Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir zwei Vorbemerkungen, die nur am Rande etwas mit dem Thema der Aktuellen Debatte zu tun haben.
Erstens. Ich habe manches Mal den Eindruck, dass wir bei der Themensetzung hier im Parlament ganz häufig Gefahr laufen, den Journalisten auf den Leim zu gehen.
Wenn etwas in der Zeitung steht, dann wird es sehr schnell Gegenstand von Debatten im Parlament. Ich glaube, wir sollten uns alle immer die Mühe machen zu prüfen, ob das richtig ist.
Zweitens. Auch mit Blick auf die Bedeutung und die Wichtigkeit von Themen, die wir im Parlament behandeln, möchte ich zumindest anregen, hin und wieder darüber nachzudenken, ob nicht eine Selbstbefassung im fachlich dafür zuständigen Ausschuss zunächst die entsprechenden Fragen klären kann.
Wenn es dort nicht geklärt werden kann, dann kann sich das Hohe Haus immer noch damit befassen. - So weit meine beiden Vorbemerkungen.
Nun komme ich zum eigentlichen Thema. Ich glaube, wir alle freuen uns über das Engagement von Vereinen und Verbänden vor Ort. So ist es auch zustande gekommen: Der Stadtrat von Wolmirstedt hat sich darüber gefreut, dass es einen engagierten Verein gibt, der sich bemüht, eine marode Einrichtung zu sanieren, um sie für die Stadt und damit für die Menschen in dieser Stadt wieder auf Vordermann zu bringen und etwas daraus zu machen.
So ist es - kann ich mir vorstellen - gelaufen, zu Beginn der Fördermittelbeantragung, zu Beginn der Entscheidungsfindung sowohl im Verein als auch in der Kommune.
Dann hat es, wie es in diesem Zusammenhang so ist, eine ganze Reihe von Entscheidungen gegeben, die am Ende dazu führen, dass es einen offenkundigen Streit gibt.
Nun muss man auseinanderfiletieren, worüber gestritten wird und wer mit wem streitet. Eine Frage, die geklärt werden muss, ist: Wo liegt die Verantwortung der Kommune, wo die des Stadtrates, die des Bürgermeisters, die der Kommunalaufsicht? Bezüglich dieser Frage sind die wesentlichen Dinge - so habe ich die Auskünfte des Ministers bisher verstanden - geklärt: die Frage der kommunalaufsichtlichen Begleitung, die des kommunalpolitischen Handelns und auch die der ordnungsgemäßen Verwendung von Fördermitteln, sofern sie über das Land geflossen sind und der Kontrolle durch das Land unterliegen.
Eine zweite Frage ist: In welchem Verhältnis stehen eigentlich Stadt und Verein? Dort ist ein Streit
über Mittel in Höhe von 347 000 € entbrannt, die die Stadt gern vom Verein wiederhaben möchte. Hierbei stellen sich die Fragen: Wie ist die Rechtslage? Wie ist die Vertragslage? Wie bekommen sie das Problem geregelt und wie lösen sie das Problem?
Dazu muss ich allerdings sagen, dass ich - wenn die Informationen, die mir zugetragen worden sind, korrekt sind - doch ziemlich befremdet bin über das Handeln der Stadt. Wenn es tatsächlich einen Vergleichsvorschlag gibt, der nachweislich zum Nachteil der Stadt ist - eine schriftliche Stellungnahme der Kommunalaufsicht des Landkreises belegt das -, dann frage ich mich: Wie kann ein verantwortungsvoller Bürgermeister dem Stadtrat diesen Vergleichsvorschlag zur Entscheidung vorlegen, der nachweislich zum Nachteil der Stadt ist?
Das müsste nämlich so laufen, dass der Bürgermeister nach der Beschlussfassung durch den Stadtrat gegen den von ihm selbst unterbreiteten Vorschlag, wenn er denn beschlossen worden ist, in Widerspruch gehen muss. Das ist etwas, das ich nicht verstehe. Ich sage: So kann jedenfalls ein verantwortungsvoller Bürgermeister nicht handeln.
