Protocol of the Session on May 4, 2017

Da die Kosten erheblich auseinanderliegen, ist es verständlich, dass die Akteure ein hohes Interesse daran haben, eine sachgerechte Entscheidung zu fällen und nicht eine, die uns möglicherweise naheliegt, aus dem Herzen.

Damit sind die Nachfragen beantwortet worden. Danke, Herr Minister.

Ich mache darauf aufmerksam, dass wir ursprünglich eine Dreiminutendebatte vereinbart haben. Der Minister hat jetzt mehr als neun Minuten geredet.

(Zuruf von Hendrik Lange, DIE LINKE)

- Das ist ihm, Herr Lange, bei dieser Komplexität der Dinge nicht vorzuwerfen. Das bedeutet, dass die anderen Rednerinnen und Redner einen Aufschlag bei der Redezeit erhalten, aber der ist nicht adäquat. Vielmehr kündige ich jetzt an, dass wir aus der Dreiminutendebatte eine Fünfminutendebatte machen. Ich bitte alle Rednerinnen und Redner, auf die Uhr zu schauen und ihren Redebeitrag innerhalb von fünf Minuten zu Ende zu bringen.

Für die Fraktion der CDU hat jetzt der Kollege Harms das Wort. Bitte sehr

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Farle, vielen Dank für die Einbringung dieses Antrages, der uns die Möglichkeit gibt, uns nach einigen Befassungen im Ausschuss auch heute im Landtag mit diesem Thema zu beschäftigen. Wir werden uns heute nicht abschließend mit dem Thema beschäftigen; es wird uns über Jahre hinweg beschäftigen, ich hoffe, nicht über weitere Jahrzehnte.

Jeweils 1 km von Brüchau, Kakerbeck und Neuendorf entfernt, ziemlich in der Mitte zwischen den drei Dörfern, wurde vor 45 Jahren ein Zwischenlager - keine Deponie, sondern ein Zwischenlager - für Bergbauabfälle eingerichtet. Dafür wurde eine vorhandene Ziegelei mit den dazugehörigen Wohngebäuden, heute ein Mehrfamilienwohnhaus, und mit einer Mergelgrube genutzt. Man vertraute auf eine noch vorhandene Mergelrestschicht von vermuteten 70 cm Stärke, die man wohl an einer Stelle mit einer Probebohrung geprüft hat, sowie auf die selbstabdichtende Wirkung von Bohrschlämmen im Allgemeinen.

Tausende Tonnen Mischabfälle mit vielen Schwermetallen, die üblicherweise auch im Bergwesen anfallen - Quecksilber, Blei, Chrom, Kupfer, Strontium, Lithium, aber auch Chlorid, Arsen, Zyanidschlamm, Salpetersäure, Teerreste, Galvanikschlämme und auch radioaktiv belastetes Material -, sind in den Jahrzehnten dorthin transportiert worden. Sie wurden abgeladen und in eine matschige Grube geschoben und gekippt.

Zusätzlich zur Entsorgung von Bergbauabfällen missbrauchte man diese Bergbaueinrichtung über viele Jahre hinweg als Sondermülldeponie für be

sondere Abfälle, für die man anscheinend keine andere Lösung hatte, auch solche aus Industrie und Medizin.

Wie stark die Gesundheit durch den Transport seinerzeit in offenen Fahrzeugen, durch Ablagerungen an Fahrzeugen, bei Abladevorgängen, bei Schiebearbeiten oder auch durch jahre- bzw. jahrzehntelanges unabgedecktes Lagern gefährdet wurde, kann man schwer in Zahlen fassen. Aus heutiger Sicht sind uns die Gefahren insbesondere im Zusammenhang mit Quecksilber sehr bewusst.

Die von Ihnen, Herr Farle, erwähnte Krebsrate von - wenn ich das richtig verstanden habe - etwa 20 % möchte ich nicht relativieren; doch möchte ich darauf hinweisen, dass sich vor etwa vier oder sechs Wochen auf der Titelseite der „Volksstimme“ eine große Übersicht fand, nach der die Wahrscheinlichkeit, an Krebs zu erkranken, für Männer unseres Alters bei etwa 45 % liegt, also deutlich über den von Ihnen vermuteten Zusammenhängen.

