Ein weiterer zu beratender Punkt ist, wie sich das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Mai 2015 auf uns auswirkt. Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil zu den Richterbezügen in Sachsen-Anhalt grundsätzliche Pflöcke eingeschlagen, die über die Richterschaft hinaus wirken und für uns in der zukünftigen Gesetzgebung in diesem Bereich zu berücksichtigen sind.
Der jetzt vorgelegte Gesetzentwurf geht in der Begründung kurz auf diesen Umstand ein. Schon angesichts der Tatsache, dass die Urteilsverkündung zu einem Zeitpunkt erfolgte, als der Gesetzentwurf schon in der Erarbeitung war, wird man genau darauf schauen müssen, ob die Vorgaben tatsächlich eingehalten sind.
Es sind diverse Kriterien zu berücksichtigen und zum Beispiel Fragen dahin gehend zu beantworten, ob die Mindestdifferenz von 5 % zwischen der Entwicklung der Verbraucherpreise und der Besoldungsentwicklung eingehalten wurden.
Es ist zu berücksichtigen, ob die Besoldungsentwicklung in den letzten 15 Jahren - das gibt uns das Gericht auf - mehr als 5 % hinter der Entwicklung der Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst, der Entwicklung des Nominallohnindexes und der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes in Sachsen-Anhalt zurückgeblieben ist. Gegebenenfalls kann sich dort dann Handlungsbedarf ergeben, eine durchaus komplexe Betrachtung.
Ich vermisse in der Gesetzesbegründung eine klare Darlegung darüber, wie sich die einzelnen Kriterien für uns entwickelt haben und welche Abwägungen konkret vorgenommen wurden. Das sollte in den Ausschussberatungen nachgeholt werden, damit wir am Ende ein Gesetz haben, das auch der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung genügt.
Wir müssen bedenken, dass die Beschäftigungsbedingungen der Beamten in Sachsen-Anhalt unter dem Niveau des Bundesdurchschnitts liegen. Beamte der Besoldungsgruppe A5 erhalten in Sachsen-Anhalt pro Jahr rund 600 € weniger als Beamte derselben Besoldungsgruppe im Bundesdurchschnitt. Nur in drei anderen Bundesländern - Berlin, Brandenburg und Hessen - verdienen Beamte der Besoldungsgruppe A5 weniger Geld als in Sachsen-Anhalt.
Für Beamte der Besoldungsgruppe A9 sieht es ein wenig besser aus: Der Abstand zum Bundesdurchschnitt beträgt hier nur 400 € pro Jahr und in vier anderen Bundesländern - Berlin, Brandenburg, Hessen und Niedersachsen - erhalten ihre Kollegen weniger Gehalt.
Wenn wir erreichen wollen, dass wir in SachsenAnhalt auf Dauer qualifiziertes Personal für den öffentlichen Dienst bekommen, dürfen wir die Qualität unserer Beschäftigungsbedingungen nicht aus dem Blick verlieren. Wir stehen dabei im Wettbewerb mit anderen Bundesländern, aber auch im Wettbewerb mit der freien Wirtschaft.
Die Übernahme der Tarifeinigung für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes der Länder - auch für die Beamtinnen und Beamten in unserem Land - ist für uns deshalb letztlich eine Selbstverständlichkeit. Die jedoch darüber hinaus gehenden
Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Wir haben es gehört: Der Tarifabschluss, der am 28. März 2015 für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst der Länder erfolgt ist, wird nun mit dem vorliegenden Gesetzentwurf auf die Beamtinnen und Beamten, Richterinnen und Richter und Versorgungsempfänger übertragen. Wie bereits erwähnt, sind die ausgehandelten 4,4 % - mindestens aber 75 € in zwei Schritten - jeweils zum 1. Juni auf die Besoldung bzw. Versorgung zu übertragen.
Der Gesetzentwurf sieht somit eine inhaltsgleiche und zeitnahe Übernahme des Tarifergebnisses vor. In dieser Lohnsteigerungsrunde haben wir uns für einen Nachlauf bei der Erhöhung um drei Monate entschieden.
