Guten Morgen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße Sie herzlich.
Uns liegen Entschuldigungen von Mitgliedern der Landesregierung vor. Mit Schreiben vom 13. März 2013 bat die Landesregierung, folgende Mitglieder der Landesregierung für die 22. Sitzungsperiode zu entschuldigen:
Herr Ministerpräsident Dr. Haseloff entschuldigt sich für die heutige Sitzung ganztägig aufgrund der Teilnahme an der Ministerpräsidentenkonferenz zur Energiewende mit der Bundeskanzlerin in Berlin sowie einer hierzu anberaumten Vorbesprechung. Für den Freitag entschuldigt sich der Ministerpräsident ebenfalls ganztägig aufgrund der Teilnahme an der 908. Sitzung des Bundesrates in Berlin.
Herr Staatsminister Robra entschuldigt sich ergänzend zu dem Schreiben vom 13. März 2013 für die heutige Sitzung ganztägig aufgrund der Teilnahme an der Ministerpräsidentenkonferenz und der hierzu anberaumten Vorbesprechung.
Frau Ministerin Kolb ist ab 11.30 Uhr aufgrund der Teilnahme an der Bundesrichterwahl in Berlin und am Freitag ganztägig aufgrund der Teilnahme an der Bundesratssitzung entschuldigt.
Herr Minister Webel entschuldigt sich für die heutige Sitzung ab 16 Uhr und für Freitag ganztägig aufgrund der Teilnahme an der Sondersitzung der Bauministerkonferenz in Berlin.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Tagesordnung für die 22. Sitzungsperiode liegt Ihnen vor. Die Fraktion der SPD und die Fraktion DIE LINKE haben fristgemäß jeweils ein Thema für die Aktuelle Debatte eingereicht. Der Antrag der Fraktion der SPD liegt in Drs. 6/1910 und der Antrag der Fraktion DIE LINKE in Drs. 6/1911 vor. Die Anträge wurden unter Tagesordnungspunkt 24 auf die Tagesordnung genommen. Nach einer Vereinbarung der Parlamentarischen Geschäftsführer soll die Beratung an erster Stelle am Freitag stattfinden. Der ursprünglich als erster Tagesordnungspunkt am Freitag vorgesehene Tagesordnungspunkt 5 wird als zweiter Beratungsgegenstand am Freitag behandelt.
Wir werden heute nach der Mittagspause letztmalig eine Regierungsbefragung durchführen. Zur Vorbereitung der Befragung hat uns die Landesregierung mit Datum vom 19. März 2013 ein Schreiben zukommen lassen. Das Hohe Haus wurde hierüber mit der Unterrichtung in Drs. 6/1919 informiert.
Die Landesregierung teilt uns mit, für die Befragung der Landesregierung werde das Thema „Änderung der Grundsätze für die Durchführung von Landesgartenschauen“ gemeldet. Ich will hier nur feststellen, das ist die Prioritätensetzung und die Tagesordnung des Kabinetts, was Gegenstand der Regierungsbefragung sein soll. Ich muss das nicht kommentieren. Es spricht für sich.
Falls dazu weniger Fragen gestellt werden, bleibt mehr Zeit für den zweiten Teil der Regierungsbefragung. Das werden wir heute Nachmittag letztmalig erleben.
Ich frage die Fraktionen und insbesondere die Parlamentarischen Geschäftsführer, ob es zu der Tagesordnung, wie sie nunmehr vorliegt und besprochen wurde, Anmerkungen und Ergänzungen gibt. - Das ist nicht der Fall. Es gibt keinen Widerspruch. Damit können wir die Tagesordnung wie vorgeschlagen abarbeiten. Wir verfahren so.
Für heute Abend gibt es noch mitzuteilen, dass eine Parlamentarische Begegnung des „Engagements Global - Service für Entwicklungsinitiativen“ anberaumt wurde. Sie wird im Maritim-Hotel stattfinden, weil hier im Haus derzeit keine Möglichkeit besteht.
Entwurf eines Gesetzes über die Einführung eines Jugendarrestvollzugsgesetzes und zur Änderung des Schulgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt
Ich möchte eingangs bemerken, dass sich die Abgeordneten Frau von Angern und Frau Hohmann die Redezeit für die Einbringerin teilen werden, sodass wir zwei Einbringungsreden hören werden.
