Protocol of the Session on October 15, 2015

Danke schön. - Für die Landesregierung spricht nun Herrn Staatsminister Robra.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich begrüße es sehr und freue mich, dass wir nach vielen Diskussionen über die allgemeine Breitbandinfrastrukturen hier im Parlament jetzt Teilaspekte beleuchten, die nicht jeden Tag im Vordergrund stehen.

Ich freue mich insbesondere - das wird Sie nicht wundern - über den Antrag der Koalitionsfraktionen, in dem der Auf- und Ausbau von freien Netzwerken begrüßt wird und allen Freiwilligen, die sich an dieser Stelle im Land betätigen, ausdrücklich gedankt wird.

Diese Punkte kann ich für die Landesregierung ebenso unterstreichen wie die weiteren Punkte, die sich im Antrag der Koalitionsfraktionen in der Drs. 6/4366 finden.

Für die Medienanstalt kann ich natürlich nicht abschließend sprechen; das machen die Gremien allein. Aber ich glaube schon, dass Interesse daran besteht, ein Pilotvorhaben im Bereich freier WLAN

Netzwerke zu starten, wie es sie schon in BerlinBrandenburg gibt.

Das Thema Flüchtlingsunterkünfte beschäftigt uns sehr. Aber Sie wissen, dass es diesbezüglich bereits eine ganze Reihe von Aktivitäten, auch ehrenamtliche Aktivitäten, gibt. Zum Beispiel engagiert sich Dell in Halle in Bezug auf die WLAN-Versorgung des Maritim. Auch an anderen Stellen ist man in diesem Bereich aktiv.

Die öffentlichen Gebäude einzubeziehen, ist eine gute Idee. Wir sind überall präsent. Daran, ob man deswegen allerdings, wie das die GRÜNEN fordern, und, wie ich finde, überschießend fordern, ein Kataster anlegen muss, das alle öffentlichen Liegenschaften erfasst, habe ich meine Zweifel. Jeder weiß, wo die öffentlichen Liegenschaften hier im Lande sind.

(Herr Herbst, GRÜNE: Eben nicht!)

Wenn jemand dort eine Freifunkanlage errichten will, dann kann er den Behördenleiter anrufen und dann funktioniert dies völlig unkompliziert.

(Zuruf von Herrn Herbst, GRÜNE)

Außerdem kann man sich an Herrn Teichert vom BLSA wenden. Er hilft dann sogar dabei, geeignete Liegenschaften zu finden. Es gibt bedauerlicherweise auch ungeeignete Liegenschaften. Warum soll man diese in einem Kataster erfassen?

Ich begrüße auch den Alternativantrag der Koalitionsfraktionen sehr. Ich finde - ehrlich gesagt - die Formulierung der LINKEN in ihrem Antrag „WLANWüste in Deutschland entgegenwirken“ sehr steil, sehr populistisch, sehr vordergründig. Ich habe es auch ein bisschen bedauert, Herr Wagner, dass Sie die Überlegungen, die den Bundeswirtschaftsminister dazu veranlasst haben, den Gesetzentwurf so vorzulegen, wie er vorgelegt worden ist, in keiner Weise gewürdigt haben.

Deswegen nutze ich die Gelegenheit, einmal darauf aufmerksam zu machen, dass der Bundeswirtschaftsminister in seinem Online-Bereich das Pro und Kontra der unterschiedlichen Ansätze, die in diesem Zusammenhang diskutiert werden, sehr ausführlich dargelegt hat und begründet hat, warum er und die Bundesregierung insgesamt, auch unter Beratung des Bundesjustizministeriums im Übrigen, sich für diesen differenzierteren Ansatz ausgesprochen haben.

Die Details sind umstritten und auch unter den Politikern der Koalitionsfraktionen im Bundestag in Berlin sind noch längst nicht alle Fragen abgeräumt. Wir befinden uns im ersten Durchgang im Bundesrat. Es gibt Berge von Stellungnahmen, die erst einmal gewichtet werden müssen. Dann werden wir sehen, was der Bundestag dazu sagen wird. Auch dort haben sich verschiedene maßgebliche Politiker schon zu Detailfragen, beispielswei

se zu den Fragen, was zumutbar ist und wie es sich im Zusammenhang mit den gefahrgeneigten Diensten verhält, geäußert. Daran kann man sehen, dass diese Thematik noch einen erheblichen Beratungsaufwand mit sich bringt.

