Protocol of the Session on September 9, 2020

Dem Entscheidungsspielraum der Länderparlamente in der Beitragsfrage sind äußerst enge Grenzen gesetzt. Als SPD-Fraktion stehen wir

zu dem Verfahren der unabhängigen Bestimmung des Finanzbedarfs des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch die KEF. Auch wenn die KEF seit dem Jahr 2009 erstmals eine Erhöhung empfiehlt, entbindet dies die Rundfunkanstalten natürlich nicht davon, weitere Einsparungen und Umstrukturierungen vorzunehmen. Hierzu ist nicht zuletzt der Bericht der KEF selbst eine wichtige Richtgröße.

Die aktuell diskutierte finanzielle Lage des Mitteldeutschen Rundfunks zeigt, dass weiterhin dringender Handlungsbedarf besteht. Wir wollen auch in Zukunft auf einen unabhängigen öffentlichrechtlichen Rundfunk und insbesondere auf einen starken regionalen mitteldeutschen Rundfunk setzen können. Die Diskussion mit den Intendanten hat in der letzten Woche gezeigt, dass Bewegung vorhanden ist. Das hat natürlich auch mit der kritischen Debatte zu tun, nicht zuletzt in Sachsen-Anhalt. Wir sind gespannt auf die weitere Diskussion im Fachausschuss und erst recht auf die öffentliche und mediale Begleitung der zu treffenden Entscheidung. Die SPD-Fraktion jedenfalls wird im Ausschuss für die Zustimmung zum Staatsvertrag werben. - Vielen Dank.

(Zustimmung)

Vielen Dank, Herr Abg. Hövelmann. Es gibt eine Wortmeldung von Herrn Abg. Rausch. - Bitte, Sie dürfen jetzt Ihre Frage stellen.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrter Kollege Hövelmann, Sie sagten, Sie befürworteten eine auf freiwilligen Beiträgen basierende Form von öffentlichem Rundfunk. Wie ist das damit vereinbar, dass in Thüringen eine Frau, die keine Beiträge gezahlt hat, zu 61 Tagen Haft verurteilt worden ist? Wie bewerten Sie den Vorgang?

Herr Hövelmann, bitte.

Ich kenne den Vorgang nicht, habe auch nicht lesen oder einsehen können, was das Gericht dazu bewogen hat, eine solche Entscheidung zu treffen. Ich gehe davon aus, dass sie im Einklang mit den geltenden Gesetzen und Regelungen steht. Ansonsten steht der betroffenen Person natürlich das Rechtsmittel der Berufung und des Gangs zu der nächsthöheren Instanz offen. Insofern ist die Frage, jedenfalls für mich, in dem Sinne nicht beantwortbar, weil ich das nicht zu bewerten habe. Vielmehr habe ich zur Kenntnis zu

nehmen, wie ein Gericht unabhängig von Politik Entscheidungen trifft.

Sie signalisieren, eine kurze Nachfrage zu haben? - Bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrter Herr Kollege Hövelmann, ich habe das deswegen gefragt, weil Sie in Ihrem Redebeitrag auf die Freiwilligkeit eingegangen sind. Ich wollte mit dem Beispiel nur zum Ausdruck bringen, dass es in Deutschland, so auch in Sachsen-Anhalt, keine Freiwilligkeit bei den zu zahlenden Rundfunkbeiträgen gibt, sondern dass man zur Zahlung verpflichtet ist. Wenn man dieser nicht nachkommt, erfolgt eine Zwangsvollstreckung.

(Zustimmung)

Sie können natürlich gern etwas darauf erwidern.

Vielleicht darf ich doch noch zur Aufklärung beitragen. Ich zitiere gern die Stelle aus meinem Redebeitrag. Ich habe gesagt: „unsere dezentralen und durch Beiträge finanzierten öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten“ usw. Ich habe also nicht davon gesprochen, dass es eine Möglichkeit für den Bürger des Landes gibt zu entscheiden, ob er einen Beitrag zahlt oder nicht. Vielmehr verfügen wir über beitragsfinanzierte öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten.

