

Das wäre dann auch die Grundlage für einen starken Staat, wie wir ihn aus unserer Sicht in der letzten Sitzung diskutiert haben. Dazu muss die Spirale einer immer ungerechteren Vermögensverteilung gestoppt und umgedreht werden. Das ist heute die wichtigste Aufgabe der Politik, wenn unsere Demokratie noch eine Chance haben soll. Dafür muss endlich auch aus den Ländern heraus gestritten werden. Es ist politisch schlicht verantwortungslos, sich in dieser alles entscheidenden Frage hinter Zuständigkeiten zu verstecken, statt sich zu engagieren.

Wir brauchen eine Landesregierung, die mit dem Mantra der Ausgabenbegrenzung bricht und die um Mehrheiten unter den Ländern kämpft, um im Bund für eine andere Steuerpolitik zu streiten.

(Beifall bei der LINKEN)

Es ist aber in den letzten 20 Jahren von CDU und SPD politisch gerade so entschieden worden, dass die öffentlichen Haushalte ausgehungert

werden. Damit hat die regierende Politik natürlich einen unmittelbaren Anteil daran, dass sich auf dem Boden von Enttäuschung, Wut und Resignation am Ende ein brauner Sumpf entwickeln kann.

Die Leute haben es einfach satt, dass ihnen ständig weisgemacht wird, dass so viele notwendige und sinnvolle Dinge nicht realisierbar sind, weil angeblich kein Geld da sei. Es ist die Finanz- und Sozialpolitik seit der Regierung Schröder, die Deutschland zu einer Steueroase und zum Billiglohnland gemacht hat.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben kein Schuldenproblem. Wir haben ein Einnahmeproblem, wir haben Investitionsprobleme und wir haben Gerechtigkeitsprobleme, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Folgen dieser Finanzpolitik sehen wir derzeit ganz unmittelbar und unverfälscht bei unseren Kommunen. Obwohl zumindest in einigen kommunalen Haushalten ein klein wenig Luft entstanden ist, werden trotzdem dringend notwendige Investitionen nicht angepackt. Stattdessen werden Kassenkredite getilgt und Rücklagen gebildet.

(Zuruf von der CDU)

Minister Schröder hat vorhin 187 Millionen € als Schuldenreduzierung im kommunalen Bereich erwähnt. Um es auch hier noch einmal klar zu sagen: Wenn es eine deutlich verbesserte Haushaltslage ermöglichen würde und unverzichtbare Investitionen angeschoben worden sind, können natürlich auch Kredite getilgt und Rücklagen gebildet werden - aber nicht jetzt. Einige reden schon wieder darüber, dass unsere Kommunen inzwischen möglicherweise sogar überfinanziert wären, weil sie zum Teil kleine Überschüsse erwirtschaften.

Deshalb will ich an dieser Stelle klar formulieren: Unsere Kommunen sind weiterhin in Größenordnungen unterfinanziert. Und durch die Festschreibung eines Fixbetrages im FAG wird sich die Situation wieder verschärfen.

Von einer kommunalfreundlichen Politik dieser Landesregierung kann aus unserer Sicht überhaupt keine Rede sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Die meisten Kommunen kommen lediglich deshalb im Moment über die Runden, weil sie ihr Personal über jedes vernünftige Maß hinaus reduziert und die freiwilligen Aufgaben weitgehend eingestellt haben. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist aber keine Perspektive. Das ist nichts,

was man fortschreiben kann, wie es die Landesregierung mit ihrem Haushalt versucht.

Sie machen bei der Finanzierung der Kommunen mit dem alten Unfug einfach weiter. Mit dem FAG haben Sie den Kommunen im Jahr 2017 etwas von dem zurückgegeben, was ihnen zuvor zehn Jahre lang abgepresst wurde. Deswegen haben wir der Sache zugestimmt. Aber nun stellen Sie es als Gewinn, als Verlässlichkeit und Planbarkeit dar, wenn in den kommenden Jahren nicht gleich wieder alles gekürzt wird.

Was für ein depressives Signal. Denn natürlich wird das Volumen systematisch wieder kleiner. Wenn die Kommunen die Teuerungen, vor allem die Tarifsteigerungen, erneut aus eigener Tasche tragen müssen, können sie das wiederum nur durch Personalabbau, durch Verzicht auf freiwillige Aufgaben oder durch die Aufnahme neuer Kassenkredite kompensieren.

Ihr kaum gewonnener Gestaltungsspielraum ist sofort wieder dahin. Ihre Bereitschaft, auch wieder Geld in die Hand zu nehmen, um in eigene Projekte zu investieren, bleibt am Boden.

