Protocol of the Session on June 4, 2015

(Beifall bei der LINKEN)

Ein Imageverlust der Landwirtschaft, ein gestörtes gesellschaftliches Klima im Dorf und eine fehlende Akzeptanz der Tierhaltung - bewusst sage ich: der Tierhaltung insgesamt - ist vor allem dort zu be

klagen, wo gewerbliche Investoren hinter Zäunen, hinter zugewachsenen Zäunen, wirtschaften und die Bindung zum Boden und zu den Menschen im Dorf verloren haben.

(Herr Leimbach, CDU: Die böse Marktwirt- schaft!)

Meine Damen und Herren! Kontrollen zur Einhaltung der bestehenden Nutztierhaltungsverordnung sind unbedingt notwendig. Wichtiger sind aber längst überfällige Veränderungen in einigen Bereichen der Tierhaltung selbst.

Ihre Bemühungen, meine Damen und Herren von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, darüber hinaus tierschutzrechtliche Kontrollen zu einem Einnahmetatbestand auszubauen und damit dem Herrn Finanzminister eine Steilvorlage für weitere Kürzungen des kommunalen Finanzausgleichs zu geben sowie auch einen Personalschlüssel nach Anlagengröße vorzugeben, sehen wir nicht ganz unkritisch.

Aus meiner Sicht stellen Sie - ich muss es einfach sagen - mit Ihrem Antrag und ein klein wenig auch mit Ihren Darlegungen die gesamte Landwirtschaft - Herr Minister hat das auch schon gesagt - mehr oder weniger unter einen Generalverdacht.

(Herr Leimbach, CDU: Ja, genau!)

Das können wir so nicht mittragen. Die Arbeitsbesuche, die wir in der vergangenen Woche - Herr Minister, unser Fraktionsvorsitzender war in vielen Betrieben dabei - in landwirtschaftlichen Unternehmen durchgeführt haben, haben sehr anschaulich belegt, dass die Mehrzahl aller Unternehmen ständig bemüht ist, gute Bedingungen für die Beschäftigten und für die Tiere zu schaffen.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung von Frau Gorr, CDU)

Mit dem Alternativantrag, meine Damen und Herren der Koalitionsfraktionen, stellen Sie - ich muss es so sagen, auch wenn die Fragen durchaus wichtig sind - wieder einmal nur auf Berichterstattungen ab. Daher werden wir dem Antrag nicht ungeteilt zustimmen.

Herr Minister, einen letzten Satz: Mit Iden, mit der Arbeit derer, die dort arbeiten, Herr Minister, sollten Sie sich nicht immer nur zu passenden Zeiten schmücken. Sie sollten dann auch die von Ihnen festgelegte Struktur- und Personalpolitik, wenn es um Iden geht, hinterfragen; denn diese geht in eine ganz andere Richtung.

(Beifall bei der LINKEN - Oh! bei der CDU - Frau Weiß, CDU: Ha, ha, ha! - Frau Brake- busch, CDU: Ich habe schon darauf gewar- tet! Da fehlte noch irgendwas!)

Danke sehr, Herr Kollege Krause. - Für die CDUFraktion spricht der Abgeordnete Herr Daldrup.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Tierschutz ist ein wichtiges Ziel, ein wichtiger Grundwert. Tiergerechte Haltungsformen und -anlagen sind unabdingbar. Wir wollen natürlich, dass alle Tiere in Sachsen-Anhalt art- und tiergerecht leben können.

(Zustimmung bei der CDU - Zuruf von Frau Frederking, GRÜNE)

Wer sich nicht an gesetzliche Normen hält, der muss sanktioniert werden. Das ist völlig klar. Die Sanktionen müssen auch hart sein. Es nützt aber überhaupt nichts, Frau Frederking und GRÜNE, hier ständig Tierhalter in Sachsen-Anhalt zu kriminalisieren. Kriminalisierung führt zu nichts.

(Zustimmung von Frau Brakebusch, CDU)

Sie kriminalisieren die Tierhalter. Sie versuchen jetzt, die Behörden zu diskreditieren,

(Zuruf von Frau Frederking, GRÜNE)

indem Sie behaupten, dass sie nicht in der Lage wären, die Tierhalter zu kontrollieren. Das stimmt nicht.

Wer sich im Land umschaut und mit den Tierhaltern und Veterinärbehörden spricht, der bekommt ein völlig anderes Bild, als Sie es hier malen.

(Herr Leimbach, CDU: Jawohl!)

Dem wird nämlich gesagt, dass die Mehrzahl der Tierhaltungsverbote und die Mehrzahl der Verstöße nicht in den großen Anlagen, in den zwei oder drei Anlagen, die Sie hier beschreiben - das ist schon fast ein persönlicher Krieg, den Sie führen; dazu will ich mich aber gar nicht weiter äußern -, stattfindet, sondern die Mehrzahl der Verstöße findet in den kleinen und in den Hobbyhalterbetrieben statt. Wollen Sie diese auch alle kriminalisieren? Ich glaube, das ist falsch.

(Zustimmung von Frau Brakebusch, CDU)

Ich glaube, dass die große Mehrheit der Tierhalter in Sachsen-Anhalt sehr genau weiß, wie sie mit ihren Tieren umgehen muss und was sie tut.