(Zuruf)

Vielen Dank, Herr Hövelmann. Es gibt eine weitere Wortmeldung. Herr Abg. Siegmund hat sich zu Wort gemeldet. - Sie haben das Wort, Herr Siegmund.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Hövelmann, der Koalitionsvertrag zwischen der CDU, der SPD und den GRÜNEN sagt aus - Herr Kollege Rausch hat es richtig zitiert -, dass das Ziel in der Beitragsstabilität besteht. Das heißt, gemäß Ihrem Koalitionsvertrag wird eine Beitragserhöhung ausgeschlossen. Deswegen meine Frage an Sie: Wird die SPD-Fraktion den Koalitionsvertrag brechen?

Herr Abg. Hövelmann.

Die SPD-Fraktion wird mit Sicherheit keinen Koalitionsvertrag brechen, den sie als SPD selbst geschlossen hat; die Parteien haben ja den Koalitionsvertrag miteinander geschlossen.

Ich bin immer überrascht, wenn die Opposition einen Koalitionsvertrag bewertet und uns sagt, wie wir ihn auszulegen und zu interpretieren haben. Sie haben ihn zur Hälfte richtig zitiert und dann die falschen Schlussfolgerungen gezogen.

Das richtige Zitat ist, dass wir im Koalitionsvertrag eine Beitragsstabilität als Ziel vereinbart haben. Und Beitragsstabilität heißt, dass er im Rahmen dessen, was wir alle als Entwicklung kennen, eine stabile Entwicklung erwarten darf. Das kann man natürlich so interpretieren, dass sich daran nichts verändern darf. Das darf man aber auch so interpretieren, dass gesellschaftliche Veränderungen und finanzielle Gegebenheiten, die sich verändern, zu berücksichtigen sind.

Insofern warten Sie zunächst die Diskussion ab und warten Sie ab, wie das die Koalition gemeinschaftlich auslegen wird. Ich bin nach wie vor hoffnungsfroh und hoffnungsvoll, dass uns das gelingen möge. Ich weiß, da sind noch viele Steine aus dem Weg zu räumen. Aber das ist dann Aufgabe unserer Koalition. Und wenn die Opposition dabei helfen möchte, dann sind Sie herzlich eingeladen.

Vielen Dank, Herr Abg. Hövelmann.

(Tobias Rausch, AfD: Darf ich noch eine kurze Nachfrage stellen?)

- Bitte.

Stabilität bedeutet ja eigentlich eine Konstante. Wenn Sie Stabilität jetzt so auslegen, dass Sie den Beitrag um 86 Cent erhöhen, obwohl die in Aussicht genommenen Einsparungen nicht erzielt worden sind, dann ist das eigentlich falsch.

Ich habe aber noch eine Frage an Sie: Wenn Sie alle Inhalte des Koalitionsvertrages so auslegen, dass es aktuell zur politischen Lage passt, wozu schließen Sie dann überhaupt einen Koalitionsvertrag?

Herr Hövelmann, Sie können darauf gern antworten, müssen es aber nicht.

Eine längere Debatte über diese Frage erübrigt sich. Ich will noch einmal deutlich machen: Wenn

wir im Jahr 2016 eine Beitragsentwicklung - in welche Richtung auch immer - von vornherein hätten ausschließen wollen, hätten wir wahrscheinlich genau das hineingeschrieben.

(Zustimmung)

Da wir aber nicht wussten, was in den Jahren 2019, 2020 und 2021 die Lebenswirklichkeit in Deutschland sein wird, haben wir eine Formulierung gewählt, die uns die Möglichkeit gibt, darauf zu reagieren. Und das werden wir auch tun.

(Zustimmung)

Vielen Dank, Herr Abg. Hövelmann. - Wir kommen zum nächsten Debattenredner. Für die Fraktion DIE LINKE spricht der Abg. Herr Gebhardt. Herr Gebhardt, jetzt dürfen Sie nach vorn kommen. Sie haben auch gleich das Wort. Bitte.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da ist er ja endlich, der schon oft zitierte und oft diskutierte Medienstaatsvertrag, der eine Beitragserhöhung von 86 Cent vorsieht.

