Protocol of the Session on November 13, 2014

keit werden zu lassen. Aber noch nicht einmal das ist möglich. Und das ist bezeichnend.

(Beifall bei der LINKEN)

Deshalb kann ich den Optimismus der Ministerin in Bezug auf die Erfüllung der Quote bis zum Ende der Legislaturperiode schlichtweg nicht teilen.

Meine Damen und Herren! Der Rechts- und Gleichstellungsausschuss beschloss im Oktober 2014 die Aufstockung der Mittel für die Frauenhäuser, die Frauenzentren, die Beratungs- und Interventionsstellen. Das war absolut richtig und es ist ein wirklich gutes Signal, dass dies alle Fraktionen gemeinsam taten. Ich möchte deshalb an dieser Stelle einen ausdrücklichen Dank an alle richten, die daran mitgewirkt haben.

Aber es muss auch allen klar sein - das gehört zur Ehrlichkeit dazu -, dass das ein Nachholen der über zehn Jahre hinweg nicht realisierten Anpassungen an Tarifsteigerungen, an Nebenkostenerhöhungen und an die allgemeine Teuerung war. Das war überfällig. Damit steht jedoch nicht mehr Geld für Projekte und für inhaltliche Arbeit zur Verfügung, sondern es werden lediglich endlich die Kosten gedeckt.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich möchte namens meiner Fraktion den Fachfrauen, die seit vielen Jahren mit großem Engagement, mit hohen Qualifikationen und mit großem persönlichem Einsatz die schwierige und anspruchsvolle Arbeit in den Frauenzentren, in den Frauenschutzhäusern, in den Interventionsstellen und in den Beratungsstellen bewältigen, für ihre Beharrlichkeit und für ihre Ausdauer danken.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung von Frau Prof. Dr. Dalbert, GRÜNE)

Ihre Arbeit wird dringend gebraucht und genau so sollten sie von der Politik auch behandelt werden. Die grundsätzlichen Probleme der Finanzierung der Frauenschutzhäuser sind nach wie vor nicht gelöst. Die Kommunen stehen wie auch in anderen Bereichen selbst bei bestem Willen vor Herausforderungen, die sie allein nicht schultern können.

Seit Jahren ungelöst - Sie sprachen es an - ist das Problem der Betreuung der mit schutzsuchenden Kinder, insbesondere der männlichen jugendlichen Kinder. Hierbei stehen unterschiedliche politische Ebenen in der Pflicht. Das Problem ist auf der Ebene der Landespolitik nicht zu lösen, das ist klar. Aber es ist eben auch eine Schutzpflicht des Staates, der wir endlich in vollem Umfang nachkommen müssen. Unterbringung, Betreuung, psychologische Beratung und Begleitung müssen auch für die von Gewalt gegen Frauen betroffenen Kinder gewährleistet werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Eine weitere Zielstellung der Landesregierung war das Gender-Budgeting. Auch hierzu bleibt festzuhalten: Von einem in Gänze geschlechtergerechten Haushalt sind wir weit entfernt.

Hierbei gibt es durchaus Unterschiede zwischen den einzelnen Ministerien. Während das Justizministerium als Gleichstellungsministerium erwartungsgemäß durchaus beispielhaft vorangeht in Bezug auf die Transparenz der Frauenquoten in den budgetierten Bereichen, weisen beispielsweise das Kultusministerium und die Staatskanzlei lediglich auf die zwingend umzusetzenden EURichtlinien hin.

Letztlich wird der Beschluss des Landtages zum Gender-Budgeting lediglich in den Vorworten der Haushalte umgesetzt. Politisches Engagement für Schwerpunktthemen, meine Damen und Herren, sieht anders aus.

