Protocol of the Session on July 11, 2013

(Beifall bei der SPD und bei der CDU - Zu- stimmung bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Ob diese Summe am Ende unseren Haushalt ziert,

(Zuruf von der LINKEN: Ziert?)

- ich habe das Wort bewusst gewählt - wird sich zeigen, genauso wie es sich zeigen wird, was vom Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE umsetzbar und realisierbar ist.

Ich fange bei der Regionalisierung an. Vor 20 Jahren haben es andere und ich in der Altmark versucht. Wir sind kunstvoll gescheitert. Allerdings ist man heute dort - das macht Hoffnung - auf freiwilligem Wege schon ein ganzes Stück weiter. Wenn man jedoch die kommunalen Träger einmal versucht zusammenfassend zu hören, kann man die Begeisterung für die Idee noch etwas unterbelichtet vorfinden.

Was wird freiwillig möglich sein? Welche politische Mehrheit wird es in diesem Land und auch in diesem Landtag geben, wenn Zwang ausgeübt werden soll? Ist dieser Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung verhältnismäßig? - Der Präsident des Landkreistages, Herr Landrat Gerster, hat sich in dieser Woche öffentlich dagegen ausgesprochen.

Wie sind Sie auf die 500 000 € gekommen? Nach welchem Verteilungsschlüssel sollen sie verteilt werden? - Es ist schon angesprochen worden, dass in Sachsen die kreisfreien Städte außen vor geblieben sind. Wir müssten das bekanntermaßen schwierige Verhältnis zwischen den Oberzentren und den sie umgebenden Landkreisen klären. Damit sind wir an anderer Stelle schon gescheitert. Ich spitze es einmal zu: Dessau wollte sich nicht solidarisch kreisangehörig in einen Landkreis einbringen, würde jetzt aber vom Umland aber genau diese Solidarität einfordern.

Die Frage, die bleibt, wenn man diese Fragen negativ beantworten würde, was ich hier nicht ma

che: Gibt es andere Möglichkeiten inhaltlicher und regionaler Kooperation?

Noch ein paar Fragen - nicht Bedenken - zum Thema Bettensteuer. Was in Köln und in Weimar funktioniert, ist mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2012 für Trier und Bingen gescheitert. Man muss sehen, ob es dort Wege gibt, die sich mehr an das Kölner bzw. Weimarer Modell anpassen als an das gescheiterte.

Sollte eine Abgabe flächendeckend erhoben werden? Wenn nicht, wie dann? In welchem Verhältnis stehen Einnahmen und Verwaltungsaufwand?

Wie schloss Marcel Reich-Ranicki sein „Literarisches Quartett“? Mit einem Brecht-Zitat.

„Wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffen/ den Vorhang zu und alle Fragen offen.“

Wir sollten nicht enttäuscht sein, schon betroffen - auch von dem, was uns die Kulturschaffenden in das Stammbuch schreiben. Wir müssen auf jeden Fall über Kooperationen sprechen, auch über die Steigerung der Einnahmen. Wir werden das anhand dieses Gesetzentwurfs in den jeweiligen Ausschüssen tun. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU - Zu- stimmung bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Abgeordneter Miesterfeldt. - Zum Schluss der Debatte Herr Abgeordneter Gebhardt.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich ausdrücklich bei allen Rednern und Rednerinnen bedanken, die hier eine sachliche Debatte geführt haben. Das macht mich sehr optimistisch hinsichtlich der Diskussion im Ausschuss. Ich glaube, dass wir uns zielorientiert und konstruktiv im Sinne der Kulturlandschaft SachsenAnhalts bewegen. Das macht mich sehr hoffnungsvoll.

Ich möchte nur auf zwei, drei Punkte kurz eingehen, die hier angesprochen wurden. Die 500 000 € - dazu hat Herr Gallert schon etwas gesagt - sind letztlich dem Konnexitätsprinzip geschuldet. Wir haben uns für eine relativ kleine Summe entschieden; denn je höher die Summe, desto höher die Gefahr, dass sich das Land, das es bezahlen muss, aus der direkten Kulturförderung verabschiedet.