Es ist auch zu klären, wie eine solche Vorgehensweise kommunalaufsichtsrechtlich zu bewerten ist und wie dort gegebenenfalls eingegriffen werden kann, muss oder soll.
Noch ein Wort zur zweiten Säule. Es stellt sich die Frage der Geltendmachung der vermeintlichen Schadenssumme, die die Stadt geltend macht, nämlich 347 000 €. Es gibt ein entsprechendes Klagebegehren der Stadt. Der Stadtrat hat beschlossen, den Verein auf Rückzahlung dieser Summe zu verklagen.
Hierzu gibt es ein Mediationsverfahren. Ein Ausfluss dieses Mediationsverfahrens ist der von mir soeben angesprochene Vergleichsvorschlag. Nach dem, was ich weiß, kann ich aber nur dazu raten, diesen schnell wieder verschwinden zu lassen, weil er nachteilig für die Kommune ist und außerdem die Kommunalaufsicht einschreiten müsste, wenn so etwas beschlossen würde.
Der dritte Gegenstand der Diskussion betrifft die Frage, wie die Haftung vereinsrechtlich geregelt ist. An welcher Stelle kommt gegebenenfalls strafrechtliche Relevanz ins Verfahren? Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Es gibt eine Anzeige der Kommune wegen des Verdachts der Untreue im Verein. Das sind Dinge, die strafrechtlich zu ermitteln sind.
Ferner ist die Frage zu klären, ob der Vorstand gegebenenfalls haftet. Sie alle kennen die Haftungsregelungen. Viele von uns im Hohen Hause sind
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Gestatten Sie mir bitte gleichwohl eine Bemerkung, die politischer Natur ist, weil ich natürlich auch weiß, wie die Stimmungslage im Stadtrat ist, wie vor Ort - ich habe mich darüber informiert - die SPD-Fraktion die Dinge kritisch begleitet und wie sie sich Sorgen macht über das weitere verantwortungsvolle kommunalpolitische Agieren im Stadtrat, auch in der vorhandenen personellen Konstellation.
Es muss ein Interesse aller Beteiligten vor Ort und darüber hinaus geben, dass geklärt wird, ob die personelle Konstellation vor Ort - sei es durch die handelnden Personen oder sei es durch politische Konstellationen - begünstigend gewirkt hat bei der in Rede stehenden schwierigen und möglicherweise rechtswidrigen Verhaltensweise des Vereins bei der Sanierung der Jahn-Turnhalle. Es muss ein Interesse daran geben, die Dinge aufzuklären.
Ich hoffe, wir sind uns alle einig, dass eine Stadt wie Wolmirstedt gegenüber seinen Bürgerinnen und Bürgern den Anspruch erheben muss, integer zu sein und nicht dem permanenten Verdacht zu unterliegen, man mauschele da Irgendwie etwas miteinander, weil der Vereinsvorsitzende gleichzeitig der Stadtratsvorsitzende sei, der wiederum jemand anderen ganz gut kenne. - So etwas darf nicht die Grundlage für kommunalpolitische Entscheidungen sein. Deshalb ist es ganz wichtig, dass diese Fragen geklärt werden.
Noch einmal: Lassen Sie uns die Dinge an der Stelle abarbeiten, an der sie abzuarbeiten sind. Dies betrifft zum einen die Frage der kommunalaufsichtlichen Begleitung der Regelung des Verhältnisses zwischen Stadt, Stadtrat und Verein. Dies betrifft zum anderen die Frage der staatsanwaltschaftlichen und damit strafrechtlichen Ermittlungen. Das ist nicht Gegenstand der parlamentarischen Beratung und darf und sollte es auch nicht sein. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke sehr, Kollege Hövelmann. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Herr Abgeordneter Meister. Bitte sehr.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Fördermittelmissbrauch und Fördermittelbetrug - ich vermag es nicht so richtig nachzuvollziehen, aber man kann sich nicht des Eindrucks erwehren, dass wir in Sachsen-Anhalt die Begriffe „Fördermittelmissbrauch“ und „Förder
Ich war schon nicht sonderlich für „Wir stehen früher auf“, aber das Konzept, das wir jetzt verfolgen, sollte man noch einmal überdenken.
