Protocol of the Session on October 26, 2017

Da die Mehrzahl der Gewässerentwicklungskonzepte noch nicht bearbeitet bzw. umgesetzt ist, muss hier also nachgebessert werden. Aber das haben wir schon zur Kenntnis genommen.

Interessant ist wie immer das Damoklesschwert im Umgang mit der EU und den damit verbundenen Verpflichtungen der Unterhaltungsverbände im Zuge ihrer funktionalen Selbstverwaltung, die Wasserrahmenrichtlinie personell und finanziell eigenständig umsetzen zu müssen. Lediglich Be

lange des Hochwasserschutzes, also zum Beispiel Deichbau und Anlage von Poldern, werden dann vom Land finanziert.

(Ministerin Prof. Dr. Claudia Dalbert: Das stimmt nicht!)

- Okay. - Eventuell anfallende EU-Strafen zahlt am Ende wieder wer? - Richtig: der Steuerzahler. Ich finde es im Übrigen sehr bedauerlich, dass gerade ein einziges Projekt gemeinsam mit den Hochschulen und dem Umweltforschungszentrum umgesetzt wird und zudem keinerlei Drittmittel zur Forschungsförderung in diesem Bereich ausgelobt werden.

Zum Kapitel der Priorisierung von Maßnahmen ist festzustellen, dass bei bestehenden Strukturdefiziten der Fließgewässer natürlich Totholz unumstritten ist, weil es zudem auch Hochwasserspitzen vermindert.

Kommen wir zum Schluss. Trotz der Aneinanderreihung aller möglichen Themen zeigt die Große Anfrage überhaupt und die Beantwortung der Fragen im Einzelnen, dass, Frau Ministerin, bei allen offenbar enorme Kenntnisdefizite zu den bisher erreichten und vor allem auch noch umzusetzenden Maßnahmen im Rahmen der Gewässersanierung bestehen. Ein Kenntnisdefizit, Frau Ministerin, entsteht durch mangelnde Transparenz.

Die AfD-Fraktion fordert daher eine regelmäßige Berichterstattung durch das MULE zu den einzelnen Projekten im Rahmen des Gewässersanierungsprogramms im Ausschuss für Umwelt und Energie, und zwar zu den Maßnahmen, Erfolgen und den dazu eingesetzten Geldern, so wie wir es auch beim Umweltsofortprogramm in der Haushaltsdebatte gefordert haben, und dies im Hinblick auf die benannten Schwerpunkte Lebensraum, Artenvielfalt, Durchgängigkeit und Laichhabitate sowie vor allem den Beeinträchtigungen durch invasive Arten. Denn das zeigen die bisher gestellten Anfragen der Parlamentsparteien, dass Neophyten und Neozoa Sachsen-Anhalts offenbar eine eigene, unter Verschluss stehende Terra incognita im Ökosystem darstellen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Es gibt keine Nachfragen. Für die Fraktion der CDU spricht der Abg. Herr Radke.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Tat ist die Wasserrahmenrichtlinie ein sehr komplexes und schwieriges Thema. Das hier in einer Landtagsdebatte abzuarbeiten, wird eigentlich der Sache in dem Sinne nicht gerecht.

Vieles, was ich jetzt hier gehört habe, ist dem ähnlich, was ich jetzt vortragen werde. Ich werde mich bemühen, auch in Anbetracht der Zeit meinen Redebeitrag zügig abzuarbeiten.

Die Ministerin hat heute sehr umfänglich über den Umsetzungsstand der EU-Wasserrahmenrichtlinie in unserem Bundesland informiert. Da haben wir viel Positives, aber auch Kritisches gehört.

Die europäische Wasserpolitik wurde um die Jahrtausendwende durch die Wasserrahmenrichtlinie grundlegend reformiert. Das große Ziel bestand darin, bis zum Jahr 2015, mit Ausnahmen spätestens bis zum Jahr 2027, einen guten ökologischen und guten chemischen Zustand für Oberflächengewässer sowie ein gutes ökologisches Potenzial und einen guten chemischen Zustand für erheblich veränderte oder künstliche Gewässer zu erreichen.

Ziel ist eine systematische Verbesserung und keine Verschlechterung des Zustands aller Gewässer. Dies gilt auch für jene Land-Öko-Systeme und Feuchtgebiete, die direkt von Gewässern, Oberflächengewässern sowie Grundwasser abhängig sind.

Die Grundlage der Beurteilung der Gewässergüte in Deutschland bilden nach EU-Wasserrahmenrichtlinie die drei Module allgemeine Degradation, organische Belastung und Säurebelastung.

Die Ressource Wasser ist für die gesamte Menschheit überlebenswichtig. Es gibt Regionen auf der Welt, wo wegen des Wassers Kriege geführt werden. Darum sind wir alle gut beraten, unsere Flüsse und Seen, das Grundwasser und die Oberflächengewässer rein zu halten.

