Vor dem Aufruf des nächsten Tagesordnungspunktes werden wir im Präsidium einen kleinen Wechsel vornehmen.
Es wird eine verbundene Debatte zu beiden Beratungsgegenständen durchgeführt. Die Redezeit je Fraktion beträgt zehn Minuten, die Landesregierung hat ebenfalls eine Redezeit von zehn Minuten. Eine gesonderte Einbringung des Antrages wird es nicht geben. Es wurde folgende Debattenreihenfolge vereinbart: SPD, DIE LINKE, AfD, GRÜNE, CDU.
Zunächst hat die Antragstellerin der Aktuellen Debatte, die SPD, das Wort, und zwar die Fraktionsvorsitzende. - Frau Dr. Pähle kann offensichtlich nicht. Deswegen ist jetzt der Kollege Hövelmann derjenige, der diese Aktuelle Debatte der SPDFraktion einbringt.
Kollegen! Wie das manchmal so ist: Zu dem Zeitpunkt, als wir die Aktuelle Debatte beantragt haben, war manches noch unklar. Einiges ist seitdem klarer geworden und hat sich verändert. Es gibt Klarheit über Umfang und Konditionen der Novemberhilfen des Bundes. Es gibt eine Regelung für eine Pauschalzahlung, die den betroffenen Gastronomiebetrieben schnelle Hilfe ermöglichen soll, und es gibt ein neues Bundesprogramm für Soloselbstständige, das ihnen eine Perspektive auch über den November hinaus geben soll.
- Ich habe ein Interesse daran, dass auch die Frau Präsidentin nachvollziehen kann, was ich erzähle.
Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, trotz aller Hilfsprogramme gibt es Härtefälle. Es gibt weiterhin Betriebe und Soloselbstständige, bei denen die Hilfe hinten und vorne nicht reicht und die auch dann mit tiefen Sorgen in die Zukunft blicken, wenn der teilweise Shutdown im November tatsächlich aufgehoben werden sollte, wobei wir alle nicht wissen, ob das gelingt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte daran erinnern, dass Wirtschaftsminister Armin Willingmann schon seit Langem darauf hingewiesen hat, dass eben nicht alle Probleme über Bundesprogramme behoben werden können, sondern dass landesspezifische zielgenaue Ergänzungen erforderlich sind. Aus diesen Erwägungen hatte er bekanntlich einen ersten Vorschlag für ein Härtefallprogramm vorgelegt, das insbesondere auf die Probleme der Clubs und der Veranstaltungsbranche zugeschnitten war. Ergänzt wurde dieser Ansatz durch einen Vorschlag
für eine unbürokratische Beschleunigung der Novemberhilfen, um sicherzustellen, dass sich schlechte Erfahrungen mit verzögerten Auszahlungen von Bundeshilfen nicht wiederholen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu den wiederholt vorgebrachten Vorschlägen unseres Wirtschaftsministers - der Hinweis sei mir gerade in Richtung unseres Koalitionspartners CDU gestattet - gehörte insbesondere auch der Ansatz eines Unternehmerlohns für Soloselbstständige,
für den es jedenfalls unter für den Fachpolitikern im Wirtschaftsausschuss durchaus parteiübergreifend Unterstützung gab. Umso enttäuschender finde ich es, dass dieser Ansatz durch das Finanzministerium und durch die Finanzpolitiker unseres Koalitionspartners schon im Ansatz ausgebremst wurde.
Kolleginnen und Kollegen! Tatsächlich hat sich seitdem innerhalb einer guten Woche die Welt ein Stück weitergedreht. Ich finde es bemerkenswert, mit welcher Konsequenz die Bundesregierung auch mit den Novemberhilfen und dem neuen Programm für Soloselbstständige Prioritäten gesetzt hat und dafür setzt, die wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise in Grenzen zu halten. Olaf Scholz ist es als Bundesfinanzminister gelungen, hieraus tatsächlich eine dauerhafte Handlungsmaxime zu machen, und, meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist ein Glücksfall nicht nur für die Wirtschaft, sondern auch für uns in den Bundesländern.
Ich mag mir gar nicht ausmalen, welche Folgekosten wir schultern müssten, wenn der Bund nicht so konsequent handeln würde, wie er es zurzeit tut.
