Protocol of the Session on October 14, 2020

zu verzichten und auf eine Briefwahl umzustellen. Persönlich hoffe ich, dass dies nie notwendig sein wird.

Ich möchte ganz deutlich machen: Die Landeswahlleiterin bzw. später vielleicht der Landeswahlleiter ist parteiunabhängig und an dieser Stelle nicht an Weisungen gebunden. Wir gehen von der überparteilichen Wahrnehmung des Amtes aus.

Wir wollen es alle nicht, aber für den Fall der Fälle ist es wichtig, dass wir über die entsprechenden Möglichkeiten verfügen.

Selbstverständlich müssen auch die Briefwahlen unter Einhaltung aller bestehenden Regelungen durchgeführt werden. Meine Dame und meine Herren der AfD, was Sie in Ihrem Antrag unterstellen, dass diese Gesetzesänderung durchgeführt wird, um eine Grundlage für die Manipulation bei Wahlen zu schaffen, ist, mit Verlaub gesagt, eine absolute Frechheit.

(Beifall - Zuruf)

Sie sorgen ganz allein durch Ihr Auftreten und Ihre Flügelkämpfe dafür, dass Sie nie in Regierungsverantwortung kommen werden.

(Beifall - Zuruf)

Das machen ja die aktuellen Umfragen sehr deutlich.

(Zurufe)

Als Koalitionsfraktion haben wir einige Änderungsvorschläge aufgenommen, die zum Teil zur Beschlussfassung heute vorliegen. Ich möchte allen an dem Prozess der Diskussion Beteiligten danken, dass wir den Gesetzentwurf so schnell beraten konnten.

Ich kündige auch an - das wurde schon geäußert -, dass es bereits verschiedene Hinweise für weiteren Änderungsbedarf gab. Das werden wir vielleicht in dieser Wahlperiode nicht mehr schaffen, aber bei anderer Gelegenheit.

Dem Dank an die haupt- und ehrenamtlichen Kommunalverantwortlichen möchte ich mich an dieser Stelle auch anschließen; der wurde hier schon mehrfach ausgesprochen.

Ich bitte um Zustimmung zu unserer Beschlussempfehlung und zur Ablehnung des AfD-Antrags. - Vielen Dank.

(Beifall)

Vielen Dank, Herr Abg. Krull. Es gibt keine Wortmeldungen. - Somit kommen wir zum letzten Debattenredner. Für die AfD-Fraktion spricht der Abg. Herr Roi. - Sie haben jetzt das Wort, Herr Abgeordneter.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren! Herr Krull, Sie haben vergessen, das Ergebnis aus dem Sülzetal zu nennen: 13 % für die CDU; aber das sei Ihnen überlassen.

(Zuruf von Guido Heuer, CDU)

- Ja, Herr Heuer, ich weiß, das wurmt Sie besonders. Die AfD hatte übrigens 16 % und lag vor der CDU. Bevor Sie den Untergang der AfD beschwören,

(Zuruf)

beschäftigen Sie sich noch einmal mit der Realität. - Uns liegt heute ein Gesetzespaket der Koalitionsfraktionen vor, das die Landeswahlleiterin - darüber haben wir jetzt schon gesprochen;

(Zuruf)

diese Niederlage scheint bei Ihnen tief zu sitzen -

(Zuruf)

und das zuständige Ministerium ermächtigen soll, im kommenden Jahr eine vollständige Briefwahl anzuordnen. Mit anderen Worten: Sie nutzen die Coronakrise - das ist deutlich geworden in dem Vortrag von Herrn Farle -, um Ermächtigungen zu schaffen - das Wort „Ermächtigung“ steht übrigens in Ihrem Gesetz; es ist nicht von uns erfunden worden -, die keiner von uns und kein Bürger, glaube ich, für möglich gehalten hätte.

(Zustimmung)

Ich will das noch einmal an Ihrem Gesetzentwurf verdeutlichen, der die Entscheidung allein in die Hand der Landeswahlleiterin legt und dann das zuständige Ministerium ermächtigt. Wir halten Frau Dieckmann grundsätzlich für eine integre Person, um das einmal klarzustellen.

(Zuruf)

Aber ich will Ihnen eines sagen - jetzt kommt das Entscheidende -:

(Zuruf)

- Hören Sie einfach einmal zu, Herr Striegel. - Allerdings stelle ich fest - das ist das Entscheidende -, dass die gleiche Frau im Hauptamt die Leitung der Abteilung 3 im Innenministerium ausübt. Das ist also eine Person. Sie nimmt die Funktion der Landeswahlleiterin wahr - das wurde auch schon gesagt -, aber sie ist aufgrund ihres Hauptamtes in der Abteilung 3 dem Innenminister unterstellt und damit auch Weisungsempfängerin. Nichts anderes hat Herr Farle vorhin gesagt. Das ist noch einmal deutlich hervorzuheben. Sie ist weder formell

(Zuruf)

noch tatsächlich komplett unabhängig, wie das zum Beispiel der Landesdatenschutzbeauftragte oder der Landesrechnungshof ist. Das wollen wir noch einmal deutlich festhalten.

