Meine Damen und Herren! Unsere Intentionen sind im Antrag formuliert. Ich halte es zusammenfassend für nicht hinnehmbar, wenn wir Kraftwerke oder auch Windräder abschalten müssen, weil unsere Leitungssysteme überfordert sind. Ich halte es für nicht hinnehmbar, wenn wir überschüssigen Strom in die Netze unserer Nachbarländer drücken und dafür auch noch Geld bezahlen. Und ich halte es nicht für hinnehmbar, dass wir überschüssigen Strom an Nachbarländer verschenken, die damit, wie in Österreich üblich oder auch schon gemacht, Pumpspeicherwerke kostenlos betreiben und dann sogenannten grünen Strom teuer nach Deutschland zurückverkaufen.
Meine Damen und Herren! Wir haben hier mittlerweile riesige Verwerfungen am Energiemarkt, die vor allem aus dem mangelhaften Netzausbau resultieren. Es gilt, diesen offensiv zu begegnen.
Meine Damen und Herren! Ich bitte deshalb um Zustimmung zu dem Ihnen vorliegenden Antrag der Koalitionsfraktionen. - Vielen Dank.
Ich möchte nur kurz auf Folgendes hinweisen: In Sachsen-Anhalt geht es nicht nur um den Neubau. Auf der Höchstspannungsebene geht es hauptsächlich um Verstärkung. Da kommen wir ganz gut voran, gerade bei der Verstärkung in Richtung Westen von Wolmirstedt nach Helmstedt. Das ist also kein Neubau. Das findet auf der bestehenden Trasse statt.
Des Weiteren möchte ich darauf hinweisen, dass wir nicht gefordert haben, die Trasse solle erdverkabelt werden. Vielmehr haben wir formuliert, dass Erdverkabelung prinzipiell möglich werden soll; denn das ist in dem geltenden Bundesbedarfsplan nicht vorgesehen.
Meine Frage lautet: Was verstehen Sie unter „Grundlast“? Und zu der Definition, die Sie uns dazu präsentieren: Ich hätte gern eine Erklärung dafür, wieso wir dafür Stromtrassen brauchen.
Frau Kollegin Frederking, Grundlast - ich denke, darin sind wir uns einig - ist der Strom, der - wie Sie es auch gefordert haben - zu jeder Zeit verfügbar sein muss. Heute Morgen haben sich wenige Windräder gedreht. Der Himmel war bedeckt. Es wurde wenig Strom von den Erneuerbare-Energien-Anlagen erzeugt.
Sprechen Sie einmal mit den Fachleuten und mit Kraftwerksbetreibern. Diese werden Ihnen sagen, dass wir als Übergangstechnologie, als Brücke bis zu dem Zeitpunkt, zu dem wir in der Lage sind, mittels Speichertechnologien und mittels ausgebauter Netze solche Energien in dem erforderlichen Umfang vorzuhalten, die konventionellen Anlagen weiter brauchen werden. Ansonsten - das habe ich eingangs gesagt - spielen Sie mit dem Strom, der nicht in ausreichendem Maße vorhanden wäre. Ich glaube, das ist auch nicht in Ihrem Interesse.
Deswegen wird es auch in den nächsten Jahren ohne Braunkohleverstromung nicht gehen. Andernfalls reden wir nicht von „sicherer“ Energieversorgung, sondern von „vielleicht sicherer“ Energieversorgung. Das wollen wir als CDU-Fraktion zumindest nicht.
Herr Kollege Thomas, es gibt noch eine Nachfrage und einen Fragewunsch eines weiteren Abgeordneten. - Frau Frederking.
Was verstehen Sie unter „in den nächsten Jahren“? Welchen Zeithorizont stellen Sie sich vor, in dem noch Braunkohlestrom produziert und durch die Leitungen geschickt wird?
Ich rede über den Zeitraum, den wir verabredet haben, der unserem Energiekonzepten zu entnehmen ist. Es geht um den Zeitraum, den wir brauchen, um die Braunkohleverstromung und die Kapazität an Braunkohlestrom sicher und jederzeit verfügbar durch neue Technologien zu ersetzen.
Ich könnte Ihre Frage auch umdrehen, geschätzte Kollegin Frederking, und fragen: Wann werden wir Ihrer Ansicht nach geeignete Speichertechnologien haben, die in dem Umfang, in dem wir jetzt Braunkohlestrom nutzen müssen, quasi als Reserve genutzt werden können? Das ist eine spannende Frage. Wir wissen es heute noch nicht. Solange wir das nicht wissen, können wir keine Aussage über Jahr und Tag treffen.
Herr Thomas, darf ich Ihren Beitrag so werten, dass Sie sich vehement für ein gemeinsames Bundesland aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen einsetzen?