Im Gegensatz zu Ihnen, die Sie hier Sanktionen und Repressalien verkündet haben, setzen wir auf Kooperation, auf Weiterentwicklung von Tierhaltungssystemen, auf Wissenschaft und auf die Debatte um den besseren Weg. Das zeigen auch die vielen Initiativen, die wir in den vergangenen Jahren hier eingebracht haben. Es war die Regierungskoalition, die das Kompetenzzentrum für Tierhaltung in Iden so organisiert hat, gerade mit diesem Schwerpunkt. Es sind die Koalitionsfraktio

nen, die mit dafür gesorgt haben, dass im AFP eine Prämienförderung für Tierhaltungssysteme geschaffen wurde. Es sind die Koalitionsfraktionen, die sich dafür einsetzen, dass in Sachsen-Anhalt die wissenschaftliche Untersuchung von Tierhaltungssystemen richtig fortgeführt und gefördert wird.

(Zustimmung von Frau Brakebusch, CDU, und von Minister Herrn Dr. Aeikens)

Wir wollen Tierhaltung weiterentwickeln. Wir wollen sie verbessern. Es nützt nichts, zu Nostalgie zurückzugehen. Das, was Sie hier verkündet haben, heißt nichts anderes als: Die kleinen Tierhalter stehen vor dem Aus. Sie treffen genau diejenigen, die sich draußen als ihre Klientel betrachten. Diese verschwinden nämlich als Erstes vom Markt. Sie sind die Ersten, die aus der Produktion herausgehen. Das kann es auch nicht sein. Wir wollen eine vielfältige Tierhaltung. Wir haben die Bedingungen dafür. Wir wollen auch mehr Tierhaltung, nicht weniger, wie Sie. Man kann den Eindruck gewinnen, dass es hierbei nicht um das Tier geht, sondern darum, die Tierhaltung insgesamt in Sachsen-Anhalt abzuschaffen,

(Herr Leimbach, CDU: Ideologie!)

damit Sie daraus Honig, politischen Honig, saugen können.

(Herr Leimbach, CDU: Veganer Honig!)

Das ist nicht korrekt. Deswegen haben wir uns in der Koalition darauf verständigt, einen Alternativantrag zu Ihrem Antrag zu formulieren, der genau diese Punkte beinhaltet.

Es waren wir, die im Ausschuss vorgeschlagen haben, dass sich der Ausschuss auch einmal in Dummerstorf mit der wissenschaftlichen Basis der Tierhaltung beschäftigt, dass er einmal dorthin fährt und guckt, was dort passiert. Es wäre gut gewesen, wenn Sie gestern beim Bauernverband dabei gewesen wären, bei dem wir auch über das Thema Tierhaltung und Tierschutz diskutiert haben. Wir haben mit denjenigen diskutiert, die davon betroffen sind. In Sachsen-Anhalt sind viele davon betroffen und es leben viele davon.

Ein letzter Satz. In einem Punkt gebe ich Ihnen Recht: Wir müssen aufpassen und uns über die Qualifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Tierhaltungsanlagen Gedanken machen. Dabei bin ich ganz bei Ihnen. Es kann nicht sein, dass wir Tierhaltungsanlagen haben, die über Werkverträge betrieben werden bzw. in denen die Ausbildung der die Tiere betreuenden Personen nicht ausreichend ist. Darüber müssen wir uns ernsthaft unterhalten. Das hat etwas mit Ausbildung zu tun.

Deswegen fordere ich Sie auf, mit uns gemeinsam dafür zu sorgen, dass möglichst viele Menschen

eine landwirtschaftliche Ausbildung machen, insbesondere in der Tierhaltung, damit wir auch in Zukunft in ausreichendem Umfang Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bzw. Betreuungspersonal haben, das hier ausgebildet und qualifiziert worden ist und mit dafür sorgt, dass die Tiere in Sachsen-Anhalt gesund und zufrieden sind. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Danke sehr, Herr Kollege. Herr Daldup, es gibt eine Nachfrage von Frau Frederking. Möchten Sie diese beantworten?

Ja. Ich habe schon fast darauf gewartet.

Bitte sehr, Frau Frederking.

Herr Daldrup, es ist interessant, was Sie alles in unseren Antrag hineininterpretieren. Wir haben sicherstellen wollen, dass Sie den Antrag richtig verstehen. Deshalb haben wir unser Anliegen gleich in die Überschrift geschrieben.

(Oh! bei der CDU)

Es geht um die Kontrollen und es geht um die Qualifikation des Personals. Das, was Sie hier formulieren: „Kriminalisierung von Tierhaltern“, war überhaupt nicht Gegenstand des Antrages.

Doch. Selbstverständlich.

Sie sprechen von bäuerlichen Betrieben. Ich wollte Sie fragen: Wie definieren Sie bäuerliche Betriebe? Welche sind das zum Beispiel in Sachsen-Anhalt?

(Herr Miesterfeldt, SPD: Das sind Bauern!)

Frau Frederking, Sie haben vorhin auf die Frage, wen Sie mit Gebühren belegen wollen, gesagt: die gewerblichen Betriebe. Deshalb jetzt einmal die Rückfrage: Sind gewerbliche Betriebe jetzt auch landwirtschaftliche Betriebe? Sind das Nebenerwerbsbetriebe?

Bäuerliche Betriebe sind für mich die Betriebe, die von Menschen organisiert werden, die in der Region leben, wohnen, arbeiten, die mit der Region verbunden sind und ihre Tierhaltungsanlage flä

chengebunden betreiben. Das sind für mich bäuerliche Betriebe, egal in welcher Rechtsform.