Warten Sie einmal, Herr Krull; Sie können dann entscheiden. Ich habe tatsächlich noch eine Frage von Frau Buchheim gesehen. Ich habe wahrscheinlich übersehen, dass sie sich schon gemeldet hat, als Herr Krull noch seinen Redebeitrag gehalten hat. Da ich das jetzt nicht hundertprozentig weiß, würde ich das zu ihren Gunsten auslegen, sofern Herr Krull die Frage zulässt.
Vielen Dank. - Herr Krull, Sie haben in Ihrer Rede ausgeführt, dass § 56a Abs. 1 KVG den Kommunalaufsichtsbehörden auch das Recht einräumt, die pandemische Lage in den Landkreisen auszurufen.
In der Stadt Dessau, so habe ich heute gelesen, gibt es kaum Fälle. In der derzeitigen Situation kommen sie ganz gut weg. Es gibt auch Kommunen, die in der letzten Zeit unter Einhaltung von Abstands- und Hygieneregeln Präsenzsitzungen ohne Weiteres durchführen, ohne dass es dabei Probleme gibt.
Sie loben sonst die kommunale Selbstverwaltung immer sehr hoch. Meine Frage ist: Warum wollen Sie nicht erst einmal den Weg gehen - klar, das Gesetz ist erst vor Kurzem erlassen worden -, dass die Landkreise, die unterschiedliche Infektionszahlen aufweisen, selbst entscheiden, ob sie von den Rechten nach § 56a Abs. 1 KVG Gebrauch machen?
Durch den heutigen Beschluss stellen wir eine Notsituation für das ganze Land fest, ja. Aber ob die Maßnahmen nach § 56a Abs. 2 bis 6 KVG tatsächlich vor Ort Anwendung finden, obliegt der kommunalen Selbstverwaltung. Wir schaffen den
Rahmen; sie können es anwenden. Wer es aber nicht machen möchte, muss es nicht tun. Das heißt, wir schaffen die Rechtsgrundlage - das ist jetzt für das gesamte Land geregelt -, wir zwingen aber niemanden dazu, in Form von Videokonferenzen oder Ähnlichem zu tagen. Das heißt, das ist tatsächlich lebendige kommunale Selbstverwaltung. Wir schaffen den Rahmen. Ob man es vor Ort tut oder nicht, müssen die vor Ort tätigen ehrenamtlichen Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker dann entscheiden.
Dann sind wir damit durch. Wir beginnen jetzt mit der Fünfminutendebatte. Zu Beginn hat für die Landesregierung die Ministerin Frau GrimmBenne das Wort. Frau Ministerin, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Aus gegebenem Anlass möchte ich vor meiner Rede allen Ärzten, Pflegekräften, Laborantinnen und Laboranten, der Polizei, den Ordnungskräften, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Gesundheitsämtern für ihren unermüdlichen und aufopferungsvollen Dienst in dieser pandemischen Lage danken.
Ich möchte mich ausdrücklich dafür bedanken, dass sie trotz allem so besonnen und unermüdlich ihren Dienst tun.
Meine Damen und Herren Abgeordneten! In den vergangenen Wochen hat sich die Verbreitung des Coronavirus sowohl in Deutschland als auch in Sachsen-Anhalt deutlich beschleunigt. Der tägliche Lagebericht des Robert-Koch-Institutes zeigt: Die Zahl der Übertragungen in der Bevölkerung in Deutschland ist hoch, auch wenn sich der Anstieg im Moment etwas verlangsamt hat.
In Sachsen-Anhalt haben wir in den Landkreisen und kreisfreien Städten Sieben-Tage-Inzidenzen zwischen zehn und 134 zu verzeichnen. Im Durchschnitt der letzten sieben Tage liegen wir bei etwa 70. Von Anfang Oktober bis heute hat sich der Wert damit verachtfacht.
Die heute vorliegenden Anträge fordern vor diesem Hintergrund einen langfristigen Plan oder gar die sofortige Rückkehr zur Normalität. Die Landesregierung hat in ihrem Sachsen-Anhalt-Plan bereits frühzeitig zu erkennen gegeben, dass sie an einer längerfristig ausgerichteten Strategie arbeitet und diese auch auf der Basis des Infektionsgeschehens fortschreibt.
Aktuell muss dieser Plan anhand der Gesamtschau des Infektionsgeschehens in Gesamtdeutschland im Sinne einer solidarischen und einheitlichen Umsetzung der Maßnahmen teilweise ausgesetzt werden. Ja, wir wollen die Ausbreitung des Coronavirus eindämmen, das ist das Ziel. Wir sind auf dem Weg und wir gehen ihn mit Augenmaß. Der Ministerpräsident hat bereits angekündigt, dass wir, sobald es die pandemische Lage ermöglicht, wieder zu dem Plan der geordneten und verhältnismäßigen Rückführung von Schutzmaßnahmen zurückkehren werden.
Die Länder haben sich zudem am vergangenen Montag dazu bekannt und zugleich verpflichtet, vor dem Hintergrund weiterer Erkenntnisse am 25. November 2020 über eine Perspektive für Dezember 2020 und Januar 2021 im Rahmen eines Gesamtkonzepts zu diskutieren und zu entscheiden.
Wenn nun die AfD-Fraktion mit ihrem Antrag die Landesregierung auffordert, das tatsächliche und empirisch nachgewiesene Gefährdungspotenzial von Covid-19 auf dem Niveau einer mittelschweren Grippe zur Kenntnis zu nehmen, dann frage ich Sie hier: Haben Sie schon einmal während einer gewöhnlichen Grippesaison Triagezentren gesehen?
