Protocol of the Session on July 9, 2020

Meine Damen und Herren Abgeordneten! Die Krankenhauslandschaft ist und bleibt in Bewegung. Im Coronajahr gilt das ganz besonders. Aktuell ist offen, wie uns das Coronakonjunkturpaket der Bundesregierung bei der Krankenhausfinanzierung in den nächsten Jahren konkret hilft.

Neue Gesetze wie das Krankenhausentlastungsgesetz sind in Kraft getreten, andere sind ausgesetzt. So greifen zurzeit die Pflegepersonaluntergrenzen in der Psychiatrie und in der Somatik nicht. Auch das MDK-Gesetz zur Prüfung zum Beispiel bei Krankenhausabrechnungen ist nicht vollständig umgesetzt worden. Ich sage auch: In dieser Situation ist das geforderte Gutachten nicht das richtige Mittel zur richtigen Zeit.

(Zustimmung)

Es würde bestenfalls viele Zahlen bringen, die wir alle schon kennen, weil wir sie für die Rahmenvorgaben zum Krankenhausplan bereits zusammengetragen haben. Diese Rahmenvorgaben sind detailliert und umfassen insgesamt 70 Seiten. Mehr könnte auch ein zukünftiges Gutachten nicht erbringen.

Deswegen habe ich Ihnen das Ministerialblatt vom 9. Dezember 2019 mitgebracht. Es gibt eine Prognose hinsichtlich der Bevölkerung und der Fallzahlen für jedes Gebiet der Medizin bis zum Jahr 2030. Von daher sind alle Zahlen,

(Zuruf)

- genau - auch für zukünftige Investitionen, schon vorhanden. Das ist sogar vom Kabinett beschlossen und veröffentlicht worden und gilt somit.

Um das deutlich zu sagen: Eine Pflicht, ein Gutachten zur investitionsspezifischen Untersetzung der Krankenhausplanung in Auftrag zu geben, sehe ich nicht, auch nicht nach der Bereinigungssitzung. Es ist schon gar keine Grundvoraussetzung für eine zielorientierte, nachhaltige Investitionsförderung. Es gibt lediglich eine Erläuterung im Haushaltsplan zu diesem Gutachten, aber keinen Sperrvermerk oder irgendetwas Ähnliches.

Herr Heuer hat heute gesagt, er brauche ein Gutachten, um in Zukunft die Investitionsvorhaben definieren zu können. Ich denke, er braucht nur das Gutachten der Krankenhausgesellschaft zu

nehmen. Darin hat das isw sehr ausführlich dargestellt, was in Zukunft in die Krankenhäuser investiert werden muss.

Meine Damen und Herren Abgeordneten! Corona hat uns vieles gelehrt. Wir müssen auf der Grundlage der bereits vorhandenen Daten und Fakten gemeinsam entscheiden, wie wir diese Erfahrungen aufnehmen können. Und wir brauchen Geld, um moderne Strukturen zu fördern, um verschlissene Geräte zu ersetzen, um Digitalisierung voranzutreiben, vielleicht auch um Rekommunalisierungen zu begleiten, wenn es denn möglich ist. Wir haben die Debatte dazu hier mehrfach geführt.

Auch an der Leopoldina scheint es ein Umdenken zu geben. So wird jedenfalls in der vierten Ad-hoc-Stellungnahme zu Corona sehr deutlich ausgeführt, dass der Staat in der Verantwortung ist, das Gesundheitssystem so umzubauen, dass es auch künftige Pandemien bewältigen kann.

Wie die Krise zeigt, können in einem Gesundheitssystem grundsätzlich nicht die gleichen wirtschaftlichen Maßstäbe angelegt werden wie in der freien wettbewerbsorientieren Wirtschaft. Das ist auch meine Auffassung, und ich richte mein Handeln, jedenfalls solange ich Ministerin bin, danach aus.

(Zustimmung)

Gerade lassen die kommunalen Krankenhäuser ebenfalls ein Gutachten erarbeiten, das in Kürze vorgestellt werden soll. Ich erhoffe mir davon Aussagen dazu, was für eine gleichwertige Versorgung in Stadt und Land notwendig ist und wie Krankenhäuser, gerade kommunale Krankhäuser, Veränderungen in der Versorgungsstruktur mit voranbringen können.

Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ich habe einen anderen Eindruck. Ich denke nämlich schon, wir haben seit Beginn 2016 bis Ende 2019 unsere Hausaufgaben gemacht. Wir haben bereits im Jahr 2016 - vielleicht können Sie sich erinnern - eine Veränderungssperre im Kabinett beschlossen mit der Folge, dass ab dem Zeitpunkt, wenn weiter geprüft und geplant wird, keine weiteren Krankenhäuser in die Planung aufgenommen werden konnten.

