Protocol of the Session on March 26, 2014

untere und obere Naturschutzbehörde sowie interessierte Verbände und alle, die an diesem Thema ohnehin interessiert sind, ausdauernd beschäftigt.

Meine Damen und Herren! Wir sollten in diesem Landtag wirklich überlegen - gegebenenfalls sollte dazu auch ein Beschluss gefasst werden -, wie durch ein kluges Bibermanagement mehrere nicht automatisch im Einklang stehende Ziele wenigstens in ein halbwegs optimales Verhältnis zueinander gebracht werden können.

Dazu gehört, die Biberpopulation in den günstigen Erhaltungszustand zu bringen und sie dauerhaft dort zu belassen. Dazu gehört aber auch, die Akzeptanz der in diesem Gebiet lebenden Menschen für diese Maßnahmen herauszubilden, zu erhöhen oder gegebenenfalls zu erhalten.

Dazu gehört natürlich auch, das nötige Verwaltungshandeln zu vereinfachen; denn wir müssen es schaffen, dass staatliche Verwaltungen vor Ort möglichst in einem Akt rechtssicher über Maßnahmen abschließend entscheiden können. Das ist ein hoher Anspruch.

Wenn wir uns bei jeder zweiten Landtagssitzung über das Personalentwicklungskonzept unterhalten und jeder Fachbereich glaubhaft darlegt, dass das, was wir an Leuten haben, nicht ausreicht, dann sind wir als Landtag auch dazu verpflichtet zu überlegen, wie man effizientes Verwaltungshandeln gegebenenfalls günstiger gestalten kann.

Fachleuten, meine Damen und Herren, sind diese Notwendigkeiten überhaupt nicht neu. Erstens soll versucht werden, durch Aufklärung und Beratung in Konfliktbereichen über Gefahrenquellen, Schadensbilder, Abhilfemaßnahmen und Fördermöglichkeiten sachkundig zu informieren. Dabei sind die auch vorhandenen Ehrenamtlichen oder die geförderten Maßnahmen in den Naturparkverwaltungen mit einzubinden oder mit abzurufen. Wir haben also schon Fachleute vor Ort.

Zweitens müssen gegebenenfalls präventive Maßnahmen, möglichst unter Nutzung von Fördermöglichkeiten, getroffen werden. Dies kann zum Beispiel die „bibersichere“ Gestaltung von Anlagen und Baumaßnahmen sein. Dies kann aber auch im Rahmen der ländlichen Entwicklung ein kluger Flächentausch sein, und zwar an Stellen, an denen er denn möglich ist. Im Drömling ist von dieser letztgenannten Maßnahme schon umfangreich und sehr erfolgreich Gebrauch gemacht worden.

Drittens, meine Damen und Herren, kommen auch Zugriffsmaßnahmen infrage. Dabei handelt es sich zum Beispiel um Lebendfang, aber auch um Tötung nach dem Fang oder auch den Abschuss vor Ort. Abfang oder Tötung kommen natürlich im Einzelfall nur in Betracht, wenn alle präventiven Schutzmaßnahmen sowie sonstige Vergrämungsmaßnahmen nicht geeignet, erfolglos gewesen

oder unverhältnismäßig sind. Hierbei ist vor allem das Bundesnaturschutzgesetz zu beachten.

Meine Damen und Herren! Ich vermute, bis zu diesem Punkt sind die meisten in diesem Raum mit meiner Rede einverstanden. Nun stellt sich aber eine wichtige Gretchenfrage, um die wir nicht herumkommen. Weil Zugriffsmaßnahmen bisher nur in einem komplizierten und deshalb aufwendigen Einzelfallentscheidungsverfahren gestattet wurden, müssen wir überlegen, ob diese Entscheidungen nicht auch im Rahmen einer Verwaltungsvereinfachung per Allgemeinverfügung getroffen werden können.