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Ministerin, Sie haben logischerweise auf das Landesprogramm für ein geschlechtergerechtes Sachsen-Anhalt verwiesen, das nunmehr vorliegt und vorgestellt werden wird. Sie haben dies zu Recht als wichtigen und notwendigen Meilenstein beschrieben. Ich teile Ihren ausdrücklichen Dank an alle, die daran mitgewirkt haben, und das nicht selten im Ehrenamt oder als zusätzliche Arbeit neben der sehr anspruchsvollen Arbeit in den Beratungsstellen und in den Fachstellen.

(Beifall bei der LINKEN)

Dieses Engagement ist nicht hoch genug zu würdigen. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn dieses Engagement bei allen Ministerien gleichermaßen intensiv zu verzeichnen gewesen wäre.

Sie haben auch auf die Geschichte der Gleichstellungspolitik und ihre zahlreichen Programme und Aktionspläne verwiesen. Das macht auch deutlich: Ein Programm vorzulegen ist die eine Sache, es tatsächlich umzusetzen eine andere. Hierbei steht die Landesregierung in der Pflicht, dem Landtagsbeschluss gerecht zu werden und das Programm tatsächlich umzusetzen. Das wäre auch der angemessene Dank gegenüber denjenigen, die es erarbeitet haben.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren! Aller vermeintlichen Selbstverständlichkeit zum Trotz: Es gibt noch kein angeglichenes und gerechtes Verhältnis zwischen den Geschlechtern. Nach wie vor beeinflussen die traditionellen Rollenklischees das Leben von Frauen und Männern, beeinträchtigen ihre Lebensqualität und Chancen in der beruflichen und sozialen Entwicklung.

(Zuruf von Herrn Scheurell, CDU)

Patriarchale Strukturen durchziehen nach wie vor alle gesellschaftlichen Bereiche. Frauen erbringen

mehr als die Hälfte aller Arbeit in der Gesellschaft, insbesondere die nicht entlohnte Haus- und Pflegearbeit. Aber ihre Arbeit wird weit weniger anerkannt und sie werden im Bereich der Erwerbsarbeit noch immer wesentlich geringer entlohnt als ihre männlichen Kollegen. Entsprechend niedriger fallen ihre Sozialleistungsansprüche aus.

(Zuruf von Herrn Scheurell, CDU)

Insbesondere die Arbeitsbedingungen, die

schlechtere Bezahlung und lange Arbeitszeiten benachteiligen Frauen und verfestigen damit traditionelle Geschlechterverhältnisse. Die Folge ist, dass Frauen ihre Existenz häufig selbst nicht sichern können.

Ökonomische Abhängigkeit begünstigt auch das Entstehen von Gewaltverhältnissen. Jede vierte Frau in Deutschland ist Gewalt ausgesetzt. Gewalt gegen Frauen ist Mittel der Kriegsführung. Sie wirkt im privaten Bereich und in der Familie. Auch am Arbeitsplatz werden Frauen sexuell belästigt.

Gewalt hat viele Gesichter: Verletzung des Rechts auf Selbstbestimmung, körperliche und seelische Schikane sowie Demütigung und Diskriminierung. Migrantinnen und in die Illegalität gezwungene Frauen sind noch häufiger Opfer von Gewalt.

Meine Damen und Herren! An dieser Stelle liegen die Beschreibung der Ministerin und meine nicht weit auseinander. Ich finde es richtig - bei aller Komplexität der Ursachen und auch eingedenk der Begrenztheit der landespolitischen Wirkung -, auch auf Landesebene immer wieder auf diese ganz grundsätzlichen Problemlagen hinzuweisen. Dass dies sowohl Regierung als auch Opposition tun, ist eine wichtige Basis, um gemeinsam um die richtigen Wege zu ringen.

Deswegen ende ich mit den Worten, mit denen ich begonnen habe: Vielen Dank für diese Gelegenheit zur etwas grundsätzlicheren Debatte. Lassen Sie uns aber nicht vergessen, dass nicht die Debatte zu einer Regierungserklärung, sondern die konkreten politischen Entscheidungen über die tatsächliche Gleichberechtigung und Gleichstellung entscheiden. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke schön, Kollegin Quade. - Wir dürfen Gäste im Haus begrüßen. Ich heiße Schülerinnen und Schüler der Sekundarschule „Adolf Holst“ aus Mücheln auf der Besuchertribüne herzlich willkommen. Willkommen im Haus!