Nun hat das gewiss auch Ursachen in dem Umweltverhalten insbesondere in den 70er- und 80er-Jahren, aber auch zuvor, also auch diese Ursachen, die wir hier besprechen. Aber nach den bisherigen Erkenntnissen, die erwähnt wurden, gibt es keinen nachgewiesenen Zusammenhang,

(Robert Farle, AfD: Deshalb wollen wir ja ein Monitoring!)

auch wenn jeder Einzelfall schmerzlich ist.

Mehrere Berichte ehemaliger Mitarbeiter geben Anlass zu besonderer Sorge. Da wird auch davon berichtet, dass gelegentlich zu Nachtzeiten unter Blaulicht Fahrzeuge noch irgendetwas gebracht haben, was möglicherweise auch nicht in Einlagerungsprotokollen erfasst wurde.

Wir alle wissen, dass es oft sehr teuer wird, Fehler der Vergangenheit zu beheben. Wir wissen aber auch: Sollten sich die Schadstoffe ausbreiten, steigt der Aufwand ins Unermessliche. Hier und heute nehmen Unternehmen und Behörden Umweltprobleme sehr ernst. Nachdem jahrzehntelang unsere Bodenschätze ausgebeutet wurden, haben wir den Anspruch, dass ein Teil der Gewinne und ein Teil der Steuern dafür verwendet werden, diese Arbeitsstätten aufzuräumen. Wir leben in einem wunderbaren Land, das die Kraft besitzt, solche Probleme zu lösen.

Inzwischen existiert ein firmenunabhängiges Gutachten durch die Landesanstalt für Altlastenfreistellung, das in Kakerbeck öffentlich vorgestellt wurde. Jetzt kommt es darauf an, eine Entscheidung zur Räumung zu treffen. Nach heutigem Recht darf niemand solche Abfälle in dieser Weise einlagern. Auch für erfolgte unbekannte

Fremdeinlagerungen steht das Bergbauunternehmen in der Pflicht. Ob es 1972 - -

Herr Harms, jetzt sind auch die fünf Minuten vorbei. Jetzt müssten Sie bitte zum Ende kommen.

Herr Präsident, das fällt mir sehr schwer, weil ich glaube, dass die Geschäftsordnung eigentlich eine andere Regelung vorschlägt, nämlich dass ich in gleicher Weise die Redezeit verlängert bekäme.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der AfD)

Sie haben etwas anderes vorgeschlagen.

Über eine Geschäftsordnungsdebatte brauchen wir uns jetzt nicht weiter zu unterhalten. Ich würde Sie einfach bitten, zum Ende zu kommen.

Herr Präsident, dann werde ich dem, ohne zu murren, folgen. - Ich möchte darauf hinweisen, dass von unserer Seite ein Alternativantrag vorliegt. Wir möchten gern in diesem Alternativantrag einen Änderungsvorschlag der Fraktion DIE LINKE berücksichtigen, die Punkte 2 und 3, und bitten deshalb um Einzelabstimmung. Wir würden die Diskussion gern im Ausschuss fortsetzen.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Okay, danke. Jetzt gibt es noch eine Nachfrage von Frau Funke. Frau Funke, Sie haben das Wort.

Danke sehr, Herr Präsident. - Ein kurzes Wort zu Ihrem Antrag. Leider enthält er ein bisschen viel Blabla. Um konkret zu werden - ich meine, es ist ja schön, dass Sie sich auf die Seite der LINKEN schlagen -, möchte ich meine Frage an Sie richten: Was halten Sie von baurechtlich nicht ordnungsgemäß abgesperrten Rückbauarbeiten an Erdgassonden mit messbarem Austritt von Radioaktivität, der über den Grenzwerten liegt?

Dazu zitiere ich Ihnen auch gern noch eine Äußerung der verantwortlichen Behörde, die da sagte: Da kann ja nichts passieren; da müsste man ein derartiges Rohr ein Jahr lang am Körper tragen.

Sie haben das Wort.

Ich halte davon wenig; ich halte auch wenig von Ihrer Frage, Frau Funke, weil sie nicht zum Tagesordnungspunkt gehört.

(Zustimmung bei der SPD)

Gut. - Dann hat Herr Höppner noch eine Frage. Herr Höppner, Sie haben das Wort.

Herr Harms, entweder habe ich Sie nicht verstanden oder Sie konnten es jetzt aufgrund der Zeit nicht sagen. Meine konkrete Frage: Wofür sind Sie denn nun? Was ist Ihre Einschätzung? Muss das Ding weg? Sind Sie dafür, dass es komplett wegkommt, oder soll es bloß abgedeckt werden? Was ist Ihre persönliche Meinung dazu?