Die Koalitionsfraktionen sind nach umfangreichen Beratungen zu der Auffassung gelangt, dass dieser Weg gangbar ist und als Bestandteil eines effektiven Bibermanagements auch gegangen werden soll. Es spricht nach unserer Auffassung rechtstechnisch nichts dagegen, von den Ausnahmen von den Schutzvorschriften für besonders geschützte Tierarten zur Abwendung erheblicher wirtschaftlicher Schäden sowie aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und der Gesundheit des Menschen Gebrauch zu machen und es den Landkreisen per Rechtsverordnung des Landes Sachsen-Anhalt zu ermöglichen, dass diese zur Schadensabwehr unter bestimmten Voraussetzungen ohne artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung per Allgemeinverfügung tätig werden können.

(Zustimmung bei der CDU)

Der § 45 Abs. 7 des Bundesnaturschutzgesetzes gibt uns dazu die rechtliche Möglichkeit. Damit halten wir mit diesem Verfahren das Bundesnaturschutzgesetz ein.

Aber, meine Damen und Herren, wir sind uns darüber im Klaren, dass die praktischen Anforderungen an eine Allgemeinverfügung sehr hoch sind. Es muss zum Beispiel eine gebietsbezogene Betrachtung stattfinden. Beim Biber sind das die einzelnen Flüsse. Der Eingriff darf nicht bestandsgefährdend sein und es muss eine nachvollziehbare Rechtsabwägung öffentlicher Güter versus Gesundheit des Bibers stattfinden. Die Verwaltung hat also eine recht schwierige Aufgabe.

Wir werden mit diesem Schritt aber in Deutschland kein Neuland betreten. Das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz geht mit seinen Richtlinien zum Bibermanagement vom 1. Oktober 2013 genau diesen Weg. Der Landtag von Brandenburg - jeder weiß, wer dort regiert - hat auf der Grundlage eines einstimmig gefassten Beschlusses diesen Weg am 25. September 2013 der Landesregierung ebenfalls als Handlungsauftrag aufgezeigt.

Meine Damen und Herren! Warum soll das, was in diesen Bundesländern mit einer erfreulich hohen

Biberpopulation möglich ist, nicht auch in SachsenAnhalt möglich sein?

(Zustimmung von Herrn Leimbach, CDU)

Es lohnt sich deshalb, meine Damen und Herren, sich dem Ziel dieses Antrages anzuschließen, ein Bibermanagement zu erarbeiten, das den Biber in einen guten Erhaltungszustand versetzt und es uns gleichzeitig ermöglicht, Steuergelder möglichst effizient einzusetzen - teuer kann jeder, effizient kann nicht jeder -,

(Zustimmung bei der CDU - Herr Leimbach, CDU: Genau!)

damit die Maßnahmen des Naturschutzes am Beispiel des Bibers eine höhere Akzeptanz in der Bevölkerung und bei allen Verantwortungsträgern finden.

Deshalb, meine Damen und Herren, bitte ich Sie ganz herzlich, dem Antrag der Koalitionsfraktionen zuzustimmen. Eine Überweisung in den Ausschuss, falls dies jemand beantragen sollte, macht wenig Sinn, da der Antrag selbst eine umfangreiche Berichterstattung der Landesregierung über ihr Tätigwerden beinhaltet.

Ich hoffe auf eine gute Berichterstattung im Ausschuss. Zunächst muss aber der Landtag einen Beschluss fassen. Darum bitte ich Sie. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Danke sehr, Kollege Scharf, für die Einbringung. - Für die Landesregierung spricht Minister Herr Dr. Aeikens.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eingangs möchte ich den Regierungsfraktionen für die Einbringung dieses Antrages herzlich danken. Er widmet sich einem Thema, das in der Umwelt- und Agrarverwaltung eine besondere Aufmerksamkeit findet. Doch zunächst einen Blick zurück.

