Protocol of the Session on September 10, 2020

Vielen Dank, Herr Meister. Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. - Als Nächster spricht ein fraktionsloses Mitglied, der Abg. Herr Poggenburg. Sie haben das Wort. Bitte, Herr Poggenburg.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete! Zuerst an die Volksinitiative „Faire Straße“ und auch an Sie persönlich, Frau Birkner, meinen allergrößten Respekt für das Engagement und meinen Glückwunsch für das bisher wirklich greifbar Errungene. Das war schon eine Leistung.

Ich fand auch Ihre kleine Kampfansage vorhin in Richtung besonderer Wegebeiträge oder anderer vermeintlicher Hintertürchen ganz interessant und sympathisch. Wir sollten vielleicht viel öfter solche und ähnliche Initiativen haben, wenn in den Parlamenten Themen auf der Tagesordnung stehen, die die Bürger draußen bewegen, bei denen wir im Parlament aber nicht so richtig vorwärtskommen.

Das ist gar keine Schuldzuweisung an irgendeine Fraktion. Das ist im Parlamentsbetrieb einfach so. Es bedarf eben manchmal eines externen Anstoßes und die Sache kommt in Fahrt. Ich denke, darin sind wir uns alle einig: So etwas tut unserer Demokratie, gerade der direkten Demokratie, sehr gut. Dass die Volksinitiative „Faire Straße“ etwas erreicht hat, sieht man daran, dass nun der Gesetzentwurf vorliegt. Das zeigt, dass man sich zusammengerauft hat, dass man gerungen hat.

Allerdings gibt es auch etwas zu bemängeln. Vor dem Hintergrund, dass über dieses Anliegen draußen schon seit Jahren - das wurde heute mehrmals gesagt - heftig diskutiert wird, vor dem Hintergrund, dass spätestens seit 2019 die ganze Sache in Form gebracht wurde, nämlich durch die Volksinitiative, und vor dem Hintergrund, dass von

vornherein die Forderung nach dem Stichtag 1. Januar 2019 bestand, bitte ich Sie wirklich inständig, im Ausschuss zu dem jetzt angedachten Stichtag 1. Januar 2020 noch einmal kritisch zu debattieren, dem Anliegen die gebotene Würdigung zuteilwerden zu lassen und den ursprünglich angedachten Stichtag 1. Januar 2019 in Erwägung zu ziehen.

Natürlich gab es vorhin auch - nicht ganz unberechtigt - die Frage nach der Gegenfinanzierung. Von mir werden Sie bei einer solchen Frage immer wieder dieselbe Antwort hören. Einige können sie schon gar nicht mehr hören. Ich sage es trotzdem: Solange wir im Land Sachsen-Anhalt die Situation haben, dass zig Millionen Euro in ideologische Projekte, in - ich sage es immer wieder - Gender-Blödsinn und neulinke Gesellschafts- und Bildungsexperimente, investiert oder Millionen Euro für linksextreme Netzwerke verwendet werden, verbietet sich die Frage nach der Finanzierung echter, wirklich sachlicher, konkreter Bürgeranliegen, zumindest für mich und für viele Bürger da draußen. - Vielen Dank.

Vielen Dank. Ich sehe keine Wortmeldungen. - Wir kommen zur letzten Rednerin. Für die SPDFraktion spricht die Abg. Frau Schindler. Sie haben jetzt das Wort, Frau Abg. Schindler.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Birkner von der Volksinitiative! Uns liegt heute der Gesetzentwurf zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge vor. Die wichtigsten Punkte des vorliegenden Gesetzentwurfes sind Artikel 1 Nrn. 1 und 2, die festlegen: Die Straßenausbaubeiträge werden abgeschafft.

(Zustimmung)

Meine Vorredner sind schon darauf eingegangen: Es war ein langer Weg. Ich habe gerade von meinen Vorrednern viel darüber gehört, wer sich alles den Erfolg jetzt zu eigen macht. Wir sind heute alle Schweizer.

(Zuruf: Wer hat’s erfunden?)

- Ja. - Manche zeigen sogar durch Anzeigen an, dass sie schon immer dafür waren.

(Zuruf: Das ist aber wirklich lustig! - Heiter- keit)

Ich danke an dieser Stelle meinem Kollegen Herrn Krull für seinen kollegialen Vortrag, bis auf die Bemerkung, dass die CDU schon immer dafür war.

