Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Zu Recht beschäftigen wir uns als Landtag erneut mit dem Thema Kinderarmut und mit der Bekämpfung der Folgen der Kinderarmut.
Bevor ich zu dem eigentlichen Antrag komme, einige grundsätzliche Ausführungen meinerseits. Welche Bedeutung das Thema für die CDU und die CSU hat, macht auch folgende Formulierung aus dem Bundestagswahlprogramm beider Parteien deutlich, die ich bereits bei anderen Reden hier im Hohen Hause zitiert habe, aber es gern erneut tun möchte; denn Wiederholen vertieft. Sie lautet:
„Wir finden uns nicht mit der Kinderarmut ab. Wir wollen, dass alle Kinder die bestmögliche Erziehung, Bildung und Betreuung erhalten, unabhängig von Herkunft und Lebenssituation der Eltern.“
Genau darum geht es mit dem Ihnen heute vorliegenden Antrag. Dieser ergänzt andere Anstrengungen, zum Beispiel die auf der Bundesebene mit der geplanten Veränderung beim Bildungs- und Teilhabepaket, damit dessen Leistungen unbürokratischer und bedarfsorientierter ausgereicht werden können, oder Initiativen Dritter wie das Netzwerk gegen Kinderarmut in Sachsen-Anhalt, dessen Mitglied auch die CDU-Landtagsfraktion ist.
Aber was ist eigentlich arm? - Natürlich kann man sich darauf beziehen, wer Leistungsempfänger nach dem SGB II ist. Hierbei lohnt sich ein Blick auf die aktuellen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit für unser Bundesland. Die Zahl der Arbeitsuchenden in Sachsen-Anhalt ist im April 2018 gegenüber dem Vorjahresmonat um 0,9 % auf 7,9 % zurückgegangen. Die Unterbeschäftigungs
Auch im Rechtskreis des SGB II sank die Zahl der Leistungsempfänger in diesem Zeitraum deutlich, bei den erwerbsfähigen Leistungsempfängern um minus 8,2 % auf jetzt 165 764 und bei den nicht erwerbsfähigen Leistungsempfängern um 7,1 % auf jetzt 55 268.
Das heißt, der Arbeitsmarkt in Sachsen-Anhalt entwickelt sich klar positiv. Denn, meine sehr geehrten Damen und Herren, zu den besten sozialpolitischen Ansätzen gehört es zweifelsohne, eine erfolgreiche Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik zu betreiben, die den Menschen ein selbstbestimmtes Leben und die Finanzierung ihres Lebens aus eigenem Erwerbseinkommen sichert.
Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Wir dürfen uns auf keinen Fall auf dem Erreichten ausruhen oder erwarten, dass dieser Trend ohne Begrenzung so weitergeht. Wir bestreiten als Union auch nicht die bestehenden sozialen Probleme. Aber wir müssen auch deutlich machen, dass wir uns auf dem richtigen Weg befinden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Debatte, was Armut bedeutet, kann man weiterführen; das würde an dieser Stelle aber vermutlich zu weit gehen. Daher möchte ich auf zwei Artikel verweisen und Sie darum bitten, sie auch zu lesen.
Zum einen den Artikel „Was Armut bedeutet. Deutschland beschäftigt sich zu sehr mit Ungleichheit. Das verstellt den Blick auf die wirklich Bedürftigen“ des Ökonomen Wolfgang Fengler, der am 4. Mai 2018 in der „Süddeutschen Zeitung“ erschien, zum anderen den Beitrag des hier vielen bekannten langjährigen CDU-Landtagsabgeordneten Jürgen Scharf im „Blickwinkel“, dem Mitgliedermagazin der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft Sachsen-Anhalt, Ausgabe September 2017, unter dem Titel „Wer Armut bekämpfen will, muss sie auch richtig bestimmen“.