Wir haben ein Moratorium geschaffen und haben drei Jahre lang mit allen Spezialisten und Experten in unserem Land darüber beraten, wie der zukünftige Krankenhausplan aussehen soll. Wenn man sich allein diese Kreuze anguckt, so wird man daraus nicht schlau. Man muss es zusammen mit den Rahmenvorgaben betrachten. Dann ist es schon sehr zukunftsfähig und muss nicht schon wieder neu überarbeitet werden.

Denn der Krankenhausplan enthält alle Informationen, die wir für eine zielgerichtete Steuerung der Investitionen benötigen. Was dringend benötigt wird, sind die finanziellen Mittel, um Geschaffenes zu erhalten.

Das Institut für Strukturpolitik und Wirtschaftsförderung in Halle hat mit seinem Gutachten vom April 2019 einen investiven Nachholbedarf in Höhe von ca. 1,5 Milliarden € ermittelt. Der jährliche Investitionsbedarf wird auf ca. 150 Millionen € beziffert.

Der Investitionsbedarf pro Leistung, der durch die InEK ermittelt wurde - das ist das neutrale Institut der Selbstverwaltung -, gilt als nachprüfbar und objektiv. In dieser Situation will das Finanzministerium bzw. der Finanzminister, wie der Ausschreibungsentwurf zum Gutachten zeigt, eine Datenbank schaffen, um Simulationen und Prognosen für Bevölkerungsbewegungen und Morbiditätsentwicklungen zu erstellen und Zielbilder für notwendige Leistungen zu erarbeiten.

Das Anliegen an sich ist nachvollziehbar, aber fachlich nicht geboten; denn letztlich geschieht das alles jetzt schon und noch mehr. Eine verlässliche Datenbasis bilden die Daten gemäß § 21 des Krankenhausentgeltgesetzes bzw. die Prognosedaten des Statistischen Landesamtes. Man kann ablesen, welche Leistungen in welchem Krankenhaus erbracht werden. Man sieht Konzentrationen und Tendenzen.

Zusammen mit der regionalisierten Bevölkerungsprognose kann der Krankenhausplanungsausschuss das Leistungsangebot auf die zukünftige Nachfrage ausrichten. Für die notwendige Planungssicherheit der Krankenhausträger gibt es die Rahmenvorgaben für Versorgungs- und Qualitätsziele der Krankenhausplanung in SachsenAnhalt, die bundesweite Vorgaben zur Qualität aufnehmen und umsetzen. All das ist gesetzlich so vorgegeben.

Krankenhausplanung und Krankenhausfinanzierung haben großen Einfluss auf die Raumordnung, den Arbeitsmarkt und die Wirtschaftspolitik. Die verschiedenen Aspekte werden vom Krankenhausplanungsausschuss multiprofessionell bewertet, um die Entscheidung der Landesregierung zur Krankenhauslandschaft zielgerichtet vorzubereiten.

Freigegeben werden sollen Investitionsmittel zukünftig nur dann, wenn die Budgetverhandlungen mit den Krankenhäusern entsprechend abgeschlossen sind. Das ist wegen Corona leider noch nicht passiert. Der Prozess ist noch ausgesetzt.

(Zuruf)

- Na gut, im Augenblick arbeiten sie wegen Corona nach dem alten Budget und können die neuen

Entgelte, die sie dafür bekommen, nicht umsetzen. Ich finde, das ist eher schädlich, insbesondere für Zentrenzuschläge und für all das, was wir im Krankenhausplan festgelegt haben.

18 Monate haben die Krankenkassen Zeit, um zu verhandeln und Leistungs-, Qualitäts- und Entgeltvereinbarungen abzuschließen. Erst dann, wenn diese Vereinbarungen stehen, sollen die notwendigen Investitionen in Großgeräte etc. getätigt werden können.

Die Krankenhausplanung ist ein hochkomplexer Prozess, dem ein mathematischer Algorithmus zur Verteilung von Fördermitteln nicht gerecht werden kann. Es ist auch kein Makel der Krankenhausplanung, wenn innerhalb einer Planungsperiode strukturelle Veränderungen auftreten. Krankenhausplanung orientiert sich immer am Bedarf.

Damit sind wir im Grunde schon beim nächsten Thema, dem Ausschreiben von Leistungsangeboten, die eigentlich vom Versorgungsauftrag eines Krankenhauses erfasst sind. Darauf richtet sich ja einer der Anträge der Fraktion DIE LINKE und letztlich auch der Antrag der AfD-Fraktion zu den Geburtskliniken.