(Unruhe)

Wir als SPD-Fraktion haben uns mit einem Fraktionsbeschluss im August 2018 auf den Weg ge

macht, die Straßenausbaubeiträge abzuschaffen. Es waren viele Gespräche notwendig, viele Diskussionen.

Ich danke auch für die kollegiale Zusammenarbeit in der Koalition. Aber zuerst gilt der Dank den zahlreichen Bürgerinitiativen im Land, die sich für die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge eingesetzt haben. Zuerst waren es viele einzelne Bürger, die sich mit Petitionen und in Gesprächen an die Abgeordneten gewandt haben. Danach waren es viele Bürgerinitiativen vor Ort bis hin zu der Volksinitiative, die heute hier vorgetragen hat.

Mehrmals - zuletzt regelmäßig - standen die Vertreter der Volksinitiative und der Bürgerinitiativen auf dem Domplatz und vor dem Landtag, auch heute, und haben auf ihr Anliegen aufmerksam gemacht. Vielen Dank für die Ausdauer allen Widrigkeiten zum Trotz.

(Zustimmung)

Es hat sich gelohnt; die Bürgerinnen und Bürger sollen von den Kosten entlastet werden. Die Politik hat reagiert und hat heute diesen Gesetzentwurf vorgelegt.

An dieser Stelle sage ich: Ja, DIE LINKE hat bereits vor längerer Zeit einen Gesetzentwurf vorgelegt, aber - ich wiederhole damit etwas, das auf eine Nachfrage hin schon einmal gesagt worden ist - über einen Gesetzentwurf muss auch entschieden werden. Dafür braucht es in einem Parlament eine demokratische Mehrheit. Diese Mehrheit ist jetzt durch die Koalition gegeben.

Auf die mehrfachen untauglichen Vorschläge und Versuche der AfD möchte ich an dieser Stelle nicht eingehen.

(Beifall - Unruhe)

Ich komme auf die Punkte der Volksinitiative, die heute ebenfalls zur Beratung vorliegt, zu sprechen. Sehr geehrter Frau Birkner, Sie haben manches richtig, vieles kritisch angemerkt. Ich möchte auf die einzelnen Punkte, die heute ebenfalls vorliegen, eingehen.

Erstens zu Ihrer Forderung, Straßenausbaubeiträge schnellstmöglich abzuschaffen. Mit dem heute zu beratenden Gesetzentwurf ist diese Forderung erfüllt. Sie legten der Präsidentin Ihre Volksinitiative mit den Unterschriften abschließend im Frühjahr 2020 vor. Wir schaffen mit dem Gesetzentwurf die Straßenausbaubeiträge rückwirkend zum 1. Januar 2020 ab. Schneller ging es nicht.

(Zustimmung)

Wir haben diesen Zeitpunkt für die Rückwirkung bewusst gewählt und in die Vergangenheit gelegt, um mögliche Manipulationen auszuschließen.

Sie fordern zweitens: keine Kannregelung. Diese Kannregelung bezieht sich nicht auf das, worüber heute schon viel diskutiert worden ist. Sie beziehen sich bestimmt auf einen Gesetzentwurf oder eine Kannregelung in Schleswig-Holstein. Dass grundsätzlich entschieden werden soll, ob erhoben wird oder nicht, haben wir von Anfang an nicht gewollt, weil nämlich genau dann die Gemeinden in diese schwierige Situation kommen.

Ich komme auf die Frage der Kannregelung, über die hier viel diskutiert worden ist, zurück. Ich glaube, es ist viel Unverständnis dabei. Es geht um die Beiträge, die bereits fällig sind, die zum 31. Dezember 2019 schon entstanden sind. Ich kann diese Kannregelung nicht ersetzen durch eine entsprechende rückwirkende Finanzierung für diejenigen, die die Beiträge noch nicht erhoben haben. Was machen wir mit den Gemeinden, die die Beiträge bereits erhoben haben und pflichtgemäß nach den geltenden gesetzlichen Bestimmungen in den Jahren 2018 und 2019 fällige Beiträge aus den Jahren 2017 und 2018 erhoben haben?

(Zuruf)

Wollen Sie diese auch zurückerstatten? - Nein. Wir wollen nicht sanktionieren.

(Zuruf - Unruhe)

Wir wollen nicht, dass diejenigen, die gesetzestreu gehandelt haben, bestraft werden und andere, die es hingezogen haben, nicht.

