Ich möchte Ihnen einmal vorlesen, was der Bitkom vor wenigen Wochen in einer Pressemitteilung geschrieben hat. Es wird ein bisschen kompliziert, aber es ist wichtig. Ich zitiere:
„Die marktgetriebene Etablierung von Preis- und Produktdifferenzierungen wird der allgemeinen Wohlfahrtssteigerung dienen und den offenen und neutralen Charakter des Internets bewahren, solange sie in wettbewerbskonformer Art und Weise erfolgt.“
Das heißt, der Bitkom, auch die Telekom, ist für die Aufweichung der Netzneutralität. Das muss man an dieser Stelle auch vor dem Hintergrund dieser Presseerklärung ganz deutlich festhalten. Es wird etwas umschrieben. Man spricht sich für den hohen Wert der Erhaltung des offenen und neutralen Charakters des Internets und für das europäische Wettbewerbsrecht aus. Das wird alles verklausuliert.
Aber eindeutig ist: Die marktgetriebene Etablierung von Preis- und Produktdifferenzierungen - das ist nichts anderes als die Drosselung, über die wir uns hier vor einem Jahr etwas intensiver gestritten haben.
Was hat sich noch geändert, meine Damen und Herren? - Vor einigen Wochen gab es eine Ankündigung der amerikanischen Firma Netflix - das ist ein Online-Anbieter von Streamings von Serien und Ähnlichem -, sich demnächst auch in Deutschland zu etablieren.
Ich weiß nicht, wer von Ihnen Kevin Spacey mag. Er ist über Hollywood sehr bekannt geworden. Er wirkt jetzt auch in einer amerikanischen Serie mit dem Titel „House of Cards“ mit. Das werden Sie dann demnächst auch über das Internet sehen können. Dafür brauchen Sie natürlich sehr hohe Brandbreiten.
Damit sind wir wieder bei der technischen Umsetzung, bei der Frage: Wie können wir die Netzneutralität unter diesen Bedingungen überhaupt realisieren? - Ich weiß nicht, wie das laufen soll. Auf der einen Seite fordern wir natürlich, dass wir die Bandbreiten auch im ländlichen Raum immer schneller und immer stärker ausbauen. Gleichzeitig brauchen wir auch höhere Bandbreiten, insbesondere für die visuellen Medien. Dann müssen wir bei dem Ganzen wieder die Netzneutralität garantieren. Das ist gewissermaßen ein Kreislauf, der sich immer wieder selbst verstärkt.
Übrigens hat die FCC mitnichten die Aufhebung der Netzneutralität gefordert. In den USA ist lediglich ein Diskussionsprozess angeregt worden. Nun sind die Teilnehmer aufgefordert worden - so läuft das dort -, zunächst ihre Positionen und ihre Kommentare bis Ende Juli 2014 abzugeben. Diese Frist läuft noch. Dann gibt es Antworten auf diese Kommentare. Voraussichtlich erst Ende des Jah
Die „FAZ“, deren klügster Kopf, Frank Schirrmacher, leider in der vergangenen Woche viel zu früh gestorben ist, hat diesen Vorgang als das Ende des Internets, so wie wir es kennen, bezeichnet.
Lassen Sie mich abschließend noch ein Wort zu Ihrem Vorschlag sagen, die Landesmedienanstalt dabei einzubeziehen. Ich sehe das etwas kritisch. Ich habe mir auch den Beitrag von Herrn Professor Holznagel angeschaut. Ich glaube, in erster Linie geht es ihm um die Weiterleitung der Angebote, die die Rundfunkanstalten in Deutschland produzieren. Das ist meines Erachtens gerade nichts, was die Netzneutralität direkt betrifft.
Ich wusste nicht - Sie haben das erwähnt -, dass Thüringen sich damit beschäftigt und dazu bereits einen Antrag eingebracht hat. Ich finde das wunderbar. Dann müssen wir diesen Antrag nicht erneut einbringen, sondern können uns in Ruhe anschauen, wie sich die Thüringer entscheiden. Was spricht dafür, was spricht dagegen, die Landesmedienanstalten damit zu befassen?