(Beifall im ganzen Hause)

Wir fahren in der Aussprache zur Regierungserklärung „Sachsen-Anhalt auf dem Weg zu mehr Gleichstellung“ fort. Als Nächste spricht für die Fraktion der CDU Frau Abgeordnete Koch-Kupfer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit 1992 können wir in der Landesverfassung unseres Landes Sachsen-Anhalt in Artikel 34 lesen, dass das Land und die Kommunen verpflichtet sind, die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern in allen Bereichen der Gesellschaft durch geeignete Maßnahmen zu fördern. Die Gleichberechtigung ist also ein Fundament - ich behaupte: der Kitt - für unsere Gesellschaft.

Die Frage der Gleichstellung der Geschlechter ist übrigens weit mehr als die Frage der wirtschaftlichen Teilhabe.

(Zustimmung von Herrn Scheurell, CDU)

Sie ist ein moralischer Imperativ, ein Imperativ der Fairness und der Gerechtigkeit, der zahlreiche politische, soziale und kulturelle Dimensionen hat. Zudem belegen Umfragen, dass die Geschlechtergleichstellung weltweit ein entscheidender Faktor für das subjektive Wohlbefinden und die Zufriedenheit von Frauen und Männern gleichermaßen ist. Frei nach dem Spruch: Geht es der Frau gut, geht es auch dem Mann gut.

(Zustimmung bei der CDU)

Gleichstellungspolitik ist eine Schlüsselfrage für die Qualität unseres Zusammenlebens.

Wer die Gretchenfrage stellt „Wie hältst du es mit der Gleichstellung?“, erfährt viel über unser Land, über dessen Menschen, deren Umgang miteinander und die Möglichkeiten, die jeder Einzelne bei der Realisierung seiner Lebenswünsche hat - im beruflichen wie im privaten Miteinander.

(Zustimmung von Herrn Scheurell, CDU)

Sie gibt zudem Aufschluss darüber, wie mit Investitionen umgegangen wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Chancenungleichheiten zwischen Männern und Frauen bedeuten nicht nur, dass auf einen erheblichen Teil des wichtigen Beitrags verzichtet wird, den Frauen - gut ausgebildet wie nie zuvor - zum Wirtschaftsgeschehen leisten können, sondern auch, dass Jahre der Investitionen in die Bildung von Mädchen und jungen Frauen vergeudet sind.

In einem Land, in dem der demografische Wandel eine unserer größten Herausforderungen darstellt, können und wollen wir es uns nicht erlauben, insbesondere auf das Potenzial junger und gut ausgebildeter Frauen zu verzichten. Daher ist die Geschlechtergerechtigkeit ein politischer Schwerpunkt der laufenden Legislaturperiode in unserem Land.

Für die Verwirklichung einer gleichen Teilhabechance von Frauen und Männern haben die Koalitionspartner im Koalitionsvertrag für die laufende

Wahlperiode vereinbart, konkrete Schritte für die Verbesserung der Gleichstellung von Frauen und Männern in die Wege zu leiten; alle Verfahren im Verwaltungshandeln sind auf Geschlechtergerechtigkeit hin auszurichten. Zudem werden Strategien und Maßnahmen entwickelt, um den Anteil von Frauen in Führungspositionen im öffentlichen Dienst sowie an den Universitäten und Hochschulen deutlich zu steigern. Die Koalitionspartner streben eine Erhöhung des Frauenanteils auf insgesamt 40 % an.

(Zuruf von der CDU: Toll!)

- Ambitioniert.

(Zuruf von der CDU: Ambitioniert!)