(Beifall)

Schon aufgrund dieses Unterschiedes beantragen wir schlicht und ergreifend die Streichung dieses Ermächtigungsartikels. - Punkt.

Wir werden auch alles daran setzen, dieses Gesetz aufzuhalten. Wir werden es überprüfen lassen, weil wir im nächsten Jahr eine vollständige Briefwahl nicht akzeptieren werden.

(Beifall)

Das ist auch schon gesagt worden: Zahlreiche Fälle in Deutschland zeigen, wie anfällig die Briefwahlen sind, nicht nur in Deutschland, auch in anderen Ländern, und die AfD-Fraktion wird sich dagegenstellen.

Ich will aber noch etwas zum Kommunalverfassungsgesetz sagen und einen Punkt herausgreifen, der uns als AfD-Fraktion besonders am Herzen liegt und der auch noch einmal ganz klar zeigt, dass wir die Partei des ländlichen Raums sind. Ja, das wird Ihnen auch wieder nicht passen, aber noch einmal zu der Stellung der Ortschaftsräte.

Zu § 56a - Notsituation -, den Sie aufgeschrieben haben, muss ich Ihnen deutlich sagen: Was Sie dort organisieren, ist die systematische Entmachtung der Ortschaftsräte. Ich habe mit meinen Fragen schon darauf hingewiesen.

Sie haben sowieso schon wenig zu sagen seit der Gebietsreform, die Sie von oben durchgedrückt haben. Jetzt hebeln Sie die Anhörungsrechte mit Ihrem Notparagrafen nach und nach aus und entrechten die Ortschaftsräte mit Ihrem Gesetzentwurf vollständig. Das ist auch festzuhalten.

Das Perfide daran ist, es passiert alles schleichend und aus meiner Sicht von langer Hand geplant. Alles das ist seit Jahren Teil und Taktik Ihrer Politik. Das fällt alles nicht vom Himmel.

Dann hört man immer wieder vor Ort, dass sich die Leute aufregen. Man findet keine Kandidaten mehr. Die Leute regen sich auf, dass sie nicht mehr gehört werden. Ich habe die Beispiele vorhin gebracht.

§ 84 im Kommunalverfassungsgesetz ermöglicht den Kommunen jetzt schon im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung - das ist richtig -, das so zu stricken, dass die Anhörung des Ortsbürgermeisters ausreicht, damit die Ortschaft gehört ist. Das haben Sie auch schon geschafft.

Und jetzt kommt noch der neue Paragraf dazu, nach dem der Ortsbürgermeister selbst entschei

det, dass es ausreicht, dass nur er selbst gehört werden kann. Meine Damen und Herren, das ist wirklich schizophren, muss ich Ihnen sagen. Aus dem Grund beantragen wir die Streichung dieses Punktes.

(Zustimmung)

Ich habe vorhin schon gesagt, Sie heucheln vor jeder Kommunalwahl Betroffenheit, wenn sich immer weniger Kandidaten auf Ortsebene finden, aber dann beschließen Sie solche Gesetze. Meine Damen und Herren, genau das ist die Ursache dafür, dass sich immer weniger Leute dafür interessieren.

Das, was Sie hier machen, zeigt, wie realitätsfern Sie sind und dass Sie sich von der kommunalen Basis entfremden. Letztlich zeigt das auch die Entfernung von den Bürgern, die Sie an den Tag legen.

Im Übrigen will ich noch einmal darauf hinweisen, dass die kommunalen Spitzenverbände in ihrer Stellungnahme die gleiche Auffassung vertreten haben wie wir als AfD-Fraktion. Wir sind die Einzigen, die das noch deutlich machen. Die haben geschrieben - ich zitiere -:

„Ob bei einer außergewöhnlichen Notsituation das Anhörungsrecht des Ortschaftsrats ausnahmsweise durch den Ortsbürgermeister wahrgenommen werden soll, muss der Entscheidung des Ortschaftsrats vorbehalten bleiben, […]“

Genau das ist der Punkt, den wir in den Beratungen angesprochen haben. Aber das ist bei Ihnen immer noch nicht angekommen. Herr Krull hat letztendlich mit seinem Statement im Innenausschuss deutlich gemacht, wie Ihre Haltung ist: Es interessiert Sie nicht. „Wir bleiben dabei.“, haben Sie gesagt.