Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beschreibt ein Problem, von dem ich der Auffassung bin, dass es richtig ist, sich damit zu beschäftigen. Das Suchtproblem ist aber ein Problem, das jedes Alter angeht.
Einmal genauer hinzuschauen und Prioritäten festzulegen, das halte ich für richtig. Das hat auch eine demografische Komponente. Wenn sich die Zahl der Jugendlichen, also die Altergruppe bis 23 Jahre, halbiert hat, ist das Problem zahlenmäßig und prozentual natürlich ein anderes. Deshalb stellen das Komasaufen, neue Drogen und all das, was Sie gesagt haben, für mich die wesentlichen Herausforderungen dar; denn diese Menschen haben ihr Leben noch vor sich. Das heißt aber nicht, dass man die Probleme im Alter ausblenden sollte.
Im Übrigen gibt es in jedem Alter Suchtprobleme. Wenn Sucht zur Abhängigkeit und Abhängigkeit zur Krankheit führt, dann ist das ein Problem. Sucht ist ein Phänomen, das sich bei jedem Menschen zeigen kann. Dass wir nach manchen Dingen wie Fernsehen, Essen und Ähnlichem süchtig sind, ist ein Stück weit Normalität des Lebens.
Ich will das Thema nicht herunterspielen, aber dennoch eingangs ein paar Einschränkungen machen. Mit dem Alter verbinden wir immer ein gesellschaftliches Problem, als wären die Älteren ein Problem der Gesellschaft. Ich sage nach wie vor - das ist meine Botschaft, die ich überall anbringe - Dass wir älter werden, ist ein Segen. Es ist der Traum jedes Menschen, älter zu werden.
Wenn es um die Menschen geht, die älter werden, muss man einmal genauer hinschauen. 20 % bis 25 % der älteren Menschen werden pflegebedürftig. Die restlichen 75 % bis 80 % leben gesund und werden älter, weil sie gesünder leben. Sie müssen
Nein, es ist eine Chance, dass wir diese Menschen haben. Wir sollten sie wertschätzen. Dass die Menschen so alt werden, liegt auch daran, dass sie bewusster und gesünder leben. Auch dass sollte man einmal deutlich sagen.
Jetzt noch eine Anmerkung zu der Frage, ob wir übersehen haben, dass es dort ein Problem gibt, das wir vielleicht nicht so sehr im Fokus haben. Ich besuche sehr viele Altenheime, und ich glaube, das gilt auch für Sie. Ist Ihnen von Pflegeleitungen in diesem Ausmaß über dieses Problem berichtet worden? Bei Verwandten, Bekannten, im Freundeskreis? Hat der Psychiatrieausschuss, der regelmäßig Besuche durchführt, explizit darauf hingewiesen? Hat der Landespflegeausschuss das Thema tatsächlich so in den Fokus genommen? - Ich möchte nur sagen, ich habe es nicht gesehen; ich weiß aber trotzdem, dass es das Problem gibt.
Ich finde es richtig, dass sowohl die Bundesregierung als auch wir einmal bei bestimmten Themen schauen, welche Probleme gibt es bei Jugendlichen, bei Heranwachsenden, bei der arbeitenden Bevölkerung - auch dort gibt es Probleme; es wird über Burnout und Ähnliches geredet - und bei den Älteren.
Dann muss man die Frage stellen: Welche Gründe gibt es dafür, dass jemand im Alter süchtig ist oder Substanzen missbraucht? Woran liegt das eigentlich? Diese Frage ist für mich viel wichtiger.
Sicherlich ist ein größerer Teil der betroffenen älteren Menschen - so wurde es mir beschrieben - vorher auch schon abhängig gewesen und einfach älter geworden. Wenn man die Prozentzahlen der älteren Abhängigen mit denen der jüngeren vergleicht, muss man prüfen, ob man daraus den Schluss ziehen kann, dass die Abhängigkeit im Alter zunimmt.
- Nein, ich habe nicht gesagt, dass Sie das gesagt haben. Ich wollte es nur in den Gesamtzusammenhang stellen. - Es ist also zu fragen: Ist das so?
Der zweite Punkt ist: Wenn wir älter werden, gibt es natürlich auch Situationen, mit denen ältere Menschen schwerer zurechtkommen. Beispielsweise ist der Verlust des Partners ein Riesenproblem. Die Frage ist: Wie geht man damit um? Haben wir Beratungsangebote und Begleitungsangebote?
werden, die ältere Menschen haben, nämlich der Wunsch nach Zuwendung und Liebe? Denn professionelle Pflege allein löst das Problem der Mitmenschlichkeit nicht.
