Protocol of the Session on March 26, 2014

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Er ist wieder da, der Wolf. Ist das schlimm? - Nein, das ist nicht schlimm, es ist so. Nach sechs Generationen oder 150 Jahren - sechs oder vielleicht sieben Generationen - müssen wir uns wieder daran gewöhnen.

Aber der Wolf ist nicht wie jedes andere Tier, das hier immer schon war. Er ist ein Raubtier. Er ist ein Tier, mit dem wir das Zusammenleben wieder lernen müssen. Deswegen ist es notwendig, diese Rückkehr zu begleiten. Die Rückkehr zu begleiten heißt für mich, die Emotionen herauszunehmen und die tatsächlichen Probleme, die auf uns zukommen, nüchtern zu betrachten und festzustellen, in welcher Form wir diesen begegnen können.

Es gibt Probleme im Verkehr. Interessanterweise haben wir schon einige Verkehrsunfälle mit Wölfen gehabt. Einige Wölfe sind dabei umgekommen, einige Wölfe sind weitergezogen und einige Wölfe sind nach einem Verkehrsunfall verletzt liegengeblieben. Dann stellt sich beispielsweise die Frage, wer nach dem Tierschutzgesetz berechtigt ist, diese Tiere ordnungsgemäß zu erlegen. In dieser Hinsicht gibt es große Probleme, weil die Verfahrenskette heute so ist, dass wir nicht durchgehend sicherstellen können, dass der Wolf tierschutzgerecht zu Tode gebracht wird. Das ist eines von den Problemen, die wir im Hinblick auf den Wolf haben.

Ein zweites Problem ist: Ich glaube, dass wir deutlich mehr Wölfe haben, als registriert sind. Das hat mit der Lebensart des Wolfes zu tun. Niemand kann das genau sagen. Wahrscheinlich ist das so. Die Population des Wolfes in Sachsen-Anhalt ist relativ gesichert. Deshalb könnte man sich fragen: Warum machen wir dann so einen Aufstand darum? Wenn das so gesichert ist, könnten wir den Wolf doch wie jedes andere wildlebende Tier betrachten. Ich plädiere dafür, dies zu tun, mit der Ausnahme, dass wir sozusagen die Grenzbereiche

zwischen Tier und Mensch, zwischen Wolf und Mensch betrachten müssen.

Es gibt Potenziale für Konflikte mit Nutztierhaltern. Wenn wir als Landtag für uns in Anspruch nehmen, dass wir die Gesellschaft repräsentieren und sagen, wir wollen das, wir wollen das auch gesellschaftlich begleiten, dann können wir die Kosten für das, was wir gesellschaftlich begleiten wollen, nicht denen überlassen, die zufällig mit dem Wolf zusammenkommen. Das heißt, man braucht eine vernünftige Art und Weise der Entschädigung und des Ausgleichs der Verluste.

Dazu brauchen wir die Jäger. Dazu brauchen wir die Waldbesitzer. Dazu brauchen wir alle Bürger dieses Landes. Deswegen ist es gut, dass sich die Landesregierung darum bemüht hat, mit dem Landesjagdverband eine Vereinbarung zum Monitoring und zum Wolf zu treffen. Die Jäger sind diejenigen, die die Reviere kennen. Das sind wahrscheinlich diejenigen, die diese am besten von allen kennen und die die meiste Zeit in der Fläche verbringen. Ich erhoffe mir, dass wir durch diese Vereinbarung erheblich mehr Zahlen und erheblich mehr Informationen dazu bekommen, wie sich der Wolf in Sachsen-Anhalt verbreitet.

Ich glaube auch, dass der Wolf kein Landesproblem ist und auch nicht nur auf der Landesebene betrachtet werden muss. Wir müssen ihn wahrscheinlich national und vielleicht sogar international betrachten, auch was das Monitoring angeht, weil er eben keine Grenzen kennt und sich relativ frei bewegt.

Die Präventionsmaßnahmen hatte ich angesprochen. Ich will auf eine weitere Gefahr hinweisen, die heute noch nicht genannt worden ist. Das ist die Gefahr des Weitertragens von Tierseuchen. Es ist nicht auszuschließen, dass der Wolf Überträger von Tierseuchen ist. Weil er eine Tierart ist, die täglich sehr weit wandert, könnte ich mir vorstellen, dass wir auch darüber nachdenken müssen, wie wir damit umgehen.

Wir, die CDU-Fraktion, haben uns dazu entschlossen zu sagen: Weil das alles so ist und weil wir einige rechtliche Fragen auch geklärt haben wollen, betrachten wir es als sinnvoll, den Wolf ins Jagdrecht aufzunehmen,

(Zustimmung bei der CDU)

weil wir glauben, dass an dieser Stelle manche Dinge einfach geregelt werden können, ohne den Schutz des Wolfes und ohne die rechtlichen Vorgaben auch der EU zu verletzen. Das Jagdrecht dient dazu, die Dinge so zu organisieren, dass sie artenschutzgerecht bzw. tierschutzgerecht organisiert werden können.