Herr Wagner, sehen Sie es mir nach: Man muss sich am Ende schon entscheiden, ob man Landes- oder Bundespolitik machen will, wenn man auf einem Felde, das der bundespolitischen Sphäre zugerechnet ist, mit solcher Leidenschaft kämpft, wie Sie das tun. Dann müsste man sich vielleicht ins andere Parlament setzen, in dem das Gesetz dann wirklich zur Entscheidung ansteht. Wir beraten im Bundesrat mit und bringen unsere Argumente auch ein. Aber die Weichen werden auf dem Feld des Bundesrechts dann am Ende im Bundestag zu stellen sein.

Wir können zusagen, dass wir die Punkte aus dem Antrag der Koalitionsfraktionen und auch aus dem Alternativantrag im Rahmen eines Fachgesprächs, zu dem die Staatskanzlei einladen wird - Herr Struhkamp sitzt auf der Tribüne und nimmt dies mit -, minutiös abarbeiten werden. Zudem können wir zusagen, dass wir auch im Rahmen der Beratungen über das Gesetzgebungsvorhaben im Bundesrat alle Argumente immer wieder aufs Neue abwägen und mit den Kolleginnen und Kollegen der anderen Bundesländer diskutieren werden.

Dann werden wir, wie ich hoffe, ein Bundesgesetz bekommen, das den Vorwurf „WLAN-Wüste errichten“ definitiv nicht verdient, sondern das einen wichtigen Beitrag dazu leistet, dass Freifunker, aber auch offene WLANs in Deutschland ihre Chance haben, so wie es in anderen europäischen Mitgliedstaaten schon der Fall ist. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Danke schön, Herr Staatsminister. - Wir treten in die Aussprache ein. Wir haben uns auf eine verbundene Debatte zu den Tagesordnungspunkten 29 a und 29 b verständigt. Als Erster spricht für die Fraktion der SPD Herr Abgeordneter Graner.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir uns die Digitalisierung unserer Gesellschaft und der Welt ansehen, dann stellen wir fest, dass sich zunehmend eine Überlegenheit datengetriebener Unternehmen herausbildet. Facebook oder Google sind in diesem Zusammenhang nur die Stichworte. Ich habe bereits eben in meiner Rede zum Thema Enquete-Kommission kurz darauf Bezug genommen.

Freifunk schafft dazu eine Alternative für die Bürgerinnen und Bürger, und zwar auf lokaler Ebene.

Das heißt, dies ist ein klassischer basisdemokratischer Ansatz. Meine Vorredner sind darauf bereits eingegangen.

Aber es geht darüber hinaus; denn diese Initiativen helfen auch bei der Vermittlung von Wissen über digitale Infrastrukturen beim Aufbau dieser Technik. Die Freifunkgruppen, die wir bereits in Sachsen-Anhalt haben, vor allem in der Altmark, im Harz, in Magdeburg und in Halle, vermitteln damit ganz konkret praktische Medienkompetenz.

Aktuell sind es insgesamt über 500 freie Zugangspunkte im Land, die durch dieses ehrenamtliche Engagement entstanden sind. Besonders hervorheben möchte ich in diesem Zusammenhang auch die Initiative meines Kollegen Steppuhn in Quedlinburg, wo bereits eine Flüchtlingsunterkunft mit freiem WLAN ausgestattet worden ist. Das ist ein Ansatz und das ist ein Weg, den wir weitergehen müssen.

Aber Freifunk und freies Internet sind viel mehr als kostenloses Internet. Durch die Teilung eines Internetzugangs entsteht tatsächlich auch eine neue Zusammenarbeit innerhalb der Gesellschaft. Damit wird ein gesellschaftlicher Mehrwert geschaffen.

Der Landwirtschaftsminister ist leider nicht anwesend. Es gibt den Begriff der „digitalen Allmende“ für dieses Freifunkengagement. Das heißt, hierbei handelt es sich tatsächlich um gemeinschaftlich genutztes Eigentum.