Vor nicht einmal 100 Jahren war der Bestand des Bibers in Deutschland aufgrund von Verfolgung und Nachstellung fast erloschen. Nur dank umfassender Schutzmaßnahmen und des Engagements vieler Unterstützer konnte der Biber, vom Mittelelbegebiet ausgehend, wieder in seine einstigen Lebensräume einkehren.

Der Bestand hat sich so stabilisiert, dass eine Bereitstellung von Bibern für Ansiedlungsprojekte in anderen Bundesländern und in anderen Staaten erfolgte. Wenn Sie so wollen, wurden wir zum Biberexportland.

Sachsen-Anhalt und der Elbebiber gehören zusammen. Die einstigen Bestandsdezimierungen nicht nur in Deutschland führten dazu, dass der Biber seit 1992 durch die FFH-Richtlinie einem strengen Schutz unterliegt. Damit sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, sowohl Schutzgebiete für die Art auszuweisen, als auch den Schutz der Art auf der gesamten Fläche zu realisieren.

Durch den Schutz des Bibers haben sich die Vorkommen in Sachsen-Anhalt auf etwas mehr als 3 000 Tiere erhöht. Die für die Art geeigneten Lebensräume sind zwischenzeitlich besiedelt. Sie befinden sich zu einem hohen Prozentsatz entlang der Flussläufe von Elbe, Mulde, Schwarzer Elster und auch Ohre. Inzwischen registrieren wir eine reduzierte Nachwuchsrate und das ersichtliche Ausweichen in die für den Biber suboptimalen Lebensräume.

In der Natur richtet sich die Reproduktionsrate nach dem Vorhandensein von Nahrung und Lebensraum. Das ist auch beim Biber der Fall. Nach dieser Erkenntnis werden alle in Sachsen-Anhalt vorhandenen Lebensräume, sobald sie durch Eingriffe frei werden, bei der nächsten Reproduktion wieder besetzt. Daher stellt sich also die Frage, wie wir mit derartigen Biberansiedlungen umgehen.

In dem vorliegenden Antrag sind an erster Stelle die Informationen über den Biber und der Umgang in Konfliktfällen als Auftrag an die Landesregierung formuliert worden. Ich kann Ihnen zu diesem Punkt mitteilen, dass wir hierzu bereits tätig sind. Unter Beteiligung des Biosphärenreservats Mittlere Elbe wird momentan eine Informationsbroschüre erstellt.

Weiterhin ist in der neuen Förderphase der EU eine Förderung von Vorhaben für den Artenschutz und für das Artenmanagement vorgesehen. Dies kann und soll auch für Projekte zum Biber genutzt werden.

Allen Konfliktlösungen zum Trotz gibt es dennoch Bereiche, in denen Biber absolut nicht geduldet werden können. Ich denke hierbei an Deichanlagen und Dämme von Verkehrstrassen. In diesem Fall besteht aber ein Instrumentarium zum Eingreifen, das sich bewährt hat.

Auch wenn eine über das erträgliche Maß hinausgehende Beeinträchtigung der Nutzung besteht, sind den Behörden Handlungsmöglichkeiten eröffnet. Diese müssen den rechtlichen Bestimmungen genügen, die in § 45 Abs. 7 des Bundesnaturschutzgesetzes definiert sind.

Ein Eingreifen bedarf einer eingehenden Prüfung, damit die Rechtskonformität vor dem Hintergrund des europäischen Naturschutzrechtes gewahrt bleibt. Ausnahmen sind dann zulässig, wenn die Auswirkungen der jeweiligen Bibersiedlung zu er

heblichen oder ernsten Schäden führen bzw. zwingende Gründe des öffentlichen Interesses vorhanden sind. Die diesbezüglichen Prüfungen erfolgen gegenwärtig bereits in jedem Einzelfall. Die auf der Landkreisebene bestehende Zuständigkeit gewährleistet durch eine entsprechende Prüfung durchaus die erforderliche Rechtssicherheit.