Die Antworten der Landesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE sind sehr umfangreich ausgefallen. Wir alle können feststellen - die Ministerin hat es bereits erwähnt -, dass Sachsen-Anhalt im Zuge der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie, man kann sagen, schon einiges erreicht hat. Kläranlagen wurden erweitert, Agrarumweltprogramme durchgeführt, Bäche und Flüsse renaturiert, Hindernisse für wandernde Arten durchgängig gestaltet oder Deiche rückverlegt.

Die Gewässerüberwachung, ihre Bewertung, die Planung und Umsetzung der Maßnahmen sowie die Erarbeitung der Bewirtschaftungspläne sind mit einem hohen personellen und finanziellen Aufwand und viel Engagement verbunden. An dieser Stelle möchte ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den zuständigen Behörden herzlich danken.

Ihre akribische Arbeit hat nicht nur die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie in unserem Bundesland ermöglicht, sondern hat auch die Akzeptanz

der Gesellschaft für den Gewässerschutz erhöht; denn für den Gewässerschutz arbeiten die Wasserwirtschaftler und Wasserwirtschaftlerinnen der Landkreise und des Landes eng mit der Öffentlichkeit zusammen.

Viele Informationsveranstaltungen, Workshops, Broschüren oder inzwischen auch ausführliche Dokumentationen im Internet schaffen Transparenz und werben für die Vorteile lebendiger Gewässer. Auf diese Art gewinnt der Gewässerschutz deutlich an Akzeptanz. Wir können heute zu Recht feststellen, dass die Gewässerqualität vermutlich so gut ist, wie sie seit dem Beginn der Industrialisierung nicht mehr war.

Trotzdem gibt es zahlreiche Probleme, die es hierzulande zu lösen gilt. Das hat zum einen mit der langen Dauer der Maßnahmewirkungen zu tun. Es geht auch um Altlasten der DDR-Industrie. Wir haben geologische Aberrationen. Auch die Abbaurate von Schadstoff ist höchst unterschiedlich.

Aktuell sind zum Beispiel 39 der insgesamt 80 Grundwasserkörper in einem chemisch schlechten Zustand. Hier gibt es einen dringenden Handlungsbedarf. Wer nach Brandenburg schaut, der wird feststellen, dass dort 37 von insgesamt 40 Grundwasserkörpern die EU-Richtlinien-Ziele erfüllen.

Für die Reduzierung der Stoffeinträge sowohl in die Oberflächengewässer als auch in das Grundwasser werden wie bisher auch künftig zentrale Agrarumweltklimamaßnahmen eine wichtige Rolle spielen. Hierbei muss das Land verstärkt auf gute fachliche Praxis in der Landwirtschaft setzen und Beratungsangebote weiter ausbauen.

(Zustimmung von Bernhard Daldrup, CDU, und von Florian Philipp, CDU)

- Ja. - Zur Verbesserung der Gewässerstruktur der Oberflächengewässer wurden bereits zahlreiche Maßnahmen erfolgreich durchgeführt. Besonders auf diesem Gebiet gilt es, im zweiten und dritten Bewirtschaftungszeitraum die Anstrengungen bei der Umsetzung zu intensivieren. Ein langfristiger Arbeitsplan verbunden mit einer längeren, vorausschauenden Projektvorbereitung, der Sicherung von Gewässerrandflächen, der Bündelung von Maßnahmen auf Gewässer und Gewässerabschnitte sowie der Einbeziehung aller potenziellen Projektträger könnte die Umsetzung in Sachsen-Anhalt weiter beschleunigen.

Es gäbe an dieser Stelle noch einiges zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie zu sagen. Die Ministerin und auch die einbringende Fraktion haben dies sehr ausführlich getan. Daher möchte ich jetzt nicht weiter auf die Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE eingehen.

Lassen Sie mich zum Schluss meiner Ausführungen noch einmal kurz auf die Rolle der Landwirtschaft eingehen. Leider klang bei den Vorrednern ein wenig durch, dass die Landwirtschaft eine zentrale Rolle für die Gewässerbelastung spielt.

(Hendrik Lange, DIE LINKE: Selbstverständ- lich!)

Ich möchte heute gern zu Protokoll geben, dass sich unsere Landwirte ihrer Verantwortung für die Umwelt voll bewusst sind. Wir haben heute hochmoderne landwirtschaftliche Betriebe, die mit modernster Technik und nach aktueller Methodik arbeiten. Leider erleben wir immer wieder groß angelegte Kampagnen gegen die moderne Landwirtschaft. Ich habe die herzliche Bitte, dass man die Fakten in das rechte Licht rückt.