Für diejenigen, die jetzt nicht so genau wissen, worum es dabei eigentlich geht. Es ist ganz simpel: Jeder hat seinen Router, der das WLAN zu Hause bereitstellt. Man kann einen zweiten Router daneben stellen, an die Steckdose anschließen, die Software herunterladen, das Ganze verbinden und schon hat man einen Freifunkknoten. Das ist relativ unaufwendig, preiswert und leicht zu handhaben.

Ich möchte einfach einmal an die hier anwesenden Kolleginnen und Kollegen appellieren: Überlegen Sie sich, ob Sie so etwas nicht auch alle in Ihren Bürgerbüros einrichten können!

(Zustimmung von Herrn Striegel, GRÜNE)

Das wäre durchaus eine Chance, auch dieser Digitalisierung der Gesellschaft weiter Vorschub zu leisten.

(Herr Knöchel, DIE LINKE: Hab ich!)

- Einige haben das schon. Ich weiß, ich will sie nicht alle aufzählen.

Dann hat der Staatsminister bereits erwähnt, man könne doch einfach bei den kommunalen Behörden anfragen, das sei ganz einfach. Ich glaube, dass durch die Unterstützung des Landtages für die Freifunkinitiativen, diejenigen, die vor Ort arbeiten - also die lokalen Gruppen -, der Zugang zu

den Behörden noch einmal erheblich erleichtert wird.

Es ist nämlich etwas anderes, ob jemand beim Bürgermeister oder in der Verwaltung oder im Landratsamt anklopft und sagt: „Guten Tag, ich bin Freifunker!“, und die Antwort ist: „Was ist denn das überhaupt?“, oder ob man sagen kann: Hier ist ein Beschluss des Landtages, mit dem das landesweit unterstützt wird. Damit werden auch neue Türen im Land geöffnet. Das ist ganz, ganz wichtig.

(Zustimmung von Herrn Felke, SPD, und von Herrn Wagner, DIE LINKE)

Deswegen möchte auch ich an dieser Stelle den Freifunkern für ihre Initiativen danken.

Zum Thema WLAN ist schon allerhand gesagt worden. Das will ich nicht weiter ausführen.

Aber ich möchte die Gelegenheit nutzen, weil ich weiß, dass auch viele der Engagierten, die sich in der Digitalpolitik auskennen, heute hier zuschauen, teilweise über den Stream. Die Freifunk-Community verfolgt diese Debatte sehr intensiv. Ich möchte einmal etwas dagegen sagen, dass die Netzpolitik der Parlamente und Parteien häufig von dieser Community mit einer gewissen Herablassung behandelt wird.

Ich finde, ehrlich gesagt, diesen Vorwurf anmaßend. Ein paar Experten gibt es schon hier im Parlament. Es sitzen nicht nur digitale Deppen in den Parlamenten.

(Zustimmung von Frau Niestädt, SPD)

Mancher Experte hat auch wiederum gute Berater, die ihm helfen, das eine oder andere noch besser zu durchdringen.

Liebe Freifunkengagierte und andere, die ihr digital engagiert seid, geht auch in die Parlamente! Geht in die Parteien oder gründet neue und macht eine noch bessere Digitalpolitik! Aber - das ist meine ganz große Bitte - vergesst dabei die analoge Politik nicht!

Analoge Politik ist genauso wichtig. Dabei geht es, wie in dieser Sitzung, vom Betreuungsgeld über das Streikrecht bis zum Waldgesetz. Auch diese Themen sind wichtig für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft, nicht nur Digitalisierung.

Ich möchte nicht, dass Politik - also das, was wir hier betreiben, das Ringen um den besten Weg - eines Tages abgelöst wird durch einen Algorithmus und dann aus dem Silicon Valley bestimmt wird.

(Zustimmung von Frau Gorr, CDU)

Ich fordere auch die digitale Community auf: Engagiert Euch politisch! Es lohnt sich. - Vielen Dank.

(Zustimmung von Frau Niestädt, SPD, und bei den GRÜNEN)

Danke schön, Kollege Graner. - Als Nächster spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Abgeordneter Herbst.