Die 500 000 € sind lediglich dafür da, die Kulturregionen zum Arbeiten zu bringen. Die Mittel sollen nach einem Verteilungsschlüssel auf das Land aufgeteilt werden. Wir haben gesagt, diese kleine

Summe können wir der Landesregierung per Verordnung überlassen; das trauen wir ihr an der Stelle durchaus zu.

Zu den Punkten, die angesprochen wurden, was Pflichtigkeit und Freiwilligkeit betrifft. Wir haben darüber sowohl im Konvent als auch bei uns in der Fraktion wirklich lange darüber diskutiert und sind dann zu dem Ergebnis gekommen, dass für die Freiwilligkeit 20 Jahre lang Gelegenheit bestanden hat, aber nichts passiert ist. Ich höre heute immer noch die Städte, die viele Kultureinrichtungen haben; sie werben immer noch dafür, dass sich ihr Umland finanziell beteiligt, aber es passiert nicht.

Deshalb hat der Kulturkonvent ausdrücklich gesagt: Wir brauchen an dieser Stelle eine verpflichtende Lösung. Er hat ausdrücklich gesagt: Wir brauchen die rechtlichen Rahmenbedingungen. - Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind nun einmal in einem Gesetz geregelt. Darum soll es uns gehen.

Bezüglich der Bettensteuer, Herr Miesterfeldt, will ich einmal eine kurze Geschichte erzählen. Ich war in Mainz. Ich war dort definitiv dienstlich unterwegs; ich war beim ZDF. Ich wurde im Hotel nicht danach gefragt, ob ich dienstlich oder privat dort bin. Ich habe dann bei der Abrechnung gesehen, dass im Übernachtungspreis des Hotels 3,50 € Kulturförderabgabe enthalten sind. Dieses Selbstverständnis der Mainzer wünsche ich mir, ehrlich gesagt, für alle in Sachsen-Anhalt,

(Beifall bei der LINKEN)

dass wir mit Inbrunst sagen: Wir sind das Kulturland. Wir erheben deshalb von den Leuten, die hierher kommen, eine Kulturförderabgabe.

Ansonsten bin ich ganz bei meinem Fraktionsvorsitzenden, der gesagt hat: Wenn uns noch eine optimalere Variante für die eine oder andere Formulierung einfällt, dann her damit. - Ich freue mich auf die Diskussion im Ausschuss und auf einen konstruktiven Streit. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke schön, Herr Abgeordneter Gebhardt. - Wir schließen die Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt ab und treten nunmehr in das Abstimmungsverfahren ein.

Es wurde von allen Fraktionen die Überweisung des Gesetzentwurfs in die Ausschüsse beantragt. Mir liegen Wünsche auf Überweisung in den Ausschuss für Bildung und Kultur, in den Ausschuss für Inneres und Sport und in den Ausschuss für Finanzen vor. Gibt es weitere Überweisungswünsche? - Das ist nicht der Fall. Dann würde ich jetzt abstimmen lassen.

Wer der Überweisung des Gesetzentwurfs in die drei genannten Ausschüsse zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Gegenstimmen? - Keine. Stimmenthaltungen? - Ebenfalls keine. Damit ist der Gesetzentwurf einstimmig in die Ausschüsse überwiesen worden.

Ich denke, es ist selbstredend, dass dem Ausschuss für Bildung und Kultur die Federführung übertragen wird. - Es erhebt sich kein Widerspruch. Es ist so beschlossen. Dann schließe ich den Tagesordnungspunkt ab.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 8 auf:

Beratung

Sicherung der Pflege in Sachsen-Anhalt

Antrag Fraktionen CDU und SPD - Drs. 6/2147

Änderungsantrag Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 6/2270

Änderungsantrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/2279

Für die einbringenden Fraktionen erteile der Abgeordneten Frau Grimm-Benne das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! 50 % aller Männer und 75 % aller Frauen werden im Laufe ihres Lebens, meist im hohen Alter, pflegebedürftig. Im Jahr 2001 lagen die Quoten noch bei 40 % bzw. 60 %. Allein an diesen Zahlen wird die steigende Tendenz deutlich.

Wenn wir also über Pflege reden, wird grundsätzlich die Frage zu beantworten sein, wie in einer alternden Gesellschaft mit immer weniger Erwerbstätigen eine bedarfsgerechte Pflege mit qualifizierten Fach- und Hilfskräften sichergestellt werden kann.