Ich habe gestern bei „Google News“ die Worte „Fördermittel“ und „Sachsen-Anhalt“ - das ist ja ziemlich neutral - eingegeben. Unter den ersten sieben Treffern stand es 6 : 1 für negative Nachrichten.
Für den Ehrentreffer sorgte die Stiftung Umwelt, Natur- und Klimaschutz. Schuld an dieser Sache ist nicht Herr Dr. Thiel; das kann man sagen.
Die Schlagzeilen lauteten „Das lange Warten auf Signale vom Land“, „Fehlende Kontrolle“, „Neuer Ärger um die IBG“, „Wolmirstedt vermisst 347 000 €“ - das ist unser heutiges Thema -, „IBG-Skandal“ und „Sachsen-Anhalt fördert Firma in Österreich“.
Zugegeben, es handelt sich nur um eine Momentaufnahme. Aber schlechte Nachrichten verbreiten sich schnell und prägen unerfreulicherweise das Bild der politischen Verhältnisse unseres Landes. In diesem Zusammenhang ist es bezeichnend, dass es aktuell zwei Untersuchungsausschüsse gibt, die sich mit Unregelmäßigkeiten beim Umgang mit Fördermitteln beschäftigen müssen. Dabei spielt es keine Rolle, dass es in den aktuellen Fällen natürlich unterschiedliche Tatbestände gibt. Sie entfalten aber alle eine negative Wirkung für unser Land, die über das Finanzielle hinausgeht.
Es drängt sich jetzt natürlich die Frage nach dem Warum auf. Außerdem stellt sich die Frage, wie man das in Zukunft abstellen kann. Im Fall der Wolmirstedter Jahn-Halle fällt es mir schwer, ein abschließendes Bild zu zeichnen. Alles ist im Fluss. Es laufen staatsanwaltschaftliche Ermittlungen. Es gibt Klageverfahren vor dem Landgericht. Maßgebliche Recherchen in diesem Fall verdanken wir den regionalen Journalisten.
Ich hätte erwartet, dass Herr Webel als langjähriger Landrat, damals Chef der nicht ganz glücklich wirkenden Kommunalaufsicht des Kreises und jetziger Verkehrsminister und zuständig für die Fachaufsicht, klare Worte findet. Gerade von ihm hätte man erwartet, dass mehr kommt als eine lauwarme Erklärung aus dem Ministerium, dass es bei VorOrt-Kontrollen keine Beanstandungen gegeben
Stattdessen konnten wir gestern auf die Anfragen der Abgeordneten Dr. Thiel und Henke vom Herrn Minister die enervierende Verlesung von bestimmt 20 bis 25 Prüffeststellungen hören, die immer damit endeten, es sei alles dufte.
Die vorgetragene Erfolgsgeschichte hat eben nur den Schönheitsfehler, dass ihr das Happy End fehlt. Wir haben ein Problem aufgrund fehlender Mittel und aufgrund der Situation, die sich in Wolmirstedt im Moment ergibt.
Das Ministerleben besteht nicht nur aus der pressewirksamen Übergabe von Fördermittelbescheiden. Man muss sich auch um die konkrete Verwendung kümmern. Wenn es einmal schiefgeht - das ist jetzt der Fall und das kommt nun einmal vor -, würde man sich ein sachliches und verbindliches Herangehen, ein Informieren wünschen, aber nicht die Verlesung arg verblichener überholter Prüffeststellungen.
Dass sich der Verkehrsminister hier zugeknöpft gibt, sich nach Berichten der „Volksstimme“ andererseits als Freund dieser Stadt in die örtlichen Interna hineinstürzt, ist nicht gerade dazu angetan, das Vertrauen in die Aufklärung zu stärken.