Die Frage möchte ich wie folgt beantworten: Die Landesanstalt für Altlastenfreistellung hat bisher mehr als 200 Millionen € für die Altmark bereitgestellt, überwiegend für Altlasten im Zusammenhang mit dieser Bergbautätigkeit in der Region. Es wurden 190 Bohrschlammgruben beräumt, Hunderte Bohrlöcher wurden neu abgedichtet und anderes mehr. Damit konnten viele Altlasten in den vergangenen 25 Jahren - das hat auch viel Arbeit gemacht - aufgearbeitet werden. Gleiches ist für Brüchau unerlässlich.

Okay, danke.

Gut, dann sind wir soweit durch.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Wir gehen weiter in der Reihenfolge der Fraktionen. - Herr Harms, ich muss mich bei Ihnen tatsächlich entschuldigen. Es ist definitiv so: Die gleiche Redezeit dazu hieße, jetzt hätte jeder neun Minuten. Das wäre aber jetzt Ihnen gegenüber wiederum nicht fair. Insofern würde ich jetzt bei allen die fünf Minuten ansetzen, schon aus sportlicher Fairness sozusagen. - Herr Lange, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Es ist gut, dass Umweltfragen eine hohe Aufmerksamkeit in der Bevölkerung genießen. Wir alle wünschen uns, in einer intakten Umwelt zu leben. Entsprechende Aufmerksamkeit erfahren daher Projekte, Anlagen, Altbestände, von denen berechtigterweise vermutet wird, dass sie Gefahren für diejenigen

mit sich bringen, die in unmittelbarer Nähe leben. Das ist legitim, und es muss ernst genommen werden. Ich danke daher auch der Bürgerinitiative für ihr Engagement vor Ort und für die Unnachgiebigkeit, mit der sie vorgehen und sagen, hier möchten wir eine Veränderung; wir möchten, dass die Deponie wegkommt.

(Beifall bei der LINKEN, bei der AfD, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Zur Bohrschlammdeponie wurde schon viel gesagt, zur Geschichte und zu der Frage, was dort eigentlich geschehen ist. Aber allein schon die Tatsache, dass unklar ist, wann dort eigentlich welche Stoffe eingelagert wurden - hierzu sind noch ganz andere Berichte als der, den Herr Harms gerade gegeben hat, zu berücksichtigen -, berührt auch die Frage, wie diese Stoffe miteinander reagieren. Und das lässt aufhorchen.

Es ist bereits bekannt, dass es einen Grundwasserschaden vor Ort gibt, dass er eingetreten ist. Über seine Ursache und die Auswirkungen wird diskutiert, das gibt Anlass zur Diskussion. Es wird zum einen vermutet, dass dies tatsächlich durch eine Undichtigkeit einer relativ dünnen Schicht - das muss man auch einmal sagen; eine Mergelschicht von 70 cm ist nun nicht besonders viel, um zu sagen, dass eine solche Deponie dicht ist - zustande gekommen ist. Die anderen gehen von einem Fall aus, der in der Vergangenheit liegt.

Diese Diskussionen wurden vor Ort geführt und sie wurden in den Ausschüssen geführt. Wir werden uns weiter dafür einsetzen, dass die Verfahren so transparent wie möglich durchgeführt werden. Deswegen sprechen wir uns auch für eine öffentliche Ausschussberatung aus, wenn Engie eingeladen ist. Der Antrag dafür ist unterwegs.

Für meine Fraktion ist hinsichtlich der Sanierung klar, dass sie so schnell wie möglich stattfinden muss. Am besten ist es aus meiner Sicht, wenn die Schäden durch ein Abtragen der Deponie vollständig beseitigt werden. Dabei verschließt meine Fraktion nicht die Augen davor, dass auch dieses Verfahren ordentlich geprüft werden muss und sämtliche Risiken von der Kontamination durch Stäube und den Transportweg bis hin zur endgültigen Lagerung bedacht werden müssen.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber, meine Damen und Herren, Fakt ist auch: Es dürfen nicht finanzielle Erwägungen im Wege stehen, wenn es um das Wohl von Mensch und Umwelt geht.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Herr Minister, es sollte doch nicht darum gehen, ob beräumt werden muss, sondern es sollte darum gehen, ob beräumt werden kann und ob das