(Beifall bei der LINKEN)

Stattdessen machen Sie mit dem Förderunwesen weiter. Stolz verweisen Sie darauf, dass zusätzlich zu den FAG-Mitteln fast noch einmal die gleiche Summe aus vielen anderen Haushalten in die Kommunen fließt - aber eben nicht als Grundfinanzierung, sondern im Rahmen unterschiedlichster Projektförderungen mit meist bürokratisch aufwendigen Antrags- und Genehmigungsverfahren.

Dann sind dabei auch noch so große Blöcke wie die KiFöG-Finanzierung, die letztlich eine Pflichtaufgabe ist, bei der die Kommunen das Geld sozusagen dorthin weiterreichen, wo die Kosten entstehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Finanzminister, ich war in der letzten Woche - wie einige andere aus dem Hause auch - bei den Hauptversammlungen sowohl des Städte- und Gemeindebundes als auch des Landkreistages. Ich kann von daher nur feststellen: Zufriedene Kommunen sehen anders aus.

Ändern Sie das FAG grundlegend. Schichten Sie mehrere 100 Millionen € aus dem Bereich der Projektförderung um. Dynamisieren Sie das Volumen mindestens im Umfang der Inflation und der Tarifsteigerungen und legen Sie für die Verteilung gerechtere Kriterien zugrunde, die sich weniger an der Einwohnerzahl und stärker an den konkreten Bedingungen, an den Kommunen orientieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Was gibt es aus unserer Sicht Gutes über diesen Haushalt zu sagen? - Nun, Sie haben sich bemüht,

(Zurufe von der CDU)

mit der Einbringung heute eine Beschlussfassung vor dem Beginn des Haushaltsjahres 2019 zumindest zu ermöglichen und so eine erneute monatelange Hängepartie der vorläufigen Haushaltsführung zu vermeiden. Allerdings hört man einiges an Zweifeln, ob dieser Zeitplan gelingen kann. Offenbar wurden zuletzt zu viele offene Fragen einfach nur zugekleistert, um heute etwas vorlegen zu können. Wir werden im Dezember sehen, ob es ein Weihnachtsgeschenk oder dann doch eher eine Silvesterüberraschung gibt.

Insbesondere für die von uns institutionell geförderten Vereine und Organisationen wäre es höchst wünschenswert, wenn die Koalition ihre Haushaltsberatungen so in den Griff bekommt, dass dort solide gearbeitet werden kann und nicht wieder in den Bereichen die Lichter ausgehen. Welche Probleme bei Trägern entstehen, wenn das Land den Geldfluss nicht in Gang bringt, sehen wir gerade beim ESF-Programm „Schulerfolg sichern“.

(Zuruf von der CDU)

Das Zweite ist: Sie tun diesmal nicht so, als ob Sie die Rücklagen des Landes um mehrere Hundert Millionen anzapfen müssten, um den Haushalt auszugleichen, obwohl da für uns jetzt noch die Frage geblieben ist, wo die 300 Millionen € aus der allgemeinen Rücklage sind; das klären wir aber nicht hier.

Sie verlassen sich also darauf, dass Sie solche Luftbuchungen wie im vergangenen Haushalt ohnehin nicht brauchen. Das sehen wir auch so. Wir sehen aber auch, dass Sie bei den Steuereinnahmen diesmal recht sportlich herangehen und eine deutlich höhere globale Minderausgabe veranschlagen, als wir das bei der Vorstellung unserer Haushaltsüberlegungen Anfang August getan haben.

Diese globale Minderausgabe wäre im Übrigen schon dann überflüssig geworden, wenn Sie mehr und erfolgreicher Druck auf die Bundesregierung gemacht hätten, die Haushalte in den östlichen Ländern wesentlich stärker von den einigungsbedingten Zahlungen für die DDR-Sonderrenten zu entlasten.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Obwohl also unmittelbare Aufgaben nicht ausfinanziert sind, wollen Sie gleichzeitig weiterhin Geld auf die hohe Kante legen. Sehr geehrter Herr Schröder, auch wenn Sie wahrscheinlich keine Einsicht zeigen werden, diesen Kurs zu verlassen, appellieren wir schon an dieser Stelle

an Sie, das Land diesmal mit dem Theater einer Haushaltssperre zur Erwirtschaftung der globalen Minderausgabe zu verschonen.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Lassen Sie den Haushalt 2019 zumindest so recht und schlecht laufen, wie Sie ihn am Ende verabschieden werden. Und lassen Sie die Leute dort, wo dann Geld geplant ist, zumindest ihre Arbeit machen.