nachdem bereits eine Vielzahl an Lockerungen und Erleichterungen möglich geworden ist, ist jetzt tatsächlich der richtige Zeitpunkt für eine große Debatte über die Krankenhauspolitik in unserem Landtag.
Eigentlich könnten wir uns glücklich schätzen, unter welchen Vorzeichen wir diese Debatte heute führen. Nicht nur wegen des relativ glimpflichen Verlaufs der Epidemie in unserem Bundesland, sondern auch deswegen, weil schon vor Corona wichtige Voraussetzungen geschaffen wurden, um unsere Krankenhauslandschaft zu stärken und zukunftsfest zu machen.
Denn mit dem von der Landesregierung einstimmig beschlossenen und am 1. Dezember 2019 in Kraft getretenen Krankenhausplan haben wir genau die planerische Grundlage, die wir dafür brauchen. Dieser Plan hat den Plan, der im Jahr 2005 in Kraft trat, abgelöst. Er ist an die Stelle eines Planes getreten, den im Jahr 2014 ein Moratorium ereilte und der seit dem Jahr 2016 unter Veränderungssperre stand.
- Alle, die der Debatte bis jetzt gelauscht haben, könnten vielleicht so freundlich sein und auch meinem Redebeitrag lauschen.
Mit der Verankerung von 150 Millionen € im Doppelhaushalt 2020/2021 für Krankenhausinvestitionen haben wir zumindest einen ersten großen Schritt getan, um den jahrelangen Stillstand zu überwinden; wohlgemerkt: ein Stillstand, der finanzpolitisch bedingt war.
Mit dem Nachtragshaushalt haben wir, wie Sie wissen, weitere 25 Millionen € an Investitionsleistungen möglich gemacht. Meine Damen und Herren! Eigentlich wären das ideale Voraussetzungen dafür, um heute von dieser Debatte das Signal ausgehen zu lassen: Jetzt geht’s los, jetzt machen wir uns an die Umsetzung.
Leider setzt der Antrag der CDU für die Aktuelle Debatte das gegenteilige Signal. Hier wird so getan, in der Landesregierung wie auch im Landtag, als müsste die bereits stattgefundene Diskussion über den Krankenhausplan wieder auf null gestellt werden.
Denn die CDU-Fraktion macht mit ihrem Antrag für die Aktuelle Debatte den Versuch, den Einstieg in das Investitionsprogramm von einem Gutachten abhängig zu machen, auf das das CDUgeführte Finanzministerium in den Haushaltsberatungen gedrängt hat. Die Hintergründe dieser Diskussion, auch die Hintergründe für die Einführung dieses Gutachtens, hat Dr. Andreas Schmidt vorhin bei der Nachfrage an den Abg. Heuer noch einmal deutlich dargestellt.
Was das Finanzministerium vorhat, hat es in sich. Das hat nichts mehr damit zu tun, wovon noch im Februar die Rede war. Und, Herr Knöchel, diesem Ansinnen haben wir zugestimmt. Es ging nämlich darum, einen krankenhausscharfen Investitionsbedarf festzulegen. Es ging also um die Umsetzung des Krankenhausplanes.
Was das Finanzministerium jetzt jedoch als Auftrag beschreibt, den sie von der Investitionsbank auslösen lassen möchte, ist nichts weniger als die Aushebelung des quasi gerade erst beschlossenen Krankenhausplans.
Ich habe es so verstanden: DIE LINKE ist eigentlich schon dicht dabei; denn von der Datenerhebung über die Entwicklung eines umfassenden Zielbildes bis hin zur Zuordnung einzelner medizinischer Leistungen an genau bestimmte Kliniken soll dieses Gutachten all das wieder aufrollen, was für den Krankenhausplan in dreijähriger Arbeit dezidiert aufgenommen, aufgeschrieben und vielfältig diskutiert wurde.