(Unruhe)

Es ist natürlich eine schwierige Situation.

(Unruhe)

Ich bin genauso Vertreterin in einem Stadtrat. Gemeinden, die eine schwierige Haushaltssituation hatten und auf Konsolidierung angewiesen waren, haben regelmäßig Vorausleistungen erhoben. Auch diese sind rechtskräftig; die werden nicht zurückgezahlt.

Das, was Sie wollen, würde bedeuten, dass wir dann, wie es auch mein Kollege schon gesagt hat, das Inkrafttreten bis zum Jahr 2017 zurücksetzen und die Straßenausbaubeiträge rückwirkend bis zum Jahr 2017 abschaffen müssten. Dann stehen eben diese 60 Millionen € im Raum; denn das ist die durchschnittliche Summe. Ich kann da nicht mehr unterscheiden zwischen denen, die bereits erhoben haben, und denen, die noch nicht erhoben haben. Ich müsste es dann grundsätzlich allen zurückerstatten. Deshalb noch einmal diese eindeutige Klarstellung.

Aber wieder zur Volksinitiative. Ihr Punkt 2 - keine Kannregelung - wird mit dem Gesetzentwurf erfüllt.

Eine Finanzierungsregelung wünschen Sie sich unter Punkt 3. Wir haben uns nach langer Diskussion zwischen den Koalitionsfraktionen eben nicht für das FAG, sondern für den Mehrbelastungsausgleich entschieden. Den Städten und Gemeinden soll der Betrag, der bisher über Beiträge erhoben wurde, pauschal erstattet werden - das ist die Regelung für die Zukunft -, damit es dann eben nicht in einer möglichen Finanzausgleichsmasse untergeht, die angehoben wird oder nicht angehoben wird.

Hierbei geht es nicht um die Finanzierung des Gemeindeanteils des Straßenbaus, wie das immer wieder verwechselt wird. Denn auch bisher haben die Städte und Gemeinden den Eigenanteil für ihre Straßen natürlich aus den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln entweder über die Schlüsselzuweisungen oder über die Investpauschale finanziert.

In diesem Zusammenhang wird immer wieder argumentiert, dass die im Gesetzentwurf vorgesehene Pauschale von 15 Millionen € nicht ausreichen wird. Mit dieser Legende möchte ich aufräumen. Natürlich haben wir einen Investitionsstau im Straßenbau und natürlich müssen wir in diesem Bereich zukünftig möglichst viel machen. Aber begrenzend an dieser Stelle wirkt nicht der Beitrag, der erhoben wird, sondern der Eigenanteil der Gemeinden. Ich habe es auch in einer vorherigen Rede schon einmal gesagt: Wenn wir alle bereit sind, den Kommunen mehr Geld für den Straßenbau zur Verfügung zu stellen, dann wird auch dieser Betrag höher. Aber das eine sehe ich nicht und das andere deshalb auch nicht.

Wir haben an dieser Stelle natürlich auch vorgesehen, dass das Gesetz zum 1. Januar 2024 evaluiert wird. Damit werden wir genau überprüfen, ob die Summe ausreicht.

Zu Ihrem Punkt 4. Mit der Vorlage des heutigen Gesetzentwurfs bedarf es keines Moratoriums mehr. Wie bereits ausgeführt, tritt die Regelung zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge rückwirkend zum 1. Januar 2020 in Kraft. Damit werden die Bescheide, die im Jahr 2020 ergangen sind, aufgehoben und bereits gezahlte Beiträge zurückgezahlt.

Das Ausweichen auf Erschließungsbeiträge wird in dem Zusammenhang immer wieder angesprochen. Auch das werden wir uns vornehmen. Das ist nicht Gegenstand des Kommunalabgabengesetzes; denn Erschließungsbeiträge werden durch das Baugesetzbuch, ein Bundesgesetz, geregelt. Das werden wir uns in der Zukunft genau anschauen.

Ich danke an der Stelle nochmals den Koalitionspartnern für die konstruktive Zusammenarbeit. Wir haben einen guten Gesetzentwurf vorgelegt, gut

für die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land. Und was gut für die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land ist, ist auch gut für unser Land.

Frau Schindler, kommen Sie bitte zum Schluss.

Ich bitte um die Überweisung des Gesetzentwurfes zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Inneres und Sport sowie zur Mitberatung in den Finanzausschuss. Außerdem bitte ich um eine zügige und konstruktive Beratung. - Vielen Dank.