Tatsächlich ist es so, dass durch den Versorgungsauftrag eine bestimmte Angebotsstruktur genehmigt wird. Wir lassen sie zu; wir können sie aber nicht erzwingen. Dazu fehlen übrigens auch die rechtlichen Möglichkeiten. Wenn die Nachfrage nach bestimmten Leistungen nicht mehr gegeben oder wirtschaftlich nicht mehr abbildbar ist, kann ich den Krankenhausträger nicht dazu verpflichten. Wenn Personal fehlt, kann er eine Leistung schlicht nicht anbieten.

Nun komme ich direkt zum Kern der Debatte, die wir in Gardelegen führen. Für die Kindermedizin und die Geburtshilfe gibt es sehr klare Qualitätsindikatoren, die bundesweit gelten. Ohne genügend qualifiziertes Fachpersonal - Ärzte, Hebammen, Schwestern - ist kein Angebot möglich.

In der Kinder- und Jugendmedizin wirkt sich zudem aus, was sich insgesamt verändert hat. Es werden immer weniger Kinder im Krankenhaus behandelt, und sie können immer früher entlassen werden. Neue Behandlungsmethoden, die demografische Entwicklung - wir haben einfach auch viel weniger Kinder -, mehr ambulante Angebote, all das wirkt zusammen.

(Zuruf)

- Ich mache eine Planung bis zum Jahr 2030.

(Zurufe)

Das erhöht den Druck, sektorenübergreifende Strukturen über den ambulanten und dem statio

nären Sektor hinweg aufzubauen und weiterzuentwickeln.

Der Prozess bezüglich der sektorenübergreifenden Strukturen läuft im Augenblick gerade in der Altmark. Das Krankenhaus in Gardelegen ist ein tolles Beispiel für gelebte Telemedizin. Es erfolgte eine Kooperation mit der Charité. Ich bin Herrn Prof. H. sehr dankbar dafür, dass nun auch die Universitätsmedizin Magdeburg ein solches telemedizinisches Angebot vorhalten kann.

(Zustimmung)

Dann müssen wir vielleicht nicht mehr zur Charité. Das eröffnet ganz neue Möglichkeiten für die Kinder- und Jugendmedizin.

Meine Damen und Herren! Die Salus Altmark Holding gGmbH ist angetreten, um gute Versorgung im ländlichen Raum anzubieten und die Standorte in Salzwedel und Gardelegen zukunftsfähig aufzustellen, und zwar durch Schwerpunktbildung. Zum Beispiel erfolgt die Herzinfarktbehandlung an dem einen Standort, die Schlaganfallbehandlung am anderen Standort.

Die Debatte um die Zukunft der Pädiatrie reiht sich hier ein. Wir werden das Mutter-KindZentrum mit Leben erfüllen.

(Zustimmung)

Frauen, die im Augenblick dort in der Geburtshilfe entbinden, haben keine Duschmöglichkeiten,

keine Waschmöglichkeiten im Zimmer. Es gibt noch Mehrbettenzimmer. Das ist nicht besonders attraktiv. Deshalb fahren viele Gebärende lieber nach Magdeburg.

Das wollten wir immer schon verbessern. Dazu haben wir im Jahr 2018 einen Fördermittelbescheid erlassen. Wie gesagt, wir wollen das Mutter-Kind-Zentrum mit Leben erfüllen.

In den kommenden zwei Monaten soll durch den Krankenhausträger, die Salus Altmark Holding gGmbH, ein Konzept für Gardelegen entwickelt werden, das ein ambulantes Angebot mit einer bedarfsgerechten Bettenversorgung koppelt.

Nun hat auch der Förderverein erkannt, woran es im Augenblick in der stationären Versorgung hapert. Voraussetzung für den Bestand einer stationären Versorgung ist - darüber hat heute überhaupt noch niemand geredet -, dass man einen Chefarzt und einen Facharzt hat. Die Chefärztin geht Ende des Jahres in den Ruhestand. Dann muss man sehen, wie es weitergeht.

Pädiater sind im Lande selten wie Goldstaub. Sie können sich aussuchen, wo sie arbeiten. Deswegen muss ein Standort ausreichend attraktiv sein, damit das tatsächlich klappt. Wir wollen, dass die Geburtshilfe dort funktioniert. Wir wollen

dort viele Sachen etablieren. Aber es muss doch wenigstens möglich sein, eine schwarze Null zu erwirtschaften. Es dürfen nicht weiterhin rote Zahlen geschrieben werden. Das ist die Zukunft zum Beispiel in Gardelegen.