Aber kein Licht ohne Schatten. Noch größere Wirkung würde die Bundesregierung zweifelslos erzielen, wenn die Hilfe schneller fließen würde, wenn nicht fragwürdige Hürden wie die Antragsstellung über Steuerberater errichtet würden, die sich über dieses unerwartete Konjunkturprogramm nur die Hände reiben können, und das übrigens zum wiederholten Male.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie uns einen Blick auf die Gruppen werfen, für die weiterhin besondere Probleme zu sehen sind und die diesen Problemen gegenüberstehen und für die sich die Arbeit an Härtefallregelungen tatsächlich weiterhin lohnt. Das sind - ich erinnere an die gestrige Debatte zu der Regierungserklärung - die Kulturschaffenden,
denen mit einem Programm auf 400-€-Niveau natürlich nicht wirklich geholfen war und die sich; ehrlich gesagt, auch ein wenig verschaukelt fühlen müssen. Das sind auch weiterhin die Soloselbstständigen, die jetzt zwar eine Hilfe des Bundes von 5 000 € für sieben Monate bekommen; aber wenn man das umrechnet, sind das gerade knapp über 700 € pro Monat. Das sind die vielen Betriebe in unserem Land, die zwar nicht im engeren Sinne in der Gastronomie tätig sind, deshalb auch keine Novemberhilfe bekommen können, die der Shutdown aber genauso hart trifft. Das ist der Bäcker, der in normalen Zeiten einen Großteil seiner Waren an die Hotels am Ort liefert. Das ist der Fleischer, dessen Umsatz ganz wesentlich von den Gastwirten abhängt, von den selbstständigen Gebäudereinigern ganz zu schweigen, die in geschlossenen Gaststätten, Theatern, Kinos oder Konzertsälen keine Aufträge und Arbeit finden.
Was fällt uns bei diesen Gruppen auf? - Es sind oft die kleinen Leute und Beschäftigtengruppen, die nicht in die großen Programme passen. Das ist ein Umstand, mit dem wir uns als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten jedenfalls nicht abfinden können und wollen. Übrigens, viele Bürgerinnen und Bürger können das auch nicht, weil sie zugleich sehen, welche staatliche Unterstützung für die Luftverkehrsbranche oder die Automobilindustrie gemeinsam geschaffen wird, was dort alles locker gemacht wird.
Bitte verstehen Sie das nicht falsch. Die Ergebnisse des Automobilgipfels begrüße ich ausdrücklich. Natürlich hätte die Automobilindustrie auch früher auf die Idee kommen können, in neue Technologien mit eigenem Geld zu investieren, aber es ist so, dass der Staat manchmal auch etwas helfen muss. Aber Coronahilfe darf nicht nur die Hilfe für die Großen, für die Big Player in der Wirtschaft sein. Das ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern auch der wirtschaftlichen Vernunft.
Wir brauchen nach der Pandemie für den wirtschaftlichen Wiederaufstieg nicht nur unsere exportorientierte Industrie, sondern genauso das Geflecht kleiner und mittelständischer Betriebe, die Selbstständigen, die Kultur und die Veranstaltungswirtschaft.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist aber kein Thema, um mit dem Finger auf andere zu zeigen und zu sagen: der Bund müsste mal. Andere Länder legen bei dieser Herausforderung auch nicht die Hände in den Schoß, sondern investieren im Interesse ihrer wirtschaftlichen Entwicklung und zur Vermeidung sozialer Härten ihr Geld in notwendige ergänzende Programme.
Und wir? Was uns als Parlament angeht, haben wir mit dem Nachtragshaushalt 500 Millionen € zur Verfügung gestellt, nicht zuletzt um unserer heimischen Wirtschaft unter die Arme zu greifen. Von diesem Geld stehen immerhin noch mehr als 100 Millionen € zur freien Verfügung, nicht belegt durch Anmeldungen oder Bewilligungen. Der Finanzminister könnte viel Gutes bewirken, wenn er mit diesem Geld nicht so umgehen würde, als wäre es sein privater Schatz.
Nehmen Sie die Anregung von Minister Willingmann auf, machen Sie eine kritische Bestandsaufnahme, wo die Hilfe des Bundes wirkungsvoll ankommt und wo ergänzende Leistungen des Landes über den Monat November hinaus
Sorgen Sie dafür, dass unser Nachtragshaushalt das bewirkt, wofür er eingerichtet und von diesem Parlament beschlossen wurde: