Protocol of the Session on September 9, 2020

Der Osten sollte weiterhin noch stärker im Blickfeld der öffentlich-rechtlichen Anstalten sein und bleiben. Das ist für uns eine Herzensangelegenheit und hat mit dem Abstimmungsverhalten nichts zu tun, aber es hat etwas damit zu tun, wie sich die öffentlich-rechtlichen Anstalten in Zukunft entwickeln sollen. Da haben wir bestimmte Vorstellungen, die wir auch weiterhin klar und deutlich artikulieren werden.

Jetzt komme ich noch einmal zu der Frage: Wie geht denn die Sache hier aus? - Wir hatten ja heute leider nicht Herrn Robra hier; sonst hätte man ihn auch noch einmal das eine oder andere fragen können. Allerdings: Wem das Unterhaltungsprogramm im linearen Fernsehen zu langweilig ist, dem kann ich sagen: Wir haben hier eine Kenia-Koalition; die bietet hier und da durchaus gute Unterhaltung.

(Beifall)

Man muss sich die Sache doch einmal vorstellen: Da gibt es einen Ministerpräsidenten, der sitzt mit seinen Amtskollegen am Tisch und verhandelt einen Rundfunkstaatsvertrag, einen Medienstaatsvertrag. Und niemand hier im Landtag hat die Chance, an diesem Staatsvertrag irgendetwas zu ändern. Von uns können dazu keine Änderungsanträge gestellt werden. Alles, was in diesem Staatsvertrag steht, hat in Sachsen-Anhalt ein Mensch zu verantworten. Und das ist der Ministerpräsident, denn er hat ihn verhandelt und er hat ihn unterschrieben.

Und dann finde ich es schon sehr grotesk, wenn man als Verhandlungsergebnis nicht nur seine Unterschrift darunter setzt, sondern gleichzeitig feststellt: Liebe Leute, das, was ich hier verhandelt habe, findet leider keine Mehrheit. - Meine Damen und Herren, so etwas konnte ich mir bisher tatsächlich nicht vorstellen.

(Beifall)

Wenn ich dann noch merke, dass ein Koalitionspartner sagt, wir stimmen zu, egal, wie die anderen hier abstimmen, dann, muss ich schon sagen, ist das Unterhaltungsprogramm hier echt getoppt worden gemessen an dem, was wir sonst so kennen. Da muss ich sagen, das ist hier zum Teil keine gute Unterhaltung, sondern eine schlechte Daily Soap, die uns an der Stelle regelmäßig angeboten wird.

Insofern bin ich sehr gespannt darauf, was wir in den nächsten Wochen und Monaten für Debatten erleben. Ich erinnere noch einmal an den sehr bemerkenswerten Redebeitrag, den der von mir sehr geschätzte Kollege Siegfried Borgwardt hier beim letzten Mal in der Mediendebatte gehalten hat, als er noch einmal klar gesagt hat, dass sich die CDU-Fraktion von der Forderung der AfD, die im Endeffekt auf eine Abschaffung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hinausläuft, klar abgrenzt.

(Zurufe)

Das hat Herr Borgwardt hier klar gesagt. Ich habe eben schon angemerkt, dass das eine bemerkenswerte Rede war. Meine Bitte ist an der Stelle nur, dann im endgültigen Abstimmungsverhalten diese Differenz auch deutlich zu machen.

Herr Abgeordneter, kommen Sie bitte zum Schluss.

Diese Differenz deutlich zu machen wird der Lackmustest an der Stelle. - Herzlichen Dank.

(Beifall)

Vielen Dank, Herr Abg. Gebhardt. Es gibt zwei Fragen. - Herr Abg. Roi hat sich als Erster gemeldet. Herr Rausch, danach bitte Sie. Bitte nicht streiten. Nehmen Sie das jetzt in Anspruch, sonst kommt der Nächste dran. Bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrter Herr Gebhardt, eine nette Rede haben Sie hier gehalten. Ich frage Sie, woher Sie die Annahme nehmen, dass die AfD den öffentlich-rechtlichen Rundfunk abschaffen will, zumal wir doch immer nur fordern, die Zwangsgebühren abzuschaffen. Woher nehmen Sie diese Erkenntnisse?

Herr Gebhardt, bitte.

Vielen Dank. - Punkt eins: Es sind keine Gebühren, es sind Beiträge, die gezahlt werden. Da ist rechtlich tatsächlich etwas anderes. Sie haben eben gesagt, die Gebühren, die Zwangsgebühren abschaffen wollen. Es gibt keine Zwangsgebühren, es gibt Beiträge, die zu zahlen sind. Das ist rechtlich ein anderes Modell. Wir hatten vor Jahren die Umstellung von Gebühr auf Beitrag. Aber wer den Beitrag abschaffen will, der entzieht dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk seine Finanzierungsgrundlage. Und insofern hat es sich an der Stelle dann einfach mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk erledigt.

Wenn Sie das schon beantragen und auch laut fordern, müssen Sie die Konsequenz dazu nicht nur mitdenken - das traue ich Ihnen nicht zu -, aber zumindest mitsagen, weil das dann auch zur Ehrlichkeit gehört. Es hat natürlich eine Konsequenz, wenn man die Finanzierung streicht, nämlich die, dass dann das Gebilde nicht mehr existieren kann. Das ist doch völlig logisch.

(Zurufe)

Vielen Dank, Herr Gebhardt. Ich denke, Herr Gebhardt hat jetzt geantwortet. - Jetzt gibt es

aber eine weitere Frage von Herrn Meister. Bitte, Herr Meister.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Vielleicht habe ich es nur nicht verstanden, aber sind Sie jetzt dafür oder sind Sie dagegen? Sind Sie für oder gegen den Vertrag? Werden Sie mit Ja stimmen oder mit Nein oder gibt es eine Enthaltung?

(Heiterkeit und Beifall)

Bitte.

Herr Meister, ich habe es klar gesagt: Unser Abstimmungsverhalten, wie es im Endeffekt sein wird, ist offen. Es gibt ja noch Anhörungen, die durchgeführt werden sollen.

(Zurufe)

Es gibt noch Debatten, die es darüber geben wird. Heute steht ein Abstimmungsverhalten an. Das ist die Überweisung in den Ausschuss. Und die wird meine Fraktion selbstverständlich mittätigen.

Vielen Dank, Herr Abg. Gebhardt. Ich sehe nun keine weiteren Wortmeldungen mehr. - Wir kommen zur nächsten Debattenrednerin. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Abg. Frau Lüddemann. Sie haben jetzt das Wort. Bitte, Frau Abgeordnete.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die einen mögen die Öffentlich-Rechtlichen allein schon wegen unbequemer Interview-Anfragen nicht, den anderen ist die feine Kunst von Ironie und Satire suspekt. Wenn die Oma mit dem Motorrad durch den Hühnerstall donnert oder polizeiliches Vorgehen thematisiert wird, hört der Spaß auf.

(Zuruf: Richtig so!)

Das mag subjektiv und persönlich so sein und Humor überfordern, es darf aber unter keinen Umständen politisch bewertendes Kriterium sein, um die Funktion und die Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Medien zu beurteilen.

Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten stehen in öffentlicher Verantwortung. Sie sind Sachen der Allgemeinheit und müssen in voller Unabhängigkeit überparteilich betrieben und von jeder Beeinflussung freigehalten werden. Das hat

das Bundesverfassungsgericht in einer langen Reihe von Entscheidungen zur Konstruktion der Öffentlich-Rechtlichen bestätigt.

Die zitierten Sätze stammen beispielsweise bereits aus einer grundlegenden Urteilsschrift des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1971. Gerade in heutigen Zeiten von Fake News und Populismus wird der Auftrag und Mehrwert der öffentlich-rechtlichen Medien für unsere Gesellschaft deutlich. Die Sender informieren verlässlich über und mit Fakten, recherchieren Hintergründe, greifen gesellschaftliche Debatten auf und stellen zu kontrovers diskutierten Themen verschiedene Meinungen dar. Es ist klar, dass dabei nicht jedem jede Sendung gefällt.

Wir leben in schwierigen Zeiten, Krisen, wohin man schaut, Klimakrisen, Coronakrise, auch Krisen in oder zwischen Staaten. Es mangelt uns nicht. Wir erleben, gerade aber auch durch Corona eine Zeit mit Unsicherheit und vielen Fragen. Seit Beginn der Coronakrise sind die Einschaltquoten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks deutlich gestiegen. Offensichtlich ist der Bedarf an gut recherchierten Fakten jetzt besonders hoch.