Vor zwei Jahren hatten wir ein halbes Jahr gewählt. Wir verkürzen den Zeitraum nunmehr und die Beamtinnen und Beamten sowie Richterinnen und Richter erhalten schneller die Anpassung ihrer Bezüge. Frau Dr. Paschke hat es gesagt: Das ist ein Schritt wieder in die Richtung, dass man sich in naher Zukunft eventuell wieder angleichen könnte. Wir wollten das Signal setzen, dass wir nicht wieder ein halbes Jahr warten wollen.
Die von der Landesregierung vorgeschlagene inhaltsgleiche und zeitnahe Umsetzung stellt eine besondere Wertschätzung - das finden wir jedenfalls - der Arbeit unserer Beschäftigten dar. Wir als öffentlicher Arbeitgeber sollten hierbei mit gutem Beispiel vorangehen; denn gute Arbeit braucht auch gute Bezahlung.
Zur Wiedereinführung der Sonderzahlungen. Frau Dr. Paschke, Sie haben erwähnt, dass Sie das mit einem Antrag in den Finanzausschuss einbringen wollen. Aber ich sage: Wir müssen auch immer beachten - auch bei der Entscheidung darüber, es um drei Monate zu verzögern -, was das für Folgekosten hat. Die drei Monate hätten etwa 5 bis 6 Millionen € gekostet. Das wäre die Alternative gewesen. Auch bei einer Wiedereinführung von Sonderzahlungen muss man an so etwas denken. Ich denke, wir sollten genau darüber reden; denn hierbei bedarf es keiner Schnellschüsse.
dass manche gedacht haben, wir könnten das gleich mit der Anpassung des Tarifergebnisses berücksichtigen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! So schnell geht das nicht. Es kann noch nicht geheilt werden. Dazu bedarf es - das kann man sich vorstellen - noch ein wenig Arbeit, damit wir das Ziel und die Vorgabe, zum 1. Januar 2016 eine verfassungsgemäße Besoldung zu haben, erreichen können.
Auch hierbei gilt, keinen Schnellschuss vorzunehmen und erst einmal in aller Ruhe die verfassungsgemäße Besoldung zu ermitteln; denn auch das bedarf ein wenig Zeit und man muss es natürlich gewissenhaft machen.
Daher: Ja, es wird uns sicherlich noch einmal in den nächsten Monaten im Finanzausschuss und hier im Parlament ereilen. Die Anpassung muss vorgenommen werden und es muss in das Gesetz gegossen werden.
Zum anderen sollte die Übernahme des Tarifergebnisses aber nicht aufgehalten werden - ich denke, darin stimmen wir alle überein - und das Gesetzgebungsverfahren sofort erfolgen. Wir werden daher wahrscheinlich erst zusammen mit dem im Juli einzubringenden Nachtragshaushalt einen Vorschlag für die Verfassungsmäßigkeit der Besoldung vorlegen.
Ich denke, Herr Minister, dass man das hinbekommt. Daher plädiere ich für die Anpassung der Besoldungsbezüge in der von der Landesregierung vorgeschlagenen Form der inhaltsgleichen und zeitnahen Übertragung.
Ich beantrage als letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt die Überweisung des Gesetzentwurfes sowie der beiden Änderungsanträge an den Ausschuss für Finanzen und zur Mitberatung an den Ausschuss für Inneres sowie an den Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung. - Vielen Dank.
Danke schön, Frau Kollegin Niestädt. - Von allen Fraktionen ist die Überweisung an die Ausschüsse beantragt worden. Ich bitte um Unterstützung: federführend an den Ausschuss für Finanzen. Dann wurde die Überweisung an den Ausschuss für Recht und Verfassung beantragt.
zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Finanzen und zur Mitberatung an den Ausschuss für Recht und Verfassung, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Gegenstimmen? - Sehe ich nicht. Stimmenthaltungen? - Auch nicht.