Dabei geht es nicht nur um das Geplänkel zwischen zwei Ressorts, sondern es geht darum, dass die Arbeit all derer infrage gestellt wird, die an der Erstellung des Krankenhausplanes mitgewirkt haben. Ich meine die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Ministerium, die Krankenhausgesellschaft, die Ärztekammer, die Kassenärztliche Vereinigung, die Krankenversicherungen und die kommunalen Spitzenverbände.
Alle diese Akteure haben mit ihren unterschiedlichen Sichtweisen auf Krankenhausplanung an diesem Plan mitgeschrieben. Wer davon ausgeht, dass das ein zielloses Papier ist, der verkennt die Debatten, die diese Experten geführt haben.
Die Vertreterinnen und Vertreter dieser Institutionen sind aber nicht nur jene Expertinnen und Experten, die wir für die Verhandlung eines solchen komplexen Planes gebraucht haben, um sachorientierte und zukunftsweisende Entscheidungen treffen zu können. Es sind zugleich jene Expertinnen und Experten, die bei den weiteren Umsetzungen des Krankenhausplanes gebraucht werden, weil sich an die Einschätzung und die Verhandlungen der Krankenhäuser mit den Krankenkassen über die Erbringung einer Leistung die Entscheidung über die Gewährung einer Investition anschließt. Nicht anders läuft es.
Alle diese Akteure sitzen wieder am Tisch und beratschlagen und entscheiden. Das ist ein hoch komplexes System. Das kann man mit einem einfachen Blick eines Finanzers leider nicht ersetzen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Offenkundig steht hier aber nicht nur eine Art paralleler Krankenhausplan im Raum, sondern auch der Aufbau einer parallelen Förderstruktur; denn zu den 400 000 € für das Gutachten kommen noch einmal rund 500 000 € hinzu, die nach den Vorstellungen des Finanzministers für die Administration der Investitionsförderung durch die Investitionsbank eingesetzt werden sollen.
Warum man nach der Erfahrung mit diversen Geschäftsbesorgungsverträgen ein solches externes Verfahren wählen sollte, während in der Landesverwaltung die ganze Expertise für die Förderentscheidungen vorhanden ist, kann ich nicht nachvollziehen.
Hätte man im Finanzministerium Zweifel daran, dass die Ressourcen in der Verwaltung und auch im Ministerium nicht ausreichen, um die Förderungen zu administrieren, dann hätte man diesen Zweifeln durch die Zuweisungen von zusätzlichen VZÄ zum Beispiel im Rahmen des Nachtragshaushaltes, aber auch schon in den Beratungen über den Doppelhaushalt leicht begegnen können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Summe von rund 900 000 €, die man im Krankenhausbereich bestimmt sinnvoller einsetzen kann, steht für uns an dieser Stelle wirklich infrage.
Ich ziehe mal ein Zwischenfazit: Das, was die CDU als notwendige Voraussetzung für den Einstieg in die Investitionsförderung an unseren Krankenhäusern darstellen will, ist in Wahrheit eine teure und überflüssige Warteschleife. Einen Sinn würde diese neue Runde eigentlich nur für jemanden machen, der trotz Corona, trotz der großen öffentlichen Aufregung an den Standorten, an denen Diskussionen über die Schließung von Kliniken und Krankenhäusern aufkommen, immer noch im Hinterkopf hat, dass Einsparmöglichkeiten im System stecken, dass die Bedarfe, die von der Krankenhausgesellschaft angemeldet wurden, zu hoch sind, oder dass man Schließungen braucht.
Ich kann dazu nur wiederholen, dass wir schon vor der Pandemie gesagt haben, wer darauf spekuliert, durch eine veränderte Strukturplanung Krankenhäuser zu schließen, muss wissen, dass die SPD dabei nicht mitmacht,
hoher Qualität. Deshalb taugen die drei Standorte, um die es in den Anträgen geht, auch nicht als Beispiel für Schließungen im Vorfeld einer Investitionsplanung. Wenn wir uns die drei Fälle näher anschauen, dann wird klar, dass es sich um ganz unterschiedliche Fallkonstellationen handelt.