Wir brauchen in Zukunft auch andere Formen der Betreuung, nicht nur Pflegeheime. Es geht vielmehr darum, miteinander zu leben, und darum, dass Jüngere auf Ältere Rücksicht nehmen.
Richtig ist aber auch, dass ältere Menschen - ich zähle mittlerweile auch dazu - eigentlich weniger Alkohol trinken, früher ins Bett gehen und nicht bis 2 Uhr nachts noch unterwegs sind, was man in jüngeren Jahren gern tut. Jeder weiß auch aus seinem Verwandten- und Bekanntenkreis, dass ältere Menschen weniger vertragen. Trotzdem gibt es das Phänomen und man sollte es nicht aus den Augen verlieren.
Ich kritisiere den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN nicht, aber ich wollte es einmal in die Gesamtproblematik einordnen, wenn es um Sucht geht.
Genauso richtig und wichtig, vielleicht sogar noch wichtiger ist die Frage des Medikamentenmissbrauchs. Damit gehen wir alle in fast jedem Alter zu leichtfertig um. Ich denke nur daran, dass Antibiotika oftmals schnell verschrieben werden. Das Problem besteht schon bei Kindern. Bei Älteren - das ist richtig - kann es sein, dass Ärzte sich sagen: Was hat er denn noch vom Leben; die Lebenszeit ist begrenzt, dann soll er das Medikament eben bekommen und wir geben es ihm.
Man sollte genauer hinterfragen, ob das gut ist, ob Lebensqualität nicht auch dadurch entsteht, dass man auch im Alter gesünder lebt und dass man diese Mittelchen, die es überall gibt, nicht ständig zu sich nimmt. Denn sie rufen wiederum andere Schädigungen hervor, insbesondere im Alter, da Medikamente oder Alkohol im Alter langsamer abgebaut werden und der Körper mit diesen Stoffen schlechter umgehen kann, als es in jungen Jahren der Fall ist.
Es gibt dazu Statistiken unterschiedlicher Art. Einige besagen: Der durchschnittliche Konsum von Alkohol und Tabak geht im Alter zurück, dafür nimmt der Medikamentenmissbrauch zu. Das wird untermauert mit diesen berüchtigten Zahlen zur Zunahme der Abhängigen und es wird ein Vergleich angestellt.
Allerdings kann man die Zahlen aufgrund der demografischen Entwicklung nicht miteinander vergleichen. Denn wenn weniger junge Menschen geboren werden, können auch nur weniger alkohol- oder drogenabhängig werden. Die älteren Menschen sind real vorhanden. Daher ist in dieser Altersgruppe die Zahl der Abhängigen größer und diese Phänomene werden deutlicher.
Wir nehmen das zum Anlass, die Studien und die Modellvorhaben, an denen sich die Länder, etwa Mecklenburg-Vorpommern, beteiligt haben, noch einmal genauer anzusehen und die Beteiligten an einen Tisch zu holen. Denn dieses Problem gehört mit in die Betrachtung hinein.
Die älteren Menschen haben es verdient, dass wir Probleme, die ihre Ursachen im gesellschaftlichen Miteinander haben, in den Blick nehmen und schauen, was man tun kann. Dabei ist nicht nur Aufklärung wichtig, sondern es ist auch wichtig, die Defizite an Zuwendung, Begleitung und Nähe, die Ältere erleben, ein Stück weit zu beheben. Denn Vereinsamung und Ähnliches stellen wirklich ein großes Problem dar.
Richtig ist auch, dass in der Ausbildung, in der Fortbildung und in den Prüfungen im Bereich der Altenpflege dieses Thema verstärkt vorkommen sollte, damit man dafür sensibler wird und genauer hinsieht, wie der Lebensstil unserer älteren Mitbürger ist.
Eine Reduzierung der Fälle von suchtbedingten Krankheiten halte ich für richtig. Vielleicht sollte man überlegen, ob dieser Aspekt in die Gesundheitsziele aufgenommen werden kann. Denn bei den Gesundheitszielen haben wir den Vorteil, dass nach einer gewissen Zeit, nach ein oder zwei Jahren, überprüft werden kann, welche Fortschritte zu verzeichnen sind und ob es gelungen ist, messbar darzustellen, dass ein Rückgang der Suchtgefährdung auch und gerade im Alter möglich ist.
Auf jeden Fall wollte ich die Einordnung vornehmen, dass es sich um ein Phänomen handelt, das in der gesamten Gesellschaft zu verzeichnen ist und das nicht allein die Älteren betrifft.