Wer den Gesetzentwurf und die Änderungsanträge auch an den Innenausschuss überweisen möchte, der kann das jetzt durch sein Kartenzeichen zum Ausdruck bringen. - Das sind die Fraktion DIE LINKE und Herr Borgwardt.
(Heiterkeit bei allen Fraktionen - Minister Herr Bullerjahn: Ich würde auch den Sport- ausschuss noch nehmen!)
Wer möchte dies nicht? - Wer enthält sich der Stimme? - Der Rest des Parlaments enthält sich der Stimme. Dann ist das mit einer beeindruckenden Mehrheit so entschieden worden, es an den Innenausschuss zu überweisen.
(Heiterkeit und Zustimmung bei allen Frak- tionen - Herr Gallert, DIE LINKE: Jetzt hat er einen gekriegt! - Herr Borgwardt, CDU: Dann habe ich einen gut! - Minister Herr Bul- lerjahn: Ich meinte Sommerpause dieses Jahr!)
Entwurf eines Gesetzes über die Beauftragte oder den Beauftragten des Landes Sachsen-Anhalt zur Aufarbeitung der SED-Diktatur (Auf- arbeitungsbeauftragtengesetz Sachsen-Anhalt - AufArbG LSA)
Die Aufarbeitung des DDR-Unrechtsregimes ist insbesondere aus der Sicht der Opfer längst nicht abgeschlossen. Die Landesbehörde für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik im Land Sachsen-Anhalt mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und der Landesbeauftragten an der Spitze leistet seit zwei Jahrzehnten eine enorm wichtige Arbeit für die historische und gesellschaftliche Aufarbeitung der DDR-Diktatur und der Arbeit der Staatssicherheit. Sie ist ein verlässlicher Partner für alle, die unter der DDR-Diktatur und der Staatssicherheit gelitten haben. Sie hat für sehr viele Menschen auch persönlich wichtige Beratungshilfe geleistet und für viele Betroffene Wege der Rehabilitation aufgezeigt.
Im vergangenen Jahr hat diese Behörde 2 500 Menschen beraten. Dazu kamen 2 000 telefonische Anfragen. Bei 15 % der Befragten haben Menschenrechtsverletzungen in der Zeit der DDRDiktatur vorgelegen. Etwa 650 der zu beratenden Personen leiden heute noch unter weitgehenden Diktaturfolgen.
Um dieses Aufgabenfeld der Landesbeauftragten thematisch besser zu umreißen und die Amtsbezeichnung der Landesbeauftragten thematisch neu auszurichten, haben die Koalitionsfraktionen im März dieses Jahres einen Antrag in das Plenum eingebracht. Dieser mündet nach einer intensiven Ausschussbefassung und der im Rechtsausschuss durchgeführten großen Anhörung in den vorliegenden Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen von CDU und SPD, den wir in seinen Grundzügen bereits im Rechtsausschuss vorgestellt und besprochen haben.
Durch diesen Entwurf eines Aufarbeitungsbeauftragtengesetzes möchten die Koalitionsfraktionen das Aufgabenprofil und die Amtsbezeichnung der Landesbeauftragten für die Unterlagen der Staatssicherheit der ehemaligen DDR ändern und das Amt institutionell an den Landtag anbinden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist die Zielrichtung des Gesetzentwurfes, das Gesamtsystem staatlicher Repressions- und Verfolgungspolitik zu erfassen. Die Beschränkung der Aufarbeitung auf die Behörden der Staatssicherheit wird den vielen Einzelschicksalen mit anderen Unrechtserfahrungen in der DDR und aus der Zeit nach dem 8. Mai 1945 nicht gerecht. Diese Unrechtserfahrungen, die weit über die Staatssicherheit hinausgehen, gilt es gleichermaßen aufzuarbeiten. Daher wollen wir die Aufarbeitung von Unrechtserfahrungen aus der Zeit der DDR und aus der Zeit der sowjetischen Besatzungszone nach dem 8. Mai 1945 ergänzen.