In Bitterfeld-Wolfen hat der CDU-Landrat erst die Schließung der Frauen- und Geburtsklinik ins Gespräch gebracht und seinen Vorschlag jetzt zurückgenommen. Er tat dies wohl auch, weil er im eigenen Kreistag und weit darüber hinaus Gegenwind bekommen hat. Wenn sich in Bitterfeld-Wolfen jetzt eine Lösung mit weiteren kommunalen Partnern abzeichnet, ist das ausdrücklich zu begrüßen.
In der Hansestadt Gardelegen war es die Geschäftsführung des Klinikums, die aus strukturellen und personellen Gründen eine Debatte angestoßen hat, die öffentlich als drohende Schließung der Kinderklinik wahrgenommen wurde. Dass die beiden öffentlichen Träger auch durch die Vermittlung von Petra Grimm-Benne jetzt eine gemeinsame, auch vor Ort akzeptierte Zukunftsperspektive für die stationäre Behandlung von Kindern entwickeln haben, ist eine gute Nachricht.
In der Hansestadt Havelberg, wo der private Betreiber sich unter rein ökonomischen Gesichtspunkten für die Schließung des Krankenhauses entschieden hat, kommt es jetzt darauf an, ob der Landrat in der nächsten Woche im Kreistag für seinen, so hörte ich, vorgesehenen Grundsatzbeschluss zur Rekommunalisierung eine Mehrheit findet.
Für uns als Landtag bedeutet dies aber auch: Alle, die hier vorne diese Frage gestellt haben und gesagt haben, das ist der richtige Weg, werden hier im Landtag auch den Schwur leisten müssen, dass wir den Landkreis bei der Finanzierung dieses Standortes perspektivisch unterstützen müssen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein gut aufgestelltes Krankenhaus in vertretbarer Nähe ist ein wesentlicher Faktor für Lebensqualität und Sicherheit in unserem Land. Die Menschen brauchen das Vertrauen, dass auch durch uns, durch unser Zutun diese Lebensqualität und Sicherheit gewährleistet werden. Dieses Vertrauen wird jedoch gefährdet, wenn heute ein Havelberg, mor
gen ein Gardelegen und übermorgen ein Bitterfeld-Wolfen in die Schlagzeilen geraten. Wir brauchen Krankenhausstandorte mit verlässlicher Perspektive.
Wer sich aber nur ein bisschen mit dem System der Krankenhausfinanzierung befasst hat, der weiß, dass sich diese Stabilität nicht von der Landesregierung verordnen lässt. Daran kranken die Anträge der Opposition, die heute vorliegen.
In einem System, das von Trägervielfalt und Wettbewerb um Patienten und um Personal lebt, aber auch von kommunaler Verantwortung getragen wird, kommt es auf beides an, nämlich auf eine politisch verantwortliche Ministerin, die für den Erhalt aller Krankenhausstandorte steht. Die haben wir, das hat Petra Grimm-Benne auch heute in der Debatte gesagt und sie hat es bewiesen.
Und es kommt auf Krankenhausträger an, die sich diesem Ziel ebenfalls verpflichtet fühlen und bereit sind, sich auf dafür erforderliche Kooperationen und Profilbildungen einzulassen. Standortsicherung durch Spezialisierung und Wandlung, das ist da Gebot der Stunde.
Ich sehe es als Aufgabe für uns als Landtag an, dieses Zusammenwirken zwischen Land, Krankenhausträgern und Kommunen, die den Sicherstellungsauftrag haben, zu unterstützen, damit der Krankenhausplan verlässlich umgesetzt werden kann.
Ich habe abschließend zwei konkrete Vorschläge. Erstens. Lassen Sie uns die Mittel für das Gutachten, die im Haushaltsplan bereitstehen, sinnvoll nutzen, nicht für eine Parallelplanung vom Urschleim an, sondern ganz konkret für ein Coronaupdate, für die Auswertung der Erfahrungen mit der Pandemiebekämpfung und für Schlussfolgerungen für die Krankenhauslandschaft, für die vor Ort im Krisenfall benötigte Bettenausstattung, für die Vorratshaltung und für damit verbundene Investitionen.