Wir können bereits Gäste im Haus begrüßen. Bitte begrüßen Sie mit mir Schülerinnen und Schüler des Trudeau-Gymnasiums Barleben auf der Besuchertribüne.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ich will es gleich voranstellen und damit jeglichem Irrtum vorbeugen: Die LINKE wird auch durch die Vorlage des Gesetzent
wurfes heute mit der Sanktion des Jugendarrestes keine Freundschaft schließen. Die LINKE lehnt das Instrument Jugendarrest wegen der nachgewiesenen Wirkungslosigkeit ab.
Bemerkenswert waren die in der Anhörung im Rechtsausschuss im September des vergangenen Jahres getätigten Aussagen, die von allen anwesenden Expertinnen geteilt wurden, dass die derzeitige Ausgestaltung des Vollzugs des Jugendarrestes im günstigsten Falle folgenlos bleibe, aber im Zweifelsfall der Vollzug des Jugendarrestes die Gefährdungssituation eher noch verschärfe und die mit dem Jugendarrest verbundene Präventionshoffnung oder die teilweise gewünschte abschreckende Wirkung als gescheitert angesehen werden müsse.
Uns als Gesetzgeber muss das Anlass zu sofortigem Handeln geben. Folgerichtig fordern wir deshalb in dem Entschließungsantrag, der noch von meiner Kollegin Frau Hohmann eingebracht werden wird, dass sich die Landesregierung auf Bundesebene für die Abschaffung dieser Sanktionsform einsetzt; denn die Entscheidung über die Streichung entspricht der Zuständigkeit des Bundesgesetzgebers.
Dieser hat sich in der Vergangenheit leider eher dadurch hervorgetan, dass den Empfehlungen der Fachleute in diesem Bereich nicht gefolgt worden ist; nein, ganz im Gegenteil, es wurden Verschärfungen vorgenommen, die letzte trat am 7. März in Kraft, der sogenannte Warnschussarrest.
Meine Damen und Herren! Doch genau genommen duldet die Landesregierung hier im Land seit 2006, seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einen verfassungswidrigen Zustand; denn wir hier im Land stehen in der Verantwortung, den Vollzug des Jugendarrestes nicht lediglich durch einen Vollzugsplan, sondern per Gesetz zu regeln.
Die Zustände in der Jugendarrestanstalt Halle, die die rechtspolitischen Sprecherinnen im letzten Jahr während eines Arbeitsbesuches vorfanden, sind unter anderem auch Folge des Fehlens einer gesetzlichen Regelung. Mit dem Hinweis auf das Thema Abschreckung kann ich nur sagen, gegen die Jugendarrestanstalt Halle ist das, was wir in Raßnitz haben, tatsächlich ein Kuschelvollzug.
Wir als Landespolitikerinnen stehen in der Verantwortung, dass es bis heute gerade einmal eine halbe Stelle für Sozialarbeit in der Anstalt gibt. Auch wir sind dafür verantwortlich, dass am Wochenende mangels Standards bzw. Personal gerade einmal eine Verschlussverwahrung realisiert wird. Damit wird dem „Arrest“ im wahrsten Sinne des Wortes traurigerweise gerecht geworden.
Von den zehn Mitarbeiterinnen des allgemeinen Vollzugsdienstes, die dort tätig sind, sind nur acht nachtschichttauglich und eine steht zwar noch im Stellenplan, ist aber schon seit drei Jahren für eine Ausbildung abgeordnet. Noch immer existiert für die Jugendarrestanstalt der Erlass aus dem Jahr 1997, wonach die Wochenendschichten mit nur einer Beamtin abgesichert werden können. Unabhängig von dem Risiko, das damit unmittelbar einhergeht, ist uns wohl allen klar, dass eine Arbeit mit den Jugendlichen, die dort am Wochenende sind, nicht stattfindet. Meines Erachtens ist das ein unhaltbarer Zustand.
Leider ist der Altersdurchschnitt der Mitarbeiterinnen des AVD auch so hoch, dass nicht einmal die Möglichkeit besteht, eine von ihnen als Übungsleiterin auszubilden, um wenigstens ein professionelles Sportangebot vorzuhalten.