Nein, Herr Dr. Köck, das können Sie so nicht verstehen. Ich bin ein bekennender Fan des Föderalismus. Es ist auch gut, dass wir diesen haben. Wir alle wissen aus Erfahrung und aus unseren Biografien, was es bedeutet, wenn ein Land zu stark zentralisiert wird. Sie brauchen sich nur in der Welt umzuschauen, dann sehen Sie, was passiert, wenn zentralistische Staaten den Faden verlieren. Deswegen haben Sie mich da falsch verstanden.
Danke schön. Weitere Anfragen gibt es nicht. - Dann können wir in der Debatte fortfahren. Als nächste Rednerin spricht für die Fraktion DIE LINKE Frau Abgeordnete Hunger.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Stabile Netze sind für die Stromversorgung eines Industrielandes wie Deutschland von großer Bedeutung.
An sie werden in Zeiten der Energiewende mit schwankender Einspeisung aus vielen verschiedenen, räumlich verteilten Quellen ganz neue Anforderungen gestellt.
Viele, vielleicht sogar die meisten Netzanpassungsmaßnahmen finden öffentlich fast unbemerkt oder zumindest wenig spektakulär statt, betreffen sie doch das Niederspannungsnetz oder eben jetzt auch das Verteilnetz. Da wird es schon ein bißchen schwieriger. Herr Möllring hat ja bereits darauf hingewiesen, welcher Umfang des Ausbaus bzw. der Anpassung, möchte ich formulieren, auch hierbei im Lande noch vor uns steht.
Sollen aber die Übertragungsnetze ausgebaut werden, findet das weit mehr öffentliche Resonanz, ist doch der Eingriff in Landschaft, Eigentum und Lebensumfeld deutlicher spürbar. Damit taucht auch die Frage nach der Notwendigkeit und dem Umfang des Ausbaus auf.
Ich möchte ein bisschen auf die Technik der Erarbeitung des Netzentwicklungsplans eingehen. Hierzu wurden verschiedene Szenarien aufgestellt: die unterschiedlichen Anteile von Energien, die dann eingespeist werden, veränderte Spitzenlasten, der Gesamtstrombedarf modelliert und auf eine bestimmte Zeit vorausgesagt.
Dazu gab es sehr, sehr viele Stellungnahmen. Das als am wahrscheinlichsten angenommene Szenario geht davon aus, dass wir auch im Jahr 2023 die Braunkohlekraftwerke mit noch mehr als 7 000 Stunden Volllast im Netz haben werden.
Die Braunkohle ist bis jetzt immer sehr stabil im Netz vertreten gewesen - mit fast 25 %; das ist jetzt ein wenig ansteigend. Wir haben im letzten Jahr noch 162 TWh Strom aus Braunkohle erzeugt. Dieser wird nur von dem Wert des Jahres 1990 von 170 TWh übertroffen. Zu jener Zeit liefen aber noch sehr viele alte DDR-Kraftwerke. Ist das nun die Energiewende? Auch die Steinkohle boomt. Hierbei haben wir sogar einen Anstieg zu verzeichnen.
Dieser Kohleboom ist ganz klar durch die Situation des Emissionshandels begründet. Die so geringen CO2-Preise, die auch Deutschland mit verschuldet hat, indem es sich in Europa dagegen gesträubt hat, einen Teil der Zertifikate zumindest zeitweilig vom Markt zu nehmen, werden uns also auch weiter massiv Kohlestrom bescheren.
Gleichzeitig steigen aber auch die Mengen an erneuerbaren Energien. Wenn nun gleichzeitig Kohle und erneuerbarer Strom transportiert werden müssen, bedarf das wohl höherer Übertragungskapazitäten. Das könnte aber im Umkehrschluss heißen, dass der Netzausbau deutlich geringer sein könnte, wenn eben nicht diese unverminderte Kohlestromeinspeisung neben den erneuerbaren Energien verkraftet werden müsste. Diese These
Es ist notwendig, eben auch aus Kostengründen, den Ausbau der Netze auf das absolut notwendige Maß zu beschränken und auch die Optionen einer Netzoptimierung und einer Netzverstärkung noch stärker ins Kalkül zu ziehen. Aus dem Grunde können wir dem Antrag der Koalition nicht so undifferenziert zustimmen; denn dieser Ausbau würde dem Kohlestrom auf lange Sicht, vielleicht sogar dauerhaft Platz im Netz verschaffen. Das ist im Übrigen auch für die Klimabilanz verheerend.