Haben Sie während einer gewöhnlichen Grippesaison von Krankenhäusern gehört, die mit zu behandelnden Grippekranken an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit und noch darüber hinaus gehen?
Ich kann Ihnen berichten, dass wir auch hier bei uns im Land beobachten können: Im Vergleich zu Grippeviren zeigen sich bei Covid-Erkrankten wesentlich häufiger schwere Verläufe. Der Anteil Beatmungspflichtiger und Verstorbener ist im Vergleich zu Influenzafällen in den Grippewellen der Vorjahre deutlich höher. Dabei werden CovidErkrankte im Durchschnitt zwei Tage länger hospitalisiert und sechs Tage länger - und damit mehr als doppelt so lange - beatmet. Hinzu kommt, dass die Bevölkerung zurzeit kaum Immunschutz gegen das Coronavirus aufweist. Nicht zu vernachlässigen sind zudem die Langzeitfolgen der Covid-Erkrankung, deren Reichweite bislang noch nicht abschließend abgeschätzt werden kann.
Ja, wir reden über Eindämmungsverordnungen. Ja, wir reden bei Lockdowns und anderen sehr einschneidenden Maßnahmen am Ende immer und tatsächlich nur über die Zahl der Toten.
Es geht darum, Menschenleben zu retten, indem wir vorsorgen, um alle gleichmäßig gut und umfassend behandeln zu können.
Natürlich betreffen die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie nicht nur die Gesundheit. Bei den Auswirkungen auf die Wirtschaft und - darüber haben wir heute in der Befragung der Landesregierung eine Stunde lang geredet - auf die Bildung müssen wir immer alle Faktoren ansehen und abwägen. Aber bei diesen Abwägungen muss der Gesundheit immer die oberste Priorität eingeräumt werden.
Wie Sie wissen, ist gestern speziell für die Bekämpfung von Covid-19 ein neuer § 28a in das Infektionsschutzgesetz eingefügt worden. Die bestehenden Rechtsgrundlagen sind eine Grundentscheidung des Gesetzgebers im Hinblick auf Erforderlichkeit, Reichweite und Intensität möglicher Schutzmaßnahmen. Sie sind alle konkretisiert worden. Der Bundesgesetzgeber hat damit auf die Dauer der Pandemie und auf die zu ihrer Bekämpfung erforderlichen Grundrechtseingriffe reagiert und kommt insbesondere den Anforderungen des Parlamentsvorbehalts nach. Ich denke, die Ausführungen, die dazu gestern im Bundestag gemacht worden sind, sind allen noch sehr gegenwärtig.
Es liegt noch ein dritter Antrag vor. Ich denke, Herr Krull hat umfassend dargelegt, warum wir eine Änderung des Kommunalverfassungsgesetzes benötigen. Wenn ich noch einmal auf die Nachfrage der Abg. Frau Buchheim eingehen darf: Die jeweils betroffenen Landkreise und kreisfreien Städte haben auch noch die Möglichkeit, über Allgemeinverfügungen zu regeln, wie sie ihr kommunales Leben sowohl in der pandemischen Lage als auch in dem Bereich ihrer Parlamente oder ihrer Vertretungen ausüben wollen. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Ich habe mich bemüht, das halbwegs in die fünf Minuten zu pressen.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Vielen Dank, Frau Ministerin. Sie sagten gerade sinngemäß, dass Ihnen keine Berichte aus Krankenhäusern be
Ich möchte, bevor ich meine Fragen stelle, aus einigen Artikeln renommierter Zeitungen zitieren. Der erste Artikel ist vom 12. März 2018 - Zitat -: Grippe-Gau in Leipzigs Kliniken. Ärzte: Grippewelle übersteigt alles bisher Dagewesene. Die Intensivstationen sind überlastet, Patienten werden abgewiesen, weil keine Betten mehr frei sind. Und selbst beim Personal ist der Krankenstand dramatisch hoch.
Zweiter Artikel aus dem Jahr 2018: Grippe legt Krankenhäuser und Ämter lahm. Bus- und Bahnverbindungen fallen aus,
weil Fahrer fehlen. OP-Säle bleiben geschlossen, weil Ärzte erkrankt sind. Die Grippewelle sorgt in vielen Gebieten Deutschlands weiter für Probleme.
Noch ein dritter, auch aus dem Jahr 2018: Grippewelle grassiert; Krankenhäuser sind überlastet; Patienten werden abgewiesen usw. usf.
Ein weiterer Artikel aus dem Jahr 2018: Lungenentzündung - 30 000 Tote jedes Jahr in Deutschland. Die Todeszahlen infolge einer Pneumonie sind seit 70 Jahren unverändert hoch: 30 000 jedes Jahr. Experten wollen das nicht akzeptieren.
Ein letzter Artikel noch - eine Bestätigung für Herrn Farle - vom 15. November 2019 - das ist ein Jahr her -: Bis zu 20 000 Tote durch Krankenhausinfektionen, RKI-Zahlen etc.
Sehr geehrte Frau Ministerin, ich habe zwei Fragen. Erste Frage: Warum waren Ihrer Meinung nach im Jahr 2018 bei doppelt so vielen Toten trotz eines verfügbaren Impfstoffes keine vergleichbaren Maßnahmen notwendig?
Zweite Frage: Wie kann es sein, dass Sie als Gesundheitsministerin solche Informationen nicht haben?