Deswegen plädiere ich für die Annahme des Alternativantrages der Koalitionsfraktionen. - Vielen Dank.
Danke für Ihren Betrag, Herr Graner. Ich möchte eine Nachfrage zur Positionierung der Internetwirtschaft stellen. Die Internetwirtschaft hat sich im Verband Eco zusammengeschlossen. Wir wissen, dass es auch einen Branchenverband der IT-Wirtschaft - nicht zu verwechseln - gibt, der Bitkom heißt und dem die Deutsche Telekom tatsächlich angehört. Ich pflichte Ihnen darin bei, dass Bitkom sich nicht nur in einem Nebensatz für die Aufhebung der Netzneutralität ausspricht, sondern sicherlich ein starker Befürworter der Güteklassen ist. Das habe ich zur Kenntnis genommen.
Nun sind im Bitkom in der Regel Unternehmen in bestimmten Größenordnungen organisiert, wie wir sie zum Beispiel in Sachsen-Anhalt nicht haben. Also stellt sich die Frage, wie die IT-Unternehmen,
Ich möchte Sie fragen, ob Sie zur Kenntnis nehmen oder bereits zur Kenntnis genommen haben, dass sich der Stellvertreter für einen Bitkom-Landesverband, unser VITM, im letzten Jahr in einem Vorgespräch ebenfalls für die Netzneutralität ausgesprochen hat und beklagt hat, dass im Bundesverband der Bitkom eher die großen Player das Sagen haben, aber im Grunde genommen gar nicht die tatsächliche Bandbreite der IT-Wirtschaft, sprich die Unternehmen, die wir in Sachsen-Anhalt haben, abgebildet wird?
Zu dem Vorgespräch kann ich Ihnen nichts sagen. Daran habe ich nicht teilgenommen. Es ist mir durchaus bekannt, dass es dazu unterschiedliche Positionen gibt und dass man das in SachsenAnhalt teilweise anders sieht als auf der Bundesebene.
Eines möchte ich hier noch einmal ganz deutlich sagen: Weder die SPD-Fraktion noch ich als netzpolitischer Sprecher sprechen uns explizit gegen die Netzneutralität aus. Es ist nur nicht so einfach zu fordern, dass alles gleichbehandelt werden muss, dann sind wir diskriminierungsfrei im Internet unterwegs. Ich sehe große Schwierigkeiten darin, die technischen Voraussetzungen für diese Forderung zu schaffen.
Ich als Politiker finde es einigermaßen unbefriedigend, wenn ich etwas fordere, die Menschen glauben dann, ich setze es um, und dann muss ich ihnen sagen: Es tut mir leid, wir haben es doch nicht ganz geschafft, weil die Technik hinterherhinkt. Das ist meines Erachtens nicht zielführend.
Deswegen bleibe ich bei einer differenzierteren Position als pro Netzneutralität unter allen Umständen. Man muss sich das im Detail anschauen. - Vielen Dank.
Danke sehr, Kollege Graner. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abgeordnete Herr Herbst.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Doch, Herr Graner, manchmal sind die Dinge auch einfacher, als man denkt. Netzneutralität bedeutet, dass jeder seine Inhalte im Netz diskriminierungsfrei mit der gleichen Geschwindigkeit, ohne dass er dafür einen höheren Preis als andere zahlen muss, in das Internet einstellt.
Nur so ist das Internet groß und zu dem Erfolgsmodell geworden, das es heute ist. Die Technik entwickelt sich weiter. Aber gerade deswegen darf man diesen wichtigen Grundsatz, sozusagen den Gründungsmythos des Internets, nicht aufgeben.
Er muss mitnichten aufgegeben werden. Mitnichten zwingt uns die Technik dazu, ihn aufzugeben. Das ist wirklich ins Reich der Märchen zu verbannen, Herr Graner. Erzählen Sie hier nicht so etwas; das ist einfach nicht richtig. Es tut mir leid. Das muss man manchmal leider auch so deutlich sagen.