Im Ausschuss wurde schon festgestellt, dass unser Bundesland kein explizites Nitratproblem hat. Wir haben auch völlig unterschiedliche klimatische Bedingungen in Sachsen-Anhalt, aber vor allem deutschlandweit. Die gesamte Börde liegt im Regenschatten des Harzes mit geringeren Niederschlägen als in anderen Regionen, was zu einer verminderten Verdünnung von Nitraten führt. Wenn, dann haben wir kein Problem mit Trinkwasser, sondern teilweise mit Grundwasser. Es gibt natürlich Nitratvorkommen. Nicht zuletzt sind auch die Messmethodik und das Messnetzwerk umstritten. Ich sage dies vor dem Hintergrund, dass wir mitten in einer von Menschenhand geschaffenen Kulturlandschaft leben, zu der die Landwirtschaft nun einmal genauso gehört wie der Teig zum Bäcker.

Um die Wasserrahmenrichtlinie in unserem Bundesland umzusetzen, bedarf es keiner Schuldzuweisungen, sondern es muss aktiv gehandelt werden. In diesem Sinne sollten wir auch die künftigen Aktivitäten zur weiteren Gesundung unserer Gewässer und des Grundwassers verstehen. Es gibt viel zu tun. Packen wir es an! - Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Wir können in der Debatte fortfahren. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Aldag das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. Ich habe nicht viel Zeit. - Meine Damen und Herren! Ganz kurz möchte ich an Frau Funke gerichtet etwas richtigstellen. Sie ist leider schon weg und möchte der Debatte nicht weiter folgen. Wir wurden von der CDU nicht eingestellt, sondern wir sind bewusst in dieses Arbeitsverhältnis gegangen, um solche Aufgaben, wie wir sie heute diskutieren, anzu

gehen. Das machen wir gern, und das machen wir mit Leidenschaft.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜ- NE, und von Ministerin Prof. Dr. Claudia Dalbert)

Ich möchte den für mich zentralen Aspekt der Großen Anfrage herausgreifen; mehr Zeit habe ich nicht, nämlich die konkrete Planung und Umsetzung von Maßnahmen.

Die Große Anfrage zeigt auf, dass seit dem Jahr 2000 zahlreiche Maßnahmen zur Zustandsverbesserung der Gewässer erfolgt sind und erhebliche finanzielle Mittel in diese Maßnahmen geflossen sind. Der Schwerpunkt der Maßnahmen lag bisher auf der Herstellung der Durchgängigkeit der Gewässer in Längsrichtung - eine wichtige und richtige Priorisierung; denn die Durchgängigkeit ist die Voraussetzung für den Erfolg weiterer Maßnahmen.

Viel mehr als die Erfolge zeigt die Große Anfrage jedoch auf, wo die Baustellen zu finden sind. Viele Maßnahmen warten auf ihre Umsetzung. Eine Vielzahl von Gewässerentwicklungskonzepten ist noch nicht einmal erstellt.

Meine Damen und Herren! Ich bin froh, dass es uns gelungen ist, das Umweltsofortprogramm in den Koalitionsverhandlungen durchzusetzen. Das ist ein grüner Erfolg. Ich muss den Koalitionspartnern auch ausdrücklich dafür danken, dass sie uns diesen Erfolg gegönnt haben und das Umweltsofortprogramm mittragen.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜ- NE)

Mit einem Budget von 6,5 Millionen € werden insgesamt 90 Projekte umgesetzt, und somit wird ein weiterer Grundstein dafür gelegt, dass die Gewässer im Land einen guten ökologischen Zustand erreichen. Das ist die positive Nachricht, die ich aus dieser Debatte heraus senden will. Denn sie zeigt, dass wir die Aufgaben, die sich stellen, bereits früh erkannt haben und diese mit Claudia Dalbert als Umweltministerin auch konsequent und zielführend angehen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung von Ministerin Prof. Dr. Claudia Dalbert)

Zum Abschluss der Debatte hat der Abg. Herr Lange für die Fraktion DIE LINKE noch einmal das Wort.

Bis eben wollte ich eigentlich nicht noch einmal etwas sagen. Aber, Herr Radke, wir haben kein Nitratproblem? - Das ist erstaunlich.

(Detlef Radke, CDU: Im Trinkwasser, im Grundwasser schon!)

Die Grundwasserkörper gehören doch aber auch dazu. Die sind doch auch schützenswert. Also, Sie meinen nicht, dass wir das Grundwasser schützen müssen? Dann sind wir im Dissens.

53 % der Grundwasserkörper sind in einem schlechten chemischen Zustand. Das ist ein Befund, an dem wir nicht vorbeikommen. Sie sagten, wir lägen im Regenschattengebiet des Harzes, hier hätten wir zu wenig Regen und deswegen funktioniert das mit der Verdünnung nicht.

(Wolfgang Aldag, GRÜNE, lacht)