Auf der anderen Seite - Abschlusssatz -: Die Leitlinie Wolf ist das richtige Instrument. Wir begrüßen das. Wir wollen diese weiterentwickeln.

Vielleicht ist der Wolf in seiner Ausbreitung oder der Artenschutz an dieser Stelle ein bisschen Opfer des eigenen Erfolgs. Denn ohne die Artenschutzbestimmungen und die EU-Regelungen hätten wir vielleicht ganz andere Situationen beim Wolf. Insofern müssen wir uns dort anpassen.

Tausend paarungsfähige Tiere sind der Standard für eine stabile Population. Wir werden diese Zahl in absehbarer Zeit erreichen. Wir werden uns dann überlegen müssen, in welcher Form wir weiter mit dieser stabilisierten und nachhaltigen Population umgehen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU, bei der SPD und von Minister Herrn Dr. Aeikens)

Danke sehr, Herr Daldrup. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abgeordnete Herr Weihrich. Der Wolf muss so interessant sein, dass bisher alle Redner ihre Redezeit überzogen haben.

(Herr Bergmann, SPD: Was? Stimmt nicht!)

Also versuchen Sie bitte, Ihren Redebeitrag auf fünf Minuten zu begrenzen. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Wolf ist wirklich interessant - alle haben ihre Redezeit überzogen -, aber leider nicht interessant für die Landesregierung, wenn ich mir die leere Regierungsbank hier anschaue.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Herr Berg- mann, SPD: Herr Aeikens ist da! - Herr Kur- ze, CDU: Wenn vorher die Fragestunde ge- wesen ist!)

Vorab: Es freut mich, dass die Koalition ihr Interesse an Naturschutzthemen entdeckt hat und an dieser Stelle Anträge zu diesem Thema zur Diskussion stellt. Auch dieser Antrag greift im Kern ein wichtiges Thema auf. Denn die Ausbreitung des Wolfes ist durchaus von öffentlichem Interesse, besonders wegen der vielen Mythen und Legenden, die sich um diese Tierart ranken; Kollege Bergmann hat darauf hingewiesen.

Deswegen ist es so wichtig, wirklich nüchtern und sachlich an das Thema heranzugehen und unberechtigten Ängsten entgegenzutreten. Leider deutet die Diskussion, so wie ich sie vernommen habe, darauf hin, dass wir auch hier in diesem Hohen Hause von diesen Ängsten nicht frei sind; ich werde das noch ausführen.

Der Antrag selbst beinhaltet viele Formulierungen, die - vorsichtig ausgedrückt - entbehrlich sind. Das betrifft nicht nur die Formulierung zur Seuchenprävention. Herr Daldrup hat das ausgeführt. Ich will gleich vorab sagen: Die Art Wolf spielt für die Aus

breitung von Seuchen schlicht keine Rolle. Das sagen Ihnen alle Fachleute. Es wäre einfach verfehlt, das unwidersprochen stehenzulassen, was Sie, Herr Daldrup, dazu ausgeführt haben.

Es gibt aber durchaus einige Punkte, die in die richtige Richtung gehen. Zu Punkt 1: An der Notwendigkeit, die Leitlinie Wolf zu überarbeiten, zweifelt wohl niemand; denn in der Leitlinie Wolf wird noch davon ausgegangen, dass der Wolf in Sachsen-Anhalt ausgestorben ist, was so nicht mehr haltbar ist.

Aber ich will auch sagen, dass die Einsicht, die Leitlinie Wolf zu überarbeiten, mitnichten neu ist; denn auf die Notwendigkeit, die Leitlinie kontinuierlich zu überarbeiten, wird in der Leitlinie selbst schon hingewiesen. Es ist traurig, dass es eines Antrages der Koalition bedarf, um das selbst gesetzte Arbeitsprogramm des Umweltministeriums umzusetzen.

(Zustimmung von Frau Lüddemann, GRÜ- NE)

Ein weiterer Punkt, der sinnvoll ist, ist die Ausführung zum Bedarf an Rissgutachtern. Die Rissgutachter müssen entsprechend ausgebildet werden. Das Land muss, ganz pauschal gesprochen, die notwendigen Strukturen schaffen, um sich den Aufgaben zu stellen, die die natürliche Wiederansiedlung des Wolfes mit sich bringt.

Wir schlagen deshalb vor, die Leitlinie Wolf zu einem Managementplan weiterzuentwickeln. Damit würde das Land die Rahmenbedingungen darlegen, die notwendig sind, und müsste sie in einem zweiten Schritt umsetzen. Natürlich, Herr Krause, schließt die Entwicklung eines Wolfmanagementplans die Abstimmung mit allen Beteiligten ein; das ist völlig selbstverständlich und muss nicht betont werden.