Die Netzneutralität, meine Damen und Herren, steht aus einem einzigen Grund unter Beschuss: weil man, wenn man sie abschafft, sehr viel mehr Geld verdienen kann.
Wenn man Datenpakte priorisiert und wenn diejenigen, die sich die Priorisierung kaufen und leisten können, dafür ordentlich bezahlen, dann verdienen Menschen und Konzerne Geld. Das ist nicht immer schlecht; das ist in vielen Fällen sogar sehr gut. Aber in diesem Fall macht es das Internet kaputt.
Es macht das Internet zu Rudis Resterampe, zu einem Ramschladen, in dem sich jeder das kaufen kann, was er will. Damit ist nicht Amazon gemeint, sondern damit ist sozusagen die Macht des Internets als weltumspannendes Kommunikationsnetz gemeint. Das wollen wir nicht. Hier muss die Politik eingreifen, meine Damen und Herren. Hier muss die Politik auch einen Riegel vorschieben.
Das Europaparlament hat das zuletzt getan. Es war eine kluge Entscheidung, dem mit der Abstimmung im April 2014 einen Riegel vorzuschieben. Ich bin dankbar für die Weisheit vieler Abgeordneter, die sich nicht dem großen Lobbydruck, der hinter der Aushöhlung der Netzneutralität steht, gebeugt haben. Dafür müssen wir sorgen. Solche Positionierungen müssen wir stärken.
Deswegen ist es richtig und wichtig, dass wir hier im Land, in der Landespolitik über dieses Thema sprechen. Deswegen ist auch ein solcher Antrag der Fraktion DIE LINKE richtig, auch wenn er in einigen Punkten sicherlich noch schärfer hätte formuliert werden können.
Nur darüber nachzudenken und zu prüfen, ob man im Mediengesetz diese Themen vielleicht angehen könnte, reicht nicht aus. Das hätte man etwas schärfer formulieren können. Aber es ist richtig und
gut, dass der Antrag - so hoffe ich - in den Ausschuss überwiesen wird und wir dann dort über diese Detailfragen diskutieren können.
Der Vorschlag bezüglich der Landesmedienanstalt ist sicherlich auch diskussionswürdig. Es hängt sicherlich auch von den Personen ab, ob dieses Projekt prioritär vorangetrieben wird oder nicht. Aber sicherlich ist die MSA als Institution eine Möglichkeit, wie man diesen wichtigen Grundsatz auf der Landeebene weiter ausdifferenzieren kann.
Letztendlich muss dahinter die Zielvorstellung stehen, die Netzneutralität zu bewahren, und zwar nicht, sie im Kern zu bewahren, sondern sie ganz zu bewahren. Denn nur so funktioniert Neutralität. Deswegen kann man sich aus der Sicht unserer Fraktion auch nur gegen den Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen aussprechen, der unter Punkt 2 dafür eintritt, die Netzneutralität erst einmal weiter zu präzisieren.
Gerade darum geht es nicht. Neutral ist neutral. Manchmal sind die Wahrheiten dann doch einfach, so auch an diesem Punkt.
Wir werden eine Ausschussüberweisung unterstützen. Aus der Sicht unserer Fraktion sollte der Antrag in den Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien und in den Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung wegen zu klärender Rechtsfragen überwiesen werden. - Vielen Dank.
Danke sehr, Herr Herbst. Bisher war noch keine Überweisung beantragt worden. Ich nehme das jetzt so auf, dass Sie eine Überweisung in die beiden genannten Ausschüsse beantragen.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Mitglieder der Landesregierung! Zum Thema Netzneutralität wird seit einigen Monaten kontrovers diskutiert. Leider wird dabei der Begriff als eine Art Schlagwort der politischen Auseinandersetzung genutzt, vor allem von Ihnen, Herr Wagner, und von den Linken. Sie zeigen dafür eine besondere Affinität.