Auch das Flaggschiff „Tagesschau“ kann eine solche Zunahme bei den Einschaltquoten verzeichnen. Dies hat, wie alles im Leben, seinen Preis. ARD - darunter der MDR -, ZDF und Deutschlandradio werden von allen Bürgerinnen und Bürgern vollumfänglich und bedarfsgerecht bezahlt. Über den Unterschied zwischen Gebühr und Beitrag haben wir eben schon debattiert. Das ist nicht nur so gewollt. Wir haben lange in Deutschland darüber gesprochen, wie wir das auf Dauer ausgestalten und wie sich der Beitrag bemessen soll. Das ist gesetzlich auch so festgeschrieben.

Auf der Basis sogenannter Bedarfsanmeldungen der Sender ermittelt die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten, die sogenannte KEF, alle vier Jahre kritisch und mit dem Rotstift bis ins Detail, wie viel Geld die Sender brauchen.

Auf der Grundlage dieser unabhängigen Ermittlungen werden die Anstalten finanziert. Die Höhe des Haushaltsbeitrags ist das Ergebnis dieser Ermittlung. Die Ergebnisse der Kommission liegen vor. Der 420-seitige Bericht ist öffentlich nachzulesen. Die ermittelte Summe steht den Sendern verfassungsgemäß zu. Wohl gemerkt: die ermittelte, nicht die gewünschte.

Will man daran etwas ändern, muss man den Auftrag ändern. Dann muss man andere Gesetze ändern und anfassen. Auch wenn dem verfassungsrechtliche Grenzen gesetzt sind, kann dort angesetzt werden, um den Auftrag der öffentlichrechtlichen Sender neu zu formulieren; das ist

möglich. Der kann verändert werden, der kann auch beschnitten werden.

Den bestehenden öffentlich-rechtlichen Informations- und Unterhaltungsauftrag hinterrücks über das Versagen der unabhängig ermittelten Finanzierung zu sabotieren, ist kein gangbarer Weg.

Zur Erinnerung: Schon einmal waren die Länder der Empfehlung der KEF nicht gefolgt. Schon damals bekamen sie vom Bundesverfassungsgericht erläutert, dass dies nicht zu rechtfertigen, sondern ein Verfassungsbruch sei. Hinzu kommt, dass die Verknüpfung einer subjektiven Bewertung einzelner Inhalte mit der Finanzierung erst recht kein Maßstab zur Beurteilung der Rundfunkbeiträge ist. Guten Journalismus gibt es nicht umsonst. Es ist auch nicht zu verkennen, dass die offenen Kanäle ebenfalls aus diesem Topf gespeist werden.

Der Rundfunkbeitrag ist in den vergangenen zwölf Jahren nicht nur unverändert geblieben, sondern sogar einmal gesenkt worden. Die Erhöhung ist weitaus geringer als der durchschnittliche Preisanstieg der vergangenen zwölf Jahre.

Ich möchte eine Frage gleich mit beantworten: Genau das - da bin ich mit dem Kollegen Hövelmann völlig auf einer Linie - verstehen wir unter Stabilität. Ansonsten hätte es im Koalitionsvertrag „Unveränderbarkeit“ heißen müssen und eben nicht „Stabilität“.

Nach diesen vielen Jahren war mit der Empfehlung einer moderaten Anpassung zu rechnen. Das hätte allen klar sein müssen. Das wurde unabhängig ermittelt und findet unsere Zustimmung.

Wir stehen zum öffentlich-rechtlichen Mediensystem. Das haben wir als GRÜNE immer wieder gesagt. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss unabhängig und gut sowie dafür stabil und handlungsfähig bleiben. Schließen Sie sich uns an, wenn Sie das auch so sehen. Ich sehe auch, dass in Fraktionen kritisch über die eigenen Äußerungen der Vergangenheit gedacht wird.

Kritisch sehe ich weiterhin auch die Leitung der Öffentlich-Rechtlichen.

Frau Abgeordnete, kommen Sie bitte zum Schluss.

Ich möchte noch einen letzten Satz äußern. - Ich will hier sehr deutlich sagen: Dass wir diesem Vertrag zustimmen, heißt nicht, dass wir unkritisch gegenüber den Öffentlich-Rechtlichen sind; Stichwort Intendantengehälter. Das steht selbstverständlich nach wie vor auf unserer Agenda.

Ich freue mich auf die Beratungen im Fachausschuss und auf die Beschlussfassung Ende dieses Jahres. - Vielen Dank.

(Zustimmung)