Eine weitergehende Regelung hat Bayern getroffen. Bayern hat durch Rechtsverordnung Ausnahmen von den Zugriffsverboten für Biber in den vom Bundesnaturschutzgesetz vorgeschriebenen sehr engen Grenzen zugelassen. Nach § 2 Abs. 4 der bayerischen Ausnahmeverordnung gelten diese Ausnahmen jedoch nicht in Naturschutzgebieten, Nationalparken und in Natura-2000-Gebieten.

Sinngemäß würde das die überwiegenden Verbreitungsgebiete des Bibers in Sachsen-Anhalt betreffen. Eine Ausnahmeverordnung für Biber müsste aber aufgrund der identischen rechtlichen Vorgaben der bayerischen Verordnung sehr ähneln. Die brandenburgische Regelung beachtet die Vorgaben nicht in der Weise, ist allerdings rechtlich sehr umstritten.

Wir werden das diesbezügliche Ansinnen des Antrages sorgfältig prüfen und gern in den Fachausschüssen bzw. im Landtag berichten.

Meine Damen und Herren! Die Biberpopulation spüren nicht nur die Grundstückseigentümer und Bewirtschafter der Flächen, sondern auch die Unterhaltungspflichtigen der Gewässer.

An den großen Gewässern der ersten Ordnung sind die Biberaktivitäten nicht so problematisch. In diesen Gewässern, die im Vergleich zu den kleineren Gewässern der zweiten Ordnung eine deutlich größere Abflussfülle haben, fühlt sich der Biber unter den vorhandenen Bedingungen wohler.

Da die Gewässerunterhaltungspflichtigen gesetzlich verpflichtet sind, für einen ordnungsgemäßen Wasserabfluss zu sorgen, haben wir diesbezüglich Konflikte. Dabei spielt auch eine wesentliche Rolle, dass wir es in Sachsen-Anhalt vielerorts mit Flachlandgewässern, die ein geringes Gefälle besitzen, zu tun haben.

Die aktuellen Zahlen der Unterhaltungsverbände zur Kostenentwicklung bei der Schadensbeseitigung infolge Biberaktivitäten lassen deutliche Trends nach oben in den Gebieten des Drömlings und an der Mittleren Elbe erkennen. Es besteht daher vor Ort die berechtigte Sorge, die regulären Unterhaltungsmaßnahmen zugunsten der Schadensbeseitigung nicht mehr ausreichend wahrnehmen zu können und gleichzeitig höhere Unterhaltungsbeiträge einfordern zu müssen.

Ich habe deshalb die Fachverwaltung gebeten, die dortige Populationsentwicklung der Biber präziser zu analysieren, das Verfahren der Erlaubnis zur Beseitigung von Biberdämmen kritisch zu prüfen

und gegebenenfalls zu optimieren. Darüber hinaus wollen wir die Möglichkeiten der Zahlung von Ausgleichsleistungen für Schäden, die von Bibern verursacht worden sind, prüfen. Von den Ergebnissen erhoffe ich mir entsprechende Schlussfolgerungen für eine Verbesserung des Bibermanagements entsprechend dem Anliegen Ihres Antrags. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Danke sehr, Herr Minister. - Es ist eine Fünfminutendebatte vorgesehen. Als erster Debattenredner spricht der Abgeordnete Herr Weihrich für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Entwicklung des Bibers in SachsenAnhalt - wie in ganz Deutschland - ist eine der wenigen Erfolgsgeschichten des Artenschutzes. Deswegen - dies sei gleich vorweg gesagt - finde ich es schade, dass bei dieser Diskussion eine solche negative Konnotation herrscht und die vermeintlichen Schäden und auch die Konflikte mit dem Biber so sehr in den Vordergrund gerückt werden.

(Herr Kurze, CDU: Natürlich! Das ist doch richtig!)

- Ich finde das nicht richtig.