Jetzt wieder zum vorliegenden Antrag. Wie meine Vorrednerinnen, die Ministerin Frau Petra GrimmBenne und die geschätzte Kollegin Cornelia Lüddemann von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bereits in ihren Ausführungen deutlich gemacht haben, findet sich das nun beantragte Sonderprogramm bereits im Koalitionsvertrag von CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, welcher die Basis für unser erfolgreiches Regierungshandeln ist. Auch in den Eckpunkten zur Neufassung des Kinderförderungsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt findet sich ein entsprechender Abschnitt.
Als CDU ist es uns wichtig, dass das Programm landesweit in einem angemessenen Umfang umgesetzt wird. Die zu erreichenden Ziele sind dabei
unter anderem der Ausgleich bestehender Bildungsdefizite, die allgemeine Gesundheitsförderung, die Stärkung der sprachlichen Kompetenzen oder auch die Stärkung der Kompetenzen zum Umgang mit unterschiedlichen persönlichen Hintergründen bei den betreuten Kindern.
Meinem Vorredner möchte ich an dieser Stelle nur einmal sagen: Es ist mir relativ egal, welcher Herkunft ein Kind ist. Jedes Kind hat in unserem Bundesland einen Bildungsanspruch.
Kriterien für die Auswahl der entsprechenden Einrichtungen für das Sonderprogramm könnten zum Beispiel sein: Kinder, bei denen die Eltern Leistungen nach dem SGB II erhalten, der Anteil der Kinder, bei denen Hilfen zur Erziehung gewährt werden, oder der Anteil der Kinder, die Entwicklungsverzögerungen haben oder Verhaltensauffälligkeiten aufweisen.
Diese und andere Punkte werden Teil des jetzt zu erarbeitenden Konzepts sein, welche wir sicherlich auch in den entsprechenden Ausschüssen behandeln werden, gegebenenfalls auch im Rahmen von Selbstbefassungsanträgen.
Meine Redezeit neigt sich dem Ende zu. Deshalb komme ich zum Schluss und bitte Sie um die Zustimmung zu dem vorliegenden Antrag. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Abg. Krull. Es gibt keine Anfragen. - Die nächste Debattenrednerin wird die Abg. Frau Hohmann für die Fraktion DIE LINKE sein. Sie haben das Wort, bitte.
Danke. - Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist schon erstaunlich, dass wir uns heute mit einem Antrag, resultierend aus dem Eckpunktepapier zum neuen KiFöG, beschäftigen, und das, obwohl uns hierzu noch kein Gesetzentwurf vorliegt. Das heißt, wir wissen noch gar nicht, ob der Wunsch nach einer Sonderförderung von Kitas in Vierteln mit besonderem Entwicklungsbedarf letztendlich in den Gesetzentwurf Eingang findet und beschlossen wird. Schon aus diesem Grund müssten wir den vorliegenden Antrag ablehnen. Da aber bereits reichlich Zeit seitens der Koalition vertrödelt wurde, möchte meine Fraktion nun endlich Ergebnisse sehen. Wir werden daher dem Antrag mit der Übernahme unserer Änderungen zustimmen.
Hiermit fordern wir die Landesregierung auf, bei der Erstellung eines Konzepts die Jugendhilfe- und Sozialplanungen der Landkreise und kreis
freien Städte einzubeziehen. Diese liegen bereits dem Sozialministerium vor und können daher ganz unkompliziert und zeitnah Berücksichtigung finden.
Sehr geehrte Damen und Herren! Bezüglich des Antrags der Koalitionsfraktionen muss ich aber doch noch einige Kritikpunkte loswerden. Sie wollen - ich zitiere -:
„Dieses Konzept soll entsprechend den spezifischen Bedarfen von Kindern und Familien in Armutslagen darauf zielen, im Rahmen frühkindlicher Bildung durch spezielle Angebote Nachteile auszugleichen und gleiche Entwicklungsmöglichkeiten und Teilhabechancen zu eröffnen.“
Aber gleichzeitig befürworten Sie im Eckpunktepapier zum KiFöG die Reduzierung des Ganztagsanspruchs auf acht Stunden für Kinder erwerbsloser Eltern. Das ist für uns inakzeptabel und widerspricht eigentlich Ihren Forderungen im Antrag.