Die Vollstreckungsleiterin sagte uns in der Anhörung im letzten Jahr, dass sie sich schämt, uns als Rechtspolitikerinnen nach Halle einzuladen. Die Zustände in der Arrestanstalt seien peinlich und einfach nur traurig.
Nun könnte man meinen, dass auch Sie, sehr geehrte Landesregierung, mit diesem Agieren signalisieren wollen, dass Sie den Jugendarrest ablehnen. Aber ich denke, das ist eher mein persönliches Wunschdenken. Ihr Agieren an dieser Stelle bzw. Nichtagieren geschieht auf dem Rücken von Jugendlichen, die bereits mehrfach belastet sind. Damit fördern wir die schädliche Wirkung dieser Sanktionsform noch zusätzlich.
Der Verantwortung, als Parlament eine gesetzliche Regelung zum Vollzug des Jugendarrestes zu beschließen, kommen wir nun heute mit der Vorlage dieses Gesetzentwurfes nach. Meines Erachtens hat dies auch zeitnah zu geschehen und darf nicht ins zeitliche Niemandsland geschoben werden.
So selbstverständlich, wie das Parlament fordert - die Opposition lauter, die Koalitionsfraktion leiser -, dass natürlich vor der Realisierung einer JVA-Strukturreform zunächst ein Strafvollzugsgesetz hier in Sachsen-Anhalt beschlossen werden soll, so selbstverständlich muss dies auch für den Jugendarrestvollzug gelten.
Wenn uns hierbei keine Entscheidung des EGMR im Nacken sitzt und auch das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung am 31. Mai 2006 leider keine Frist gesetzt hat, so sollten uns junge Menschen doch nicht nur in Sonntagsreden wichtig sein. Das gilt auch und gerade für straffällig gewordene Jugendliche.
In der Begründung zum Gesetzentwurf verweist meine Fraktion auf die bereits im Jahr 2008 aufgestellten europäischen Grundsätze für die von Sanktionen und Maßnahmen betroffenen jugend
„Sanktionen oder Maßnahmen, die gegen Jugendliche verhängt werden können, sowie die Art ihrer Durchführung müssen gesetzlich geregelt sein und auf den Prinzipien der Wiedereingliederung, Erziehung und Rückfallverhütung beruhen. Es müssen ausreichend Ressourcen und Personal zur Verfügung gestellt werden, um sicherzustellen, dass die Eingriffe in das Leben der Jugendlichen sinnvoll sind. “
„Mittelknappheit darf niemals eine Rechtfertigung für Eingriffe in die Rechte von Jugendlichen sein.“
§ 1 verweist auf das Jugendstrafvollzugsgesetz in Sachsen-Anhalt, das wir aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts relativ zeitnah erlassen haben. Das gibt uns die Möglichkeit, dass wir dazu einen schlanken Gesetzentwurf vorlegen können. Das heißt, alle Normen des Jugendstrafvollzugsgesetzes, die nicht verändert bzw. durch uns ausdrücklich ausgeschlossen sind, haben damit auch für den Jugendarrestvollzug Geltung.
Wir haben jedoch ausdrücklich den Anspruch gehabt, nicht einfach einen Änderungsvorschlag für das Jugendstrafvollzugsgesetz vorzulegen, weil wir es hierbei mit einer ganz anderen Klientel, mit einer ganz anderen Zielrichtung zu tun haben, sondern einen eigenständigen Gesetzentwurf.
Der Kerngedanke dieses Gesetzentwurfes besteht nun in der kompromisslosen Abwendung von dem bisherigen reinen Sanktionscharakter des Arrestes, hin zu einer konzeptionellen Zuwendung auf die Förderung und Erziehung der Jugendlichen. Daher auch unsere klare Forderung, dass am Ende der JVA-Strukturreform ein eigener räumlich, personell und wirtschaftlich getrennter Standort der Arrestanstalt existieren muss.
Dabei darf es auf keinen Fall Abstriche geben. Alles andere, wie etwa die Überlegung, die Anstalt an die neu zu bauende Großanstalt in Halle anzugliedern, hat in höchstem Maße negative Auswirkungen auf die Jugendlichen. Ich hoffe sehr, sehr geehrte Damen und Herren der Koalitionsfraktionen, dass Sie sich dieser fachlichen Erwägung anschließen.