Vielen Dank, Herr Minister. - Bevor wir in der Debatte fortfahren, bitte ich um Ihre Aufmerksamkeit. Von der Einbringerin Frau Lüddemann wurde der Vorschlag gemacht, den Text des Änderungsantrags der Fraktion DIE LINKE zu übernehmen. Uns liegt des Weiteren ein Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der SPD in der Drs. 6/2577 vor. Ich schlage zum Verfahren vor, dass wir - -
- Nein, Entschuldigung. Das war eine falsche Drucksache. Das hat sich also erledigt. - Wir können also in der Debatte davon ausgehen, dass wir über einen Antrag sprechen, der verändert wird. Sie übernehmen den Antrag.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herrn Abgeordnete! Herr Minister Bischoff hat in seinem Redebeitrag sehr detailliert herausgearbeitet, dass die Thematik Sucht im Alter insbesondere vor dem Hintergrund des demografischen Wandels bereits seit einiger Zeit im Fokus der Landesregierung steht. Er hat darüber hinaus auch Schritte aufgezeigt, die seitens des Ministeriums für Arbeit und Soziales hierzu bereits gegangen worden sind und weiter gegangen werden sollten. Er hat auch darauf hingewiesen, dass die Suchtproblematik und -thematik auf jeden Fall auch jüngere Menschen, eigentlich alle Altersgruppen betrifft.
Deshalb benötigt die Landesregierung eigentlich keine Aufforderung, sich dieses Themas anzunehmen. Ein Bericht des Ministers im Ausschuss für Arbeit und Soziales über den Stand der Arbeiten wäre daher aus meiner Sicht völlig ausreichend gewesen.
Die heftigen Reaktionen auf einige Äußerungen der Kollegin Lüddemann haben allerdings verdeutlicht, wie das Spannungsfeld zu umreißen ist: Selbstbestimmung im Alter auf der einen Seite und Verhinderung bzw. Eindämmung von Substanzmissbrauch auf der anderen Seite, der letztlich zu einer eingeschränkten Selbstbestimmung führen kann.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch wenn ich bereits gesagt habe, dass die wesentlichen Dinge zu dem Antrag vom Minister schon vorgetragen worden sind, möchte ich noch auf zwei Aspekte hinweisen, die über diesen Antrag hinausgehen und aus der Sicht der CDUFraktion wesentlich sind.
Unter Punkt 4 des Antrages heißt es, dass eine entsprechende referatsübergreifende Arbeitsgruppe im Ministerium für Arbeit und Soziales zur Begleitung des Fachgesprächs einzurichten sei, und zwar als zukünftiger Knotenpunkt der Kooperation und zur federführenden Bündelung der Informationen der verschiedenen Akteure für die Erstellung entsprechender Öffentlichkeitsmaterialien. Ich erlaube mir, darauf hinzuweisen, dass wir sicherlich über die vorhandenen Institutionen und Gremien hinaus keine weiteren Arbeitsgruppen oder Gesprächskreise benötigen.
fentlichkeit angemessen zugänglich zu machen. Wir brauchen keine neuen Gremien, die uns auf vermeintlich neue Probleme in unserem Bundesland aufmerksam machen, sondern wir brauchen innerhalb der Landesregierung oder auch der Landesverwaltung schlagkräftige Strukturen, die in der Lage sind, die aufgetretenen Probleme, die offensichtlich vorhanden sind, zur Zufriedenheit aller Betroffenen anzugehen und zu lösen bzw. zu beseitigen.
Allein das Aufzeigen und Diskutieren von Problemen und Defiziten hilft den Betroffenen, die, wenn sie sich in einem Pflegeheim oder in einem Krankenhaus befinden, zugegebenermaßen oft in einer außerordentlich schwierigen Lebenssituation sind, nicht.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich auch einen zweiten Punkt festhalten. Die Antragstellerin fordert unter Punkt 1 ihres Antrages, dass der Landtag feststellen möge, dass in dem Handlungsfeld Sucht im Alter große Potenziale zur Verbesserung der Lebenssituation von Betroffenen bestehen. Ich bin der Meinung, dass wir sehr genau hinschauen müssen, was damit gemeint ist, damit wir nicht in den Verdacht geraten, ältere Menschen zu gängeln. Wir alle werden einmal in die Situation kommen und werden das dann auch nicht wollen.
In den Blick genommen werden müssen aus meiner Sicht einerseits diejenigen, die mit ihrer Suchtproblematik in das Alter hineinwachsen, die also als Jugendliche oder als „mittelalterliche“ Menschen