Damit grenzen Sie erneut aus und stigmatisieren. Das hatten wir schon einmal, nämlich vor der Novellierung des KiFöG 2013.
Auch im Forderungspapier der AWO „Meine Stimme für mein Kind“, welches Forderungen der Eltern an die Neugestaltung der Gesetzgebung zum Kinderförderungsgesetz in Sachsen-Anhalt beinhaltet, heißt es unter anderem - ich zitiere einmal zwei Forderungen -:
„Jedes Kind hat ein Recht auf Ganztagsbildung und -betreuung. Die Erwerbslosigkeit von Eltern darf nicht Grund dafür sein, Kindern dieses Recht abzusprechen. Wir wollen keine Zweiklassendiskussion. Die derzeitige Definition des Ganztagsanspruchs bis zehn Stunden ist beizubehalten.“
„Deshalb ist es folgerichtig, dass alle Kinder einen gleichen Anspruch von zehn Stunden auf einen Kita-Platz haben und damit von Anfang an die gleichen Chancen bekommen und Familie und Beruf keine Gegensätze werden.“
Wir als Fraktion DIE LINKE können uns dem nur anschließen. Ich kann Ihnen hier noch einmal versichern: Mit uns wird es keine Reduzierung des Ganztagsanspruches geben.
Sehr geehrte Damen und Herren! Die antragstellenden Fraktionen führen in ihrer Vorlage aus, dass die Kinderarmut eines der drängendsten
Probleme in Sachsen-Anhalt ist. Ja, das ist richtig. Deshalb hat sich bereits im letzten Jahr - das hat Herr Krull auch erwähnt - das Netzwerk gegen Kinderarmut in Sachsen-Anhalt gegründet.
Ziel der Beteiligten ist es, in einem breiten gesellschaftlichen Konsens tragfähige Konzepte und Handlungsstrategien zur Armutsprävention und -bekämpfung zu entwickeln. Deshalb versteht sich das Engagement auch als Querschnittsaufgabe, die sowohl Chancengerechtigkeit im Bildungssystem, arbeitsmarkt- und sozialpolitische Reformen, aber auch Schutz und Teilhabe im Sinne der UN-Kinderrechtskonvention in den Blick nimmt.
Sehr geehrte Frau Hohmann, ich weiß, dass die Anzeige nicht funktioniert hat; der Mausklick ging nicht. Aber Ihre Redezeit ist leider schon zu Ende.
Unter diesem Gesichtspunkt werden wir das in dem Antrag geforderte Konzept der Landesregierung betrachten. Ich freue mich auf die Diskussion im Ausschuss. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Abg. Hohmann. Es liegen auch hierzu keine Anfragen vor. - Für die SPD-Fraktion spricht die Abg. Frau Dr. Späthe. Sie haben das Wort, Frau Dr. Späthe.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Der Umstand, in welchem Umfeld Kinder aufwachsen, welche Teilhabemöglichkeiten sie haben, entscheidet leider immer noch mit über ihre Bildungsbiografien, über ihren späteren Schul- und Ausbildungserfolg und darüber, ob sie ein erfülltes und gelungenes Berufsleben haben werden.
Wir wissen, dass viele Kinder in Familien aufwachsen, die über geringe Ressourcen verfügen. Wenige finanzielle Mittel bedeuten oft weniger
Teilhabe, weniger Freizeitmöglichkeiten und leider oft auch weniger Bildungsmöglichkeiten. Oft treffen ungünstige soziale Faktoren wie ein hoher Anteil an Eltern, die SGB-II-Leistungen beziehen, und Verhaltensauffälligkeiten, sprachliche oder motorische Förderbedarfe der Kinder aufeinander und können sich negativ verstärken.