In diesem Zusammenhang möchte ich noch einmal auf die Szenariobildung zurückkommen. Es ist von den Personen, die die Stellungnahmen zu den Szenarien eingereicht haben, gesagt worden, dass man mit dem erhöhten Kohlestromausbau oder mit dem dauerhaften Erhalt der Kohle im Netz die Klimabilanz eigentlich nicht mehr halten kann. Darauf hat man kühl geantwortet, dass das an dieser Stelle gar nicht von Interesse ist, dass die Stromerzeugung mit der CO2-Bilanz eigentlich nichts zu tun hat. Wenn die Stromerzeuger nicht dafür sorgen können, dass weniger CO2 emittiert wird, dann müssen eben die anderen Bereiche mehr CO2 einsparen.
Ich finde, ein solches Herangehen kann man eigentlich nicht unterstützen. Wir unterstützen die Netzanpassung dann, wenn die Gründe eindeutig im Zubau des EEG liegen oder wenn damit die regionale Nutzung von erneuerbaren Energien gestärkt wird.
Das könnte zum Beispiel eine Entwicklung von Inselnetzen sein, die die regionale Versorgung sichern, beispielsweise auch bei Störungen im überregionalen Netz. Ein solches Vorgehen scheint dem Charakter der erneuerbaren Energien, die eben dezentral anfallen, besonders gut angepasst.
Für uns geht es auch bei der Netzentwicklung vorrangig um regionale, bürgernahe Strukturen. Das schließt Übertragungsnetze nicht aus. Wir werden sie brauchen. Wir haben auch schon einen nicht unerheblichen Teil. Aber unser Fokus wird nicht auf der Vernetzung von Norwegen bis Afrika liegen. Das wäre für mich eine Neuauflage des Vorhandenen - meinetwegen in Grün -, aber das ist nicht unser Ziel. Die Energiewende wird sich auf der ganzen Welt regional gestalten müssen. Das ist auch möglich. Die Energiequellen sind regional verteilt.
Den zwei Punkten Ihres Antrags würden wir zustimmen bzw. wir halten sie für richtig. Das ist zum einen die Frage, dass wir die mit dem Netzausbau verbundenen Kosten als nationale Aufgabe innerhalb der Bundesrepublik gerecht verteilt wissen wollen. Zum anderen halten wir das Kompetenzzentrum für sehr richtig und wichtig. Es ist gerade in den Diskussionen um Netzanpassungsmaßnah
Noch kurz etwas zu der Leitung, die uns konkret betrifft. Das ist die Leitung von Bad Lauchstädt nach Meitingen. Ich würde dem, was Frau Frederking soeben gesagt hat, voll zustimmen. Ich hatte mir Ähnliches dazu aufgeschrieben. Ich würde auch der Aussage zustimmen, dass die Lücke in Bayern zu schließen ist. Auch meine Fraktion im Bundestag hat dazu Berechnungen durchgeführt. Ich kann bestätigen, dass es so ist, dass man das zumindest noch einmal prüfen sollte. Deswegen sollte man eben nicht jetzt sofort mit dem Bau beginnen.
Vielleicht kann ich abschließend noch auf eine Äußerung von Herrn Thomas eingehen. Er hat mit dem schönen Satz begonnen: Der Erfolg der Energiewende wird vom Ausbau der Leitungen abhängen. - Ich glaube, vom Ausbau der Leitungen hängt höchstens das Überleben der Kohleindustrie ab. - Danke schön.
Danke schön, Frau Kollegin Hunger. - Zum Schluss der Debatte hätte Frau Budde oder eine Fraktionskollegin noch einmal die Möglichkeit, für die Einbringerin zu sprechen. - Sie verzichten. Dann können wir in das Abstimmungsverfahren eintreten.
Eine Überweisung wurde während der Debatte nicht beantragt. Also können wir zuerst über die eingereichten Änderungsanträge und danach über den Ursprungsantrag in geänderter oder unveränderter Fassung abstimmen. Ich lasse in der Reihenfolge der Einreichung abstimmen.
Zunächst stimmen wir über den Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drs. 6/2836 ab. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das ist die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN selbst. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer enthält sich der Stimme? - Das ist die Fraktion DIE LINKE. Damit ist der Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt worden.
Ich lasse nunmehr über den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 6/2840 abstimmen. Wer möchte dem zustimmen? - Das sind die Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer enthält sich der Stimme? - Niemand. Damit hat der Änderungsantrag nicht die erforderliche Mehrheit bekommen.
Nun lasse ich über den Ursprungsantrag der Fraktionen der CDU und der SPD in der Drs. 6/2824 abstimmen. Wer dem zustimmen möchte, den bitte
ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer stimmt dagegen? - Das ist die Fraktion DIE LINKE. - Herr Abgeordneter Rosmeisl?