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Eine älter werdende Gesellschaft wird keine lineare Steigerung der Pflegebedürftigkeit mit sich bringen; denn die Menschen werden vor allem aufgrund des Fortschritts in der Medizin immer älter. Schaut man sich die heutigen 70-Jährigen an, so ist für jeden und jede sichtbar, dass es keine Generation vorher gab, die ihr Leben so mobil und aktiv gestaltet hat, wie die jungen Alten von heute.

Von den ca. 2,5 Millionen Pflegebedürftigen werden ca. 70 % zu Hause und 30 % vollstationär versorgt. Wenn man davon ausgeht, dass die altersspezifische Pflegehäufigkeit so bleibt, wie sie sich in den letzten Jahren entwickelt hat, dann wird der Pflegebedarf deutschlandweit bis zum Jahr 2030 um 50 % steigen.

Da in Sachsen-Anhalt der Altersdurchschnitt schon heute sehr hoch ist, liegt die Steigerungsrate hier

im Durchschnitt bei ca. 40 %, wobei es regionale Unterschiede gibt. Im Landkreis Jerichower Land sind es 55 %, in Magdeburg 52 %, in Dessau-Roßlau 51 %, im Landkreis Anhalt-Bitterfeld sind es 31 % und im Landkreis Mansfeld-Südharz 32 %.

Auch der Bedarf an Pflegekräften wird steigen. Im Jahr 2030 werden in Deutschland knapp 500 000 Pflegekräfte zusätzlich benötigt. Eingerechnet ist hierbei die Abnahme der pflegerischen Versorgung durch Familienangehörige. Denn der Einbruch bei der Geburtenrate bedeutet: Wo es keine Kinder gibt, dort gibt es auch später keine Erwachsenen, die ihre alt gewordenen Eltern versorgen könnten.

Gleichzeitig steht eine rückläufige Anzahl an Personen im erwerbsfähigen Alter einem steigenden Pflegebedarf gegenüber. Langsam greift auch bei uns die Einsicht, dass es nicht eine rein fachpolitisch zu bewältigende Aufgabe ist.

Dr. Jürgen Gohde, der Vorsitzende des Kuratoriums Deutsche Altershilfe, spricht davon, dass aus einer Wohn- und Bürgergemeinde eine Sozialgemeinde werden muss. Es sind also regionale bedarfsgerechte Pflegekonzepte vonnöten.

Eine frühzeitige Einbindung aller auf kommunaler Ebene Verantwortlichen, nämlich der Pflegekassen, der Leistungsanbieter, der Stadtplaner und der Wohnungsbaugesellschaften, und ein kooperatives Miteinander müssen auf die Belange der Region bezogene Lösungen entwickeln. Die kommunale Ebene ist zwar für die Prozess- und Angebotskoordinierung zuständig, Bund und Land müssen aber unterstützend zur Seite stehen.

Die Bertelsmann-Stiftung spricht in ihrem „Pflegereport 2030“ von einer Unterstützungs- und Vernetzungsstruktur. Dabei muss es vorrangig um die Vermeidung von Pflegebedürftigkeit gehen, nämlich um aktives Altern, und um ein möglichst langes Hinauszögern dieser niedrigschwelligen Angebote. Denn es gibt bei der älter werdenden Bevölkerung nach wie vor den Wunsch, selbstbestimmt in der gewohnten Umgebung alt zu werden.

Die Grundsätze „ambulant vor stationär“ und „Rehabilitation vor Pflege“ dürfen nicht nur Floskeln bleiben, sondern sie brauchen, um umgesetzt werden zu können, Akteure, die sich allerdings häufig nicht vorrangig dafür verantwortlich fühlen. Deshalb haben wir unseren Antrag vorgelegt.

Ein wichtiger Punkt ist dabei die Reform der Ausbildung von Pflegekräften. Gute Ausbildung, Entwicklungsperspektiven, gute Bezahlung, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie bessere Arbeitsbedingungen sind die Voraussetzungen dafür, dass die Attraktivität von Pflegeberufen gesteigert werden kann.