Zu Punkt 2 des Antrages. Darin wird die Berücksichtigung einer möglichen Ausweitung von Präventionsmaßnahmen gefordert. „Berücksichtigung einer möglichen Ausweitung“ - vorsichtiger geht es wohl kaum noch. Dass alle gewerblichen und nichtgewerblichen Tierhalter und auch die Hobbytierhalter in den Genuss der Förderung für Präventionsmaßnahmen kommen sollten, ist sinnvoll. Aber wenn wir das ansprechen, dann sollte das auch klar und unmissverständlich als Position des Hohen Hauses festgehalten werden, so wie wir es in unserem Änderungsantrag formuliert haben.

Insbesondere von Herrn Krause ist ein weiterer Punkt angesprochen worden, nämlich die Auswirkungen der Wölfe auf den Wildtierbestand und seine Verhaltensweisen. Hierzu gibt es derzeit keine gesicherten Erkenntnisse. Es besteht hier noch viel Forschungsbedarf. Deswegen ist eine Berücksichtigung ohne Weiteres nicht möglich. Bisher existieren auch keine Anhaltspunkte dafür, dass

die Anwesenheit von Wölfen sinkende Abschusszahlen für Jäger und einen geringeren Jagdertrag bewirkt.

Außerdem - das möchte ich hier auch gleich sagen - ist mit dem Jagdrecht weder ein Anspruch auf einen bestimmten Wildbestand noch auf einen bestimmten Jagdertrag verbunden; denn die tatsächlichen Gegebenheiten sind rechtlich nicht gesichert. Mithin müssen sich die Jagdausübungsberechtigten auf die natürliche Ausbreitung des Wolfes einstellen. Ein Entschädigungsanspruch resultiert hieraus nicht.

Noch ein Wort zu der ebenfalls im Antrag angesprochenen verstärkten Öffentlichkeitsarbeit. Wer würde da nicht zustimmen? Denn tatsächlich liegt da einiges im Argen. Ich empfehle Ihnen, einmal die Probe aufs Exempel zu machen und zu versuchen, sich alle Informationen zum Wolf in Sachsen-Anhalt aus dem Netz zu ziehen. Die fachlichen Infos, die beim LAU verfügbar sind, sind noch einfach zu bekommen. Aber alles, was mit Förderungen und Entschädigungen zu tun hat, ist wirklich nur unter größten Schwierigkeiten im Netz verfügbar.

Wie es geht, zeigt uns Brandenburg. Die haben nämlich die Internetseite „Wölfe in Brandenburg“ eingerichtet. Auf dieser Seite sind alle notwendigen Informationen übersichtlich zusammengestellt. Ich frage Sie, Herr Dr. Aeikens: Warum ist das in Sachsen-Anhalt so nicht möglich?

Im Übrigen ist die Forderung nach mehr Öffentlichkeitsarbeit noch vor einem ganz anderen Hintergrund interessant. Wir haben nämlich gerade in der letzten Sitzung des Umweltausschusses vernommen, dass die einzige Stelle für Öffentlichkeitsarbeit im Landesamt für Umweltschutz gestrichen wurde. Das ist eine Strategie, die zu kritisieren ist. Im Parlament werden wohlfeile Anträge verabschiedet, aber in der Verwaltung werden die Stellen brachial zusammengestrichen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Gleiches gilt auch für die Fachleute, die fachlich mit dem Wolf zu tun haben. Auch hier ist die Personalsituation wirklich prekär. Ich denke, angesichts der derzeitigen Personalsituation im Naturschutz ist eine sinnvolle und effektive Naturschutzpolitik nicht zu machen.

Herr Weihrich, Sie haben jetzt auch Ihren Zuschlag bekommen. Sagen Sie bitte den letzten Satz.

Abschließend noch ein Wort zu der kryptischen Formulierung, den Rechtsstatus der Wölfe zu überprüfen. Herr Daldrup, ich bin Ihnen dankbar, dass Sie wenigstens klar gesagt haben, was da

hintersteckt - ich hatte es schon vermutet -, nämlich dass der Wolf ins Jagdrecht übernommen werden soll.

Wir haben in unserem Änderungsantrag schon ganz klar gesagt, dass es nicht sinnvoll ist, den Wolf ins Jagdrecht zu übernehmen. Es sind keine Vorteile damit verbunden. Auch hinsichtlich der Punkte, die hier so in den Raum gestellt werden, was den Umgang mit den verunfallten Wölfen angeht, würde sich nichts ändern, wenn der Wolf ins Jagdrecht übernommen werden würde. Deswegen ist das abzulehnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Weihrich, kommen Sie jetzt bitte zum Schluss.

Notwendig ist eine Handlungsanweisung. Auch das haben wir in unserem Änderungsantrag formuliert.

Meine Damen und Herren, zum Schluss. Wir haben in unserem Änderungsantrag klar und unmissverständlich das deutlich gemacht, was notwendig ist.

Herr Weihrich, kommen Sie bitte zum Schluss!

(Herr Bommersbach, CDU, und Frau Weiß, CDU: Ey!)

Deswegen werbe ich für unseren Änderungsantrag. - Danke schön.

Sie brauchen sich bei mir nicht zu bedanken. Es wäre besser, wenn man sich schon bei der ersten Ermahnung daran hält, dass man nur noch einen Satz sagt. - Bitte sehr, Herr Bergmann.