Wir haben hier im Landtag von Sachsen-Anhalt, in den Ausschüssen und auch hier im Plenum, schon sehr häufig darüber diskutiert, auch öffentlich. Und ich will ausdrücklich sagen: Es ist gut, dass diese Debatte auch kritisch stattfindet. Wichtig ist allerdings das Ergebnis, das im Endeffekt herauskommt.

Heute geht es erst einmal nur darüber, wie wir uns zu einer Ausschussüberweisung verständigen. Dazu kann ich erst einmal sagen, dass wir als LINKE natürlich diesen Staatsvertrag mit in den Ausschuss überweisen - darum geht es heute erst einmal - und weiterhin das Abstimmungsverhalten offenlassen bis zur letzten Sitzung, die dann wahrscheinlich erst im Dezember sein wird, wie es der Plan vorsieht.

Ich will mich aber gern noch einmal wiederholen zu dem, was ich in der letzten Plenarsitzung hier schon zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk grundsätzlich gesagt habe: Die LINKE steht zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk und nicht nur zu seiner Existenz, sondern auch ohne Wenn und Aber zu seiner Bestands- und Entwicklungsgarantie, wie das Verfassungsgericht mehrfach festgeschrieben hat.

(Beifall)

Von diesem Grundsatz werden wir auch nicht abweichen.

Jetzt haben wir in den letzten Wochen und Monaten auch die eine oder andere kritische Debatte

zu unserem Agieren hier im Landtag gehört. Dabei wurde immer wieder erklärt, was vollständig richtig ist, dass man das eine mit dem anderen nicht verknüpfen darf, dass man keine Forderungen nach Intendantengehältern im Zuge eines Abstimmungsverhaltens zum Rundfunkstaatsvertrag stellen darf. Das ist auch verfassungsrechtlich völlig in Ordnung so. Diese Kritik nehmen wir auch an.

Deswegen sage ich jetzt: Völlig unabhängig von unserem Abstimmungsverhalten zum Rundfunkänderungsstaatsvertrag haben wir bestimmte Erwartungshaltungen an die Zukunft des öffentlichrechtlichen Rundfunks, und diese lauten zunächst, dass die Gebühren hauptsächlich ins Programm gesteckt werden und nicht für Intendantengehälter verwendet werden. Das ist eine klare Forderung, vor der wir auch nicht zurückschrecken, diese weiterhin zu äußern, und zwar unabhängig von unserem Abstimmungsverhalten.

(Beifall)

Zweitens wollen wir, dass „Qualität statt Quote“ sehr deutlich noch mehr zum Maßstab des Agierens des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wird und nicht, dass Sendungen abgesetzt werden, weil angeblich die Quote nicht stimmt.

(Beifall)

Das sollte man doch bitte schön den Privaten und Kommerziellen überlassen.

Drittens - auch das ist eine Forderung, die von meiner Fraktion sehr häufig artikuliert wurde -: Völlig unabhängig von unserem Abstimmungsverhalten zum Rundfunkänderungsstaatsvertrag erwarten wir, dass es mehr Engagement der Rundfunkanstalten in Mitteldeutschland und im Osten gibt.

Ich denke, bisher sind unsere Signale in allen drei Punkten erhört worden.

Ich betrachte es als ein positives Signal, dass es mit der Kulturplattform erstmals ein ARDGemeinschaftsangebot in Mitteldeutschland geben soll. Heute kam die Meldung, dass es ab dem nächsten Jahr wieder einen „Polizeiruf“ aus Halle geben wird. Es geht also an der Stelle.

Der Osten sollte weiterhin noch stärker im Blickfeld der öffentlich-rechtlichen Anstalten sein und bleiben. Das ist für uns eine Herzensangelegenheit und hat mit dem Abstimmungsverhalten nichts zu tun, aber es hat etwas damit zu tun, wie sich die öffentlich-rechtlichen Anstalten in Zukunft entwickeln sollen. Da haben wir bestimmte Vorstellungen, die wir auch weiterhin klar und deutlich artikulieren werden.